Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400491/4/Lg/Shn

Linz, 30.12.1997

VwSen-400491/4/Lg/Shn Linz, am 30. Dezember 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Beschwerde des D, wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaft-bescheides der Bundespolizeidirektion Linz vom 10.12.1997, Zl. Fr-95.996, sowie der Festnahme und Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird gleichzeitig festgestellt, daß die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraus-setzungen vorliegen.

II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von 3.365 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage: §§ 51 Abs.1, 52 Abs.2 und 4 Fremdengesetz - FrG (BGBl.Nr. 838/1992) zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 436/1996 iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG idF BGBl.Nr.474/1995.

Entscheidungsgründe:

1. Der unabhängige Verwaltungssenat geht aufgrund der Aktenlage in Verbindung mit der vorliegenden Beschwerde von folgendem Sachverhalt aus:

1.1. Der Beschwerdeführer (Bf) ein Staatsangehöriger der Bundesrepublik Jugoslawien albanischer Volkszugehörigkeit, ist am 8.12.1997 ist unter Zuhilfenahme eines Schleppers illegal in Österreich eingereist. In der Folge stellte er einen Asylantrag, welcher mit Bescheid vom 11.12.1997 abgewiesen wurde. Dazu wurde der Bf am 10.12.1997 niederschriftlich einvernommen. Das Bundesasylamt teilte mit Schreiben vom 12.12.1997 der belangten Behörde mit, daß dem Bf keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 AsylG 1991 zukomme, da er illegal über Drittstaaten in das österreichische Bundesgebiet eingereist sei. Eine befristete Aufenthalts-berechtigung gemäß § 8 AsylG wurde vom Bundesasylamt nicht erteilt. Zur Inschubhaftnahme wurde der Bf von Organen der belangten Behörde am 11.12.1997 einvernommen. Mit Bescheid der BPD Linz vom 15.12.1997 wurde der Bf ausgewiesen.

Mit Schreiben vom 16.12.1997 stellte die BPD Linz an das Generalkonsulat der Bundesrepublik Jugoslawien das Ersuchen um Ausstellung eines Heimreisezertifikats. Am 30.12.1997 wurde der Bf durch die BPD Linz neuerlich einvernommen.

1.2. In seiner Einvernahme am 10.12.1997 gab der Bf selbst an, unter Zuhilfenahme eines Schleppers und unter Umgehung der Grenzekontrolle in Österreich eingereist zu sein. Er habe dafür einem Schlepper in Mazedonien 4.000 DM bezahlt und drei Tage (mit anderen Personen) in einem LKW versteckt verbracht. So sei er am 8.12.1997 nach Wien gelangt, wo er den LKW verlassen habe. An Barmitteln verfüge er über 300 S. In seiner Einvernahme am 11.12.1997 bestätigte der Bf diese Aussagen im wesentlichen und gab seine Barmittel mit ca 850 S an. Der Bf gab ferner an, in Österreich keinen Wohnsitz zu haben. Der Bf wurde von der beabsichtigten Ausweisung verständigt.

Bei seiner Einvernahme am 30.12.1997 gab der Bf an, Rechtsanwalt DDDr. Langmayr nicht persönlich zu kennen; sein Bruder habe sich an den Rechtsanwalt in Wien gewendet. Mit der Einbringung der Schubhaftbeschwerde war der Bf aber einverstanden. 1.3. Mit Mandatsbescheid vom 10.12.1997, Zl. Fr-95.996, ordnete die belangte Behörde zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bzw einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung bzw Zurückschiebung die vorläufige Verwahrung des Bf (Schubhaft) an. Der Bf sei am 8.12.1997 unter Umgehung der Grenzkontrolle illegal nach Österreich eingereist und sei nicht in der Lage, den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nachzuweisen. Seine Identität stehe nicht fest. Eine vorläufige Aufenthaltsbe-rechtigung gem. § 7 AsylG komme ihm nicht zu. Da der Bf als unstet betrachtet werden müsse und im Bundesgebiet nicht gemeldet sei, bestehe Grund zur Annahme, daß er versuchen könne, sich den beabsichtigten fremdenpolizeilichen Maßnahmen durch Untertauchen in die Anonymität zu entziehen oder diese zumindest zu erschweren, weshalb die Schubhaft zu verhängen sei. 2. Mit Schriftsatz vom 23.12.1997, eingelangt beim unabhängigen Verwaltungssenat am 29.12.1997, hat der Bf durch seinen Rechtsvertreter Schubhaftbeschwerde mit den Anträgen eingebracht, die Rechtswidrigkeit des Bescheides, der Festnahme und der Anhaltung kostenpflichtig festzustellen. Darin wird vorgebracht, daß die BPD Linz zur Verhängung des Schubhaftbescheides unzuständig gewesen sei. Dies begründet der Bf mit einer Praxis der Behörden, Asylsuchenden im Flüchtlingslager Traiskirchen zu empfehlen, sich wegen des Asylantrages zu weiterer Amtshandlung nach Linz zu begeben und dort bei der BPD Linz vorzusprechen. Dort würden sie einvernommen und werde ihnen die bescheidmäßige Ablehnung ihres Asylantrages übergeben und zugleich über sie die Schubhaft verhängt. Ein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt des Fremden in Linz liege in solchen Fällen, wie auch im gegenständlichen Fall, nicht vor. Der Behauptung im Schubhaftbescheid, der Bf sei nicht in der Lage, die Mittel zu seinem Unterhalt nachzuweisen, lägen ungenügende Ermittlungen zugrunde. Bei einer Befragung des Bf hätte dieser zu Protokoll gegeben, daß sein Bruder Kosum Sefkije bereit sei, für den Unterhalt des Bf aufzukommen. Eine entsprechende Verpflichtungserklärung könne jederzeit beigelegt werden. Auch die Caritas Wien sei offenbar bereit, vorläufig für den Unterhalt des Bf aufzukommen. Es sei ferner zynisch, dem Bf anzulasten, er sei unsteten Aufenthalts. In Anbetracht der geschilderten Vorgangsweise der Behörde bestehe nicht der mindeste Grund zur Annahme, daß der Bf versuchen könne, sich fremdenpolizeilichen Maßnahmen durch Untertauchen in die Anonymität zu entziehen oder diese zu erschweren.

Was den Asylantrag des Bf betreffe, so sei dieser nur in erster Instanz abgewiesen worden. Eine rechtskräftige Entscheidung über den Asylantrag liege daher nicht vor. Ferner wird behauptet, daß es sich hier um einen jener Fälle handelt, in welchem zur erwarten sei, daß die jugoslawischen Behörden die Übernahme des Schubhäftlings (eines Kosovo-Albaners) verweigern würden, sodaß eine erfolgreiche Abschiebung ohnedies nicht möglich sein werde. Nach der Schubhaft müsse daher der Bf ohnehin freigelassen werden. Eine solche Haftverhängung würde den Schubhaftzweck verfehlen. Es werde daher der Antrag gestellt, (1.) den Schubhaftbescheid, die Festnahme und die Anhaltung für rechtswidrig zu erklären und (2.) dem Bund als Rechtsträger der belangten Behörde zum Ersatz der Kosten zu verurteilen.

3. Die belangte Behörde hat ihre Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Schubhaftbeschwerde beantragt (eingelangt beim unabhängigen Verwaltungssenat am 30.12.1997).

In der Gegenschrift wird ausgeführt, der Bf sei am 8.12.1997 illegal und unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich gelangt und habe am 9.12.1997 einen Asylantrag gestellt, der mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Linz, vom 11.12.1997 abgewiesen worden sei. Da der Bf im Bundesgebiet nicht gemeldet und daher als unstet zu betrachten gewesen sei, habe sich die belangte Behörde veranlaßt gesehen, vorerst zur Sicherung eines fremdenpolizeilichen Verfahrens die Schubhaft zu verhängen. Mit Bescheid vom 15.12.1997 sei gegen den Bf die Ausweisung verfügt worden. Mit Schreiben vom 16.12.1997 sei beim jugoslawischen Generalkonsulat in Salzburg die Ausstellung eines Heimreisezertifikates beantragt worden. Die Zuständigkeit der BPD Linz im fremdenpolizeilichen Verfahren sei gemäß § 67 Abs.1 FrG zweifellos gegeben, weil der Fremde über keinen Wohnsitz verfüge und er sich zum Zeitpunkt des ersten behördlichen Einschreitens im Zuständigkeitsbereich der BPD Linz befunden habe.

Bezüglich der Mittellosigkeit wird vorgebracht, daß der Fremde nach ständiger Rechtsprechung des VwGH initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen hat, daß er nicht nur über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern auch entsprechend zu belegen habe, daß sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer des Aufenthaltes gesichert erscheint. Eine entsprechende Verpflichtungserklärung liege bislang nicht vor. Es sei richtig, daß es zurückliegend zu Schwierigkeiten bei der Ausstellung von Heimreisezertifikaten für jugoslawische Staatsbürger gekommen ist. In dieser Angelegenheit hätten jedoch bereits Gespräche mit dem jugoslawischen Botschafter in Wien stattgefunden. Für die belangte Behörde erscheine es daher nicht aussichtslos, daß innerhalb der gesetzlichen Schubhaftdauer die tatsächliche Abschiebung möglich sein wird. Die Praxis habe auch gezeigt, daß immer wieder gültige Reisepässe von Schubhäftlingen auftauchen, auch wenn diese zuvor behauptet hatten, noch nie ein Reisedokument besessen bzw dieses verloren zu haben. Die BPD Linz halte daher die weitere Anhaltung des Bf in Schubhaft (zur Sicherung der Abschiebung) für notwendig. 4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinlänglich geklärt erscheint, weshalb gemäß § 52 Abs.2 Z1 FrG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

5. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder Anhaltung kann gemäß § 51 Abs.1 FrG der unabhängige Verwaltungssenat von dem in Schubhaft Angehaltenen angerufen werden. Solange die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl § 52 Abs.4 FrG).

Die formellen Voraussetzungen der gegenständlichen Schubhaftbeschwerde liegen vor. Sie ist zulässig, aber nicht begründet.

5.2. Gemäß § 67 Abs.2 FrG richtet sich die örtliche Zuständigkeit zur Verhängung der Schubhaft nach dem Aufenthalt. Da der Bf zum Zeitpunkt der Inschubhaftnahme in Linz aufhältig war, war die örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde gegeben. 5.3. Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Abschiebung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern.

Die belangte Behörde ging zu Recht davon aus, daß der Bf unter Zuhilfenahme eines Schleppers in Österreich einreiste. Ferner nahm die belangte Behörde zu Recht Mittellosigkeit des Bf an. Die Verheißung des Rechtsanwalts, zukünftig eine Verpflichtungserklärung vorzulegen, reicht für die gegenteilige Annahme nicht aus, eine solche Verpflichtungserklärung muß vielmehr tatsächlich vorliegen. Selbst bei Vorliegen einer solchen Verpflichtungserklärung wären zusätzliche Voraussetzungen zu beachten, zB wäre ein Bonitätsnachweis der sich verpflichtenden Person für einen längeren Zeitraum beizubringen gewesen (vgl VwGH 13.1.1994, 93/18/0183; 10.2.1994, 93/18/0410 uam). Ähnliches gilt für die in der Beschwerde vorgebrachte Vermutung, die Caritas könnte für den Lebensunterhalt aufkommen: Selbst die faktische Gewährung des Lebensunterhaltes durch die Caritas reicht nicht aus, solange kein Rechts-anspruch darauf dargetan ist (VwGH 2.8.1996, 96/02/0195). Ferner ist unstrittig, daß der Asylantrag des Bf erstinstanzlich abgelehnt, ein Heimreisezertifikat beantragt und die Ausweisung des Bf bescheidmäßig verfügt wurde. Unter diesen Umständen erscheint die Inschubhaftnahme des Bf und die Fortsetzung der Schubhaft zu den im angefochtenen Bescheid genannten Zwecken erforderlich. Alleine die näheren Umstände der Einreise des Bf lassen eine mangelhafte Verbundenheit mit den fremdenrechtlichen Regelungen der österreichischen Rechtsordnung erkennen. Dazu kommt, daß der Lebensunterhalt des Bf nicht gesichert erscheint. Selbst wenn der Bf bei Verwandten Unterkunft nehmen könnte, würde dies nicht einen jederzeit möglichen Zugriff der Behörde auf die Person des Bf gewährleisten (VwGH 8.11.1996, Zl. 95/02/0433).

Die Schubhaft verfehlt auch nicht ihren Zweck etwa deshalb, weil davon auszugehen wäre, daß die Republik Jugoslawien für albanische Volksangehörige keine Heimreisezertifikate mehr ausstellt. Vielmehr lassen einzelne aufgetretene diesbezügliche Probleme keinen Schluß auf ein zukünftig durchgehendes völkerrechtswidriges Verhalten der Volksrepublik Jugoslawien zu. Selbst wenn anderen Fremden gleicher Staatsangehörigkeit keine Heimreisezertifikate ausgestellt wurden, ist damit nicht unbedingt ausgeschlossen, daß im vorliegenden Fall dennoch ein derartiges Dokument ausgestellt wird (VwGH 2.8.1996, 96/02/0233). Solange aber die Behörde mit einer positiven Erledigung des Heimreisezertifikatsersuchens rechnen kann, fällt der Schubhaftzweck nicht weg (vgl statt vieler VwGH 8.9.1995, Zl. 95/02/0178).

6. Bei diesem Ergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde tätig geworden ist, antragsgemäß der Ersatz der notwendigen Aufwendungen gemäß § 79a AVG iVm § 52 Abs.2 FrG für den Vorlage- und Schriftsatzaufwand zuzusprechen. Nach der geltenden Aufwandersatzverordnung UVS des Bundeskanzlers (BGBl.Nr. 855/1995) beträgt der Pauschbetrag für den Vorlageaufwand 565 S und für den Schriftsatzaufwand 2.800 S. In Summe ergeben sich daher 3.365 S.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Langeder

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