Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-400555/5/Le/La

Linz, 21.12.1999

VwSen-400555/5/Le/La Linz, am 21. Dezember 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Beschwerde des Arif C, geb. 1970, türkischer Staatsangehöriger, dzt. unbekannten Aufenthaltes, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Helmuth H H, L, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz zu Recht erkannt:

  1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
  2. Der Beschwerdeführer hat dem Bund die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von 3.365 S (entspricht  244,54 Euro) binnen 14 Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: §§ 72 Abs.1, 73 Abs.1, 2 und 4 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75/1997 idgF iVm § 67c Abs.1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idgF.

Zu II.: §§ 74 und 79a AVG iVm § 1 Z3 und Z4 der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 15.12.1999, per Telefax eingelangt beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 14.12.1999, stellte der Beschwerdeführer "wegen §§ 36ff FrG" einen "Antrag auf Aufschub der Abschiebung wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme und der Anhaltung." Weiters beantragte er, ihn bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot) zu enthaften.

Zur Begründung führte er an, dass er einen ordnungsgemäßen Wohnsitz habe und seit Februar über einen ordnungsgemäßen Arbeitsplatz verfüge und somit seine Verhaftung nicht gerechtfertigt sei, sein Arbeitsplatz gefährdet sei und somit ein Eingriff in seine Menschenrechte vorliege.

Weiters führte er wörtlich folgendes aus:

"Es liegt aus obigen Gründen offenkundig eine Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme und der Anhaltung vor, weil dem Bescheid der BPolDion Linz vom 07.12.1999, in der Kanzlei zugestellt am 14.12.1999, entnommen werden kann, dass sich die BPolDion Linz auf ein am 30.10.1998 erlassenes, auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot bezieht und ist zumindest aktenwidrig und formalrechtlich unrichtig.

Vor liegt in der Kanzlei ein Bescheid der Sicherheitsdirektion zu St 261/98 vom 27.10.1999!!! und wurde daher der Bescheid der BPolDion Linz vom 07.12.1999 der Schubhaft und die daraus weiter abgeleitete Abschiebung zu unrecht verfügt bzw erlassen.

Da die Abschiebung unmittelbar bevorsteht, besteht dringender Handlungsbedarf."

2. Die Bundespolizeidirektion Linz als belangte Behörde hat den zu Grunde liegenden Fremdenakt an den Unabhängigen Verwaltungssenat express übermittelt.

Zum Beschwerdevorbringen hat sie eine Gegenschrift erstattet und darin mitgeteilt, dass mit h Bescheid vom 20.10.199 (gemeint 30.10.1998) gegen den Beschwerdeführer auf Grund mehrerer gerichtlicher Verurteilungen ein Aufenthaltsverbot erlassen wurde. Dieser Bescheid sei von der Sicherheitsdirektion Oberösterreich mit Bescheid vom 27.10.1999 bestätigt worden. Von da an hätte für den Beschwerdeführer die Verpflichtung zur Ausreise bestanden. Da er jedoch offensichtlich nicht gewillt war, dieser Verpflichtung nachzukommen, sei er am 14.12.1999 in Schubhaft genommen worden. Diese Vorgangsweise decke sich mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25.4.1997, Zl. 95/02/115 (gemeint: 95/02/0115). Ein Indiz dafür, dass der Beschwerdeführer Österreich nicht freiwillig verlassen wollte, sei auch der Umstand, dass gegen den Bescheid der SiD Oö vom 27.10.1999 Beschwerde an den VwGH erhoben und Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt worden sei.

Die Bundespolizeidirektion Linz teilte weiter mit, dass der Beschwerdeführer am 16.12.1999 über Wien/Schwechat nach Istanbul abgeschoben wurde. Der belangten Behörde sei bislang kein Beschluss des VwGH zugegangen, womit der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt worden wäre.

Die Bundespolizeidirektion Linz beantragte, die Beschwerde abzuweisen und dem Beschwerdeführer den Ersatz der Pauschalbeträge für den Schriftsatzaufwand, den Vorlageaufwand und den allfälligen Verhandlungsaufwand aufzuerlegen.

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in die vorgelegten Akten Einsicht genommen und festgestellt, dass der Sachverhalt in den entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdeausführungen ausreichend geklärt ist. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gem. § 73 Abs.2 Z1 FrG unterbleiben.

Es ergibt sich daraus im Wesentlichen folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

3.1. Der Berufungswerber wurde am 10.7.1970 in der Türkei geboren; er ist türkischer Staatsangehöriger. Am 19.9.1989 kam er nach Österreich, wo er zunächst als Flüchtling anerkannt wurde. Es wurde ihm immer wieder eine Aufenthaltsbewilligung erteilt, zuletzt vom Magistrat der Stadt Linz, gültig bis 4.9.1998.

Im Jahr 1995 wurde er erstmals gerichtlich verurteilt, und zwar einmal wegen fahrlässiger und einmal wegen vorsätzlicher Körperverletzung. Diesen Verurteilungen folgten zwei weitere wegen vorsätzlicher Körperverletzung. Überdies häuften sich während seines Aufenthaltes in Österreich insgesamt 26 Bestrafungen wegen Verwaltungsübertretungen an.

Er ging immer wieder Beschäftigungen nach, doch nicht regelmäßig. Seine im Jahr 1991 geschlossene Ehe wurde in der Folge wiederum geschieden; zu seinen zwei minderjährigen Kindern hätte er nur eine lose Beziehung.

3.2. Mit Bescheid vom 30.10.1998 erließ daraufhin die Bundespolizeidirektion Linz ein auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich, das im Wesentlichen darauf gegründet wurde, dass der Berufungswerber vier gerichtliche Verurteilungen und 26 Verurteilungen wegen Verwaltungsübertretungen begangen hatte. Überdies sei er am 9.7.1998 wieder wegen des Verdachtes des Widerstandes gegen die Staatsgewalt und der schweren Körperverletzung angezeigt worden, was auch zu einer Verurteilung durch das Landesgericht Linz zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten, bedingt auf 3 Jahre, geführt hätte. Auf Grund dieses Verhaltens könne von einer sozialen Integration in Österreich nicht gesprochen werden. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sei daher dringend geboten, da die rechtskräftigen Verurteilungen und sein Gesamtverhalten der österreichischen Rechtsordnung gegenüber von einem derartigen Gewicht sei, dass die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes immer noch unverhältnismäßig schwer wiegen würden als die Auswirkungen auf seine Lebenssituation in Österreich.

Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit dem Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 27.10.1999 keine Folge gegeben.

Über die dagegen eingebrachte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde aktenkundig bis dato nicht entschieden; auch einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde war bislang kein Erfolg beschieden.

3.3. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 7.12.1999 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs.1 FrG zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt. Dieser Bescheid wurde ihm persönlich am 14.12.1999 übergeben; gleichzeitig wurde er in Schubhaft genommen.

3.4. Am 16.12.1999 wurde der Beschwerdeführer per Flugzeug nach Istanbul abgeschoben.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 72 Abs.1 FrG hat, wer gemäß § 63 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde (§ 73 Abs.1 leg.cit.).

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich.

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der Unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

Mit dem gegenständlichen "Antrag auf Aufschub der Abschiebung" wurde - gerade noch erkennbar - eine Schubhaftbeschwerde erhoben, die damit begründet wurde, dass der Beschwerdeführer einen ordnungsgemäßen Wohnsitz und einen ordnungsgemäßen Arbeitsplatz habe und daher die Verhaftung nicht gerechtfertigt sei.

Verbunden damit wurde ein Antrag auf Aufschub der Abschiebung, der als solcher im Fremdengesetz nicht vorgesehen ist. Allenfalls könnte dieser Antrag als Antrag auf Durchsetzungsaufschub iSd § 40 FrG verstanden werden; für eine derartige Entscheidung besteht jedoch keine Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates.

Die Voraussetzungen für die Schubhaftbeschwerde sind erfüllt und die Beschwerde ist zulässig; sie ist jedoch im Wesentlichen nicht begründet.

4.2. Gemäß § 61 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen.

Gemäß § 69 Abs.1 FrG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf außer in den Fällen des Abs.4 insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern (§ 69 Abs.2 FrG).

Kann oder darf ein Fremder nur deshalb nicht abgeschoben werden,

1. weil über einen Antrag gemäß § 75 noch nicht rechtskräftig entschieden ist oder

2. weil die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht möglich ist oder

3. weil er die für die Einreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht besitzt, oder

4. weil er die Abschiebung dadurch vereitelt, daß er sich der Zwangsgewalt (§ 60) widersetzt,

so kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung (Z 1), nach Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit (Z 2), nach Einlangen der Bewilligung bei der Behörde (Z 3) oder nach Vereitelung der Abschiebung (Z 4), insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrechterhalten werden (§ 69 Abs.4 FrG).

4.3. Auf Grund des unter Punkt 3. dargestellten Sachverhaltes steht fest, dass gegen den Beschwerdeführer ein auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen wurde, weil auf Grund seiner zahlreichen gerichtlichen und verwaltungsrechtlichen Verurteilungen die Annahme gerechtfertigt erschien, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährde.

Seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war bis zur erfolgten Abschiebung kein Erfolg beschieden gewesen.

Das Aufenthaltsverbot war somit durchsetzbar; der Fremde hat das Bundesgebiet nicht freiwillig verlassen.

4.4. Zu den in der Schubhaftbeschwerde vorgebrachten Gründen wird folgendes ausgeführt:

Nach § 40 Abs.1 FrG wird das Aufenthaltsverbot mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der Fremde hat dann unverzüglich auszureisen.

Gemäß § 61 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um ... die Abschiebung ... zu sichern.

Daran kann nichts ändern, dass der Berufungswerber einen Wohnsitz sowie einen Arbeitsplatz im Bundesgebiet hat, da er auf Grund des rechtskräftigen und vollstreckbaren Aufenthaltsverbotes verpflichtet war, das Bundesgebiet - aus Gründen der öffentlichen Sicherheit - zu verlassen. Dies hat er jedoch freiwillig nicht getan.

Die Schubhaft war das gelindeste Mittel, um den Beschwerdeführer zum Verlassen des Bundesgebietes zu bewegen. Dass gelindere Mittel (iSd § 66 FrG) nicht zum Ziele führten zeigt sich eben daran, dass der Beschwerdeführer bisher freiwillig nicht das Bundesgebiet verlassen hat.

4.5. Eine Überprüfung des Schubhaftbescheides aus dem Blickwinkel der dem Unabhängigen Verwaltungssenat zukommenden Prüfungskompetenz (§ 73 Abs.4 FrG) ergab die Rechtmäßigkeit der Anordnung der Schubhaft, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 61 Abs.1 FrG dafür vorlagen. Da sohin die Voraussetzungen für die Inschubhaftnahme erfüllt waren, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Bei diesem Verfahrensergebnis waren der belangten Behörde gemäß § 79a AVG iVm § 1 Z3 und Z4 der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995, die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in Höhe von 3.365 S (Aktenvorlageaufwand: 565 S, Schriftsatzaufwand: 2.800 S) zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. L e i t g e b

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum