Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400670/3/SR/Ri

Linz, 15.09.2003

 

 

 VwSen-400670/3/SR/Ri Linz, am 15. September 2003

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Beschwerde des K S, geb., mazedonischer Staatsangehöriger, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. B W, A-S-Straße, R i I, wegen Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft durch den Polizeidirektor der Stadt Wels, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und gleichzeitig festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Polizeidirektor der Stadt Wels) Aufwendungen in der Höhe von 51,50 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzten.

Rechtsgrundlagen:

§§ 72 und 73 Fremdengesetz 1997 - FrG 1997(BGBl. I Nr. 75/1997 zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 134/2002) iVm §§ 67c und 79a AVG 1991 zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 117/2002.

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht auf Grund der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde vom nachstehenden Sachverhalt aus:

1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf.) dürfte vermutlich am 26. Juni 2001 versteckt in einem Lkw illegal in Österreich eingereist sein. Unmittelbar nach der Einreise stellte der Bf. beim Bundesasylamt, Außenstelle Linz (im Folgenden: BAL) einen Asylantrag. Mit Bescheid des BAL vom 25. Oktober 2001, Zl. 01 14.828 wurde der Asylantrag gemäß § 7 AsylG abgewiesen und gemäß § 8 AsylG festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Mazedonien zulässig ist. Die dagegen erhobene Berufung wurde vom Unabhängigen Bundesasylsenat mit Bescheid vom 13. August 2003, GZ 224.840/0-II/39/01 abgewiesen. Der Bescheid erwuchs am 14. August 2003 in Rechtskraft. Am 1. September 2003 wurde vom BAL die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz widerrufen.

1.2. Auf Grund der weggefallenen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz wurde der Bf. von der belangten Behörde zur Überprüfung der Aufenthaltsgrundlage geladen. Im Anschluss an die niederschriftliche Befragung am 3. September 2003 ordnete die belangte Behörde bescheidmäßig die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung, zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und zur Sicherung der Abschiebung an und verhängte im Anschluss an die Bescheidzustellung die Schubhaft. Begründet wurde die Schubhaftverhängung gemäß § 61 Abs. 1 FrG in Verbindung mit § 57 AVG damit, dass der Bf. über keinen Einreisetitel, keinen Aufenthaltstitel, keine Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG verfüge und ohne Nachweis ausreichender Mittel für den Unterhalt sei. Die Gefahr, dass sich der Bf. den fremdenpolizeilichen Maßnahmen durch sofortiges Untertauchen entziehen könnte, sah die belangte Behörde aufgrund der Mittellosigkeit und der Absicht, Österreich nicht verlassen zu wollen, als ernsthaft gegeben. Schon aus diesem Grund könne nach Ansicht der belangten Behörde der Zweck der Schubhaft nicht durch Anwendung eines gelinderen Mittels gemäß § 66 FrG erreicht werden. Der Schubhaftbescheid vom 3. September 2003, Zl. IV-1004561/FP/03 wurde dem Bf. am 3. September 2003 nach Anschluss der niederschriftlichen Befragung durch Übergabe zugestellt. Der Bf. verweigerte ohne Angabe von Gründen sowohl die Unterzeichnung der Niederschrift als auch die Entgegennahme des Schubhaftbescheides.

Aus der Aktenlage ist zu ersehen (niederschriftliche Befragung am 10. September 2003), dass der Bf. bei der Erstbefragung am 3. September 2003 die eingeräumte Möglichkeit zur selbstständigen Ausreise nicht wahrnehmen wollte und darauf beharrt hatte, in Österreich zu verbleiben. Weiters teilte er bei dieser niederschriftlichen Befragung, die von ihm unterfertigt wurde, mit, dass er anwaltlich vertreten sei. Sein Anwalt habe ihm am 9. September 2003 mitgeteilt, dass von ihm bereits ein zweiter Asylantrag gestellt worden sei und er eine Ladung zur Einvernahme beim BAL erhalten werde. Über weitere Anträge sei nicht gesprochen worden.

2.1. Am 9. September 2003 langte beim Oö. Verwaltungssenat die gegenständliche Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit der Schubhaft ein, mit der vom Vertreter des Bf. beantragt wurde, "der UVS möge der Beschwerde Folge geben und feststellen, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Vorraussetzungen zum Zeitpunkt seiner Entscheidung nicht mehr vorliegen" und ersuchte weiters um Kostenzuspruch.

Begründet wird die Schubhaftbeschwerde damit, dass eine Schubhaftnahme zwecks Sicherung der Abschiebung - also eines Vollstreckungsaktes - denknotwenig einen durchsetzbaren Titelbescheid voraussetzen würde. Ergänzend wies der Vertreter des Bf. darauf hin, dass sich die Lage in Mazedonien wieder verschlimmert habe und die Asylbehörde nunmehr die Unzulässigkeit der Abschiebung feststellen würde. Der Zweck der Schubhaft könne daher wahrscheinlich nicht mehr erreicht werden.

2.2. Die belangte Behörde hat ihre Verwaltungsakten am 11. September 2003 vorgelegt und mitgeteilt, dass sich der Bf. noch in Schubhaft befinden würde. Der zweite Asylantrag vom 4. September 2003 sei dem BAL noch nicht zugegangen und daher habe die belangte Behörde dem BAL den zweiten Asylantrag des Bf. am FAX-Wege übermittelt. Nunmehr bestünde ein Vorführersuchen für den 22. September 2003 zum BAL. Abschließend begehrt die belangte Behörde den Ersatz der anfallenden Kosten.

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hält nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich. Ein Parteienantrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht gestellt.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 72 Abs.1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. I Nr. 75/1997 idgF, hat, wer gemäß § 63 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen. Zur Entscheidung über die Beschwerde ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Bf. festgenommen wurde (§ 73 Abs.1 FrG).

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (§ 73 Abs.4 leg.cit.).

 

Der Bf. wird zum Entscheidungszeitpunkt im Polizeianhaltezentrum Wels in Schubhaft angehalten. Seine Beschwerde gegen die Aufrechterhaltung der Schubhaft ist zulässig, aber nicht begründet.

 

4.2. Gemäß § 61 Abs.1 FrG 1997 können Fremde festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines

Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 61 Abs.2 FrG 1997 grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides nicht bloß kurzfristig aus anderem Grund in Haft.

 

4.3. Gemäß § 69 Abs.1 FrG 1997 ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Mit Ausnahme der Fälle des § 69 Abs. 4 FrG 1997 darf die Schubhaft gemäß § 69 Abs. 2 leg. cit. nicht länger als 2 Monate dauern.

4.4. Unstrittig hält sich der Bf. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf und es liegt seit der Erlassung des Schubhaftbescheides keine durchsetzbare Ausweisung und kein durchsetzbares Aufenthaltsverbot vor. Die Schubhaft wurde bescheidmäßig angeordnet und verhängt um das Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung bzw. zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes führen zu können. Das seit dem 10. September 2003 beim BAL anhängige zweite Asylverfahren hat in diesem Stadium des fremdenpolizeilichen Verfahrens keinen Einfluss auf die Schubhaft des Bf. Wie der Oö. Verwaltungssenat in nunmehr ständiger Entscheidungspraxis erkennt (siehe VwSen-400656/2/Wei und 400661/2/SR) wirkt sich ein offenes Asylverfahren auf die Schubhaft nur dann aus, wenn die Ausweisung bzw das Aufenthaltsverbot vollstreckbar ist und die Schubhaft nur mehr dem Zwecke der Sicherung der Abschiebung dient.

 

Die Schubhaft, die zum Entscheidungszeitpunkt noch nicht einmal zwei Wochen andauert, kann in diesem Verfahrensstadium nicht als unverhältnismäßig lange betrachtet werden. Dennoch ist die belangte Behörde gehalten, das Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung oder zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes weiterzuführen um nicht in der Folge die Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft zu bewirken.

 

Bis zum Entscheidungszeitpunkt des Oö. Verwaltungssenates ist klar zu ersehen, dass die belangte Behörde ihrer Verpflichtung nach § 69 FrG nachgekommen ist.

 

4.5. Gemäß § 66 Abs.1 FrG kann die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Als gelinderes Mittel kommt insbesondere die Anordnung in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat beispielsweise dann die Anwendung gelinderer Mittel verneint, wenn die Befürchtung bestand, dass sich der Fremde angesichts der ihm drohenden Abschiebung im Verborgenen halten würde, weil

 

Der Bf. ist illegal in Österreich eingereist, verfügt über keine Berechtigung zum Aufenthalt und ist beschäftigungs- und mittellos.

Darüber hinaus rechtfertigt die Wahrscheinlichkeit des Untertauchens in die Anonymität eine Ermessensausübung dahin, die Schubhaft anstelle gelinderer Maßnahmen zu verhängen (VwGH vom 23.3.1999, 98/02/0309).

 

Diese Wahrscheinlichkeit ist gegeben, da der Bf. im fremdenpolizeilichen Verfahren geäußert hat, dass er nicht freiwillig nach Mazedonien ausreisen werde sondern in Österreich bleiben möchte. Verstärkend wirkt sich die Mittellosigkeit aus.

 

4.6. Es war daher die vorliegende Schubhaftbeschwerde mit der Feststellung iSd § 73 Abs. 4 FrG als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis waren der belangten Behörde als obsiegender Partei nach § 79a Abs.1, 3, 4 und 6 AVG i.V.m. § 1 Z3 der UVS-AufwandersatzVO, BGBl. Nr. II 334/2003, antragsgemäß Kosten in Höhe von insgesamt 51,50 Euro für den Vorlageaufwand zuzusprechen.

 

Analog dem § 59 Abs 4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von 2 Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die Neuregelung idF BGBl Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl. Erl. zur RV, 130 BlgNR 19. GP, 14 f).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Es wird darauf hingewiesen, dass im gegenständlichen Verfahren eine Gebühr von 13 Euro angefallen ist. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Mag. Stierschneider

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