Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400528/4/Kl/Rd

Linz, 03.02.1999

VwSen-400528/4/Kl/Rd Linz, am 3. Februar 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Beschwerde des B, geb. am 1.9.1974, Kosovo-Albaner, vertreten durch RAe, wegen Rechtswidrigkeit der Schubhaft in Zurechnung der Bezirkshauptmannschaft Schärding zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird festgestellt, daß zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund die Kosten für den Vorlageaufwand in der Höhe von 565 S binnen 14 Tagen ab Zustellung zu ersetzen. Der Kostenersatzantrag des Beschwerdeführers wird abgewiesen. Rechtsgrundlagen: Zu I.: §§ 55, 56, 61, 69, 72 und 73 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl.I.Nr. 75/1997 idF BGBl.I.Nr. 158/1998 iVm § 67c Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG. Zu II.: §§ 73 Abs.2 FrG und 79a AVG iVm § 1 Z3 der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995. Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 29.1.1999, beim unabhängigen Verwaltungssenat per Telefax eingelangt am 1.2.1999, wurde Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit der Schubhaft in Zurechnung der BH Schärding erhoben.

Begründend wurde ausgeführt, daß über den Bf mit Bescheid vom 8.1.1999 die Schubhaft verhängt wurde und ihm mit Bescheidaushändigung ein serbokroatisches Informationsblatt überreicht wurde. Der Bf stamme aber aus einer Region unweit der albanischen Grenze und spreche albanisch. Er sei der serbokroatischen Sprache nicht mächtig und sei Serbisch in der Hauptschule im Kosovo nur auf eine Wochenstunde beschränkt. Er sei daher nicht rechtzeitig über die Gründe der Festnahme in einer ihm verständlichen Sprache unterrichtet worden und sei daher in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit und Sicherheit verletzt worden. Es wurde daher die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Kostenersatz beantragt. 2. Die BH Schärding als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und um Kostenersatz ersucht. 3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde Einsicht genommen und es wird festgestellt, daß der Sachverhalt in den wesentlichen entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, sodaß die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 73 Abs.2 Z1 FrG unterbleiben kann.

Im übrigen hat der VwGH im Erkenntnis vom 10.10.1995, 95/02/0179, unter Hinweis auf die Judikatur des VfGH vom 28.2.1995, B 2541/94-3, darauf verwiesen, daß Art.5 Abs.4 EMRK eine öffentliche Verhandlung nicht erfordert und dem Bf volle Akteneinsicht ebenso offenstand wie die Möglichkeit, alles Zweckdienliche vorzulegen. 4. Es ergibt sich im wesentlichen folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt:

4.1. Der Bf ist jugosl. Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Kosovo-Albaner an. Er hat nach seinen Angaben am 11.12.1998 den Kosovo in Begleitung von Landsleuten verlassen und wollte sich über Montenegro nach Deutschland durch einen Schleuser einschleusen lassen, wofür er 5.000 DM bezahlt habe. Mit einem Kleinbus sei er mit 7 weiteren Kosovo-Albanern am 15.12.1998 illegal ohne Reisedokumente eingereist und hat sich im Lager Traiskirchen als Asylwerber gemeldet und einen Asylantrag gestellt. Am 16.12.1998 verließ er mit zwei weiteren Kosovo-Albanern das Lager und fuhr per Taxi nach Linz, von wo er per Anhalter von einem Kosovo-Albaner mit dem PKW mitgenommen und illegal von Österreich in die BRD über den Grenzübergang Suben-Autobahn transportiert wurde. Dabei wurde er von der deutschen Polizei aufgegriffen und gemäß dem Rückübernahmeabkommen am 8.1.1999 nach Österreich zurückgeschoben. Mit Bescheid der BH Schärding vom 8.1.1999, Sich41-924-1998, wurde der Bf zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bzw einer Ausweisung bzw zur Sicherung der Abschiebung bzw der Zurückschiebung in Schubhaft genommen. Der Bescheid wurde persönlich am selben Tag um 11.55 Uhr vom Bf übernommen und durch Einweisung in die Justizanstalt Ried/Innkreis vollzogen. Gleichzeitig mit der Bescheiderlassung wurde dem Bf ein Informationsblatt in serbokroatischer Sprache ausgehändigt. Der Bf wurde am 13.1.1999 von der BH Ried/Innkreis unter Beiziehung eines albanischen Dolmetschers niederschriftlich einvernommen, und er machte neben den Angaben zur Einreise auch Angaben zur Person, nämlich daß er keinen Wohnsitz in Österreich besitze, keine Beschäftigung und keine näheren Familienangehörigen in Österreich habe und an Bargeld 107 S besitze. Weiters gab er an, keinen Reisepaß zu besitzen, weil der jugosl. Reisepaß zu Hause verbrannt sei. Er wurde über das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und der Abschiebung belehrt. Der Bf erklärte sich mit fremdenpolizeilichen Maßnahmen nicht einverstanden und berief sich ausdrücklich auf seinen Asylantrag vom 15.12.1998 und gab weiters an, daß eine Abschiebung nach Jugoslawien unzulässig sei, weil er vor seiner Flucht der UCK angehörte. Mit Bescheid der BH Schärding vom 26.1.1999, Sich41-924-1998-Hol, wurde der Bf aus dem Gebiet der Republik Österreich gemäß § 33 Abs.2 FrG ausgewiesen, weil er nicht im Besitz der erforderlichen Mittel zu seinem Unterhalt und unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist ist. Er wurde darauf hingewiesen, daß gemäß § 45 Abs.3 FrG einer Berufung gegen diesen Bescheid keine aufschiebende Wirkung zukommt. 4.2. Festgestellt wird, daß der Bf bei seiner Aufgreifung durch die Polizeiinspektion Passau am 18.12.1998 einvernommen wurde. Dieser Einvernahme wurde ein Dolmetscher für die albanische Sprache zugezogen. Bei dieser Einvernahme gab der Bf an, der deutschen Sprache nicht mächtig zu sein. Darin gab er auch an, nach Deutschland zu wollen, um dort zu leben und zu arbeiten. Dieses Vernehmungsprotokoll wurde noch am selben Tag der BH Schärding zur Kenntnis gebracht.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 72 Abs.1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl.I.Nr. 75/1997 idF BGBl.I.Nr. 158/1998, hat, wer gemäß § 63 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen. Zur Entscheidung über die Beschwerde ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Bf festgenommen wurde (§ 73 Abs.1 FrG).

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (§ 73 Abs.4 leg.cit.).

Der Bf befindet sich noch in Haft. Die gegenständliche Beschwerde wurde am 1.2.1999 eingebracht und es wurde darin die Rechtswidrigkeit der Schubhaft behauptet. Die gegenständliche Beschwerde ist rechtzeitig. Auch die übrigen Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt. Die Beschwerde ist daher zulässig, sie ist aber nicht begründet.

5.2. Gemäß § 61 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist nach § 61 Abs.2 FrG grundsätzlich mit Bescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen. 5.2.1. Im Grunde des festgestellten Sachverhaltes ist der Bf unter Zuhilfenahme eines Schleppers ohne gültige Reisedokumente in das Bundesgebiet von Österreich eingereist und ist auch ohne die erforderlichen gültigen Reisedokumente am 18.12.1998 von Österreich nach Deutschland ausgereist, wobei er aufgegriffen und festgenommen wurde. Er war auch nicht im Besitz der erforderlichen Mittel für seinen Lebensunterhalt und verfügte auch über keine Familienangehörigen in Österreich. Es ist daher die Schubhaftverhängung zur Sicherung des Verfahrens der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung und zur Sicherung der Abschiebung oder Zurückschiebung rechtmäßig erfolgt. Es wurde auch tatsächlich mit Bescheid vom 26.1.1999 die Ausweisung gemäß § 33 Abs.2 und § 45 Abs.3 FrG ausgesprochen. Die Ausweisung ist sofort durchsetzbar und es hat der Bf unverzüglich auszureisen. Die weitere Anhaltung erfolgt daher zur Sicherung der Abschiebung des Fremden. Bei seiner Einvernahme war der Bf mit fremdenpolizeilichen Maßnahmen nicht einverstanden und er erklärte seinen Willen, nach Deutschland einreisen zu wollen, um dort zu leben und zu arbeiten. Es ist daher zur Sicherung des weiteren Verfahrens und insbesondere zur Überwachung seiner Ausreise (Abschiebung) die Anhaltung in Schubhaft erforderlich.

Es ist daher sowohl die Inschubhaftnahme als auch die weitere Anhaltung in Schubhaft rechtmäßig und liegen auch weiterhin die Voraussetzungen für eine weitere Anhaltung vor. Auch ist die Dauer der Anhaltung nicht unverhältnismäßig und wurde das Verfahren bislang von der belangten Behörde zügig durchgeführt. 5.2.2. Wenn sich die Beschwerde darauf stützt, daß dem Bf bei der Schubhafterlassung lediglich ein serbokroatisches Informationsblatt ausgehändigt wurde und eine Belehrung in der ihm verständlichen albanischen Sprache nicht durchgeführt wurde, so ist darin im gegenständlichen Fall im Grunde der höchstgerichtlichen Judikatur noch keine Verletzung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten zu sehen. Der VfGH hat zur Informationspflicht gegenüber dem festgenommenen Fremden in seinem Erkenntnis vom 10.10.1994, B 46/94 und 85/94, klargestellt, daß es sich bei dieser Informationspflicht über die Gründe der Festnahme in einer verständlichen Sprache gemäß Art.5 Abs.2 EMRK ("in möglichst kurzer Frist") und gemäß Art.4 Abs.6 PersFrSchG 1988 ("ehestens, wo möglich bei ihrer Festnahme") um verfassungsgesetzlich festgelegte Erfordernisse der Festnahme bzw Anhaltung handelt. Nach Ansicht des VfGH hat der unabhängige Verwaltungssenat diese Verletzung des Rechts auf persönliche Freiheit im Schubhaftprüfungsverfahren aufzugreifen und gegebenenfalls die Anhaltung bis zur Information in einer verständlichen Sprache für rechtswidrig bzw verfassungswidrig zu erklären.

Nach der Aktenlage ist davon auszugehen, daß der Bf nur die albanische Sprache versteht. Dies ergibt sich bereits aus dem Protokoll anläßlich seiner Aufgreifung und es macht der Bf auch in seiner Beschwerde glaubhaft, daß er seine Schulausbildung in albanischer Sprache hatte und Serbisch nur untergeordnet unterrichtet wurde. Der Schubhaftbescheid vom 8.1.1999 war in deutscher Sprache abgefaßt und wurde nicht in das Albanische übersetzt. Das dem Bf ausgehändigte Informationsblatt war in serbokroatischer Sprache abgefaßt. Erst bei seiner fremdenpolizeilichen Einvernahme vom 13.1.1999 im Wege der Amtshilfe wurde von der eingeschrittenen BH Ried/Innkreis ein Dolmetscher für die albanische Sprache beigezogen. Bei dieser Einvernahme wurde der Bf über fremdenpolizeiliche Maßnahmen informiert, wobei aber der Bf schon aus der Vernehmung vor der Polizeiinspektion Passau wußte, daß er wegen illegaler Grenzüberschreitung ohne Reisedokumente festgenommen worden war.

Weil aber die Festnahme und Anhaltung durch Schubhaftbescheid vom 8.1.1999, einem Freitag, erfolgte und bereits am 13.1.1999, einem Mittwoch, die Einvernahme und Belehrung des Bf in albanischer Sprache erfolgte, konnte die vom Bf gerügte Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Informationsrecht nicht als berechtigt erachtet werden. Bedenkt man nämlich, daß in dem Zeitraum ab Festnahme bis zur Einvernahme zunächst das Wochenende lag, zu dem kein Dolmetscher für die albanische Sprache verfügbar ist, und aber innerhalb der nächsten Tage, nämlich bereits am Mittwoch, eine fremdenpolizeiliche Einvernahme mit dem geeigneten Dolmetscher durchgeführt wurde, so kann unter diesen Umständen die Einhaltung der Informationspflicht gerade noch als rechtzeitig angesehen werden. Es hat der Oö. Verwaltungssenat bereits in seinem Erkenntnis vom 29.2.1996, VwSen-400376/7/Wei/Bk, die Information über die Gründe der Inhaftierung anläßlich der fünf Tage nach Festnahme erfolgten Vernehmung noch rechtzeitig erkannt. Im übrigen hat der VfGH in seinem Erkenntnis vom 15.3.1995, B 1369/94-10, die Belehrung über die Festnahmegründe erst 18 Tage nach der Festnahme als zu spät erachtet. Es war daher eine Verletzung des Bf in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten nicht festzustellen.

6. Gemäß § 73 Abs.2 FrG iVm § 79a AVG steht der belangten Behörde als obsiegender Partei der Kostenersatz zu, wobei nach der geltenden Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995, der Ersatz für den Vorlageaufwand von 565 S zuzusprechen war. Das Aufwandersatzbegehren des Bf hingegen war aus diesem Grunde abzuweisen.

7. Schließlich wird darauf hingewiesen, daß die Beschwerde der Eingabegebühr unterliegt und es wird daher ersucht, eine 180-S-Bundesstempelmarke nachzureichen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Klempt Beschlagwortung: Information in verständlicher Sprache, in 5 Tagen ausreichend bzw rechtzeitig, mündliche Verhandlung nicht zwingend

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