Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400508/2/Le/Km

Linz, 08.07.1998

VwSen-400508/2/Le/Km Linz, am 8. Juli 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Beschwerde des A A, t Staatsangehöriger, dzt. J R, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. W H und Dr. J S, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Schärding zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird festgestellt, daß zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von 3.365 S binnen 14 Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Kostenersatzantrag des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

Rechtsgrundlage: Zu I.: §§ 72 Abs.1, 73 Abs.1, 2 und 4 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl.Teil I Nr. 75/1997, iVm § 67c Abs.1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG. Zu II.: §§ 74 und 79a AVG iVm § 1 Z3 und Z4 der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 2.7.1998, beim unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich im Wege der Bezirkshauptmannschaft Schärding eingelangt am 6.7.1998, erhob der Beschwerdeführer (im folgenden kurz: Bf) Beschwerde gemäß § 72 FrG mit der Behauptung, daß seine Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig wäre.

In der Begründung dazu führte er im wesentlichen nach einer Sachverhaltsdarstellung und einer Wiedergabe der maßgeblichen Rechtslage aus, daß er durch den Schubhaftbescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 6.4.1998 in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht gemäß Art.5 MRK, Art.1ff BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit 1998 und in dem Recht, entgegen §§ 61ff FrG 1997 nicht weiterhin in Schubhaft angehalten zu werden, verletzt sei. In der Begründung dazu wies er darauf hin, daß ihm gemäß § 19 Asylgesetz 1997 eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zukomme, weshalb sein Aufenthalt in Österreich vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluß des Asylverfahrens auf gesetzlicher Grundlage stehe. Für den Fall der Aufhebung der Schubhaft könne er umgehend in die Bundesbetreuung übernommen werden, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hiefür vorliegen. Die Zwecke der Schubhaft könnten auch durch geeignete Maßnahmen im Zuge des anhängigen Asylverfahrens erreicht werden, sodaß eine weitere Anhaltung nicht mehr notwendig sei. Zumindest aber können die "Haftgründe" durch im Fremdengesetz vorgesehene gelindere Mittel, verbunden mit den entsprechenden Maßnahmen im Zuge des Asylverfahrens (Übernahme in die Bundesbetreuung), ebenfalls erreicht werden. Gemäß § 66 Abs.1 FrG 1997 könne die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme habe, daß deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden könne. Hier käme insbesonders die Anordnung in Betracht, eben in den ihm im Zuge der Bundesbetreuung zugewiesenen Räumen Unterkunft zu nehmen und sich in der im Gesetz vorgesehenen Weise bei einer Sicherheitsdienststelle regelmäßig zu melden. Damit könnte jedenfalls eine weitere Anhaltung in Haft vermieden werden. Er wies darauf hin, daß die Haft schon fast drei Monate andauere. Er beantragte daher, der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge den angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 6.4.1998, Sich41-135-1998, für rechtswidrig erklären und aussprechen, daß die weitere Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig und damit unzulässig sei bzw. daß die Voraussetzungen für ihre Fortsetzung nicht vorliegen. Abschließend begehrte er Kostenersatz in Höhe von 8.760 S.

2. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat den zugrundeliegenden Fremdenakt an den unabhängigen Verwaltungssenat expreß übermittelt. Zum Beschwerdevorbringen hat sie eine Gegenschrift erstattet und darin mitgeteilt, daß sich der Beschwerdeführer noch in Schubhaft befindet. Weiters hat sie darin ausgeführt, daß die Asylwerberstellung mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung nicht bedeute, daß über den Bf die Schubhaft nicht verhängt und fortgeführt werden könne (§ 21 Abs.1 Asylgesetz 1997). Die belangte Behörde hat abschließend die Abweisung der Beschwerde sowie den Zuspruch des pauschalierten Aufwandersatzes begehrt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in die vorgelegten Akten, insbesonders auch in den Akt des Bundesasylamtes Linz, Zl. 98 02.499-BAL, Einsicht genommen und festgestellt, daß der Sachverhalt in den entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdeausführungen ausreichend geklärt ist. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gem. § 73 Abs.2 Z1 FrG unterbleiben.

4. Es ergibt sich daraus im wesentlichen folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

4.1. Der Bf ist am 4.4.1998 unter Zuhilfenahme eines Schleppers auf dem Luftwege von I kommend nach Österreich eingereist und am Flughafen W gelandet. Von dort begleitete ihn der Schlepper noch bis in die Stadt; am selben Tage gelangte der Bf mit der Eisenbahn nach P, wo er aufgegriffen und am 6.4.1998 aufgrund des österreichisch-deutschen Rückübernahmeabkommens nach Österreich rücküberstellt wurde. 4.2. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit Bescheid vom 6.4.1998, Sich41-135-1998, den nunmehrigen Bf zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, zur Sicherung der Abschiebung und zur Sicherung der Zurückschiebung in Schubhaft genommen. In der Begründung dazu wurde auf die illegale Einreise in das Gebiet der Republik Österreich verwiesen und weiters ausgeführt, daß noch die genaue Identität zu klären sei, da der Schubhäftling nicht im Besitz eines gültigen Reisedokumentes und einer aufenthaltsrechtlichen Bewilligung sei. Er halte sich damit illegal im Bundesgebiet auf.

Wenig später tauchte ein Identitätsdokument des Bf auf.

4.3. Am 9.4.1998 stellte der Bf einen Asylantrag, der jedoch mit Bescheid des Bundesasylamtes Linz vom 25.5.1998 abgewiesen wurde. Weiters wurde darin gemäß § 8 Asylgesetz 1997 festgestellt, daß eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Türkei zulässig ist. Das Bundesasylamt Linz begründete seine Entscheidung im wesentlichen damit, daß der Asylwerber keine Gründe glaubhaft machen konnte, daß er in seiner Heimat einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen wäre. Es wurde festgestellt, daß dem Asylwerber eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 Asylgesetz 1997 zukomme, nicht jedoch eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 15 Asylgesetz. Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 29.6.1998 Berufung an den unabhängigen Bundesasylsenat in Wien erhoben. Darüber wurde bislang nicht entschieden.

4.4. Mit Bescheid der Erstbehörde vom 16.4.1998 wurde der Bf aus dem Gebiet der Republik Österreich ausgewiesen; einer allfälligen Berufung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Eine Berufung ist nicht aktenkundig. 4.5. Am 27.5.1998 wurde der Bf niederschriftlich darüber belehrt, daß die Schubhaft über die Dauer von zwei Monaten hinaus weiter aufrechterhalten wird.

4.6. Die Erstbehörde hat beim türkischen Generalkonsulat in Salzburg die Ausstellung eines Heimreisezertifikates beantragt.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 72 Abs.1 FrG hat, wer gemäß § 63 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Bf festgenommen wurde (§ 73 Abs.1 leg.cit.). Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich.

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde die Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft behauptet und die Aufhebung des Schubhaftbescheides sowie die Feststellung begehrt, daß die weitere Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig und damit unzulässig ist bzw. daß die Voraussetzungen für ihre Fortsetzung nicht vorliegen. Die Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt, die Beschwerde ist zulässig; sie ist jedoch im wesentlichen nicht begründet.

5.2. Gemäß § 61 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gem. § 57 AVG anzuordnen.

Gemäß § 69 Abs.1 FrG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf außer in den Fällen des Abs.4 insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern (§ 69 Abs.2 FrG).

Kann oder darf ein Fremder nur deshalb nicht abgeschoben werden, 1. weil über einen Antrag gemäß § 75 noch nicht rechtskräftig entschieden ist oder 2. weil die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht möglich ist oder 3. weil er die für die Einreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht besitzt, oder 4. weil er die Abschiebung dadurch vereitelt, daß er sich der Zwangsgewalt (§ 60) widersetzt, so kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung (Z 1), nach Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit (Z 2), nach Einlangen der Bewilligung bei der Behörde (Z 3) oder nach Vereitelung der Abschiebung (Z 4), insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrechterhalten werden (§ 69 Abs.4 FrG).

5.3. Auf Grund des unter Punkt 4. dargestellten Sachverhaltes steht fest, daß der Bf ohne Reisepaß und Aufenthaltsberechtigung und mittels Schlepper illegal nach Österreich eingereist ist und sich nach der Rückübernahme von den deutschen Behörden illegal in Österreich aufgehalten hat. Es wurde daher zu Recht über ihn mit dem eingangs genannten Schubhaftbescheid zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bzw. einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung bzw. Zurückschiebung die Schubhaft verhängt. Aufgrund der Mittellosigkeit und Unterkunftslosigkeit sowie dem Fehlen jeglicher familiärer oder sonstiger Bindungen in Österreich war die Annahme gerechtfertigt, daß sich der Bf dem fremdenrechtlichen Verfahren und dem Zugriff der Behörden entziehen werde, zumal er auch zu erkennen gab, daß er nicht mehr in sein Heimatland zurück will.

Mit Bescheid vom 16.4.1998 hat die Bezirkshauptmannschaft Schärding sodann den nunmehrigen Bf aus dem Gebiet der Republik Österreich ausgewiesen; einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Mit der Zustellung dieses Bescheides am 20.4.1998 wurde die Ausweisung gemäß § 33 Abs.3 FrG durchsetzbar und es hat dann der Fremde unverzüglich auszureisen. Ab dem Zeitpunkt der Zustellung dieses Bescheides am 20.4.1998 gilt die Schubhaft als zur Sicherung der Ausweisung (Abschiebung) verhängt. Zur Ausreise ist jedoch noch die Ausstellung des Heimreisezertifikates erforderlich. Der Asylantrag des Bf wurde mit dem Bescheid des Bundesasylamtes Linz vom 25.5.1998 abgewiesen; gleichzeitig wurde festgestellt, daß die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Türkei zulässig ist. Gegen diesen Bescheid wurde Berufung an den unabhängigen Bundesasylsenat erhoben. Eine Berufungsentscheidung liegt noch nicht vor.

Die Erstbehörde beantragte die Ausstellung eines Heimreisezertifikates beim türkischen Generalkonsulat in Salzburg und teilte dem Bf mit, daß die Schubhaft über die Frist von zwei Monaten hinaus andauern wird.

Die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Schubhaft liegen daher weiterhin vor.

5.4. Zu den in der Schubhaftbeschwerde vorgebrachten Gründen wird folgendes ausgeführt: Es ist richtig, daß dem Bf nach § 19 Asylgesetz 1997 eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung in Österreich zukommt. Dies bedeutet jedoch nicht, daß eine verhängte Schubhaft nicht weiter aufrechterhalten werden dürfte, zumal im Falle des Bf die Voraussetzungen des § 21 Abs.1 Asylgesetz nicht zutreffen.

Wenn der Bf weiter vorbringt, daß er im Falle der Aufhebung der Schubhaft umgehend in die Bundesbetreuung übernommen werden könne, so muß ihm entgegengehalten werden, daß gemäß § 1 Abs.3 des Bundesbetreuungsgesetzes, BGBl. 405/1991 idgF auf die Bundesbetreuung kein Rechtsanspruch besteht. Das heißt, daß die Übernahme in die Bundesbetreuung keineswegs sichergestellt ist.

Infolge Fehlens eines durchsetzbaren Anspruches auf Bundesbetreuung, aber auch in Ermangelung einer Wohnmöglichkeit und der Mittel für die Bestreitung des Lebensunterhaltes sowie wegen des gänzlichen Fehlens familiärer oder sonstiger Bindungen an Österreich besteht die begründete Gefahr, daß sich der Bf durch Untertauchen in die Anonymität der beabsichtigten fremdenpolizeilichen Behandlung entziehen wird. Dies ist auch dadurch begründet, daß er durch seinen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in die Türkei selbst dokumentiert hat, nicht mehr in seine Heimat zurückkehren zu wollen. Gelindere Mittel als die Schubhaft kommen für die Durchsetzung der erforderlichen fremdenrechtlichen Maßnahmen sohin nicht in Betracht.

5.5. Da sohin die Voraussetzungen für die Inschubhaftnahme erfüllt waren und die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.: Bei diesem Verfahrensergebnis waren der belangten Behörde gemäß § 79a AVG iVm § 1 Z3 und Z4 der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995, die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in Höhe von 3.365 S (Aktenvorlageaufwand: 565 S, Schriftsatzaufwand: 2.800 S) zuzusprechen. Der Kostenersatzantrag des Bf war mangels Erfolges der Beschwerde abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. L e i t g e b Beschlagwortung: Schubhaft; gelindere Mittel

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