Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400465/4/Lg/Bk

Linz, 10.07.1997

VwSen-400465/4/Lg/Bk Linz, am 10. Juli 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Beschwerde des Herrn E, türkischer Staatsangehöriger, vertreten durch RAe Dr. H, Dr. S., wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides des Bezirkshauptmannes von Ried i.I. vom 23.5.1997, Zl. Sich-07-4308 und der darauf gestützten Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

I. Der Antrag auf unverzügliche Aufhebung der Schubhaft wird als unzulässig zurückgewiesen. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen liegen vor.

II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von 3.365 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Rechtsgrundlage: §§ 51 Abs.1, 52 Abs.2 und 4 des Fremdengesetzes - FrG, (BGBl.Nr. 838/1992) iVm § 67c und § 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Der unabhängige Verwaltungssenat geht aufgrund der Aktenlage in Verbindung mit der vorliegenden Beschwerde von folgendem Sachverhalt aus:

1.1. Der Beschwerdeführer (Bf) lebt seit 1989 in Österreich. Er reiste damals illegal (Schlepperei) über Ungarn nach Österreich ein. Ein Asylantrag wurde rechtskräftig abgelehnt. Er wurde am 23.5.1997 vom Landesgericht Ried i.I. unter Zl. wegen gewerbsmäßiger Schlepperei (§ 81 Abs.1 Z1 und Abs.2 FrG) und wegen schwerer Nötigung (§§ 105 Abs.1, 106 Abs.1 Z1 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Bis 25.6.1997 befand sich der Bf in Untersuchungshaft. Seit 25.6.1997, 14.55 Uhr befindet sich der Bf in Schubhaft. 1.2. Der Schubhaftbescheid vom 23.5.1997, Zl. Sich-07-4308, erging zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes. Dieser Bescheid geht davon aus, daß der Bf selbst unter Beihilfe eines Schleppers im Jahr 1991 illegal von Ungarn nach Österreich gereist ist. Hierauf lebte er als Gastarbeiter in Österreich. Nach Auffassung der Fremdenpolizeibehörde sei der Bf Mitglied einer Organisation gewesen, die es sich zum Ziel machte, Ausländer in den Westen zu schleppen und dabei entsprechende Geldbeträge abzukassieren. Aus dem planmäßigen Vorgehen unter Vielzahl der Fälle sei eine deutliche kriminelle Neigung des Bf erkennbar, sodaß die Behörde nicht mit der erforderlichen Gewißheit ausschließen könne, daß der Bf nach der Entlassung aus der Gerichtshaft "untertauchen" würde. Es bestehe vielmehr die Gefahr, daß sich der Bf bei einer Abstandnahme von der Verhängung der Schubhaft dem Zugriff der Behörde entziehen und die weiteren fremdenpolizeilichen Maßnahmen verhindern oder wesentlich erschweren würde. Weil sich das Schlepperunwesen mehr und mehr ausbreite, bestehe an der zwangsweisen Außerlandschaffung des Bf dringende öffentliche Interessen. Der wirksamen Sicherung des Verfahrens gemäß § 18 FrG und der Abschiebung des Bf komme im vorliegenden Fall besondere Bedeutung zu. 1.3. Am 23.5.1997 wurde der Bf vom Landesgericht R. schuldig erkannt, in der Zeit von Mitte August 1996 bis 17.10.1996 ungefähr 40 Schleusungen vermittelt, Geld kassiert und Schleuser bezahlt zu haben, ferner Personen durch Drohung mit dem Tod genötigt zu haben, gegenüber der Gendarmerie keine Angaben über die Schleppertätigkeit zu machen. In diesem Urteil wird festgestellt, daß der Bf Kopf der Schlepperbande im Raum S war und damals in Schärding mit J zusammenlebte. Im gerichtlichen Verfahren hatte der Bf zugegeben, die Schlepperei von 19 bis 21 Personen durch die Tatbeteiligte J vermittelt zu haben. Dieses Urteil ist wegen der Vollberufung des Bf noch nicht rechtskräftig. 1.4. Nach seinen eigenen Behauptungen plant der Bf, sich von seiner Frau und seinen Kindern, welche in der Türkei leben, zu trennen und in Österreich zu bleiben. Er verweist dabei auf eine Lebensgemeinschaft mit J (welche nach einer Feststellung im Urteil des Landesgerichtes R. als unmittelbare Schlepperin tätig war). 1.5. Die Schubhaftbeschwerde vom 3.7.1997 langte am 7.7.1997 beim unabhängigen Verwaltungssenat des Landes ein. Der Bf stellte den Antrag: "Der unabhängige Verwaltungssenat für das Land Oberösterreich wolle in Stattgebung dieser Beschwerde den angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. bzw. des Herrn Bezirkshauptmannes von Ried i.I. vom 23.05.1997, Sich, für rechtswidrig erklären und aussprechen, daß die Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig und damit unzulässig ist. Die Schubhaft wolle unverzüglich aufgehoben werden." 2.1. In der Schubhaftbeschwerde wird im wesentlichen vorgebracht, der Bf würde nach seiner Enthaftung eine Wohnung haben und auch eine Arbeit wieder aufnehmen. Die Voraussetzungen einer Schubhaft zur Sicherung eines Aufenthaltsverbotes lägen nicht vor. Der Bf beabsichtige ohnehin in Österreich zu bleiben. Außerdem sei das Urteil des LG R. nicht rechtskräftig.

2.2. In der Gegenschrift verweist die belangte Behörde darauf, daß der Bf verurteilt wurde, weil er als Kopf einer Schlepperbande tätig war. Dieses Urteil sei zwar nicht rechtskräftig, die zugrundeliegenden strafbaren Handlungen seien aber als erwiesen anzusehen, da der Bf selbst zum Teil geständig war und im übrigen entsprechendes Beweismaterial (insbesondere Handy-Auswertung und Zeugenaussagen) vorliege. Dem Beschwerdevorbringen, daß die Behörde zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes keine konkreten Schritte unternommen habe, hält die belangte Behörde entgegen, daß bereits am 13.2.1997 der Bf über die geplanten fremdenpolizeilichen Maßnahmen (Schubhaft, Aufenthaltsverbot und Abschiebung) ausführlich in Kenntnis gesetzt worden sei. Der Sachverhalt erscheine nun soweit geklärt, daß die Voraussetzungen für die Erlassung eines auf § 18 Abs.2 Z5 FrG gestützten Aufenthaltsverbotes vorliegen. Ferner verweist die belangte Behörde auf den Bescheid vom 2.7.1997, Zl. Sich, betreffend die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung. Sofort nach Rechtskraft dieses Bescheides werde dem Bf ein Aufenthaltsverbotsbescheid zugestellt. Einer Berufung gegen diesen Bescheid werde die aufschiebende Wirkung aberkannt werden, sodaß die Durchsetzbarkeit der Maßnahme sofort eintreten werde. Sollte bis dahin schon die Entscheidung des Oberlandesgerichtes L vorliegen, könne auch noch der Tatbestand des § 18 Abs.2 Z1 FrG herangezogen werden. Bei den vom Bf gesetzten Straftaten handle es sich um besonders massive Rechtsverletzungen, die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen ganz erheblich zuwiderlaufen. Zur effizienten Bekämpfung des immer mehr um sich greifenden Schlepperunwesens sei es dringend notwendig, den Bf ehestmöglich aus Österreich abzuschieben (§ 36 Abs.1 Z1 FrG). Der in der Beschwerde enthaltene Hinweis auf die Lebensgemeinschaft mit Z erscheine wenig tauglich, zumal die Genannte ebenfalls Mitglied der Schlepperbande war. Auch wenn Wohnsitz und Arbeitsplatz geltend gemacht werden, bestehe weiterhin ernsthaft die Gefahr, daß der Bf sich zu gegebener Zeit dem Zugriff der Behörde entziehen werde. Die geplanten fremdenpolizeilichen Maßnahmen würden durch eine Entlassung aus der Schubhaft verhindert oder wesentlich erschwert. 3. Der O.ö. Verwaltungssenat hat in der Sache erwogen:

3.1. Der Antrag auf Aufhebung der Schubhaft ist mangels Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates zurückzuweisen (§ 49 Abs.2 FrG). 3.2. Im übrigen ist die Beschwerde zulässig, jedoch unbegründet.

Mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder Anhaltung kann gemäß § 51 Abs.1 FrG der unabhängige Verwaltungssenat von dem in Schubhaft Angehaltenen angerufen werden. Solange die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl. § 52 Abs.4 FrG). Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder Durchbeförderung zu sichern.

Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 18 Abs.1 FrG hat gemäß § 18 Abs.2 Z5 FrG insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder um seines Vorteiles Willen Schlepperei begangen oder an ihr mitgewirkt hat. Dem unabhängigen Verwaltungssenat erscheinen die Argumente der belangten Behörde, die Schubhaft sei notwendig, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zu sichern, überaus einleuchtend. Dafür genügen alleine schon die vom Bf bei Gericht eingestandenen Schleppereien. Schon dieses Verhalten läßt einen qualifizierten Mangel an Bereitschaft, sich den Regeln des Fremdenrechts zu unterwerfen, wenn diese den eigenen Interessen nicht entsprechen, erkennen. Daß der Bf gerne in Österreich bleiben möchte, eventuell unter Aufnahme einer Arbeit und in Verbindung mit einer Lebensgemeinschaft mit einer Österreicherin (dafür aber unter Zurücklassen von Frau und Kindern in der Türkei), sei ihm geglaubt, ändert aber an der Richtigkeit der Einschätzung der entscheidungserheblichen Sachlage (Notwendigkeit der Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens) durch die belangte Behörde nichts. 4. Bei diesem Ergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde tätig geworden ist, der Ersatz der notwendigen Aufwendungen gemäß § 79a AVG (iVm § 52 Abs.2 FrG) für den Vorlage- und Schriftsatzaufwand zuzusprechen. Nach § 1 Z1 und Z2 der am 1. Jänner 1996 in Kraft getretenen "Aufwandersatzverordnung UVS" des Bundeskanzlers, BGBl.Nr. 855/1995, betragen die von der belangten Behörde als obsiegender Partei auszusprechenden Pauschbeträge für den Vorlageaufwand 565 S und für den Schriftsatzaufwand 2.800 S, insgesamt daher 3.365 S. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Langeder

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