Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400729/5/SR/Hu

Linz, 23.08.2005

 

 

 

VwSen-400729/5/SR/Hu Linz, am 23. August 2005

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Beschwerde des S S, geb. am, StA von Serbien und Montenegro, vertreten durch Dr. B W, Bstrasse, R i I, wegen Rechtswidrigkeit seiner Anhaltung in Schubhaft im PAZ Linz seit 17. August 2005 durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck zu Recht erkannt:

 

  1. Der Beschwerde wird Folge gegeben, der gegen den Beschwerdeführer am 17. August 2005 erlassene Schubhaftbescheid sowie die Verhängung und Anhaltung in Schubhaft ab diesem Zeitpunkt werden für rechtswidrig erklärt.

 

II. Der Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) hat dem Beschwerdeführer Kosten in Höhe von insgesamt 673,80 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Kostenersatzantrag der belangten Behörde war abzuweisen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 72 Abs. 1, 73 Fremdengesetz 1997 - FrG 1997 iVm §§ 67c und 79a AVG 1991 und UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr. 334/2003.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 17. August 2005, AZ. Sich40-3025-2005 wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) zur Sicherung des Verfahrens, zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes sowie zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt.

 

Im Wesentlichen führte die belangte Behörde begründend aus, dass der Bf am 8. Februar 2002 illegal über Ungarn kommend in das Bundesgebiet eingereist sei. Der in der Folge gestellte Asylantrag sei mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Linz vom 15. September 2002, Zl. 02 03748 gemäß § 7 AsylG abgewiesen und gleichzeitig festgestellt worden, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Serbien und Montenegro gemäß § 8 AsylGzulässig sei. Der dagegen eingebrachten Berufung sei mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 4. Dezember 2002 keine Folge gegeben worden. Die dagegen erhobene Beschwerde sei mit Wirkung vom 29. Juni 2004 vom Verwaltungsgerichtshof abgewiesen und daraufhin die vorläufige Aufenthaltsberechtigung für das Bundesgebiet vom Bundesasylamt, Außenstelle Linz, mit Wirkung vom 27. Juli 2004, widerrufen worden.

 

Am 7. April 2005 habe der Rechtsvertreter des Bf ein neues Asylbegehren per FAX dem BAA, EAST-West übermittelt. Der Bf sei der Aufforderung beim BAA, EAST-West, vorstellig zu werden, nicht nachgekommen. Das Asylbegehren sei daher gemäß § 31 Asylgesetz mit Wirkung vom 3. Mai 2005 als gegenstandslos abgelegt worden. Knapp drei Monate später habe der Rechtsvertreter des Bf neuerlich ein Asylbegehren per FAX im BAA, EAST-West eingebracht. Nach Festlegung des Einvernahmetermins sei der Bf am 28. Juli 2005 persönlich zur Einvernahme im BAA, EAST-West erschienen und habe sein Asylbegehren in der Einvernahme geltend gemacht. Bei der niederschriftlichen Befragung habe der Bf keine neuerlichen Fluchtgründe vorgebracht, woraufhin ihm niederschriftlich angekündigt worden sei, dass sein Asylbegehren zu Zahl 05 11.161 wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG zurückzuweisen werde.

 

Am 10. August 2005 sei dem Rechtsvertreter ein Ladungstermin zum Zwecke der weiteren niederschriftlichen Einvernahme am 11. August 2005 zugestellt worden. Nachdem der Bf dieser Ladung keinerlei Folge geleistet habe, sei das Asylverfahren am 11. August 2005 gemäß § 30 Abs. 2 Asylgesetz eingestellt worden. Nach der Einstellung seines neuerlichen Asylbegehrens sei er erneut aufgefordert worden, zum maßgeblichen Sachverhalt am 17. August 2005 persönlich Stellung zu beziehen. Am 17. August 2005 sei dem Bf nach seiner niederschriftlichen Einvernahme mitgeteilt worden, dass das BAA, EAST-West sein Asylbegehren bis 19. August 2005 wegen entschiedener Sache zurückweisen werde. Laut seinen eigenen Angaben sei er nicht im Besitz eines Nationalreisedokumentes. Weder nach dem Fremdenrecht noch nach dem Asylrecht komme ihm ein Aufenthaltsrecht für das Bundesgebiet der Republik Österreich zu. Polizeilich gemeldet sei der Bf bei seinem Bruder in der xx.

 

Auf Grund des geschilderten Sachverhaltes und der Tatsache, dass sein Folgeantrag bis zum 19. August 2005 gemäß § 68 AVG zurückgewiesen würde sei zu befürchten, dass sich der Bf, sollte er auf freiem Fuß belassen werden, einem weiteren Zugriff der Behörden wieder entziehen würde. Da die Abschiebung in sein Heimatland Serbien und Montenegro unmittelbar bevorstünde, sei die Anhaltung der Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes sowie zur Sicherung ihrer Abschiebung unbedingt erforderlich. Auf Grund dieser Tatsache sei zu befürchten, dass er sich einem weiteren Zugriff der Behörden und vor allem einer Durchsetzung seiner Abschiebung im Hinblick auf sein unermüdliches taktisches Bestreben, den Aufenthalt im Bundesgebiet zu verlängern, entziehen würde.

 

Von der Erlassung eines gelinderen Mittels musste zwingend Abstand genommen werden. Im Asylverfahren habe sich der Bf den Behörden entzogen um über ein Fristversäumnis das Zulassungsverfahren zu erzwingen. Auch auf Grund des illegalen Aufenthaltes im Bundesgebiet bestünde die Gefahr, dass der Bf in die Illegalität abtauchen könnte, um den unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu verlängern.

 

1.2. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft ab dem 17. August 2005 richtet sich die vorliegende - per FAX am 17. August 2005, 17.36 Uhr übermittelte und am 18. August 2005 beim Oö. Verwaltungssenat eingelangte - Beschwerde.

 

Darin bringt der Rechtsvertreter vor, dass der Bf in xx polizeilich gemeldet sei. An der genannten Adresse würden auch sein Bruder, seine Schwägerin und seine Nichte leben. Als Gastarbeiter sei er bei der Firma Ö in Wels beschäftigt. Nachdem sein Asylantrag vom 8. Februar 2002 rechtskräftig abgewiesen und die dagegen erhobene Beschwerde im Juli 2004 vom Verwaltungsgerichtshof abgelehnt worden sei, habe er gemäß § 19 Abs. 2 Z6 FrG eine humanitäre Erstniederlassungsbewilligung beantragt. Dieser Antrag sei mit Bescheid des Bundesministers vom 29. März 2005 endgültig abgelehnt worden. Am 7. April 2005 habe der Bf einen Folgeantrag gestellt und am 11. April 2005 sei in der Kanzlei des Rechtsvertreters die Aufforderung an den Bf eingegangen, sich innerhalb von 3 Wochen ab Erhalt dieses Schriftstückes in der Erstaufnahmestelle des Bundesasylamtes persönlich einzufinden. Mit Schreiben vom 12. April 2005 habe der Rechtsvertreter den Bf davon schriftlich verständigt. Offenbar habe der Bf das Schreiben nicht vollständig verstanden und sich daher nicht rechtzeitig nach "Thalham" begeben. Das Asylverfahren sei offenbar eingestellt und der Rechtsvertreter hievon nicht informiert worden.

 

Am 5. Juli 2005 habe der Bruder des Bf einen Asylantrag für seine Tochter eingebracht und dabei die Aufforderung erhalten, in der Erstaufnahmestelle zu erscheinen. Gemeinsam mit Bruder, Schwägerin und Nichte habe sich der Bf in die Erstaufnahmestelle begeben. Auf Grund seiner Nachfrage sei sein Asylverfahren wieder aufgenommen worden und der Bf habe einen Einvernahmetermin am 28. Juli 2005 erhalten. Am 10. August 2005 habe die Erstaufnahmestelle dem Rechtsvertreter eine Ladung für den darauffolgenden Tag per Telefax zukommen lassen. Da eine Benachrichtigung des Bf nicht möglich gewesen sei, habe der Rechtsvertreter den zuständigen Referenten von der Unmöglichkeit des Erscheinens informiert. Trotz dieser Information habe der Referent das Verfahren gemäß § 30 AsylG eingestellt und eine neue Ladung für den 17. August 2005 dem Rechtsvertreter übermittelt. Der Bf sei zu seiner zweiten Einvernahme erschienen.

 

Im Anschluss an die Sachverhaltsdarstellung stellt der Bf den Antrag, dass seine Anhaltung in Schubhaft als rechtswidrig erklärt werden möge.

 

Begründend führt der Rechtsvertreter weiter aus, dass sich die belangte Behörde auf § 34 Abs.1 Z1 AsylG gestützt habe, jedoch der wahre Grund für die Verhängung der Schubhaft der gestellte Folgeantrag gewesen sei. Der Bf habe sich nie ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt. Auf Grund eines Missverständnisses sei er dort bis zum 2. Mai 2005 nicht erschienen. Da man dem Rechtsvertreter die Einstellung des Verfahrens nicht mitgeteilt habe, sei das Versäumnis nicht aufgefallen. Der Bf habe nicht schlechtgläubig die Aufforderung vom 11. August 2005 ignoriert. Er sei nach wie vor polizeilich in der Sstraße gemeldet und gehe einer geregelten Arbeit nach.

 

Völlig falsch sei, dass der Rechtsvertreter erneut am 26. Juli 2005 ein Asylbegehren per FAX an die Erstaufnahmestelle West gerichtet habe. Vielmehr sei der Bf, weil ihm die Verfahrensverzögerung sonderbar vorgekommen sei, aus eigenem Antrieb und Interesse am Verfahren gemeinsam mit Bruder, Schwägerin und Nichte in der Erstaufnahmestelle erschienen. Mit seinem Erscheinen in der Erstaufnahmestelle gelte der Folgeantrag im Asylverfahren als gestellt. Die dem Rechtsvertreter am 10. August 2005 zugegangene Ladung habe der Bf nie zu Gesicht bekommen. Überdies seien Ladungen im Zulassungsverfahren dem Asylwerber persönlich oder seinem Rechtsberater in der Erstaufnahmestelle zuzustellen. Von einem versuchten Erzwingen einer Fristversäumnis könne keine Rede sein. Die Gefahr eines Abtauchens in die Illegalität sei schwer vorstellbar, weil der Beschwerdeführer einer geregelten Arbeit nachgehe, polizeilich gemeldet sei und in einer gemeinsamen Wohnung mit dem Bruder, Schwägerin und deren Kind lebt. Abschließend wird der pauschalierte Kostenersatz begehrt und die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung beantragt, zumal sich der Bf in räumlicher Nähe des Senates aufhalten würde.

2. In der Gegenschrift vom 18. August 2005, eingelangt beim Oö. Verwaltungssenat am 22. August 2005 beantragt die belangte Behörde die kostenpflichtige Abweisung der gegenständlichen Schubhaftbeschwerde und begründet dies wie folgt:

 

Nach Ausführungen zum Sachverhalt betreffend Asylantragstellung aus dem Jahre 2002 weist die belangte Behörde darauf hin, dass der Bf von der Bundespolizeidirektion Wels zur Überprüfung seiner Aufenthaltsgrundlage für den 19. April 2005 vorgeladen worden sei. Um der Einleitung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme seitens der Bundespolizeidirektion Wels entgegenzuwirken habe der Rechtsvertreter des Bf per Telefax am 7. April 2005 ein neuerliches Asylbegehren an die EAST-West gerichtet. Zur persönlichen Asylantragstellung sei der Bf in der Erstaufnahmestelle jedoch nicht erschienen. Aus diesem Grund sei der Asylantrag zu Zahl 05 04.8228 als gegenstandslos abgelegt worden. In der Eingabe vom 17. August 2005 habe der Rechtsvertreter den als gegenstandslos abgelegten Asylantrag fälschlicherweise als eingestellt bezeichnet. Weiters habe der Rechtsvertreter das Nichterscheinen des Bf damit begründet, dass der Bf das Schriftstück des Rechtsvertreters nicht vollständig verstanden habe.

 

Trotz des neuerlichen Asylbegehrens, das der Bf persönlich am 26. Juli 2005 vor dem BAA EAST-West eingebracht hat, konnte dieser keine neuen asylrelevanten Fluchtgründe geltend machen. Ihm wurde daher zur Kenntnis gebracht, dass die Zurückweisung seines Asylbegehrens gemäß § 68 beabsichtigt sei. Rechtlich völlig korrekt sei der Ladungstermin zu seiner zweiten Einvernahme im Asylverfahren gemäß § 9 Zustellgesetz dem Rechtsvertreter zugestellt worden. Den Ausführungen des Rechtsvertreters betreffend Zustellung der Ladung könne nicht gefolgt werden. Unstrittig sei, dass der Bf zu seiner Zweiteinvernahme vor dem BAA, EAST-West am 11. August 2005 nicht erschienen sei und das Asylverfahren gemäß § 30 Abs. 2 AsylG eingestellt werden musste. Aus der Aktenlage sei erkennbar, dass die diesbezügliche Verantwortung sehr widersprüchlich sei.

 

Durch das Nichterscheinen des Bf habe sich dieser dem Asylverfahren entzogen, worauf am 18. August 2005 von der belangten Behörde gemäß § 34b Abs.1 Z1 AsylG iVm § 61 Abs.1 FRG die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung verhängt worden sei.

 

Abschließend wurde vermerkt, dass noch am 17. August 2005 die fremdenpolizeilichen Unterlagen von der Bundespolizeidirektion Wels angefordert worden seien und ein Ausweisungsverfahren sofort nach Erhalt beabsichtigt sei.

 

Durch die Einbringung eines weiteren Asylantrages habe der Bf in unmissverständlicher Art und Weise seine Absicht zu erkennen gegeben, unter keinen Umständen seinen illegalen Aufenthalt in Österreich zu beenden und unter keinen Umständen freiwillig das Bundesgebiet zu verlassen.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinlänglich geklärt erscheint.

 

Dem Antrag des Rechtsvertreters auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung war im Hinblick auf § 73 Abs.2 Z1 FrG nicht zu entsprechen, da der Sachverhalt aus der Aktenlage iVm der Beschwerde geklärt erscheint. Das ausschließliche Begründungselement - räumliche Nähe des Beschwerdeführers zum Sitz des Oö. Verwaltungssenates - ist darüber hinaus nicht ausreichend, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu begründen.

 

3.2. Auf Grund der Aktenlage steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

 

Der Bf ist erstmals am 8. Februar 2002 über Ungarn kommend illegal in das Bundesgebiet eingereist. Der unter der Zahl 02 03.748 gestellte Asylantrag wurde gemäß § 7 AsylG rechtskräftig abgewiesen und gemäß § 8 AsylG festgestellt, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Serbien und Montenegro zulässig ist. Die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluss des VwGH vom 29. Juni 2004 abgelehnt.

 

Der Antrag auf Erteilung einer humanitären Erstniederlassungsbewilligung wurde mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. März 2005 abgelehnt. In der Folge beabsichtigte der Polizeidirektor der Stadt Wels eine fremdenpolizeiliche Überprüfung und stellte dem Bf eine Ladung für den 19. April 2005 zu. Anschließend brachte der Bf durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter am 7. April 2005 einen neuerlichen Asylantrag in Schriftform (FAX) ein. Da der Bf der schriftlichen Aufforderung, sich binnen drei Wochen persönlich im BAA, EAST-West einzufinden, nicht Folge geleistet hat, wurde der Antrag als gegenstandslos abgelegt. Die schriftliche Aufforderung wurde dem Rechtsvertreter des Bf am 11. April 2005 zugestellt. Die Ablegung "als gegenstandlos" erfolgte am 3. Mai 2005.

 

Am 26. Juli 2005 brachte der Bf persönlich unter der Zahl 05 11.161 beim BAA, EAST-West einen dritten Asylantrag ein. Nach Ausfolgung der Ladung wurde die Ersteinvernahme am 28. Juli 2005 durchgeführt. Im Zuge der Einvernahme wurde dem Bf mitgeteilt, dass das Bundesasylamt beabsichtige, gemäß § 24a Abs. 3 Z2 AsylG vorzugehen. Weiters wurde dem Bf mitgeteilt, dass das Asylverfahren eingestellt würde, sollte er dem weiteren Ladungstermin nicht nachkommen.

 

Unter der EDV-Zahl 05 11.161 ist im AIS in der Datengruppe A (DGA) angeführt, dass am 10. August 2005 um 8.00 Uhr der Einvernahmetermin für die neuerliche Einvernahme am 11. August 2005 mit dem Rechtsvertreter vereinbart wurde.

 

Im Aktenvermerk des BAA, EAST-West vom 11. August 2005 ist festgehalten, dass der Bf der Ladung für die weitere niederschriftliche Einvernahme am 11. August 2005 um 15.30 Uhr nicht nachgekommen sei und eine telefonische Nachfrage beim Rechtsvertreter ergeben habe, dass sich der Antragsteller auf Urlaub befinden würde und somit nicht erreichbar sei. Im Anschluss an diese Mitteilung wurde das Asylverfahren gemäß § 30 Abs.2 AsylG eingestellt.

 

Weiters ist in der DGA vermerkt, dass eine neuerliche Ladung für eine Einvernahme am 17. August 2005 an den Rechtsvertreter per FAX übermittelt worden ist.

 

Nachdem der Bf am 17. August 2005 ladungsgemäß beim BAA, EAST-West erschienen ist, wurde das Asylverfahren fortgesetzt. Wie in der Schubhaftbeschwerde auf Seite 3 ausgeführt, wurde der Bf anschließend von der belangten Behörde in Schubhaft genommen.

 

Mit Bescheid des BAA, EAST-West vom 17. August 2005, Zl. 05 11.161-EWest, wurde der Asylantrag des Bf vom 26. Juli 2005 gemäß § 68 Abs.1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Der gegenständliche Bescheid wurde dem Rechtsvertreter am 18. August 2005 zugestellt.

 

Der Bf ist seit 12. Februar 2002 in Wels polizeilich gemeldet und hat seit 9. Dezember 2003 ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz in xx. Unbestrittenermaßen geht der Bf einer geregelten Arbeit nach.

 

Aus der Aktenlage ist die Einleitung eines Ausweisungsverfahrens nicht ersichtlich. Es ist auch nicht erkennbar, dass eine Ausweisung unmittelbar bevorsteht.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Nach § 72 Abs. 1 des Fremdengesetzes, BGBl.Nr. I 75/1997, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 134/2002 (im Folgenden: FrG), hat u.a. derjenige, der unter Berufung auf das FrG angehalten wird, das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit dieser Anhaltung anzurufen.

 

4.2. Gemäß § 1 Z. 3. Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 1997 - AsylG, BGBl I. Nr. 76/1997, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 129/2004) ist unter Asylwerber ein Fremder ab Einbringung eines Asylantrages bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens oder bis zu dessen Einstellung zu verstehen.

 

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG ist ein Asylantrag gestellt, wenn Fremde auf welche Weise immer gegenüber einer Sicherheitsbehörde oder einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu erkennen geben, in Österreich Schutz vor Verfolgung zu suchen.

 

Gemäß § 3 Abs. 3 leg. cit. ist ein Asylantrag eingebracht, wenn der Fremde entweder persönlich in einer Erstaufnahmestelle den Antrag stellt oder von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Erstaufnahmestelle vorgeführt (§ 18) wird.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 leg. cit. können Fremde, die einen Asylantrag gestellt haben, bis zur Erlangung der Aufenthaltsberechtigungskarte oder bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung weder zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden (faktischer Abschiebeschutz). § 17 gilt.

 

Gemäß § 21 Abs. 1 leg. cit. finden auf Fremde, die faktischen Abschiebeschutz im Sinne des § 19 Abs. 1 genießen, oder denen als Asylwerber eine Aufenthaltsberechtigungskarte ausgestellt wurde, die §§ 36 Abs. 2 Z 7 sowie 61 bis 63 FrG keine Anwendung. § 61 FrG findet jedoch Anwendung, wenn der Asylantrag von einem Fremden gestellt wird, über den vor Antragstellung die Schubhaft verhängt wurde und diese aufrecht ist.

 

Gemäß § 24a Abs. 7 leg. cit. hat bei der neuerlichen Einvernahme der Rechtsberater anwesend zu sein. Zu Beginn der neuerlichen Einvernahme ist dem Asylwerber das bisherige Beweisergebnis vorzuhalten. Der Asylwerber hat die Möglichkeit, weitere Tatsachen und Beweismittel anzuführen oder vorzulegen. Mit der zurückweisenden oder abweisenden Entscheidung endet der faktische Abschiebeschutz.

 

Gemäß § 24a Abs. 8 leg. cit. ist der Antrag zugelassen, wenn das Bundesasylamt nicht binnen zwanzig Tagen nach Einbringung des Antrages entscheidet, dass der Asylantrag als unzulässig gemäß der §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, es sei denn es werden Konsultationen gemäß der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18. Februar 2003 geführt; Abs. 4 gilt. Die Abweisung des Asylantrages gemäß § 6 oder eine Entscheidung gemäß der §§ 7 oder 10 ersetzt die Entscheidung im Zulassungsverfahren. Satz 1 gilt nicht, wenn sich der Asylwerber dem Verfahren entzieht und das Verfahren eingestellt oder als gegenstandslos abgelegt wird.

 

Gemäß § 30 Abs. 1 sind Asylverfahren, über deren Zulässigkeit noch nicht abgesprochen wurde (§ 24a) einzustellen, wenn eine Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes noch nicht erfolgen kann und sich der Asylwerber aus der Erstaufnahmestelle ungerechtfertigt entfernt hat. Ungerechtfertigt ist das Entfernen aus der Erstaufnahmestelle dann, wenn der Asylwerber trotz Aufforderung zu den ihm von Bundesasylamt gesetzten Terminen nicht kommt und er nicht in der Erstaufnahmestelle angetroffen werden kann. Ein Krankenhausaufenthalt ist jedenfalls kein ungerechtfertigtes Entfernen aus der Erstaufnahmestelle.

 

Gemäß § 34b Abs. 1 leg. c.it. kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Ausweisung oder Abschiebung mit Bescheid anordnen, wenn

  1. der Asylwerber sich im Zulassungsverfahren ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat oder
  2. gegen den Asylwerber eine - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung gemäß der §§ 5a und 6 erlassen wurde.

 

Gemäß § 34b Abs. 2 leg. cit. findet das Fremdengesetz auf Asylwerber, über die die Schubhaft verhängt worden ist, insgesamt Anwendung.

 

Gemäß § 61 Abs 1 FrG 1997 können Fremde festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines

Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 61 Abs. 2 FrG 1997 grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides nicht bloß kurzfristig aus anderem Grund in Haft.

 

Gemäß § 69 Abs. 1 FrG 1997 ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

 

Der Bf wird zum Entscheidungszeitpunkt in Schubhaft angehalten.

 

Seine Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft ist zulässig und begründet.

 

4.3. Wie sich aus der Aktenlage und unwidersprochen aus der Beschwerdebegründung ergibt, war der Bf zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung Asylwerber. Dies deshalb, da zuvor das Asylverfahren vom BAA, EAST-West fortgesetzt worden war.

 

Entgegen der Ansicht des Rechtsvertreters wurde das Asylverfahren (zweiter Asylantrag) unter der Zl. 05 04.828 nicht fortgesetzt.

 

Gemäß § 24 Abs.1 AsylG können Anträge nach dem Asylgesetz formlos in jeder geeignet erscheinenden Weise gestellt werden.

 

Gemäß § 24 Abs.2 leg.cit. gelten schriftliche Asylanträge, die beim Bundesasylamt einlangen, als eingebracht, wenn der Fremde der schriftlichen Aufforderung der Behörde Folge leistet und sich in der Erstaufnahmestelle persönlich einfindet. Wird dieser Aufforderung nicht Folge geleistet, ist der Antrag als gegenstandslos abzulegen.

 

Da der Bf trotz entsprechender Ladung über seinen Rechtsvertreter nicht persönlich zur Erstaufnahmestelle gekommen war, hat das BAA, EAST-West, den Asylantrag gemäß § 31 Abs.1 AsylG als gegenstandslos abgelegt.

 

Es ist zutreffend, dass Ladungen im Zulassungsverfahren dem Asylwerber persönlich oder seinem Rechtsberater (zu unterscheiden von seinem Rechtsvertreter) in der Erstaufnahmestelle zuzustellen sind (vgl. § 24a Abs.9 AsylG).

 

§ 24a AsylG regelt das "Zulassungsverfahren in der Erstaufnahmestelle". Im Gegensatz zur Ansicht des Rechtsvertreters begründet § 24a Abs. 9 AsylG lediglich für Asylwerber, die sich in der Erstaufnahmestelle aufhalten eine spezielle Zustellvorschrift. Vorausgesetzt wird jedenfalls, dass es sich bei dem Fremden um einen Asylwerber handelt. Entsprechend den Begriffsbestimmungen (§ 1 Z3 AsylG) ist ein Asylwerber, wer einen Asylantrag eingebracht hat. Von der Einbringung eines Asylantrages ist gemäß § 3 Abs. 3 AsylG dann auszugehen, wenn der Fremde entweder persönlich in einer Erstaufnahmestelle den Antrag gestellt hat oder von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Erstaufnahmestelle vorgeführt wird. Auf Grund des ausschließlich schriftlich eingebrachten Antrages war der Bf noch nicht als Asylwerber anzusehen. Zu Recht wurde daher die Ladung vom BAA, EAST-West an den Rechtsvertreter des Bf übermittelt. Nachdem der Bf der Ladung keine Folge geleistet hat, war der Antrag als gegenstandslos abzulegen.

 

Die neuerliche Vorsprache beim BAA, EAST-West konnte daher keine Fortsetzung des Asylverfahrens bewirken sondern führte zur dritten Asylantragstellung am 26. Juli 2005, unter der Aktenzahl 05 11.161.

Auf Grund der Stellung des dritten Asylantrages kam dem Bf gemäß § 19 Abs.1 AsylG faktischer Abschiebeschutz zu. Gemäß § 21 Abs.1 AsylG finden auf Fremde, die faktischen Abschiebeschutz im Sinne des § 19 Abs.1 AsylG genießen, die §§ 61 bis 63 FrG keine Anwendung. Vom Grundsatz des § 19 Abs.1 AsylG weicht § 24a Abs.7 leg. cit. ab. Entsprechend § 24a Abs. 7 letzter Satz endet der faktische Abschiebeschutz mit der zurückweisenden oder abweisenden Entscheidung.

 

Infolgedessen, dass das BAA, EAST-West den Asylantrag vom 26. Juli 2005 mit Bescheid vom 17. August 2005, erlassen am 18. August 2005 gemäß § 68 Abs.1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen hat, kam dem Bf ab Zustellung des Bescheides kein faktischer Abschiebeschutz mehr zu. Ab Erlassung dieses Zurückweisungsbescheides ist die Rechtmäßigkeit der Schubhaft ausschließlich an den Bestimmungen des FrG zu messen.

 

Grundsätzlich ist hier die Rechtmäßigkeit der Schubhaft während des Zulassungsverfahrens anhand der einschlägigen Bestimmungen des AsylG, im Besonderen des § 34b AsylG und des Fremdengesetzes und nach erfolgter Zurückweisung des Asylantrages gemäß § 68 AVG ausschließlich anhand des Fremdengesetzes zu prüfen.

 

Da aber bei der Beurteilung beider Sachverhaltsteile auch § 66 AsylG in die Rechtmäßigkeitsprüfung miteinbezogen werden muss und bereits die Grobprüfung ergeben hat, dass auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes auch die Anwendung gelinderer Mittel zur Zweckerreichung ausreichend gewesen wäre, konnte eine weitergehende Prüfung jener Gründe unterbleiben, die zur Anordnung und Aufrechterhaltung der Schubhaft geführt haben.

 

Entsprechend § 66 Abs. 1 FrG kann die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Als gelinderes Mittel kommt insbesondere die Anordnung in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen.

 

Die Wahrscheinlichkeit des Untertauchens in die Anonymität rechtfertigt eine Ermessensausübung dahin, die Schubhaft anstelle gelinderer Maßnahmen zu verhängen (VwGH vom 23.3.1999, 98/02/0309).

 

Von einer solchen Wahrscheinlichkeit kann derzeit im gegenständlichen Fall aber nicht gesprochen werden. Es mag zutreffend sein, dass der Bf durch die Stellung mehrerer Asylanträge versucht hat, seinen illegalen Aufenthalt im Bundesgebiet zu verlängern. Abgesehen davon deutet aber nichts darauf hin, dass er sich dem fremdenpolizeilichen Verfahren entziehen wolle. Der Bf ist seit Jahren in Wels polizeilich gemeldet, hat in dieser Zeit nur einmal eine Wohnsitzänderung im Stadtgebiet Wels vorgenommen und geht einer geregelten Arbeit nach. Auch wenn das Nichtnachkommen einer Ladung im Asylverfahren als "ungerechtfertigtes Entfernen aus der Erstaufnahmestelle" gewertet werden kann, lässt sich bei genauerer Betrachtung der Umstände schon im Hinblick auf die kurzfristig angesetzte Ladung daraus nicht ableiten, dass sich der Bf auch dem fremdenpolizeilichen Verfahren entziehen werde und somit die Schubhaft notwendig ist, um dieses Verfahren zu sichern.

 

Die belangte Behörde hat lediglich die Vorgangsweise des Bf in den verschiedenen Asylverfahren ihrer Beurteilung zu Grunde gelegt und dabei aber außer Acht gelassen, dass der Bf seit Jahren in Wels polizeilich gemeldet ist, nur einen Wohnsitzwechsel vorgenommen hat und einer geregelten Arbeit nachgeht.

 

Indem die belangte Behörde diese vom Gesetz vorgesehene Alternative - gelinderes Mittel - nicht umfassend einer Beurteilung unterzogen hat, erweist sich die Schubhaftverhängung, soweit sie auf § 61 Abs. 1 FrG gestützt wurde, als rechtswidrig.

 

Der vorliegenden Beschwerde war daher nach § 67c Abs. 3 AVG stattzugeben und die Anhaltung des Rechtsmittelwerbers als rechtswidrig zu erklären.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Beschwerdeführer nach § 79a Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 Z. 1 und 3 AVG iVm. § 1 Z. 1 der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2003 Kosten in Höhe von insgesamt 673,80 Euro (Gebühren: 13,00 Euro; Schriftsatzaufwand: 660,80 Euro) zuzusprechen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Mag. Stierschneider

 

 

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