Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400434/5/Le/La

Linz, 03.09.1996

VwSen-400434/5/Le/La Linz, am 3. September 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Beschwerde des G D, angeblich Staatsangehöriger von Guinea, angeblich geb.

am 1.1.1968, dzt. in Schubhaft im Polizeigefangenenhaus Wels, Dragonerstraße 29, vertreten durch M N, c/o SOS-Mitmensch Wels, Johann-Strauß-Straße 20, 4600 Wels, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Schärding zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird festgestellt, daß zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von 3.365 S binnen 14 Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Kostenersatzantrag des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: §§ 51 Abs.1, 52 Abs.1, 2 und 4 des Fremdengesetzes FrG, BGBl.Nr. 838/1992 idF BGBl.Nr. 110/1994, iVm § 67c Abs.1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 AVG.

Zu II.: §§ 74 und 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Mit Schriftsatz vom 29.8.1996, beim unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am selben Tag eingelangt, erhob der Beschwerdeführer (im folgenden kurz:

Bf) Beschwerde gemäß § 51 FrG mit der Behauptung, daß seine Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig wäre.

In der Begründung dazu führte er im wesentlichen folgendes aus:

Er sei Staatsbürger der Republik Guinea und sei von London kommend mit einem gefälschten Reisepaß nach Österreich gelangt. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hätte am 14.7.1996 gegen ihn die Schubhaft verhängt und beabsichtige die Bezirkshauptmannschaft, ihn in sein Heimatland abzuschieben.

Gemäß § 48 Abs.1 FrG sei die Behörde verpflichtet darauf hinzuwirken, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauere.

Da er über kein Reisedokument verfüge, wäre die Bezirkshauptmannschaft Schärding verpflichtet gewesen, bei einer Vertretungsbehörde der Republik Guinea die Ausstellung eines Heimreisezertifikates zu beantragen, doch sei dies bis zum heutigen Tage nicht geschehen. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hätte somit nicht darauf hingewirkt, die Dauer der Schubhaft möglichst kurz zu halten, da die Beantragung eines entsprechenden Dokuments unmittelbar nach seiner Festnahme möglich gewesen wäre. Er befinde sich bereits seit über sechs Wochen in Schubhaft und sei er sohin im einfachgesetzlich gewährleisteten Recht auf möglichst kurze Dauer der Schubhaft sowie im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit gemäß Art.5 MRK verletzt.

Er beantragte daher, der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge seine Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig erklären und seine sofortige Freilassung erwirken, ihn wegen seiner Mittellosigkeit von Stempel- und sonstigen Gebühren zu befreien und ihm im Falle eines stattgebenden Erkenntnisses die Kosten für den Schriftsatzaufwand zu ersetzen.

2. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat den zugrundeliegenden Fremdenakt an den unabhängigen Verwaltungssenat expreß übermittelt.

Zum Beschwerdevorbringen hat sie eine Gegenschrift erstattet und darin mitgeteilt, daß sich der Bf noch in Schubhaft befindet. Weiters hat sie darin ausgeführt, daß erhebliche Zweifel an den vom Bf angegebenen Personaldaten bestehen.

Dies deshalb, da es unwahrscheinlich sei, daß eine Person, welche sich lediglich vier Tage im Gebiet der Republik Österreich aufgehalten habe, im Besitz von sechs Identitätskarten der Republik Liberia bzw. Guinea sei und die Personen, für welche diese Identitätskarten ausgestellt worden sind, in der BRD zur Ausweisung ausgeschrieben sind.

Es liege daher der Verdacht nahe, daß Herr D durch die Angaben seiner Personaldaten seine wahre Identität verschleiern wolle.

Es sei daher bis dato bei einer Vertretungsbehörde der Republik Guinea nicht um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates angesucht worden, da vorerst die (unglaubwürdigen) Angaben des Bf einer Überprüfung unterzogen werden. Diesbezüglich würden noch Erhebungsergebnisse bei der Grenzpolizeiinspektion Passau sowie bei der BPD-Linz abgewartet.

Die Bezirkshauptmannschaft Schärding sei der Ansicht, daß die Anforderung eines Heimreisezertifikates erst dann sinnvoll sei, wenn die Personaldaten einer Person hinreichend glaubwürdig wären.

Die belangte Behörde hat abschließend die Abweisung der Beschwerde sowie den Zuspruch des pauschalierten Aufwandersatzes begehrt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in die vorgelegten Akten Einsicht genommen und festgestellt, daß der Sachverhalt in den entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdeausführungen ausreichend geklärt ist.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gem. § 52 Abs.2 Z1 FrG unterbleiben.

4. Es ergibt sich daraus im wesentlichen folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

4.1. Der Bf ist nach eigenen Angaben Staatsangehöriger der Republik Guinea.

Wie aus dem Ermittlungsverfahren hervorgeht, reiste er am 10.7. oder 11.7.1996 (es wurden bei ihm Flugtickets auf diese beiden Daten gefunden) illegal mit einem verfälschten Reisepaß per Flugzeug nach Österreich ein. Er landete von London kommend in Wien-Schwechat.

Als er am 13.7.1996 versuchte, mit einem Taxi illegal nach Deutschland auszureisen, wurde er beim Grenzübergang Passau-Mariahilf von den Organen der Grenzkontrollstelle Passau-Mariahilf festgenommen. Bei der Durchsuchung seines Reisegepäckes wurden ein Reisepaß der Republik Guinea, eine Geburtsurkunde der Republik Liberia und sechs verschiedene Identitätskarten gefunden. Keine diese Urkunden lautet jedoch auf den vom Bf angegebenen Namen. Da somit erhebliche Zweifel an der Identität des Bf entstanden, wurde er mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 14.7.1996 zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sowie zur Sicherung der Abschiebung in Schubhaft genommen.

Die Schubhaft wird im Polizeigefangenenhaus Wels vollzogen.

4.2. Die belangte Behörde hat daraufhin umgehend ein Ermittlungsverfahren zur Feststellung der Identität des Bf eingeleitet, indem sie unter anderem seine Fingerabdrücke deutschen und österreichischen Behörden zur Auswertung übermittelt hat. Zumindest von österreichischer Seite ist ein Teilergebnis bereits vorhanden.

Die belangte Behörde hat mitgeteilt, die entsprechenden fremdenrechtlichen Maßnahmen dann zu setzen, wenn die Personaldaten des Bf hinreichend glaubwürdig festgestellt sind.

4.3. Der Asylantrag des Bf vom 24.7.1996 wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes Linz vom 6.8.1996 abgewiesen; über die dagegen eingebrachte Berufung wurde nach h. Kenntnis noch nicht entschieden.

Am 17.7.1996 stellte der Bf einen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach Guinea, weil er im Falle seiner Abschiebung in seinem Heimatstaat mit politischer Verfolgung zu rechnen habe. Sein Bruder und er wären bei einem Putschversuch im Februar 1996 beteiligt gewesen und wäre der Bruder bereits verhaftet worden. Im Falle seiner Rückkehr habe er mit seinem Tod zu rechnen.

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 51 Abs.1 Fremdengesetz (FrG), BGBl.Nr. 838/1992 idF 110/1994, hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Bf festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 leg.cit.).

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich.

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde - zumindest schlüssig - im wesentlichen die Rechtswidrigkeit der Inschubhaftnahme und der Anhaltung behauptet und die Feststellung begehrt, daß der Schubhaftbescheid, die Inhaftnahme sowie seine Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig wären.

Die Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt, die Beschwerde ist zulässig; sie ist jedoch im wesentlichen nicht begründet.

5.2. Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gem. § 57 AVG anzuordnen.

5.3. Auf Grund des unter Punkt 4. dargestellten Sachverhaltes steht fest, daß - der Bf illegal mit einem verfälschten Reisepaß nach Österreich eingereist ist, - daß er versucht hat, ohne einem gültigen Reisedokument aus Österreich in Richtung Deutschland auszureisen, - daß er verschiedene Personaldokumente mit sich führte, die jeweils auf andere Namen ausgestellt sind, als auf den von ihm angegebenen Namen und sohin seine Identität nicht feststeht, - daß er keinen Wohnsitz in Österreich hat, - daß er nicht die erforderlichen Geldmittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes hat und - daß er keine wie immer gearteten familiären Bindungen in Österreich hat.

5.4. Im Schubhaftprüfungsverfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist die Rechtmäßigkeit der Schubhaft die einzig zu entscheidende Frage (VwGH vom 27.1.1995, 94/02/0334).

Der unabhängige Verwaltungssenat hat die Frage der Rechtmäßigkeit der Anhaltung nach jeder Richtung hin selbständig zu untersuchen und jedwede unterlaufene Gesetzwidrigkeit festzustellen und aufzugreifen (VfGH vom 23.6.1994, B 2019/93).

Eine Überprüfung des Schubhaftbescheides aus dem Blickwinkel der dem unabhängigen Verwaltungssenat zukommenden Prüfungskompetenz ergab die Rechtmäßigkeit der Anordnung der Schubhaft, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 FrG dafür vorliegen und die Schubhaft notwendig ist, um die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und die Abschiebung zu sichern.

Der Bf hat seinen Namen mit "G D", sein Geburtsdatum mit "..." sowie seine Nationalität mit "Republik Guinea" angegeben. In seinem Reisegepäck wurden jedoch ein Reisepaß, eine Geburtsurkunde sowie sechs verschiedene Identitätskarten, die jeweils auf verschiedene Namen von verschiedenen Staaten ausgestellt worden waren, gefunden.

Die Erstbehörde hat daher die Angaben des Bf hinsichtlich seiner Identität zu Recht in Zweifel gezogen und entsprechende Ermittlungen zur Feststellung der wahren Identität angestellt.

Es ist der Bezirkshauptmannschaft Schärding beizupflichten, daß die Anforderung eines Heimreisezertifikates erst dann Erfolg verspricht, wenn die Identität des Bf mit hinreichender Sicherheit geklärt ist. Womöglich ist auch eines der von ihm mitgeführten Personaldokumente das richtige, sodaß sich die Anforderung eines Heimreisezertifikates erübrigen würde. Es läge sohin auch am Bf, durch entsprechende Mitwirkung seine wahre Identität preiszugeben, womit er die Dauer der Schubhaft verkürzen könnte.

Die belangte Behörde hat daher zu Recht die Schubhaft verhängt, weil erhebliche und begründete Zweifel an der Identität des Bf bestehen und seine Identität zunächst festgestellt werden muß. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist auf Grund der vom Bf eingeschlagenen Vorgangsweise anzunehmen, daß von der belangten Behörde die im Schubhaftbescheid genannten fremdenpolizeilichen Maßnahmen zu setzen sein werden, die durch die Schubhaft abgesichert werden sollen. Gerade bei einer Person, die verschiedene Identitätsnachweise mit sich führt, muß nach allgemeiner Lebenserfahrung angenommen werden, daß sie sich durch Zulegung einer "anderen Identität" den beabsichtigten fremdenpolizeilichen Maßnahmen in Österreich entziehen werde.

Es wurde daher die Schubhaft zu Recht verhängt und bestehen diese Schubhaftgründe iSd § 41 Abs.1 sowie § 48 Abs.4 FrG weiter.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Bei diesem Verfahrensergebnis waren der belangten Behörde gemäß § 79a AVG iVm § 1 Z3 und 4 der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995, die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in Höhe von 3.365 S (Aktenvorlageaufwand:

565 S, Schriftsatzaufwand: 2.800 S) zuzusprechen.

Eine Befreiung von diesen Kosten, wie dies vom Bf beantragt wurde, ist im Gesetz nicht vorgesehen, weshalb sie auch nicht vorzunehmen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. L e i t g e b

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