Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400716/4/Ste/Eg

Linz, 01.07.2005

 

 

 

VwSen-400716/4/Ste/Eg Linz, am 1. Juli 2005

DVR.0690392 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag.Dr. Wolfgang Steiner über die Beschwerde des D M vertreten durch Dr. K K & Mag. W B, Rechtsanwälte, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz, zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und die Anhaltung des Rechtsmittelwerbers als rechtswidrig erklärt.

II. Der Bund (Verfahrenspartei: Bundespolizeidirektion Linz) hat dem Beschwerdeführer Kosten in Höhe von insgesamt 677,40 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 67c Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG; § 79a AVG.

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Auf Grund des Bescheids der Bundespolizeidirektion Linz vom 3. Februar 2004, Zl. 1007920/FRB, und des dazu ergangenen abweisenden Berufungsbescheids der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich vom 31. März 2004, Zl. St 58/05, bestand jedenfalls im Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft für den Rechtsmittelwerber seit 29. April 2004 ein rechtskräftig negativ abgeschlossenes Asylverfahren.

Der gegen diesen Ausweisungsbescheid erhobenen Berufung wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich vom 31. März 2005, Zl. St 58/05, keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt. Die Ausweisung war seit 12. April 2005 (Tag der Zustellung an den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers) rechtskräftig durchsetzbar.

1.2. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion (BPD) Linz vom 27. Mai 2005, Zl. 1027278/FRB, wurde über den Rechtsmittelwerber zur Sicherung des Verfahrens der Abschiebung die vorläufige Verwahrung (Schubhaft) verhängt und durch Überstellung in das Polizeianhaltezentrum Linz am 31. Mai 2005 vollzogen.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass er mit Schreiben der BPD Linz vom 1. April 2005 aufgefordert worden sei aufgrund des Ausweisungsbescheides vom 3. Februar 2005 seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen. Er sei überdies ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass er mit seiner Abschiebung zu rechnen habe, sollte er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen. Da er bis zur Erlassung des gegenständlichen Schubhaftbescheides dieser Aufforderung nicht nachgekommen war, sei beabsichtigt ihn in sein Heimatland abzuschieben. Der Beschwerdeführer sei zwar in Linz, gemeldet, jedoch müsse davon ausgegangen werden, dass er sich der beabsichtigten Abschiebung nicht freiwillig zur Verfügung halten werde.

1.3. Mit Schreiben vom 24. Mai 2005 hat der Beschwerdeführer beim Verwaltungsge-richtshof Beschwerde gegen den Ausweisungsbescheid der BPD Linz vom 3. Februar 2005, Zl. 1007920/FRB, eingebracht und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt.

Diesem Antrag wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Juni 2005, Zl. AW 2005/18/0166-4, stattgegeben.

1.4. In der Folge wurde der Beschwerdeführer am 3. Juni 2005 um 13.00 Uhr aus der Schubhaft entlassen.

 

2.1. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft richtet sich die vorliegende, am 3. Juni 2005 beim Oö. Verwaltungssenat eingelangte Beschwerde.

Darin bringt der Rechtsmittelwerber im Wesentlichen vor, dass mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes dem Antrag auf aufschiebende Wirkung seiner Ausweisung stattgegeben wurde. Weiters begründet der Beschwerdeführer seine Beschwerde damit, dass die Schubhaftverhängung nur zulässig sei, wenn der Entzug der persönlichen Freiheit notwendig sei, um das Verfahren auf Beendigung des Aufenthalts oder zur Außerlandesschaffung des Fremden zu sichern. Wo immer jedoch derselbe Effekt mit gelinderen Mitteln erreicht werden könne, habe die betroffene Person auf freiem Fuß zu bleiben. Die Haft müsse auf einem echten Sicherheitsbedürfnis beruhen. Einen Fremden nur aus präventivem Bestreben heraus zu inhaftieren sei unzulässig. Darüber hinaus habe sich der Beschwerdeführer einer Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nicht widersetzt. Er habe weder seine Identität verheimlicht, noch seinen Aufenthalt verschleiert. Die Gefahr des Untertauchens sei nicht gegeben gewesen, da der Beschwerdeführer bereits seit mehreren Jahren im österreichischen Bundesgebiet aufhältig sei und viele Freunde und Gönner, welche den Beschwerdeführer auch in seiner alltäglichen Lebensführung unterstützen, habe. Er sei sozial integriert und sei auch von familiären Bezugskomponenten auszugehen, sofern man die zahlreichen engen Freunde des Beschwerdeführer als "Familie" bezeichnen möchte. Der Beschwerdeführer sei bereits seit fünf Jahren mit seiner gesamten Familie in Österreich aufhältig, beherrsche die Deutsche Sprache in Wort und Schrift, verfüge über eine Arbeitserlaubnis und gehe einer aufrechten Beschäftigung nach, seine Gattin sei wieder im zweiten Monat schwanger, die gesamte Familie sei vom islamischen Glauben zum römisch katholischen Glauben konvertiert. Sein Lebensmittelpunkt sei in Österreich gelegen.

Die belangte Behörde habe von der Möglichkeit einer Anwendung gelinderer Mittel um Zweck der Sicherung der Abschiebung keinen Gebrauch gemacht, weshalb die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Schubhaft und Kostenersatz beantragt wird.

2.2. Die belangte Behörde hat den Bezug habenden Akt vorgelegt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1.1. Nach § 72 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 134/2002, hat u.a. derjenige, der unter Berufung auf das FrG angehalten wird, das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit dieser Anhaltung anzurufen.

Gemäß § 61 Abs. 1 FrG können Fremde u.a. dann in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bzw. die Abschiebung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf eine Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie sich diesem Verfahren entziehen werden.

Daraus folgt umgekehrt, dass ein Fremder, der sich - wie hier der Beschwerdeführer - nicht rechtmäßig in Österreich aufhält, auch dann in Schubhaft genommen werden kann, wenn es für die Behörde als plausibel scheint, dass dieser - im Wissen um die zu erwartenden fremdenpolizeilichen Zwangsmaßnahmen - versuchen könnte, sich dem weiteren Verfahren zu entziehen oder dieses zumindest zu erschweren, und darüber hinaus die Voraussetzungen des § 66 FrG (gelindere Mittel) nicht vorliegen.

3.1.2. Im vorliegenden Fall steht unbestritten fest, dass sich der Rechtsmittelwerber - nachdem der über ihn verhängte Ausweisungsbescheid rechtskräftig war; an diese Entscheidungen ist der Oö. Verwaltungssenat gemäß § 38 iVm. § 69 Abs. 1 Z. 3 AVG gebunden - im Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt.

Der Rechtsmittelwerber hätte zumindest seit 12. April 2005 (also in einem Zeitraum von rund 7 Wochen) die Möglichkeit gehabt, von sich aus das Bundesgebiet zu verlassen. Er unternahm - offenbar auch in der Hoffnung auf einen für ihn günstigen Ausgang des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof - allerdings nichts in diese Richtung. Vielmehr stützte er insgesamt seine weitere Zukunftsplanung auf einen positiven Ausgang seines Berufungsverfahrens bzw. auf einen positiven Ausgang seines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof und ging offenbar davon aus, dass er in Österreich bleiben könne.

Auf Grund dieser Umstände und angesichts des Gesamtverhaltens des Rechtsmittelwerbers war aber die Prognose der belangten Behörde, dass er sich im Wissen um die in Vollstreckung des Aufenthaltsverbots wohl unmittelbar drohende Abschiebung dem weiteren fremdenpolizeilichen Verfahren zu entziehen versuchen oder dieses zumindest erschweren könnte, jedenfalls nicht unvertretbar.

3.1.3. Andererseits ergibt sich aber sowohl aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt als auch aus dem Beschwerdevorbringen und der Gegenschrift der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer ordnungsgemäß polizeilich gemeldet, im Besitz einer Arbeitserlaubnis war und in einem aufrechten Dienstverhältnis stand. Er war etwa daher (auch bei der Festnahme selbst) für die Behörde ohne Schwierigkeiten auffindbar und hat aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenats bei objektiver Betrachtung keine Schritte unternommen die in die Richtung gedeutet werden könnten, dass er sich angesichts der ihm drohenden Abschiebung tatsächlich verbergen werde oder im Verborgenen halten würde.

In Verbindung mit dem Umstand, dass er in den bisherigen Verfahren bei Verwaltungsbehörden durchaus kooperationsbereit war sowie unter Beachtung der notwendigen Verhältnismäßigkeit, liegt darin nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats aber grundsätzlich die Möglichkeit der Anwendung eines gelinderen Mittels im Sinn des § 66 FrG, das die Verhängung der Schubhaft als letzte Möglichkeit und wesentlichen Eingriff in die persönliche Freiheit ausschließt.

Damit war aber nicht von vorneherein als denkunmöglich auszuschließen, dass ein Grund zur Annahme besteht, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Die belangte Behörde hat allerdings diese Möglichkeit offenbar überhaupt nicht erwogen, jedenfalls ist dem Verwaltungsakt keine solche Abwägung zu entnehmen. Indem die belangte Behörde diese vom Gesetz vorgesehene Alternative aber in keiner Weise in Erwägung gezogen hat, erweist sich die Schubhaftverhängung, soweit sie auf § 61 Abs. 1 FrG gestützt wurde, als rechtswidrig.

Der Oö. Verwaltungssenat hat diese Rechtsansicht bereits in mehreren vergleichbaren Fällen vertreten (vgl. VwSen-400691/6 vom 28. Juli 2004 sowie VwSen-400696/4 vom 21. September 2004; im letzten Fall insbesondere auch im Zusammenhang mit der Beschaffung eines Heimreisezertifikats). Die gegen das erstgenannte Erkenntnis erhobene Amtsbeschwerde der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vorm 31. August 2004, 2004/21/0208, abgelehnt und festgestellt, dass der Unabhängige Verwaltungssenat in seiner Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof abgewichen ist.

3.3. Der vorliegenden Beschwerde war daher nach § 67c Abs. 3 AVG stattzugeben und die Anhaltung des Rechtsmittelwerbers als rechtswidrig zu erklären.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Beschwerdeführer nach § 79a Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 Z. 1 und 3 AVG iVm. § 1 Z. 1 der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2003 Kosten in Höhe von insgesamt 677,40 Euro (Gebühren: 16,60 Euro; Schriftsatzaufwand: 660,80 Euro) zuzusprechen. Die darüber hinausgehend beantragte Umsatzsteuer ist nach § 79a AVG nicht gesondert zuzusprechen, weil diese bereits im pauschalierten Schriftsatzaufwand enthalten ist.

Im Verfahren sind Gebühren in Höhe von 16,60 Euro (13 Euro für die Eingabe, 3.60 Euro für eine Beilage) angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Wolfgang Steiner

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