Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400514/4/Le/Km

Linz, 21.09.1998

VwSen-400514/4/Le/Km Linz, am 21. September 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Beschwerde des A G, K, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. B W und Dr. C S, R, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Schärding, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von 3.365 S binnen 14 Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Kostenersatzantrag des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

Rechtsgrundlage: Zu I.: §§ 72 Abs.1, 73 Abs.1, 2 und 4 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl.Teil I Nr. 75/1997, iVm § 67c Abs.1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG. Zu II.: §§ 74 und 79a AVG iVm § 1 Z3 und Z4 der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 14.9.1998, beim unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am selben Tage eingelangt, erhob der Beschwerdeführer (im folgenden kurz: Bf) Beschwerde gemäß § 72 FrG mit der Behauptung, daß seine Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig wäre.

In der Begründung dazu führte er im wesentlichen folgendes aus:

Nach einer allgemeinen Darstellung der Situation im K legte er die Stationen seiner Flucht, die er am 21.6.1998 gemeinsam mit H F und einer weiteren Frau begonnen hatte, dar. Demnach wären sie nach Ungarn gelangt und von dort über Heiligenkreuz nach Österreich. Das Bundesasylamt gehe dagegen von einer Einreise über Slowenien aus. Sie reisten weiters von Wien mit dem Schnellzug nach Passau, wo sie festgenommen und zurückgeschoben worden wären. Am 1.7.1998 sei über ihn die Schubhaft verhängt worden, der Ausweisungsbescheid stamme vom 15.7.1998. Der Asylantrag wäre als unzulässig zurückgewiesen worden, über die Zulässigkeit einer Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien sei nicht entschieden worden. Auch vom unabhängigen Bundesasylsenat wurde die Berufung abgewiesen. Seine Begleiterinnen wären in der Justizanstalt Ried in Schubhaft gehalten worden und hätten ebenfalls einen Asylantrag gestellt. Aufgrund eines Mißverständnisses sei es zu deren Enthaftung gekommen. Mit Erkenntnis vom 22.7.1998 hätte der unabhängige Verwaltungssenat die Beschwerde der F H als unbegründet abgewiesen. Die Verpflichtungserklärungen albanischer Landsleute wären nicht akzeptiert worden. Unter Hinweis auf § 29 FrG und Zeitungsberichte wies der Bf darauf hin, daß eine Verordnung gemäß § 29 FrG nur deshalb nicht erlassen worden sei, weil die Flüchtlingswelle noch nicht ihren Höhepunkt überschritten habe. Nach § 10 Abs.4 FrG könne aber die Behörde Fremden trotz Vorliegens bestimmter Versagungsgründe in berücksichtigungswürdigen Fällen aus humanitären Gründen von Amts wegen eine Aufenthaltserlaubnis erteilen. Solche Gründe lägen beim Bf vor. Die belangte Behörde verschließe geradezu die Augen vor den Ereignissen im Kosovo. Die Schubhaft habe bereits länger als zwei Monate gedauert und über den Antrag gemäß § 75 habe - im Hinblick auf die BR Jugoslawien - weder die Asylbehörde noch die Fremdenbehörde entschieden. Dies könne kein Anlaß dafür sein, die Schubhaft weiter aufrechtzuerhalten. Das Asylverfahren sei seit 28.8.1998 rechtskräftig abgeschlossen. Dessen ungeachtet liege noch immer keine Einreisebewilligung Ungarns vor. Dabei möchte der Bf nach Ungarn überstellt werden, um der Schubhaft zu entkommen. Im Verfahren VwSen-400510 über die Beschwerde der F H sei die Anwendung gelinderer Mittel abgelehnt worden, weil die Verwandten keine Gewähr für Rechtstreue bieten würden.

2. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat den zugrundeliegenden Fremdenakt an den unabhängigen Verwaltungssenat expreß übermittelt. Zum Beschwerdevorbringen hat sie eine Gegenschrift erstattet und weiters mitgeteilt, daß der Beschwerdeführer bereits am 16.9.1998 abgeschoben wurde. Die belangte Behörde hat abschließend die Abweisung der Beschwerde sowie den Zuspruch des pauschalierten Aufwandersatzes begehrt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in die vorgelegten Akten Einsicht genommen und festgestellt, daß der Sachverhalt in den entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdeausführungen ausreichend geklärt ist. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gem. § 73 Abs.2 Z1 FrG unterbleiben. Dies auch aus dem Umstand, daß der Beschwerdeführer nicht mehr in Österreich seinen Aufenthalt hat. 4. Es ergibt sich daraus im wesentlichen folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

4.1. Der Bf gab in seiner Einvernahme vor den deutschen Polizeibehörden an, am 21.6.1998 in Begleitung von F H und N V von Pristina in eine ihm nicht bekannte Stadt in Ungarn gefahren zu sein. Geplant wäre ein Weitertransport von Ungarn nach Deutschland gewesen und er hätte zu diesem Zweck an den Reiseleiter im Bus 2.300 DM bezahlt. In der ihm unbekannten Stadt in Ungarn hätten sie die Nacht in einem Hotel verbracht und wären nach einem Aufenthalt von einem Tag und einer Nacht in einem ungarischen Pkw weiter zur ungarisch-österreichischen Grenze transportiert worden. Dort hätten sie zu Fuß im Wald die Grenze passiert und wären dann auf der österreichischen Seite wieder von einem anderen Auto aufgenommen und in eine große Stadt in Österreich gebracht worden. In dieser großen Stadt (Wien) wären sie dann wieder von Herrn B S besucht worden, der sie schon in Ungarn getroffen hätte. Dieser hätte ihnen am Westbahnhof in Wien Fahrkarten nach Kassel gekauft.

Anläßlich der Vernehmung am 3.7.1998 vor der Bundespolizeidirektion Linz gab der Bf an, am 25.6.1998 in Ungarn an einem ihm unbekannten Ort auf der Ladefläche eines ungarischen Lkw versteckt worden zu sein und noch am selben Tage illegal über einen ihm nicht namentlich bekannten Grenzübergang nach Österreich eingereist zu sein. Vor dem Bundesasylamt Linz gab der Bf am 30.7.1998 an, von dem Hotel namens "H.B." in Ungarn von zwei ungarischen Staatsbürgern abgeholt und nach Slowenien gebracht worden zu sein. Die Grenze hätten sie in ca. 11-stündigem Fußmarsch überschritten, wobei er nicht wisse, wo dies war, da es dunkel war. Um ca. 5.00 Uhr Früh wären sie von den Schleppern an slowenische Staatsbürger übergeben und von diesen in einem Pkw zur slowenisch-österreichischen Grenze gebracht worden. Dort wären sie auf der Ladefläche eines Lkw versteckt und auf diese Weise nach Österreich gebracht worden.

Sein erklärtes Ziel wäre es gewesen, nach Deutschland zu kommen, zumal er auch bereits den Preis für die Verbringung nach Deutschland bezahlt hätte.

4.2. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 1.7.1998 wurde über den nunmehrigen Bf die Schubhaft verhängt, wobei die Behörde in ihrer Begründung nach einer Wiedergabe der Einreisedarstellung des Bf (über Ungarn) ausführte, daß die Schubhaft deshalb verhängt werde, um im weiteren fremdenpolizeilichen Verfahren unter Beiziehung eines Dolmetschers die genaue Identität des nunmehrigen Beschwerdeführers noch zu klären. Da er nicht im Besitz eines gültigen Reisedokumentes und einer aufenthaltsrechtlichen Bewilligung sei, halte er sich illegal im Bundesgebiet auf. Es bestehe daher bei ihm ernsthaft die Gefahr, daß er sich bei einer Abstandnahme von der Verhängung der Schubhaft dem Zugriff der Behörde entziehen und dadurch die angeführten fremdenpolizeilichen Maßnahmen verhindern werde. Dem Bf wurde dieser Bescheid gemeinsam mit einem Mitteilungsblatt (FrG - Drucksorte Nr.5) in serbokroatischer Sprache ausgehändigt.

4.3. Mit Bescheid vom 15.7.1998 wies die belangte Behörde den nunmehrigen Beschwerdeführer gemäß §§ 33 Abs.2 iVm 45 Abs.3 FrG aus dem Gebiet der Republik Österreich aus. Dieser Bescheid wurde sowohl dem nunmehrigen Beschwerdeführer als auch seinem Rechtsvertreter zugestellt.

4.4. Der Asylantrag des Bf wurde vom Bundesasylamt, Außenstelle Linz, mit Bescheid vom 4.8.1998 als unzulässig zurückgewiesen. Dieser Bescheid wurde vom unabhängigen Bundesasylsenat mit Bescheid vom 28.8.1998 bestätigt.

4.5. Mit handschriftlichen Schreiben vom 28.8., 31.8. und 4.9.1998 ersuchte der Bf persönlich, so schnell wie möglich nach Ungarn abgeschoben zu werden. Diesem Wunsch wurde am 16.9.1998 entsprochen und der Bf an die ungarischen Behörden übergeben.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 72 Abs.1 FrG hat, wer gemäß § 63 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Bf festgenommen wurde (§ 73 Abs.1 leg.cit.). Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich.

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde im wesentlichen die Rechtswidrigkeit der Inschubhaftnahme und der Anhaltung behauptet und die Feststellung begehrt, daß der Schubhaftbescheid, die Inhaftnahme sowie seine Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig wären. Die Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt, die Beschwerde ist zulässig; sie ist jedoch im wesentlichen nicht begründet.

5.2. Gemäß § 61 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gem. § 57 AVG anzuordnen.

Gemäß § 69 Abs.1 FrG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf außer in den Fällen des Abs.4 insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern (§ 69 Abs.2 FrG).

Kann oder darf ein Fremder nur deshalb nicht abgeschoben werden, 1. weil über einen Antrag gemäß § 75 noch nicht rechtskräftig entschieden ist oder 2. weil die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht möglich ist oder 3. weil er die für die Einreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht besitzt, oder 4. weil er die Abschiebung dadurch vereitelt, daß er sich der Zwangsgewalt (§ 60) widersetzt, so kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung (Z 1), nach Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit (Z 2), nach Einlangen der Bewilligung bei der Behörde (Z 3) oder nach Vereitelung der Abschiebung (Z 4), insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrechterhalten werden (§ 69 Abs.4 FrG).

5.3. Auf Grund des unter Punkt 4. dargestellten Sachverhaltes steht fest, daß der Bf unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Gebiet der Republik Österreich eingereist ist, daß ihm kein Asyl gewährt wurde, daß er rechtskräftig und vollstreckbar aus dem Bundesgebiet ausgewiesen wurde und daß er schließlich keine Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes nachweisen konnte (zu diesem letzten Sachverhaltselement sei auf die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates vom 22.7.1998, VwSen-400510/4/Wei/Bk, verwiesen, welche Begründung auch im gegenständlichen Fall zutrifft. 5.4. Zu den in der Schubhaftbeschwerde vorgebrachten Gründen wird folgendes ausgeführt:

Wenngleich die auf die §§ 29 und 10 Abs.4 FrG gestützte Begründung des Bf durchaus verständlich ist, vermag sie doch im Schubhaftprüfungsverfahren nicht Berücksichtigung finden, da Zweck des Schubhaftprüfungsverfahrens ausschließlich die Frage ist, ob die Schubhaft zu Recht verhängt wurde oder nicht. Die weitere Anregung, der unabhängige Verwaltungssenat hätte die Aufgabe zu überprüfen, ob sich die belangte Behörde ernsthaft bemüht habe, den Bf nach Ungarn abzuschieben, ist bereits überholt, da die Abschiebung tatsächlich nach Ungarn erfolgt ist.

5.5. Eine Überprüfung des Schubhaftbescheides aus dem Blickwinkel der dem unabhängigen Verwaltungssenat zukommenden Prüfungskompetenz (§ 73 Abs.4 FrG) ergab die Rechtmäßigkeit der Anordnung der Schubhaft, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 61 Abs.1 FrG dafür vorliegen und die Schubhaft notwendig war, um die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und die Abschiebung zu sichern. Da sohin die Voraussetzungen für die Inschubhaftnahme erfüllt waren, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.: Bei diesem Verfahrensergebnis waren der belangten Behörde gemäß § 79a AVG iVm § 1 Z3 und Z4 der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995, die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in Höhe von 3.365 S (Aktenvorlageaufwand: 565 S, Schriftsatzaufwand: 2.800 S) zuzusprechen. Der Kostenersatzantrag des Bf war mangels Erfolges der Beschwerde abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. L e i t g e b Beschlagwortung: Schubhaft; Abschiebung bereits durchgeführt

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