Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400493/5/SCHI/Km

Linz, 16.01.1998

VwSen-400493/5/SCHI/Km Linz, am 16. Jänner 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Beschwerde des A R, Staatsangehöriger der Bundesrepublik J, vertreten durch V K, pA S wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Freistadt, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird insofern stattgegeben als festgestellt wird, daß der Beschwerdeführer durch die Festnahme und Anhaltung in Schubhaft bis 15.1.1998 in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt worden ist; im übrigen wird festgestellt, daß die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

II. Der Bund hat dem Beschwerdeführer zu Handen seiner Vertreterin die Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in Höhe von 8.580 S binnen 14 Tagen zu ersetzen. Der Kostenersatzantrag der belangten Behörde wird abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 67c Abs.3 AVG iVm § 73 Abs.4 FrG und Art.4 Abs.6 BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl.Nr. 684/1988; Zu II.: § 79a AVG iVm § 1 Z1 Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 13.1.1998 hat der Bf, vertreten durch V K, Schubhaftbetreuerin von S, gegen die Anhaltung in Schubhaft seit 24.11.1997 aufgrund des Schubhaftbescheides der Bezirkshauptmannschaft Freistadt, Zl. Sich41-4-1997-Pil/Woe, vom 24.9.1997 erhoben und beantragt, den Bund zum Kostenersatz in Höhe von 8.580 S zu verpflichten, weil die Behörde es verabsäumt habe, ihn unverzüglich vor Ablauf der zweimonatigen Frist am 24. November 1997 über die Gründe für seine weitere Anhaltung in Schubhaft niederschriftlich in Kenntnis zu setzen.

2. Mit Schreiben vom 13.1.1998, beim O.ö. Verwaltungssenat eingelangt am 15.1.1998, Zl. Sich41-4-1997/Pil/Pz, hat die belangte Behörde den gegenständlichen Verwaltungsakt vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

3. Der O.ö. Verwaltungssenat hat in den vorgelegten Verwaltungsakt Einsicht genommen und festgestellt, daß der Sachverhalt in den wesentlichen entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, weshalb die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 73 Abs.2 Z1 FrG 1997 unterbleiben konnte.

4. Es ergibt sich im wesentlichen folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt: Der Beschwerdeführer (Bf) ist Kosovo-Albaner und Staatsangehöriger der Bundesrepublik J. Er ist im September 1997 von Österreich nach Tschechien illegal durchgereist und wurde schließlich nach Zurückweisung durch die deutsche Grenzpolizei an der deutsch-tschechischen Grenze von den Grenzbehörden Tschechiens an Österreich rücküberstellt. Im Anschluß an die Übernahme am 24.9.1997 wurde der Bf aufgrund des Schubhaftbescheides vom gleichen Tag, Zl. Sich41-4-1997-Pil-Woe, in Schubhaft genommen. Bis zur Erhebung der Beschwerde wurde der Bf niederschriftlich nur am 14.10.1997 einvernommen, allerdings ausschließlich betreffend die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes für das Bundesgebiet von Österreich. Der Bf wurde somit - wie in der Beschwerde ausgeführt - vor Ablauf der Zweimonatsfrist am 24.11.1997 nicht über die Verlängerung der Schubhaft niederschriftlich in Kenntnis gesetzt. Erst während des ggst. Beschwerdeverfahrens wurde der Bf am 15.1.1998 niederschriftlich unter Zuziehung eines Dolmetschers entsprechend einvernommen, wobei der Bf erklärt hat, daß er nicht glaube, daß für ihn ein Heimreisezertifikat ausgestellt werden würde und er daher auch die Schubhaft bis zur Höchstdauer von sechs Monaten "absolvieren will".

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Im vorliegenden Fall wurde der Bf am 24.9.1997 in Schubhaft genommen. Die Schubhaft durfte gemäß § 48 Abs.2 FrG 1992 außer in den Fällen des Abs.4 nicht länger als zwei Monate dauern. § 48 Abs.4 FrG 1992 hat folgendes vorgesehen: Kann oder darf ein Fremder nur deshalb nicht abgeschoben werden, 1. weil über einen Antrag gemäß § 54 noch nicht rechtskräftig entschieden ist oder 2. weil er an der Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht in erforderlichem Ausmaß mitwirkt oder 3. weil er die für die Einreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht besitzt, so kann die Schubhaft bis zum Ablauf der 4. Woche nach rechtskräftiger Entscheidung (Z1), nach Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit (Z2) oder nach Einlangen der Bewilligung bei der Behörde (Z3), insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrechterhalten werden (Abs.4). Die Behörde hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs.4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich niederschriftlich in Kenntnis zu setzen (Abs.5).

5.2. Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung bei vergleichbaren Fällen dargetan und näher begründet, daß es sich bei dem Inkenntnissetzen gemäß § 48 Abs.5 FrG um ein wesentliches Element im Rahmen des nach den §§ 51ff FrG gegebenen spezifischen Rechtsschutzsystem handelt. In einem geordneten Fremdenpolizeiwesen ergebe sich daraus zwingend, daß unter "unverzüglich" in § 48 Abs.5 FrG nur ein Inkenntnissetzen des Fremden vor Ablauf der zweimonatigen Schubhaft in Betracht kommt (Erk. vom 28.11.1994, B 218/94-6).

Nichts anderes gilt auch aufgrund der inzwischen (am 1.1.1998) in Kraft getretenen diesbezüglich relevanten Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997, BGBl.Nr. 75/1997 (§ 69 Abs. 4 und 5).

5.3. Zufolge der Übergangsbestimmung des § 114 Abs.2 FrG 1997 gelten Schubhaftbescheide nach dem FrG 1992 ab 1.1.1998 als nach diesem Bundesgesetz erlassen. Die Schubhaft eines Fremden, die vor dem Jahreswechsel 1997/98 begonnen hat und ohne Unterbrechung danach fortgesetzt wird, darf insgesamt nicht länger aufrechterhalten werden, als nach diesem Bundesgesetz zumutbar ist. Gemäß § 69 FrG 1997 ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauert (Abs.1). Die Schubhaft darf nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf außer in den Fällen des Abs.4 insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern (Abs.2). Wird ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt (Abs.3). Kann oder darf ein Fremder nur deshalb nicht abgeschoben werden, 1. weil über einen Antrag gemäß § 75 noch nicht rechtskräftig entschieden ist oder 2. weil die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht möglich ist oder 3. weil er die für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht besitzt oder 4. weil er die Abschiebung dadurch vereitelt, daß er sich der Zwangsgewalt (§ 60) widersetzt, so kann die Schubhaft bis zum Ablauf der 4. Woche nach rechtskräftiger Entscheidung (Z1), nach Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit (Z2), nach Einlangen der Bewilligung bei der Behörde (Z3) oder nach Vereitelung (Z4), insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrechterhalten werden; Abs.6 bleibt jedoch unberührt (Abs.4). Die Behörde hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs.4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich niederschriftlich in Kenntnis zu setzen (Abs.5).

5.4. Die §§ 72 und 73 FrG 1997 regeln die Beschwerde und die Entscheidung durch den unabhängigen Verwaltungssenat im wesentlichen weitgehend wie die §§ 51 ff FrG 1992.

5.5. Im gegenständlichen Fall erweist sich daher als berechtigt, daß der Bf nicht vor Ablauf der zweimonatigen Frist am 24.11.1997 niederschriftlich über die weitere Anhaltung in Schubhaft in Kenntnis gesetzt wurde. Wie bereits oben ausgeführt, stellt die Information über die Festnahmegründe nicht nur eine konstitutive Voraussetzung der Rechtmäßigkeit der Festnahme und/oder Anhaltung dar, sondern hat die Behörde auch entsprechende Vorkehrungen zu treffen, damit dieser Grundrechtsverbürgung eine entsprechende Effektivität zu Teil werden kann (VfGH 4.10.1994, B 1847/93). Bei dieser Sachlage war daher der vorliegenden Beschwerde gemäß § 67c Abs.3 AVG insofern stattzugeben, als festzustellen war, daß der Bf durch die Anhaltung in Schubhaft in seinem durch Art.4 Abs.6 PersFrSchG (bzw. Art.5 Abs.2 MRK) verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt wurde. Da der Bf mittlerweile - wenn auch erst während des ggst. Beschwerdeverfahrens - entsprechend niederschriftlich einvernommen worden ist und weder in der Beschwerde sonstige Rechtsverletzungen behauptet noch solche vom unabhängigen Verwaltungssenat erkannt werden können, war im übrigen gemäß § 73 Abs.4 FrG 1997 festzustellen, daß die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

6. Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Bf zu Handen seiner Vertreterin nach § 79a AVG iVm § 1 Z1 Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995 antragsgemäß Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung in Höhe von 8.580 S (Schriftsatzaufwand 8.400 S; Stempelgebührenersatz 180 S) zuzusprechen; gleichzeitig war der Kostenersatzantrag der belangten Behörde abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Schieferer Beschlagwortung: Schubhaft, keine rechtzeitige Information über Verlängerung - Kosten

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