Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400472/4/Le/Ha

Linz, 23.09.1997

VwSen-400472/4/Le/Ha Linz, am 23. September 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Beschwerde des C G, geb. am, türkischer Staatsangehöriger, derzeit aufhältig im Polizeigefangenenhaus Linz, Nietzschestraße 33, 4020 Linz, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Johann R, W, L, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird festgestellt, daß zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von 3.365 S binnen 14 Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Kostenersatzantrag des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

Rechtsgrundlage: Zu I.: §§ 51 Abs.1, 52 Abs.1, 2 und 4 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl.Nr. 838/1992 idF BGBl.Nr. 110/1994, iVm § 67c Abs.1 und 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG. Zu II.: §§ 74 und 79a AVG iVm § 1 Z3 und Z4 der Aufwandersatzverordnung unabhängige Verwaltungssenat, BGBl.Nr. 855/1995.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 18.9.1997, beim unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich eingelangt am 19.9.1997, erhob der Beschwerdeführer (im folgenden kurz: Bf) Beschwerde gemäß § 51 FrG mit der Behauptung, daß seine Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig wäre.

In der Begründung dazu führte er im wesentlichen folgendes aus:

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 31.10.1996 sei er aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgewiesen worden; gegen diesen Bescheid habe er Berufung erhoben, der von der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich keine Folge gegeben worden sei. Dagegen habe er zwar verspätet Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, doch habe er einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt. Es sei zu erwarten, daß der Verwaltungsgerichtshof in den nächsten Tagen eine Entscheidung fällen werde. Es widerspreche daher seinen nach Art. 83 Abs.2 B-VG und dem PersFrSchG eingeräumten Rechten, wenn vor der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes nunmehr die Schubhaft verhängt werde.

Seine Integration in Österreich sei nicht ausreichend berücksichtigt worden, da er bereits in der Zeitspanne 1976 - 1982 in Österreich aufhältig gewesen wäre und hier zur Schule gegangen sei und seit 1990 bis dato mehr oder minder ununterbrochen in Österreich weile. Er sei aufrecht gemeldet und wäre sein Lebensunterhalt durch die Verpflichtungserklärung seiner Lebensgefährtin Gerlinde Z gesichert; er habe eine aufrechte Krankenversicherung und werde überdies vom Arbeitsmarktservice Linz Arbeitslosengeld ausbezahlt erhalten, sobald er eine Aufenthaltsberechtigung nachweisen könne. Er beabsichtige weiters, bei zwei Banken bestehende Verbindlichkeiten zu tilgen und mache er darauf aufmerksam, daß durch die Durchsetzung der Ausweisung und die Aufrechterhaltung seiner Schubhaft österreichische Kreditinstitute geschädigt würden.

Unter Hinweis auf Art. 8 Abs.2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten wies er darauf hin, daß er in der Türkei keinerlei Beziehungen mehr unterhalte und aufgrund seiner bereits langjährigen Aufenthaltsdauer in Österreich in seiner Heimat jegliche Kontakte abgebrochen hätte. Zwei seiner Brüder lebten in Österreich, wobei einer bereits österreichischer Staatsangehö-riger geworden sei. Er selber bemühe sich, die österreichische Staatsbürgerschaft zu erhalten und habe eine diesbezügliche Antragstellung beim Amt der O.ö. Landesregierung bereits vorbereitet.

In seine persönlichen Verhältnisse würde aufs Gravierendste eingegriffen werden, weil er seine Lebensgefährtin Gerlinde Z ehelichen wolle. Er sei unbescholten und habe sich stets der österreichischen Rechtsordnung gemäß verhalten. Er hätte sich auch einer rechtsverbindlichen Ausweisung nicht widersetzt, sondern er sei lediglich deshalb nicht ausgereist, da er auf eine positive Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof gewartet habe. Es sei auch zu erwarten, daß ihm aufgrund des FrG 1997 eine Aufenthaltsberechtigung erteilt werde. Aufgrund seiner Deutschkenntnisse sei er ein wertvolles Mitglied der österreichischen Gesellschaft und er nütze seine Kenntnisse auch für diverse Dolmetschertätigkeiten für türkische Staatsangehörige. Er habe bereits mehrfache Bewilligungen nach dem AufG erhalten und sei ihm die letzte vom Magistrat Linz nur deshalb versagt worden, da er einen Krankenversicherungsnachweis und einen Meldezettel nicht vorweisen konnte. Dieser Bescheid sei jedoch vom Bundesministerium für Inneres aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Erstbehörde verwiesen worden.

Es sei festgestellt worden, daß keine Ausschließungsgründe im Sinne des § 5 AufG vorlägen.

Da das Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung noch nicht materiellrechtlich beendet sei, da eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof anhängig sei, wäre derzeit eine Schubhaft rechtswidrig. Er habe in keinem Verfahrensstadium angedeutet, daß er sich dem Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung entziehen möchte, da er immer kooperationsbereit gewesen wäre und Ladungen von Verwaltungsbehörden immer Folge geleistet hätte. In seiner Wohnung K, L, hätte er deshalb nicht nächtigen können, da er den Wohnungsschlüssel verloren hätte.

Es sei daher kein Sicherungszweck notwendig, da er sich den Behörden zur Verfügung gestellt habe; es bestehe auch kein Grund zur Annahme, daß er durch Untertauchen in die Anonymität versuchen würde, sich der beabsichtigten Abschiebung zu entziehen. Er sei lediglich deshalb in der Wohnung seiner Lebensgefährtin aufhältig, weil er seinen Wohnungsschlüssel verloren hätte. Daß er sich bei der Freundin noch nicht angemeldet hätte, sei darauf zurückzuführen, daß er davon ausgehe, daß sein Wohnungsschlüssel aufgefunden werde und er zumindest teilweise in die Wohnung zurückkehren könne. Sofort nach seiner Freilassung würde er sich persönlich unter der Anschrift seiner Lebensgefährtin an- bzw. ummelden. Er betone nochmals gewillt zu sein, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen, sobald der Verwaltungsgerichtshof über seine Beschwerde entschieden hätte.

Seine Lebensgefährtin hätte der Fremdenpolizei persönlich nachgewiesen, daß sie als "Verpflichter" für ihn tätig sei und sie sich verpflichtet hätte, sowohl für den Unterhalt als auch für seine Unterkunft aufzukommen und der Republik alle Kosten, die im Zusammenhang mit seiner Ausreise sowie allfälligen fremdenpolizeilichen Maßnahmen entstehen würden, zu bezahlen. Die Verhängung einer Haft sei daher nicht notwendig und unzulässig.

Er beantragte daher, der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge feststellen, daß seine Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig ist. Abschließend begehrte er den Ersatz der Verfahrenskosten.

2. Die Bundespolizeidirektion Linz als belangte Behörde hat den zugrundeliegenden Fremdenakt an den unabhängigen Verwaltungssenat expreß übermittelt. Zum Beschwerdevorbringen hat sie eine Gegenschrift erstattet und darin mitgeteilt, daß sich der Bf noch in Schubhaft befindet. Weiters hat sie darin ausgeführt, daß sich der Bf seit 12.12.1995 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, weshalb mit Bescheid vom 31.10.1996 gegen ihn die Ausweisung verfügt wurde. Einer dagegen eingebrachten Berufung sei nicht stattgegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt worden. Der Bf sei seiner Ausreiseverpflichtung allerdings nicht nachgekommen und offensichtlich auch nicht gewillt, Österreich freiwillig zu verlassen.

Es sei daher veranlaßt worden, ihn zur Abschiebung festzunehmen. Da der Bf angebe, seinen Reisepaß verloren zu haben, konnte mit dem Rechtsinstitut des Festnahmeauftrages nicht mehr das Auslangen gefunden werden, sondern war die Schubhaft zu verhängen. Die Sicherung der Abschiebung durch die Schubhaft sei erforderlich, weil der Bf einerseits nicht gewillt sei, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen und andererseits sehr wohl Grund zur Annahme bestehe, daß er sich der Abschiebung zu entziehen versuche. Diese Annahme sei auch dadurch begründet, daß der Bf nicht an seiner Meldeadresse, sondern bei seiner Freundin unangemeldet wohnhaft war. An seiner Meldeadresse hat er keine Unterkunftsmöglichkeit mehr, weil er von dort delogiert wurde und ihm dieser Umstand auch bekannt ist. Der Bf halte sich seit nunmehr fast zwei Jahren nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf und versuche, die Behörden vor vollendete Tatsachen zu stellen. Die belangte Behörde hat abschließend die Abweisung der Beschwerde sowie den Zuspruch des pauschalierten Aufwandersatzes begehrt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in die vorgelegten Akten Einsicht genommen und festgestellt, daß der Sachverhalt in den entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdeausführungen ausreichend geklärt ist. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gem. § 52 Abs.2 Z1 FrG unterbleiben.

4. Es ergibt sich daraus im wesentlichen folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

4.1. Der Bf ist türkischer Staatsangehöriger und hält sich seit etwa 21.10.1990 in Österreich auf, wobei seine Aufenthalte immer wieder durch mehrmonatige Reisen in die Türkei unterbrochen wurden. Zuvor hatte sich der Bf bereits seit 1976 bis 22.12.1982 aufgehalten, wo er die Hauptschule besuchte und einige Lehrstellen annahm, jedoch keine Lehre abschloß. Am 14.12.1982 wurde bescheidmäßig ein Aufenthaltsverbot erlassen und der Bf am 22.12.1982 in die Türkei abgeschoben, wo seine Eltern lebten, die im Jahr 1979 wieder in die Türkei zurückgekehrt waren.

4.2. Am 30.11.1990 stellte der Bf den Antrag auf Ausstellung eines Einreisesichtvermerkes (Aufenthaltsberechtigung), was auch bewilligt wurde. In der Folge hielt er sich in L, P und anderen Orten in Oberösterreich auf.

Am 9.2.1993 wurde er wegen Übertretungen des Meldegesetzes und des Fremdengesetzes angezeigt. Weitere Anzeigen und Bestrafungen folgten. Am 15.8.1994 wurde zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bzw. einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft angeordnet, die mit dem Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 9.9.1994 als nicht rechtswidrig erkannt wurde. Eine Abschiebung erfolgte jedoch nicht.

4.3. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz (im Namen des Landeshauptmannes von Oberösterreich) vom 17.11.1995 wurde das Ansuchen des Bf auf Erteilung einer Bewilligung zur Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes in Linz, B, abgewiesen. Dieser Bescheid wurde vom Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 24.9.1996 bestätigt, indem die Berufung des Bf abgewiesen wurde. Anläßlich einer fremdenpolizeilichen Behandlung vor der Bundespolizeidirektion Linz am 30.10.1996 wurde dem Bf zur Kenntnis gebracht, daß er sich seit 12.12.1995 illegal im Bundesgebiet aufhalte. Anläßlich dieser Befragung gab er unter anderem an, daß er seit Mitte August nicht mehr mit seiner Lebensgefährtin Gerlinde Z beisammen sei und diese auch die Verpflichtungserklärung zurückgezogen habe. Im September 1996 sei ihm für ein Monat Arbeitslosengeld ausbezahlt worden; er habe noch für vier Monate Anspruch auf Arbeitslosengeld, doch könne dies erst dann ausbezahlt werden, wenn er eine Aufenthaltsbewilligung für Österreich nachweisen könne.

Bei der Sparkasse Linz habe er noch einen Kredit in Höhe von 180.000 S laufen, sowie bei der Volksbank Linz einen in der Höhe von 60.000 S. Privatschulden habe er noch in Höhe von ca. 70.000 S und bei der Firma Telekom noch ca. 20.000 S. Sein Vater lebe in der Türkei. Außerdem sei er in der Türkei verheiratet und habe mit seiner Frau drei Kinder; er lebe in Scheidung. Er wolle in Österreich bleiben und habe in die Türkei keine Beziehung mehr außer zu seinen drei Kindern.

Vom Gendarmerieposten P wurde der Bf am 31.11.1996 angezeigt, da er sich an diesem Tage in P mit einem in Teile zerrissenen Reisepaß auswies, der somit unbrauchbar war.

4.4. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 31.10.1996 wurde der Bf gemäß § 17 Abs.1 iVm § 15 Abs.3 Z2 sowie § 19 FrG ausgewiesen. In der Begründung zu diesem Bescheid wies die Behörde darauf hin, daß der Bf bis etwa 1 1/2 Jahre vor Bescheiderlassung bei verschiedenen Firmen beschäftigt gewesen sei und derzeit arbeitslos wäre. Da der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz vom Magistrat Linz abgewiesen und die dagegen eingebrachte Berufung mit Bescheid des Bundesministeriums für Inneres vom 24.9.1996 abgewiesen worden ist, halte sich der Bf seit 12.12.1995 ohne jegliche Aufenthaltsberechtigung und somit nicht rechtmäßig in Österreich auf.

Da sich der Bf seit nahezu einem Jahr nicht rechtmäßig in Österreich aufhalte und auch nicht in der Lage sei, seinen Aufenthalt in absehbarer Zeit zu legalisieren, sei daher zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung die Ausweisung dringend geboten.

Am 30.10.1996 wurde der Bf beim Bezirksanwalt beim Bezirksgericht Linz-Land angezeigt, weil er bei einem "Abschiedsbesuch" bei seiner ehemaligen Freundin Gerlinde Z Wertsachen mitgenommen hatte. Die am 20.11.1996 gegen den Ausweisungsbescheid eingebrachte Berufung wurde von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich mit Bescheid vom 21.5.1997 abgewiesen. Dieser Bescheid konnte dem Bf erst am 9.7.1997 durch ein Organ der Bundespolizeidirektion Linz zugestellt werden, da er den an die Adresse K zugestellten Brief nicht abgeholt hatte. Gegen diesen Bescheid wurde von seinem Rechtsanwalt verspätet Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Linz vom 27.1.1997 wurde festgestellt, daß beim Bf die Voraussetzungen des Art. 6 Abs.1 1.-3 - des Art. 7 Abs.1 und 2 sowie des Art. 9 des Beschlusses 1/1980 des Assoziationsrates vom 19.9.1980 nicht gegeben sind.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Linz-Land vom 16.12.1996 wurde der Bf wegen § 229 Abs.1 StGB zu einer Geldstrafe auf Probe verurteilt.

Weil der Bf dem Ausweisungsbescheid nicht Folge leistete und auch nicht an seiner Meldeadresse erschien, wurde er zur Festnahme ausgeschrieben. Am 17.9.1997 konnte der Bf schließlich festgenommen und der Behörde übergeben werden, wobei zur Festnahme ein Pfefferspray angewendet werden mußte.

4.5. Aus dem Versicherungsdatenauszug der österreichischen Sozialversicherung vom 18.8.1997 geht hervor, daß der Bf zuletzt in der Zeit vom 17.6.1994 bis 11.3.1995 gearbeitet hatte und schließlich vom 20.4.1995 bis 6.9.1995 Arbeitslosengeld bezogen hatte. Spätere Eintragungen sind diesem Versicherungsdatenauszug nicht mehr zu entnehmen.

4.6. Anläßlich der Vernehmung vor der Bundespolizeidirektion Linz am 18.9.1997 wurde dem Bf mitgeteilt, daß er zur Sicherung der Abschiebung in Schubhaft genommen werde. Am 17.9.1997 wurde von Frau Z eine Verpflichtungserklärung für Herrn "G, geb. am, wohnhaft in K, 4" auf unbestimmte Zeit abgegeben; die Erklärung ist mit 20.8.1997 datiert; die Unterschrift ist nicht beglaubigt.

4.7. Mit Bescheid vom 18.9.1997 wurde zur Sicherung der Abschiebung die vorläufige Verwahrung (Schubhaft) angeordnet und diese im wesentlichen damit begründet, daß gegen den Bf eine seit 9.7.1997 durchsetzbare Ausweisung bestehe, er dieser Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen sei und offensichtlich auch nicht gewillt sei, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen. Er sei zwar noch in Linz, K gemeldet, doch wohne er dort seit 1 1/2 Monaten nicht mehr, sondern habe bei seiner Freundin in H Unterkunft genommen, wo er allerdings nicht angemeldet sei.

4.8. Mit Schreiben vom 19.9.1997 beantragte die Bundespolizeidirektion Linz beim türkischen Generalkonsulat in Salzburg die Ausstellung eines Heimreisezertifikates, da der Bf über kein gültiges Reisedokument verfüge. 5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 51 Abs.1 Fremdengesetz (FrG), BGBl.Nr. 838/1992 idF 110/1994, hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Bf festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 leg.cit.). Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich.

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde - zumindest schlüssig - im wesentlichen die Rechtswidrigkeit der Inschubhaftnahme und der Anhaltung behauptet und die Feststellung begehrt, daß der Schubhaftbescheid, die Inhaftnahme sowie seine Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig wären. Die Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt, die Beschwerde ist zulässig; sie ist jedoch im wesentlichen nicht begründet.

5.2. Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden 8Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gem. § 57 AVG anzuordnen.

Gemäß § 48 Abs.1 FrG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf außer in den Fällen des Abs.4 insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern (§ 48 Abs.2 FrG).

Kann oder darf ein Fremder nur deshalb nicht abgeschoben werden, 1. weil über einen Antrag gemäß § 54 noch nicht rechtskräftig entschieden ist oder 2. weil er an der Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht im erforderlichen Ausmaß mitwirkt oder 3. weil er die für die Einreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht besitzt, so kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung (Z1), nach Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit (Z2) oder nach Einlangen der Bewilligung bei der Behörde (Z3), insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrechterhalten werden (§ 48 Abs.4 FrG).

5.3. Auf Grund des unter Punkt 4. dargestellten Sachverhaltes steht fest, daß - der Bf seit 12.12.1995 ohne Aufenthaltsberechtigung und somit illegal in Österreich lebt, - sein Antrag auf Aufenthaltsberechtigung mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz (namens des Landeshauptmannes) vom 17.11.1995 rechtskräftig abgewiesen wurde, - am 31.10.1996 bescheidmäßig seine Ausweisung rechtskräftig verfügt wurde, - der Bf bisher Österreich nicht freiwillig verlassen hat, - er seit März 1995 arbeitslos ist, über kein Einkommen verfügt und daher keine Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes besitzt, - er bereits mehrfach durch die Verübung von Straftaten aufgefallen ist (mehrfache Übertretungen nach dem Fremdengesetz, dem Meldegesetz, dem Kraftfahrgesetz, dem Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrens-gesetzen; gerichtliche Verurteilung wegen § 229 Abs.1 StGB) und - er in der Türkei verheiratet ist, drei Kinder hat und sein Vater ebenfalls in der Türkei lebt.

5.4. Im Schubhaftprüfungsverfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist die Rechtmäßigkeit der Schubhaft die einzig zu entscheidende Frage (VwGH vom 27.1.1995, 94/02/0334). Der unabhängige Verwaltungssenat hat die Frage der Rechtmäßigkeit der Anhaltung nach jeder Richtung hin selbständig zu untersuchen und jedwede unterlaufene Gesetzwidrigkeit festzustellen und aufzugreifen (VfGH vom 23.6.1994, B 2019/93). Eine Überprüfung des Schubhaftbescheides aus dem Blickwinkel der dem unabhängigen Verwaltungssenat zukommenden Prüfungskompetenz ergab die Rechtmäßigkeit der Anordnung der Schubhaft, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 41 Abs.1 FrG dafür vorliegen und die Schubhaft notwendig ist, um die Abschiebung zu sichern. Der Bf hatte trotz Versagung der Aufenthaltsberechtigung und trotz Rechtskraft des Ausweisungsbescheides es bisher unterlassen, Österreich freiwillig zu verlassen, sodaß es aus Gründen der öffentlichen Ruhe und Sicherheit erforderlich war, den Bf in Schubhaft zu nehmen. Dies war auch deshalb erforderlich, da er bisher seinen Meldepflichten nicht ausreichend nachgekommen war.

5.5. Zu den einzelnen Beschwerdepunkten wird, soweit sie nicht schon durch die obigen Ausführungen widerlegt sind, folgendes bemerkt:

5.5.1. Nach Ansicht des Bf widerspricht es seinen nach Art. 83 Abs.2 B-VG und dem PersFrSchG eingeräumten Rechten, wenn vor Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über ihn nunmehr die Schubhaft verhängt werde. Mit dieser Ansicht ist der Bf nicht im Recht: Art. 83 Abs.2 B-VG bestimmt, daß niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden darf. Durch die Verhängung der Schubhaft wird der Bf nicht seinem gesetzlichen Richter entzogen, da die Verhängung der Schubhaft keinesfalls bedeutet, daß der Verwaltungsgerichtshof nunmehr nicht über die (verspätet) eingebrachte Beschwerde des Bf entscheiden könnte. In welchem der im Gesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit 1988 eingeräumten Recht sich der Bf konkret verletzt erachtet, hat er nicht näher ausgeführt. Eine amtswegige Überprüfung hatte, wie schon oben unter Punkt 5.4. ausgeführt, ergeben, daß durch die Verhängung der Schubhaft der Bf in keinem Recht verletzt worden ist. An dieser Stelle sei nochmals ausdrücklich angemerkt, daß es dem unabhängigen Verwaltungssenat nicht zukommt, über die Rechtmäßigkeit der Abschiebung zu entscheiden.

5.5.2. Der Bf bringt weiters vor, daß sein Lebensunterhalt durch die Verpflichtungserklärung der Frau Gerlinde Z gesichert sei. Diese Verpflichtungserklärung von Frau Z vom 20.8.1997 wird jedoch als nicht ausreichend erachtet: Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind die Nachweise über die erforderlichen Mittel und eine Unterkunft initiativ zu erbringen. Dies schließt auch den Nachweis der Bonität der Person ein, die eine solche Verpflichtungserklärung abgibt, was etwa durch Bekanntgabe hiefür relevanter konkreter Tatsachen, wie der Einkommens-, Vermögens- und Wohnverhältnisse, allfällige Unterhalts-pflichten und sonstiger finanzieller Verpflichtungen untermauert werden muß durch hinsichtlich ihrer Richtigkeit nachprüfbare Unterlagen, wobei sich solcherart belegte Auskünfte auf einen längeren Zeitraum zu beziehen haben (VwGH 29.7.1993, 92/18/0499, 0500; VwGH 13.1.1994, 93/18/0183). Darüberhinaus ist auch eine gewisse persönliche Bindung zwischen dem Fremden und der die Erklärung abgebenden Person glaubhaft zu machen (VwGH vom 14.12.1995, 95/19/0612). Diesen Erfordernissen kommt die Erklärung von Frau Gerlinde Z nicht nach, zumal eine Überprüfung ihrer Bonität nicht möglich war.

Dazu kommt, daß aktenkundig Frau Z bereits Anfang August 1996 die Beziehung zu dem Bf abgebrochen, die Verpflichtungserklärung zurückgezogen, den Wohnsitz gewechselt und sich wegen ständiger Anrufe des Bf eine Geheimnummer zugelegt hat. Schließlich hat sie ihn auch am 29.10.1996 wegen Diebstahls bei der Polizei angezeigt. Dadurch erscheint das Verhältnis zu Frau Z nicht so sehr gesichert, daß damit auch der Lebensunterhalt des Bf als vollständig abgesichert erscheinen kann.

5.5.3. Wenn der Bf meint, vom Arbeitsmarktservice noch Arbeitslosengeld zu erhalten, so übersieht er offensichtlich, daß ihm die Aufenthaltsberechtigung rechtskräftig nicht erteilt wurde und auch vom Arbeitsmarktservice Linz mit Bescheid vom 27.1.1997 rechtskräftig festgestellt wurde, daß beim Bf die Voraussetzungen des Assoziationsbeschlusses 1/80 nicht zutreffen.

5.5.4. Der Bf gibt weiters an, Verbindlichkeiten bei zwei Banken zu haben und diese geschädigt würden, wenn er weiterhin in Schubhaft bleibe. Der Bf bleibt eine Erklärung dafür schuldig, wie er die Tilgung dieser Verbindlichkeiten bewerkstelligen wolle, ohne eigenem Einkommen und ohne Beschäftigung.

5.5.5. Der Bf führt weiters aus, keine Beziehungen zur Türkei mehr zu haben. Dabei übersieht er offensichtlich, daß er noch am 30.10.1996 vor der Bundespolizeidirektion Linz angegeben hatte, daß sein Vater in der Türkei lebe sowie seine Ehefrau und drei Kinder. Die Beziehung zu Kindern gehört aber wohl unbestritten zu den engsten familiären Bindungen überhaupt.

5.5.6. Der Bf behauptet in seinem Beschwerdeschriftsatz, unbescholten zu sein. Aktenkundig ist dagegen eine Reihe von Verwaltungsübertretungen gegen das Meldegesetz, das Fremdengesetz, das Kraftfahrgesetz und das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen sowie zum O.ö. Polizeistrafgesetz; auch eine Verurteilung durch das Bezirksgericht Linz-Land wegen § 229 Abs.1 StGB ist evident. Von einer "Unbescholtenheit" kann daher wohl nicht die Rede sein! 5.5.7. Weiters vermeint der Bf, aufgrund seiner Deutschkenntnisse "ein wertvolles Mitglied der österreichischen Gesellschaft" zu sein. Dazu ist dem vorliegenden Fremdenakt allerdings nichts zu entnehmen. Im Gegenteil muß diese persönliche Ansicht erheblich in Zweifel gezogen werden aufgrund der zahlreichen Vorstrafen, der permanenten Arbeitslosigkeit und der Anzahl und Höhe seiner Verbindlichkeiten.

5.5.8. Abschließend vermeint der Bf, daß die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung seiner Abschiebung nicht erforderlich sei, weil er sich den Behörden zur Verfügung stellen werde und gestellt habe:

Dem ist entgegenzuhalten, daß der Bf gesucht und unter Anwendung von Gewalt festgenommen werden mußte, weil er sich nicht freiwillig der österreichischen Rechtsordnung unterwerfen wollte.

Über größere Strecken der Beschwerdeschrift stellt der Rechtsvertreter des Bf Behauptungen auf, die den Eindruck erwecken, als ob sein Schriftsatz einen anderen Klienten betreffen würde! 5.6. Da sohin die Voraussetzungen für die Inschubhaftnahme erfüllt waren und die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Schubhaft weiterhin bestehen, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.: Bei diesem Verfahrensergebnis waren der belangten Behörde gemäß § 79a AVG iVm § 1 Z3 und Z4 der Aufwandersatzverordnung unabhängige Verwaltungssenat, BGBl.Nr. 855/1995, die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in Höhe von 3.365 S (Aktenvorlageaufwand: 565 S, Schriftsatzaufwand: 2.800 S) zuzusprechen. Der Kostenersatzantrag des Bf war mangels Erfolges der Beschwerde abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Ergeht an:

Dr. L e i t g e b

Beschlagwortung: Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung

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