Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400452/4/Kl/Rd

Linz, 14.01.1997

VwSen-400452/4/Kl/Rd Linz, am 14. Jänner 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Beschwerde des EK, türkischer Staatsangehöriger, vertreten durch BK, wegen Rechtswidrigkeit der Festnahme und Anhaltung in Schubhaft bis zum 30.12.1996 durch die Bezirkshauptmannschaft Schärding zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird festgestellt, daß die Festnahme und Anhaltung in Schubhaft bis zum 30.12.1996 rechtmäßig war.

Im übrigen wird festgestellt, daß zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

II. Der Antrag auf Befreiung von Stempel- und sonstigen Gebühren wird als unzulässig zurückgewiesen.

III. Der Beschwerdeführer hat dem Bund die Kosten für den Vorlageaufwand in der Höhe von 565 S binnen 14 Tagen ab der Zustellung zu ersetzen.

Der Kostenersatzantrag des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 41, 48, 51 und 52 Fremdengesetz - FrG, BGBl.Nr.838/1992 idFd FrG-Novelle 1996, BGBl.Nr.436/1996, iVm § 67c Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG.

zu II: §§ 67a ff AVG.

zu III: §§ 52 Abs.2 FrG, 79a AVG und § 1 Z3 Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr.855/1995.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 4.1.1997, beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 9.1.1997, wurde Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit der Festnahme und Anhaltung in Schubhaft durch die BH Schärding im Zeitraum bis 30.12.1996 erhoben und die Feststellung der Rechtswidrigkeit sowie Kostenersatz beantragt.

Begründend wurde ausgeführt, daß der Beschwerdeführer (Bf) EK, türkischer Staatsangehöriger mit türkischer Muttersprache sei und über keine Fremdsprachenkenntnisse verfüge. Am 19.12.1996 sei er beim Versuch der Ausreise in die BRD festgenommen und über ihn mit Bescheid der BH Schärding vom 20.12.1996 die Schubhaft verhängt worden, welche derzeit im PGH Wels vollzogen werde. Weder bei der Festnahme selbst noch in absehbarer Zeit danach wurde der Bf über die Gründe der Festnahme in einer ihm verständlichen Sprache in Kenntnis gesetzt. Dies widerspreche den Bestimmungen des § 45 Abs.1 FrG sowie Art.5 Abs.2 EMRK und auch der Judikatur des VfGH, wie zB dem Erkenntnis vom 10.10.1994, B 46, 85/94. Auch sei die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, weshalb die Untätigkeit der Behörde über einen Zeitraum von 11 Tagen dieser Verpflichtung widerspricht.

2. Die BH Schärding als belangte Behörde hat den bezughabenden Verfahrensakt vorgelegt und für den Fall des Obsiegens Kostenersatz begehrt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes hat in den bezughabenden vorgelegten Verwaltungsakt Einsicht genommen und es wird festgestellt, daß der Sachverhalt in den wesentlichen entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, sodaß die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 52 Abs.2 Z1 FrG unterbleiben kann.

4. Es ergibt sich im wesentlichen folgender für die Entscheidung erheblicher Sachverhalt:

4.1. Der Bf ist türkischer Staatsangehöriger und Angehöriger der kurdischen Volksgruppe. Am 19.12.1996 um 18.00 Uhr versuchte der Bf als Beifahrer in einem PKW unter Verwendung eines fremden türkischen Reisepasses, lautend auf den Namen K, geb. 1.8.1977, bei der Grenzkontrollstelle Suben-Autobahn, von Österreich nach Deutschland auszureisen, wurde dabei von den deutschen Grenzbehörden festgenommen, nach Österreich rücküberstellt und der BH Schärding vorgeführt. Der Bf war nach seinen Angaben am selben Tag von Schleppern mit einem falschen Reisepaß versehen und durch Österreich bis zur deutschen Grenze geschleppt. Einen eigenen Reisepaß konnte der Bf nicht vorweisen. Er war im Besitz von 150 DM.

4.2. Mit Bescheid der BH Schärding vom 20.12.1996, Sich41-964-1996, wurde der Bf, dessen Identität nicht geklärt war, zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt der Durchsetzbarkeit und zur Sicherung der Abschiebung in Schubhaft genommen.

Aufgrund der illegalen Einreise und des illegalen Aufenthaltes werde befürchtet, daß sich der Bf dem weiteren fremdenpolizeilichen Verfahren entziehen werde. Dieser Bescheid wurde am selben Tage um 15.15 Uhr durch eigenhändige Unterschrift des Bf persönlich übernommen und es wurde ihm gleichzeitig, ebenfalls durch eigenhändige Unterschrift bestätigt, ein Formular in türkischer Sprache ausgehändigt, worin die Gründe für seine Inschubhaftnahme und eine Belehrung über sein Beschwerderecht beim O.ö.

Verwaltungssenat enthalten sind. Die Schubhaft wurde durch Überstellung und Anhaltung im PGH Wels in Vollzug gesetzt.

4.3. Am 30.12.1996 wurde der Bf im Beisein eines Dolmetschers niederschriftlich über das weitere Verfahren, nämlich Absicht des Erlangens eines Heimreisezertifikates sowie der Erlassung eines für die Dauer von drei Jahren befristeten Aufenthaltsverbotes in Kenntnis gesetzt.

Gleichzeitig gab der Bf bekannt, daß seine nahen Familienangehörigen sich in der Türkei befinden und daher durch eine Abschiebung in das Privat- oder Familienleben nicht eingegriffen würde, und daß er in seinem Heimatstaat weder politisch noch strafrechtlich verfolgt werde. Auch wurde auf die Möglichkeit der Feststellung der Unzulässigkeit einer Abschiebung hingewiesen.

4.4. Aufgrund eines Asylantrages vom 3.1.1997 ist beim Bundesasylamt, Außenstelle Linz, eine Ersteinvernehmung für den 15.1.1997 anberaumt.

4.5. Mit Bescheid der BH Schärding vom 7.1.1997, Sich41-964-1996-Hol, wurde über den Bf ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot für das gesamte Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen und die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen diesen Bescheid gemäß § 64 Abs.2 AVG ausgeschlossen.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 51 Abs.1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl.Nr.

838/1992 idF BGBl.Nr.436/1996, hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen. Zur Entscheidung über die Beschwerde ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Bf festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 leg.cit.). Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (§ 52 Abs.4 FrG).

Der Bf befindet sich noch in Schubhaft. Die gegenständliche Beschwerde wurde am 9.1.1997 eingebracht, und es wurde darin die Rechtswidrigkeit der Festnahme und Anhaltung in Schubhaft behauptet. Es ist die gegenständliche Beschwerde rechtzeitig. Auch die übrigen Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt. Die Beschwerde ist daher zulässig, sie ist aber nicht begründet.

5.2. Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen oder angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen.

Aus dem aktenkundigen erwiesenen Sachverhalt steht fest, daß die gegenständliche Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt der Durchsetzbarkeit und zur Sicherung der Abschiebung verhängt wurde. Aus letzterem Zweck wird der Bf auch weiterhin angehalten.

Aufgrund der unrechtmäßigen Ein- und Ausreise des Bf, seines unrechtmäßigen Aufenthaltes in Österreich und der Mittellosigkeit und Unterkunftslosigkeit des Bf sind offenkundig Gründe für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bereits bei der Inschubhaftnahme vorgelegen. Auch war der begründete Verdacht der belangten Behörde, daß sich der Bf einem weiteren fremdenpolizeilichen Verfahren entziehen werde, nicht von der Hand zu weisen. Zumal auch die Identität des Bf ungeklärt war, war daher jedenfalls zur Sicherung des weiteren Verfahrens die Verhängung der Schubhaft und die Erlassung des Schubhaftbescheides rechtmäßig. Der Bescheid wurde am 20.12.1996 vom Bf persönlichen übernommen und die Schubhaft durch Einweisung und Überstellung in das PGH Wels am 20.12.1996 vollzogen. Es war daher die Festnahme und Anhaltung in Schubhaft ab diesem Zeitpunkt rechtmäßig. Dies auch deshalb, weil erwiesenermaßen bereits zum Zeitpunkt der Schubhaftbescheiderlassung ein Merkblatt über die Gründe der Inschubhaftnahme und Anhaltung in Schubhaft in türkischer Sprache dem Bf persönlich zur Kenntnis gebracht und von ihm unterschrieben wurde. Er wurde daher bereits bei seiner Inhaftnahme ausreichend belehrt. Es erweist sich daher auch die weitere Anhaltung des Bf bis zum 30.12.1996 als rechtmäßig. Weil der Bf bereits bei der Festnahme von den Festnahmegründen und seiner Beschwerdemöglichkeit in Kenntnis gesetzt wurde, war nämlich - auch in Anbetracht der vielen Feiertage - die weitere Einvernahme am 30.12.1996 im Beisein eines Dolmetschers nicht verspätet und daher die Dauer der Schubhaft bis zu diesem Zeitpunkt nicht unverhältnismäßig. Bei dieser Einvernahme wurde dann der Bf nochmals über die Erlassung des Aufenthaltsverbotes und über die Absicht, ein Heimreisezertifikat für ihn zu erwirken, in Kenntnis gesetzt.

Weiters wurde mit obzitiertem Bescheid vom 7.1.1997 tatsächlich ein Aufenthaltsverbot gegen den Bf verhängt, welches wegen des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß § 22 Abs.2 FrG sofort durchsetzbar wurde. Es hat daher der Fremde dann unverzüglich auszureisen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß derzeit mangels eines erforderlichen gültigen Reisedokumentes dem Bf eine legale Ausreise nicht möglich ist. Auch hat er ja bereits eine illegale Ausreise versucht, bei der er aufgegriffen wurde. Schon aus diesem Grund ist zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit die Überwachung der Ausreise und daher die diesbezügliche Anhaltung erforderlich. Auch wäre der Bf ansonsten in die Illegalität gedrängt, zumal er keine Aufenthaltsberechtigung, keine geordnete Unterkunft und keine Mittel zum Unterhalt sowie keine Möglichkeit (Berechtigung) zum legalen Erwerb des Unterhalts besitzt.

ISd ergangenen Schubhaftbescheides iVm § 48 Abs.3 FrG gilt daher ab der Durchsetzbarkeit des Aufenthaltsverbotes die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

Weil weitere Rechtswidrigkeitsgründe für die Anhaltung bis 30.12.1996 nicht geltend gemacht wurden, war eine weitere Prüfung nach § 52 Abs.4 FrG nicht vorzunehmen. Gemäß § 52 Abs.4 FrG war im Hinblick auf die noch fortdauernde Anhaltung festzustellen, daß infolge der Durchsetzbarkeit des Aufenthaltsverbotes die weitere Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung erforderlich ist und wurde dies daher auch spruchgemäß für den Zeitpunkt der nunmehrigen Bescheiderlassung ausgesprochen.

5.3. Gemäß § 48 Abs.1 FrG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Diesem Gebot wird bislang entsprochen. Da die belangte Behörde das Verfahren zügig durchgeführt hat und bislang der Grund für die Anordnung der Schubhaft nicht weggefallen ist und auch nicht feststeht, daß das Ziel der Schubhaft nicht mehr erreicht werden kann, ist die Schubhaft auch noch weiterhin aufrechtzuerhalten (vgl. VwGH vom 8.9.1995, 95/02/0322 sowie 9.6.1995, 95/02/0041).

6. Der Antrag auf Gebührenbefreiung war als unzulässig zurückzuweisen, weil ein solches Begehren weder im AVG noch in den betreffenden bundesgesetzlichen Vorschriften für das Schubhaftverfahren vorgesehen ist.

Es wird daher ersucht, unverzüglich eine 120 S-Bundesstempelmarke nachzureichen.

7. Gemäß § 52 Abs.2 FrG iVm § 79a AVG steht der belangten Behörde als obsiegender Partei der Kostenersatz zu, wobei nach der nunmehr geltenden Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr.855/1995, der Ersatz für den Vorlageaufwand von 565 S zuzusprechen war. Das Aufwandersatzbegehren des Bf hingegen war aus diesem Grunde abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. K l e m p t

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