Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400706/4/Ste/Eg

Linz, 01.12.2004

 VwSen-400706/4/Ste/Eg Linz, am 1. Dezember 2004

DVR.0690392

 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag. Dr. Wolfgang Steiner über die Beschwerde der E Ö, vertreten durch RA Dr. M F, wegen Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Linz-Land, zu Recht erkannt:

 

 

  1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
  2. Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann des Bezirks Linz-Land) Kosten in Höhe von 271,80 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG; § 73 Abs. 4 Fremdengesetz 1997 - FrG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 15. November 2004, Zl. Sich-04/6427/ 2004/Fa, wurde über die Beschwerdeführerin (in der Folge kurz: Bfin) zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt und die Überstellung in das Polizeianhaltezentrum Linz vollzogen.

1.2. Gegen ihre Anhaltung in Schubhaft vom 15. bis 17. November 2004 richtet sich die vorliegende, am 16. November 2004 - und damit rechtzeitig - mittels Telefax beim Unabhängigen Verwaltungssenat eingelangte Berufung. Darin wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt, um festzustellen, dass die Festnahme und Anhaltung sowie die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft über die Bfin rechtswidrig war. Weiters wurde die Aufhebung des Kostenzuspruches für die Vollziehung der Schubhaft sowie die Verpflichtung der belangten Behörde zum Kostenersatz gemäß § 19a RAO zu Handen des Vertreters der Bfin beantragt.

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende Sachverhalt:

Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 28. September 2004,
Zl. Sich04/6427/1990, zugestellt am 7. Oktober 2004, wurde die Berufungswerberin (Bfin) unter gleichzeitiger Aberkennung der aufschiebenden Wirkung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgewiesen.

Begründet wurde dieser Bescheid damit, dass die Bfin am 7. Februar 2004 aufgrund eines Touristenvisums nach Österreich eingereist sei. Am 20. April 2004 habe sie die amtswegige Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis angeregt, da sie mit einem in Österreich lebenden türkischen Staatsbürger verheiratet sei und sie sich um dessen zwei minderjährige Kinder aus erster Ehe kümmern müsse, welche ihrem Gatten im Scheidungsverfahren am 11. Juli 2002 zugesprochen worden seien. Ihr Touristenvisum sei am 1. Mai 2004 abgelaufen. Seither halte sie sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 18. Oktober 2004, Sich40, wurde die Bfin aufgefordert bis spätestens 1. November 2004, 24.00 Uhr, das Bundesgebiet zu verlassen. Diesem Auftrag hat die Bfin keine Folge geleistet.

In der Folge wurde von der belangten Behörde am 15. November 2004 ein Festnahmeauftrag erteilt und gleichzeitig mit Bescheid vom 15. November 2004, Sich-04/6427/2004/Fa, die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung in die Türkei angeordnet.

Diesen Bescheid begründet die belangte Behörde damit, dass die Bfin mit Bescheid vom 28. September 2004, welcher seit 7. Oktober 2004 durchsetzbar sei, aus Österreich ausgewiesen wurde. Dem am 18. Oktober 2004 erlassenen Ausreiseauftrag sei die Bfin bis 1. November 2004 nicht freiwillig nachgekommen. Die Bfin sei offenbar nicht gewillt das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen. Sie sei zwar aufrecht in Österreich gemeldet, verfüge jedoch über kein Aufenthaltsrecht in Österreich und habe auch keine Möglichkeit dieses zu legalisieren.

2.1. Gegen ihre Anhaltung in Schubhaft richtet sich die vorliegende, am 16. Novem-ber 2004 beim Unabhängigen Verwaltungssenat eingelangte Beschwerde.

In der Beschwerde bringt die Bfin im Wesentlichen vor, dass die Festnahme und Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig sei, rügt Mängel bei der Sachverhaltsfeststellung, Interessenabwägung und Begründung und beruft sich auf die Art. 5, 8 und 12 der EMRK.

Die Bfin sei legal in das Bundesgebiet eingereist und lebe seither mit ihrem Ehegatten und dessen zwei Kindern aus erster Ehe in Ansfelden, Altersheimstraße 1, wo sie seither auch gemeldet sei. Ihr Ehegatte halte sich bereits seit mehr als
10 Jahren im Bundesgebiet auf, besitze seit 1998 eine unbefristete Nieder-lassungsbewilligung und stehe die Zusicherung der österreichischen Staatsbürger-schaft unmittelbar bevor. Ihr Ehegatte verfüge über ein gesichertes Einkommen, sie sei mitversichert und daher sozialversicherungsrechtlich abgesichert. Sie habe sich bereits gut eingelebt und eine tiefgehende Beziehung zu den Kindern aufgebaut. Ihre Obsorge und Betreuung sei für das gesamte Familienleben und vor allem für die weitere Entwicklung der Kinder positiv. Sie sei schwanger und bestehe nach ärztlichen Aussagen eine Risikoschwangerschaft. Deshalb bedürfe sie gerade jetzt der liebevollen Fürsorge ihres Ehegatten. Die Bfin habe sich bemüht ihren weiteren Aufenthalt in Österreich zu legalisieren. Entscheidungswesentlich sei, dass gegen den Ausweisungsbescheid der belangten Behörde fristgerecht Berufung eingebracht worden sei. Im vorliegenden Fall sei die unverzügliche Durchsetzung der Ausweisung nicht geboten. Die Behörde hätte die Entscheidung hinsichtlich der eingebrachten Berufung gegen den Ausweisungsbescheid abzuwarten gehabt und sei die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung rechtswidrig. Weiters sei ein Antrag auf Gewährung eines Durchsetzungsaufschubes für mindestens drei Monate gestellt worden. Gegen den darüber ergangenen negativen Bescheid sei fristgerecht eine Berufung eingebracht worden. Eine rechtskräftige Entscheidung liege noch nicht vor. Es bestünde keine begründete Gefahr, dass sich die Bfin einem behördlichen Zugriff entziehen werde und biete sich die Gelegenheit der Anwendung gelinderer Mittel. Sie habe ausdrücklich erklärt, dass sie bereit sei behördliche Verfügungen anzunehmen und zu befolgen. In Beachtung rechtsstaatlicher Grundsätze sollte jedenfalls die Entscheidung über die eingebrachten Rechtsmittel abgewartet werden. Sollte die der Ausspruch über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung gegen den Ausweisungsbescheid aufgehoben werden, würde überhaupt die Grundlage des vorliegenden Schubhaftbescheides wegfallen.

Aus diesen Gründen wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit der Schubhaftverhängung beantragt.

2.2. Die belangte Behörde hat den bezughabenden Akt vorgelegt und die Abweisung der Beschwerde sowie Aufwandersatz beantragt.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im übrigen gemäß § 73 Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes, BGBl. I Nr. 75/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 134/2000 (im Folgenden: FrG), von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

4. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Nach § 72 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 134/2002, hat u.a. derjenige, der unter Berufung auf das FrG angehalten wird, das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit dieser Anhaltung anzurufen.

Gemäß § 61 Abs. 1 FrG können Fremde u.a. dann in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bzw. die Abschiebung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf eine Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie sich diesem Verfahren entziehen werden.

Daraus folgt umgekehrt, dass ein Fremder, der sich - wie hier die Beschwerdeführerin - nicht rechtmäßig in Österreich aufhält, auch dann in Schubhaft genommen werden kann, wenn es für die Behörde als plausibel scheint, dass diese - im Wissen um die zu erwartenden fremdenpolizeilichen Zwangsmaßnahmen - versuchen könnte, sich dem weiteren Verfahren zu entziehen oder dieses zumindest zu erschweren, und darüber hinaus die Voraussetzungen des § 66 FrG (gelindere Mittel) nicht vorliegen.

Gemäß § 66 Abs. 1 FrG kann die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der mit ihr verfolgte Zweck auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann.

4.2. Im konkreten Fall steht unbestritten fest, dass sich die Bfin aufgrund des durchsetzbaren Ausweisungsbescheides zum Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt.

Der Zweck der Schubhaftverhängung bestand offensichtlich darin zu gewährleisten, dass die Beschwerdeführerin - der über sie verhängten und bereits durchsetzbaren Ausweisung entsprechend - möglichst rasch das Bundesgebiet verlässt.

Der Unabhängige Verwaltungssenat, dem im Rahmen eines Schubhaftbeschwerdeverfahrens keine Befugnis zukommt, den der Schubhaftverhängung zu Grunde liegenden Ausweisungsbescheid inhaltlich zu prüfen, ist an die daraus resultierende Konsequenz, dass die Bfin einerseits nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist und andererseits zwecks Vollstreckung des Ausweisungsbescheides aus diesem abgeschoben werden kann, gebunden.

4.3. Die Bfin hätte bereits seit 7. Oktober 2004 (also in einem Zeitraum von rund
5 Wochen) die Möglichkeit gehabt, von sich aus das Bundesgebiet zu verlassen. Sie unternahm - offenbar auch in der Hoffnung auf einen für sie günstigen Ausgang des Berufungsverfahrens gegen die Ausweisung - allerdings nichts in diese Richtung und hielt sich weiterhin bei ihrem Ehegatten und dessen Kindern auf.

Auch durch den Hinweis der Bfin, sie lebe in Familiengemeinschaft mit ihrem Ehegatten und dessen beiden Kinder und sei seit ihrer Ankunft an dieser Adresse gemeldet, die finanzielle Unterstützung ihres Ehegatten, die bevorstehende Zusicherung der österreichischen Staatsbürgerschaft an ihren Ehegatten, sowie durch den Hinweis auf ihre Schwangerschaft und der dadurch erforderlichen liebevollen Betreuung durch ihren Ehegatten sowie durch ihr Ansuchen um Durchsetzungsaufschub des Ausweisungsbescheides, hat die Bfin letztlich selbst offengelegt, dass sie nicht gewillt gewesen wäre, der aus dem Ausweisungsbescheid resultierenden Verpflichtung zur unverzüglichen Ausreise aus eigenem zu entsprechen.

Auf Grund dieser Umstände und angesichts des Gesamtverhaltens der Bfin war aber die Prognose der belangten Behörde, dass sie sich im Wissen um die tatsächlich bevorstehende Ausweisung dem weiteren fremdenpolizeilichen Verfahren zu entziehen versuchen oder dieses zumindest erschweren könnte, jedenfalls nicht unvertretbar.

Die behördliche Meldung sowie die Verpflichtung zur Unterkunftnahme am Familienwohnsitz hätte nicht sichergestellt, dass die Bfin gerade zum Zeitpunkt der zwangsweisen Durchsetzung der Abschiebung für die Exekutivorgane tatsächlich greifbar gewesen wäre.

Gelindere Mittel iSd. § 66 FrG zur Anhaltung in Schubhaft, um dies zu verhindern, kamen bei dieser Sachlage nicht in Betracht.

Wie aus der Aktenlage hervorgeht, hat die Schubhaft lediglich zwei Tage gedauert und kann daher nicht als unverhältnismäßig lange betrachtet werden. Die belangte Behörde ist daher zweifellos ihrer Verpflichtung nach § 69 FrG nachgekommen.

Die Verhängung der Schubhaft erwies sich daher als rechtmäßig.

4.4. Die von der Beschwerdeführerin ausdrücklich beantragte Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 73 Abs. 2 Z. 1 FrG unterbleiben, da sich der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde bereits klären ließ. Diesbezüglich wird im Übrigen auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 23. März 1999, Zl. 98/02/0409, mit Hinweis auf die Vorjudikatur, verwiesen.

 

5. Die Beschwerde war daher gemäß § 73 Abs. 2 FrG iVm. § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abzuweisen.

Eine Entscheidung gemäß § 73 Abs. 4 FrG konnte im Hinblick darauf, dass die Beschwerdeführerin bereits am 17. November 2004 abgeschoben und ihre Anhaltung in Schubhaft damit implizit aufgehoben wurde, unterbleiben.

6. Bei diesem Verfahrensergebnis waren der belangten Behörde nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z. 3 AVG iVm. § 1 Z. 3 und 4 der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2003 Kosten in Höhe von insgesamt 271,80 Euro (Vorlageaufwand: 51,50; Schriftsatzaufwand: 220,30 Euro) zuzusprechen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im Verfahren sind Gebühren in Höhe von 13 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Mag.Dr. Wolfgang Steiner

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