Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400536/2/Kl/Rd

Linz, 25.06.1999

VwSen-400536/2/Kl/Rd Linz, am 25. Juni 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Beschwerde des K, algerischer StA, bundespolizeiliches Gefangenenhaus, Nietzschestraße 33, 4010 Linz, wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides und der Anhaltung in Schubhaft in Zurechnung der Bundespolizeidirektion Linz zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Es wird festgestellt, daß zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund die Kosten für den Vorlage- und Schriftsatzaufwand in der Höhe von insgesamt 3.365 S binnen 14 Tagen ab Zustellung zu ersetzen.

Der Kostenersatzantrag des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 61, 66, 69, 72 und 73 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl.I.Nr. 75/1997 idF BGBl.I.Nr. 158/1998 iVm § 67c Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG.

Zu II.: §§ 73 Abs.2 FrG und 79a AVG iVm § 1 Z3 und 4 der Aufwandersatzver-ordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 22.6.1999, beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 22.6.1999, wurde Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid sowie die Anhaltung in Schubhaft eingebracht und dazu ausgeführt, daß im Asylverfahren noch kein Bescheid ergangen sei, seitens des Bundesasylamtes Linz eine Anfrage in Italien läuft, ob eine Zurückstellung erfolgen kann und solche Rückfragen nach den Erfahrungen sehr lange dauern. Erst dann sei eine Entscheidung des Bundesasylamtes zu erwarten. Es werde daher ersucht, daß der Bf bis zur Antwort im Asylverfahren nicht im PGH verbringen muß, also den Schubhaftbescheid aufzuheben und ihn aus der Schubhaft zu entlassen. Gleichzeitig wurde pauschalierter Kostenaufwandersatz begehrt.

2. Die BPD Linz als belangte Behörde hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und mitgeteilt, daß es sich beim Bf um einen undokumentierten Fremden handle, der sich als algerischer Staatsangehöriger bezeichnet und dessen Identität in keiner Weise feststeht. Das Bundesasylamt führt ein Dublin-Verfahren und wird gegebenenfalls gemäß § 5 Asylgesetz die Ausweisung verfügen. Um den Bf den italienischen Behörden tatsächlich übergeben zu können, ist eine Haft unumgänglich. Daß der Bf im Fall der Entlassung aus der Schubhaft (auch eventuell unter Anordnung des gelinderen Mittels gemäß § 66 FrG) untertauchen werde, ist auch darin begründet, daß die Identität des Bf noch nicht feststeht und einer Klärung § 21 Abs.2 Asylgesetz entgegensteht und der Asylwerber bei seiner Einvernahme erklärt hat, daß er nicht freiwillig nach Italien zurückkehren wolle. Es ist daher zu befürchten, daß er seine beabsichtigte Überstellung nach Italien zu vereiteln versuchen werde. Es wird daher die Abweisung der Beschwerde und Kostenersatz beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in die vorgelegten Verwaltungsakte Einsicht genommen und es wird festgestellt, daß der Sachverhalt in den wesentlichen entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, sodaß die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 73 Abs.2 Z1 FrG unterbleiben kann.

4. Es ergibt sich im wesentlichen folgender relevanter Sachverhalt:

4.1. Der Bf ist am 6.10.1982 geboren und nach seinen Angaben algerischer Staatsangehöriger. Er ist nach einem längeren Aufenthalt in Italien von Italien, Bologna, nach Wien unter Umgehung der Grenzkontrolle, ohne gültige Reisedokumente und ohne Sichtvermerk per Bahn am 11.5.1999 eingereist, von Wien nach Linz per Bahn gefahren und am 12.5.1999 um 19.40 Uhr in Linz, Landstraße 31, aufgegriffen und nach einer fremdenpolizeilichen Kontrolle um 19.45 Uhr gemäß § 63 Abs.2 FrG festgenommen worden. Er wurde im Besitz von ca. 548 S und 100 franz. Francs sowie keinerlei Ausweisdokumente angetroffen. Er wurde der belangten Behörde vorgeführt, über die Festnahmegründe in Kenntnis gesetzt und es wurde über ihn die Schubhaft verhängt.

Mit Bescheid der BPD Linz vom 12.5.1999, Fr-99.488, wurde über den Bf gemäß § 61 Abs.1 FrG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt der Durchsetzbarkeit oder zur Sicherung der Abschiebung, der Zurückschiebung oder der Durchbeförderung, die Schubhaft verhängt, weil er nicht im Besitz eines gültigen Reisedokumentes, eines Sichtvermerkes, eines Aufenthaltstitels oder einer Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz ist und nicht über die notwendigen Mittel für den Unterhalt verfügt und keinen Wohnsitz im Bundesgebiet besitzt. Dieser Bescheid wurde persönlich übernommen und durch Einlieferung ins PGH Linz in Vollzug gesetzt.

Eine Niederschrift wurde am 13.5.1999 im Beisein eines Dolmetschers aufgenommen, in welcher der Bf im wesentlichen angab, schon vor zwei Monaten Algerien per Schiff mit Hilfe eines Schleppers verlassen zu haben, um Asyl anzusuchen. Er habe sich zuerst in Italien aufgehalten, um dort um Asyl anzusuchen, wobei er aber nicht zur Antragstellung zugelassen wurde. Daraufhin wollte er in Deutschland oder Österreich einen Asylantrag stellen. In Österreich habe er keine Verwandten. Er wurde daher über die Gründe des unrechtmäßigen Aufenthaltes und seine Mittellosigkeit belehrt. Er gab weiters an, über kein gültiges Reisedokument zu verfügen, weshalb für ihn die Ausstellung eines Heimreisezertifikates beantragt werde. Der Bf gab auch weiters bekannt, daß er nicht nach Algerien abgeschoben werden möchte.

4.2. Aufgrund des Asylantrages vom 14.5.1999 wurde beim Bundesasylamt Linz am 21.5.1999 eine Ersteinvernahme durchgeführt und darin seine Reise nach Italien, der dortige Aufenthalt und die Weiterreise nach Österreich erörtert. Der Bf gab bekannt, er wolle kein Asyl in Italien, sondern nur in Österreich. Er gab auch weiters an, einer Überstellung nach Italien freiwillig nicht nachkommen zu wollen.

Am 14.5.1999 wurde gegen den Bf eine Strafverfügung wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 107 Abs.1 Z3 FrG verhängt, weil er sich, ohne im Besitz eines gültigen Reisedokumentes zu sein, im Bundesgebiet aufhielt.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 72 Abs.1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl.I.Nr. 75/1997 idF BGBl.I.Nr. 158/1998, hat, wer gemäß § 63 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen. Zur Entscheidung über die Beschwerde ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Bf festgenommen wurde (§ 73 Abs.1 FrG).

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (§ 73 Abs.4 leg.cit.).

Der Bf findet sich im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung in Schubhaft. Weil der Bf bereits das 16. Lebensjahr vollendet hat, ist er gemäß § 95 Abs.1 FrG handlungsfähig. Die Beschwerde ist daher rechtzeitig und zulässig. Sie ist nicht begründet.

5.2. Gemäß § 61 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen.

5.3. Im Grunde des festgestellten Sachverhaltes ist der Bf am 11.5.1999 unter Umgehung der Grenzkontrolle ohne gültige Reisedokumente und ohne Sichtvermerk ins Bundesgebiet eingereist und hielt sich daher am 12.5.1999 unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Er wurde daher gemäß § 63 Abs.1 Z2 und Abs.2 FrG zu Recht festgenommen, weil er innerhalb von 7 Tagen nach der Einreise betreten wurde und bei der Einreise die Grenzkontrolle umgangen hat. Auch gab er an, daß er in Österreich bleiben möchte und daher nicht unverzüglich das Bundesgebiet verlassen möchte.

Der Bf wurde weiters ohne gültige Reisedokumente, sonstige Ausweise und auch nur im Besitz von geringfügigen Barmitteln, welche keinesfalls geeignet sind, den Lebensunterhalt zu sichern, angetroffen, sodaß Gründe für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung vorderhand vorhanden waren. Es war daher die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung des entsprechenden fremdenpolizeilichen Verfahrens rechtmäßig erfolgt. Im übrigen war der Bf auch ohne Unterkunft und ohne ordentlichen Wohnsitz und war daher ein Untertauchen zu befürchten. Die Erlassung des Schubhaftbescheides war daher rechtmäßig.

Der Bf wurde auch unverzüglich am 13.5.1999 über die Festnahmegründe und das weitere Verfahren in einer Einvernahme belehrt. In diesem Zuge gab er auch an, daß er zu einer Antragstellung um Asyl in Italien nicht zugelassen worden sei. Aufgrund des Asylantrages vom 14.5.1999 hat eine Ersteinvernahme am 21.5.1999 vor dem Bundesasylamt Linz stattgefunden und es hat diese Einvernahme ergeben, daß angestrebt wird, die Zuständigkeit Italiens betreffend des Asylantrages einzufordern und den Bf dann nach Italien zu überstellen. Das Bundesasylamt stützt sich auf das Schengener Abkommen bzw auf das Abkommen von Dublin, wonach gemäß §§ 29 ff die Zuständigkeit für Asylanträge und Rückübernahme von Asylwerbern zwischen Vertragsparteien geregelt ist. Der Bf gab seine Unwilligkeit der Ausreise aus Österreich sowie der Rückkehr nach Italien mit Nachdruck zu verstehen.

Aus diesen Gründen ist daher die Anhaltung in Schubhaft weiterhin erforderlich, weil aus dem Sachverhalt in Verbindung mit den Ausführungen des Bf zu befürchten ist, daß er untertauchen werde, sich dem fremdenbehördlichen sowie auch dem Asylverfahren entziehen werde und seine Überstellung nach Italien verhindern werde.

5.4. Gemäß § 66 Abs.1 FrG kann die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, daß deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Gegen Minderjährige hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, sie hätte Grund zur Annahme, daß der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann. Als gelindere Mittel kommt insbesondere die Anordnung in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen. Der Fremde hat sich in die von der Behörde bezeichnete Unterkunft zu begeben und sich jeden zweiten Tag bei der ihm bekanntgegebenen Sicherheitsdienststelle zu melden. Im Grunde dieser Bestimmung hat sich die belangte Behörde - obwohl der Bf minderjährig ist, der Behörde kein Ermessen eingeräumt ist - zu Recht auf die Ausreiseunwilligkeit sowie die Rückkehrunwilligkeit nach Italien gestützt und daher nachvollziehbar dargelegt, daß durch gelindere Mittel der Zweck der Schubhaft nicht erreicht werden kann. Dies hat sie auch damit untermauert, daß die Identität des Bf völlig ungeklärt ist, zumal keine schriftlichen Nachweise und Dokumente über die Identität des Bf vorliegen. Es ist daher eine Identitätsfeststellung sowie die Durchführung eines fremdenpolizeilichen Verfahrens wie auch ein weiteres Asylverfahren ohne die ständige Zugriffsmöglichkeit auf den Bf nicht gewährleistet. Auch muß berücksichtigt werden, daß der Bf nicht über die ausreichenden Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes verfügt und daher in weiterer Folge strafbare Handlungen zu befürchten sind. Weiters hat sich der Bf eines Schleppers und in weiterer Folge verschiedener Helfer bedient, sodaß auch künftig das Untertauchen des Bf in die Anonymität zu befürchten ist.

Im Hinblick auf die Dauer der Anhaltung ist festzustellen, daß die Behörde gehalten ist, die Schubhaft so kurz wie möglich zu gestalten, wobei die Schubhaft insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern darf (§ 69 Abs.1 und 2 FrG). Auch dieser Zeitrahmen wurde nicht überschritten. Aus dem Akt ist ersichtlich, daß der fremdenpolizeilichen Behörde aufgrund des laufenden Asylverfahrens und der dort angestrebten Rückübernahme durch Italien in einem weiteren aufenthalts-beendenden Verfahren sowie bei der Identitätsfeststellung die Hände gebunden sind.

Aus all diesen Gründen konnte auch die weitere Anhaltung in Schubhaft nicht als rechtswidrig festgestellt werden. Es liegen daher auch zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vor. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

6. Gemäß § 73 Abs.2 FrG iVm § 79a AVG steht der belangten Behörde als obsiegender Partei der Kostenersatz zu, wobei nach der geltenden Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995, der Ersatz für den Vorlageaufwand von 565 S sowie für den Schriftsatzaufwand in der Höhe von 2.800 S, also insgesamt 3.365 S zuzusprechen war. Das Aufwandersatzbegehren des Bf war hingegen aus diesem Grunde abzuweisen.

7. Der Bf wird darauf hingewiesen, daß die Beschwerde eingabegebührenpflichtig ist und es wird daher ersucht, unverzüglich eine 180 S-Bundesstempelmarke nachzureichen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

Minderjähriger, mangelnde Identität, keine Mittel, Ausreiseunwilligkeit, kein Aufenthaltstitel, keine gelinderen Mittel.

 

 

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