Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400750/4/Gf/Ga

Linz, 15.12.2005

VwSen-400750/4/Gf/Ga Linz, am 15. Dezember 2005

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde des S S, dzt. Polizeianhaltezentrum der BPD Linz, vertreten durch RA Dr. Sch, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird stattgegeben und die Anhaltung des Rechtsmittelwerbers in Schubhaft seit dem 12. Dezember 2005 als rechtswidrig festgestellt; gleichzeitig wird festgestellt, dass Gründe für eine weitere Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft derzeit nicht vorliegen.

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 3; § 73 Abs. 4 FrG; § 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 12. Dezember 2005, Zl. 1053012/FRB, wurde über den Beschwerdeführer, einen mazedonischen Staatsangehörigen, zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in das Polizeianhaltezentrum der BPD Linz sofort vollzogen.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass gegen den Rechtsmittelwerber ein jedenfalls seit dem 14. Dezember 2004 rechtskräftiges Aufenthaltsverbot bestehe. Diesem zuwider sei er jedoch nach wie vor und zudem ohne polizeiliche Meldung in Österreich aufhältig, sodass davon auszugehen sei, dass er sich im Hinblick auf die beabsichtigte Abschiebung nicht freiwillig zur Verfügung halten werde.

1.2. Dagegen richtet sich die vorliegende, am 13. Dezember 2005 unmittelbar beim Oö. Verwaltungssenat eingebrachte Beschwerde.

Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass sich die Umstände seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes vor fünf Jahren (am 9. Februar 2001) zwischenzeitlich insofern wesentlich geändert hätten, als er am 5. Dezember 2002 eine österreichische Staatsbürgerin geehelicht habe; deshalb sei er nunmehr als begünstigter Drittstaatsangehöriger anzusehen, weshalb die Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes nicht mehr gerechtfertigt sei. Außerdem habe er einen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit seiner Abschiebung in seinen Heimatstaat sowie einen Asylantrag gestellt. Schließlich wird darauf hingewiesen, dass er nunmehr schon seit 17 Jahren in Österreich aufhältig und hier vollständig integriert sei, indem er bei seiner Gattin und seiner Mutter lebe, während er zu seiner früheren Heimat keinerlei Verbindung mehr habe.

Daher wird die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anhaltung und die Aufhebung der Schubhaft beantragt.

1.3. Die belangte Behörde hat die Bezug habenden Akten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Dazu wird ausgeführt, dass es dem Unabhängigen Verwaltungssenat nicht zukomme, die Rechtmäßigkeit eines bestehenden Aufenthaltsverbotes zu überprüfen. Da im vorliegenden Fall das Aufenthaltsverbot nach wie vor aufrecht sei, komme der Beschwerde sohin schon von vornherein keine Berechtigung zu.

2. Über die gegenständliche Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

2.1. Nach § 72 Abs. 1 des Fremdengesetzes, BGBl.Nr. I 75/1997, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 151/2004 (im Folgenden: FrG), hat (nur) derjenige, der unter Berufung auf das FrG angehalten wird, das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit dieser Anhaltung anzurufen.

Gemäß § 61 Abs. 1 i.V.m. § 66 Abs. 1 FrG kann die Schubhaft u.a. zur Sicherung eines Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung verhängt werden, wenn deren Zweck nicht durch gelindere Mittel erreicht werden kann.

2.2. Im vorliegenden Fall ist allseits unbestritten, dass gegen den Beschwerdeführer formell ein Aufenthaltsverbot des Bezirkshauptmannes von Perg aus dem Jahr 2001 besteht.

Wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift unter beispielweisem Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Oktober 2003, Zl. 2003/02/0161, jedoch selbst ausführt, vermag ein Aufenthaltsverbot nur dann "Tatbestandswirkung" für den Unabhängigen Verwaltungssenat zu erzeugen, wenn und solange dieses "nach wie vor aufrecht und durchsetzbar ist". Gerade bei Bescheiden mit Dauerwirkung ist jedoch zu bedenken, dass deren Rechtskraftwirkung nicht nur bei einer maßgeblichen Änderung der diese tragenden Rechtsgrundlage, sondern auch bei einer entscheidungswesentlichen Änderung im Tatsachenbereich fortfallen kann.

Im gegenständlichen Fall braucht jedoch aus folgenden Gründen gar nicht untersucht zu werden, ob die vom Rechtsmittelwerber eingewendeten Tatsachenänderungen derart gravierend waren, dass das gegen ihn verhängte Aufenthaltsverbot zwischenzeitlich unwirksam geworden ist:

2.3. Die Verhängung der Schubhaft erweist sich nämlich auch dann als rechtswidrig, wenn an deren Stelle seitens der Fremdenpolizeibehörde gelindere Mittel i.S.d. § 66 Abs. 1 FrG hätten angewendet werden können.

In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof jüngst ausgeführt, dass allein der Umstand eines durchsetzbaren Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung die Behörde noch nicht zur Schubhaftverhängung berechtigt; vielmehr ist stets eine materielle Prüfung dahin, ob - z.B. wegen mangelnder beruflicher oder sozialer Verankerung des Fremden im Inland - ein konkreter Sicherungsbedarf besteht, durchzuführen (vgl. VwGH v. 8. September 2005, Zl. 2005/21/0301).

2.3.1. Diesbezüglich ist für den gegenständlichen Fall zunächst zu konstatieren, dass der Beschwerdeführer seit sechs Wochen in einem Linzer Lokal gearbeitet und dort - wenn auch ohne polizeilich gemeldet zu sein - in einem Hinterzimmer genächtigt hat; fallweise hält er sich auch bei seiner Gattin, bei seiner Mutter oder bei seiner in Linz wohnenden Schwester auf. Bei seiner Festnahme am 9. Dezember 2005 wurde er auch tatsächlich in dem in Rede stehenden Linzer Lokal angetroffen.

Dass unter solchen Umständen ansonsten ein konkretes, nach der zuvor zitierten neusten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nunmehr von der Behörde zu belegendes Sicherungsbedürfnis bestand, geht aber weder aus den von ihr vorgelegten Akten noch aus deren Gegenschrift hervor.

2.3.2. Hingegen hat der Oö. Verwaltungssenat nicht zu beurteilen, ob als Ergebnis der im Anschluss an die Festnahme des Beschwerdeführers wegen des Verdachtes von Vergehen gegen das Suchtmittelgesetz im Lokal durchgeführten richterlichen Hausdurchsuchung eine Internierung (auch) des Rechtsmittelwerbers geboten ist: Sollte dies zutreffen, hätte vielmehr das zuständige Gericht über ihn die Untersuchungshaft zu verhängen.

2.3.3. Im Ergebnis erweist sich damit aber die auf das FrG gegründete Anhaltung des Beschwerdeführers als rechtswidrig. Dies hatte der Oö. Verwaltungssenat gemäß § 67c Abs. 3AVG festzustellen und gleichzeitig nach § 73 Abs. 4 FrG auszusprechen, dass auch die für eine Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen derzeit nicht vorliegen.

3. Obwohl der Beschwerdeführer bei diesem Verfahrensergebnis gemäß § 79a Abs. 1, 2 und 4 AVG als obsiegende Partei anzusehen ist, war eine Kostenentscheidung mangels eines darauf gerichteten Antrages nicht zu treffen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
  2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in einer Höhe von 13 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Dr. G r o f

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