Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400456/4/Wei/Bk

Linz, 11.03.1997

VwSen-400456/4/Wei/Bk Linz, am 11. März 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des V, geb. 17.01.1974, derzeit Polizeigefangenenhaus Linz, vom 1. März 1997 wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Schärding zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von S 565,-- binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

§§ 51 Abs 1, 52 Abs 2 und 4 Fremdengesetz - FrG (BGBl Nr.

838/1992) iVm §§ 67c und 79a AVG 1991
Entscheidungsgründe:

1. Der unabhängige Verwaltungssenat geht aufgrund der Aktenlage in Verbindung mit der vorliegenden Beschwerde vom folgenden Sachverhalt aus:

1.1. Der Beschwerdeführer (im folgenden Bf), ein liberianischer Staatsangehöriger, aus St. James 18, Monrovia, besorgte sich Juni oder Juli 1996 einen gefälschten bolivianischen Reisepaß auf den Namen C, geb.

17.01.1974, und reiste in der Folge über Dakka/Senegal auf dem Luftwege nach Moskau, wo er sich einige Monate aufhielt.

Im Februar 1997 reist er weiter mit dem Zug nach Ungarn, wo er 2 Wochen lebte. Von Budapest wollte er am 26. Februar 1997 per Bahn mit dem EC 26 über Wien, Passau nach Frankfurt gelangen. Er passierte die Grenzkontrollstelle Nickelsdorf und wies sich gegenüber dem österreichischen Grenzkontrollorgan mit dem gefälschten Reisepaß aus. Gegen 14.30 Uhr versuchte der Bf mit diesem Schnellzug in die Bundesrepublik Deutschland auszureisen. Anläßlich der Grenzkontrolle im fahrenden Zug EC 26 durch die bayerische Grenzpolizei zeigte er abermals den gefälschten Paß vor, wurde aber in der Folge aus dem Zug genommen, weil das deutsche Grenzkontrollorgan die Manipulationen erkannte.

Am 27. Februar 1997 um 14.00 Uhr übergab die bayerische Grenzpolizei den Bf entsprechend dem österreichisch-deutschen Schubabkommen der österreichischen Grenzkontrollstelle Passau-Bahnhof in 4785 Haibach bei Schärding. Von dort holten ihn Beamte des Gendarmeriepostens Schärding zur weiteren Veranlassung. Diese erstattete Anzeige gegen den Bf an die Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis wegen des Verdachts des Gebrauches gefälschter öffentlicher Urkunden gemäß §§ 223 Abs 2, 224 StGB.

1.2. Der Bf wurde bereits am 27. Februar 1997 um 15.55 Uhr in Räumlichkeiten des Gendarmeriepostens Schärding vom fremdenpolizeilichen Verwaltungsorgan der belangten Behörde niederschriftlich in englischer Sprache einvernommmen. Er gestand den obigen Sachverhalt. An finanziellen Mittel hatte der Bf nur Bargeld in Fremdwährungen im Gegenwert von ca.

S 400,--. In Österreich hat er weder eine Unterkunfts- noch Erwerbsmöglichkeit. Die belangte Behörde teilte ihm ihre Absicht mit, ein dreijähriges Aufenthaltsverbot zu verhängen und ihn nach Anforderung eines Heimreisezertifikates in sein Heimatland Liberia abzuschieben. Dagegen sprach sich der Bf aus und stellte nach Belehrung einen Antrag gemäß § 54 Abs 1 FrG auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in die Republik Liberia. Dazu verwies er begründend auf den Umstand, daß er im Zuge der Bürgerkriegswirren in Liberia getötet werde. Im März 1996 wären seine Eltern in der Wohnung in St. James 18 in Monrovia zur Nachtzeit umgebracht worden. Er hätte sich durch einen Sprung aus dem Fenster retten können und wäre in bewußtlosem Zustand von einem Mr.

Samuel weggebracht worden. Sein Vater wäre Mitglied des "Fund for Democracy" gewesen, was möglicherweise seine Ermordung erklären könnte.

1.3. Mit Mandatsbescheid vom 27. Februar 1997, Zl.

Sich 41-154-1997, ordnete die belangte Behörde gemäß § 41 Abs 2 FrG iVm § 57 AVG zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft gegen den Bf an. Begründend verwies sie auf die noch notwendige Klärung der Identität des Bf und den illegalen Aufenthalt des Bf. Es bestünde im Falle der Abstandnahme der Verhängung der Schubhaft die Gefahr, daß sich der Bf dem fremdenbehördlichen Zugriff entziehen und dadurch fremdenpolizeiliche Maßnahmen verhindern könnte.

Eine Ausfertigung des Schubhaftbescheides mit einer Belehrung in englischer Sprache hat der Bf am 27. Februar 1997 um 17.15 Uhr übernommen. In der Folge wurde der Bf ins Polizeigefangenenhaus Linz zum Vollzug der Schubhaft überstellt.

1.4. Am 6. März 1997 langte beim O.ö. Verwaltungssenat die in englischer Sprache handschriftlich vom Bf verfaßte Schubhaftbeschwerde vom 1. März 1997 ein. Der Schriftsatz mit dem Titel "Appeal against the decree of arrest prior to deportation" wendet sich gegen die inhaltlich gegen die Schubhaft und die beabsichtigte Abschiebung nach Liberia. Da die h. Kenntnisse der englischen Sprache für die Beurteilung ausreichen, wird die Beschwerde nicht zur Verbesserung zurückgestellt.

2.1. In seiner Schubhaftbeschwerde wendet sich der Bf gegen den Schubhaftbescheid der belangten Behörde und die darauf beruhende Anhaltung. Begründend schildert er zunächst seine Lebenssituation in Liberia und die seiner verstorbenen Eltern sowie seinen Fluchtweg im wesentlichen entsprechend den oben getroffenen Feststellungen. Er versichert, daß er nie arrogant gewesen wäre und das Recht irgendeines Landes gebrochen hätte. Der Bf bittet um Hilfe, weil die Abschiebung nach Liberia ein Desaster für ihn wäre und er früher oder später von den Leuten umgebracht werden würde, die seine Eltern töteten. Er wünscht sich politisches Asyl in Österreich und bittet inbrünstig um Hilfe.

2.2. Die belangte Behörde hat ihren Verwaltungsakt vorgelegt und einen allgemeinen Kostenersatzantrag gestellt. Eine Gegenschrift wurde nicht erstattet.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der wesentliche Sachverhalt hinlänglich geklärt erscheint, weshalb gemäß § 52 Abs 2 Z 1 FrG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung kann gemäß § 51 Abs 1 FrG der unabhängige Verwaltungssenat von dem in Schubhaft Angehaltenen angerufen werden. Solange die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl § 52 Abs 4 FrG).

Die Beschwerde ist zwar zulässig, aber inhaltlich unbegründet.

4.2. Gemäß § 41 Abs 1 FrG können Fremde festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder Durchbeförderung zu sichern.

Die belangte Behörde hat den Schubhaftbescheid zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zu Recht erlassen. Angesichts des unstrittigen Sachverhalts ist die Annahme naheliegend, daß bei Freilassung des Bf die Gefahr bestünde, er könnte die beabsichtigten fremdenbehördlichen Maßnahmen durch Untertauchen vereiteln oder zumindest erschweren. Der Bf hat keine Gründe vorgebracht, die gegen diese Annahme sprechen. Seine Unterkunfts- und Mittellosigkeit zwingen ihn geradezu zur illegalen Arbeitsaufnahme.

Über den Asylantrag des Bf hat das Bundesasylamt zu entscheiden. Zur Frage der Unzulässigkeit der Abschiebung nach Liberia wegen der behaupteten Gefahren iSd § 37 Abs 1 und 2 FrG hat die belangte Behörde einen Feststellungsbescheid gemäß § 54 Abs 1 FrG zu erlassen. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den insofern bereits gestellten Antrag darf der Bf schon im Hinblick auf § 54 Abs 4 FrG nicht in die Republik Liberia abgeschoben werden. Im Schubhaftbeschwerdeverfahren sind diese Fragen nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts nicht zu erörtern.

5. Bei diesem Ergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde tätig geworden ist, antragsgemäß der Ersatz der notwendigen Aufwendungen gemäß § 79a AVG (iVm § 52 Abs 2 FrG) für den Vorlageaufwand zuzusprechen. Nach § 1 Z 3 der Aufwandersatzverordnung UVS (BGBl Nr. 855/1995) beträgt der von der belangten Behörde als obsiegender Partei anzusprechende Pauschbetrag für den Vorlageaufwand S 565,--.

Eine Leistungsfrist sieht der novellierte § 79a AVG 1991 idF BGBl Nr. 471/1995 nicht vor. Der erkennende Verwaltungssenat nimmt insofern eine echte Lücke an, zumal nicht angenommen werden kann, der Gesetzgeber hätte in Abweichung von der Regelung des § 59 Abs 4 VwGG 1985 die sofortige Vollstreckbarkeit des zugesprochenen Aufwandersatzes für den Falle des Fehlens einer Leistungsfrist (vgl dazu die Nachw aus der Judikatur bei Angst/Jakusch/Pimmer, MGA EO, 12. A [1989], E 107 und E 114 zu § 7 EO) vorsehen wollen. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (vgl Erl RV 130 BlgNR 19. GP, 14 f) wird ausdrücklich davon gesprochen, daß die Regelung im wesentlichen den Kostentragungsbestimmungen im VwGG 1985 angeglichen worden sei. Demnach ist nach wie vor (vgl schon bisher stRsp seit VwGH 23.9.1991, 91/19/0162) von einer analogen Anwendbarkeit der Kostenbestimmungen des VwGG 1985 auszugehen, soweit der Verfahrensgesetzgeber eine Regelung vergessen hat. Deshalb war analog dem § 59 Abs 4 VwGG 1985 eine Leistungsfrist von zwei Wochen festzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - abgesehen von gesetzlichen Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. W e i ß

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