Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103021/6/Br

Linz, 17.08.1995

VwSen-103021/6/Br Linz, am 17. August 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn A R, L gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 13. Juni 1995, Zl.:

VerkR96-7572-1995-Ga, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 17. August 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird k e i n e F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 866/1992 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 666/1993 - VStG.

II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden dem Berufungswerber zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten 80 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau hat mit dem Straferkenntnis vom 13. Mai 1995, Zl.: VerkR96-7572-1995-Ga, wegen der Übertretung nach § 52 lit.a Z10a StVO 1960 über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 400 S und für den Nichteinbringungsfall 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und in dessen Spruch ausgeführt:

"Sie lenkten am 13.11.1994 um 10.50 Uhr den PKW auf der B bei Str.-km 58,090, im Gemeindegebiet B in Richtung N. Sie haben die durch Vorschriftszeichen kundgemachte erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h erheblich überschritten.

Mittels Radarmessung wurde eine gefahrene Geschwindigkeit von 84 km/h festgestellt." 1.1. Begründend führte die Erstbehörde folgendes aus:

"Gegen die ha. Strafverfügung vom 17.1.1995 haben Sie innerhalb offener Frist Einspruch erhoben und diesen damit begründet, daß Sie zum Tatzeitpunkt nicht unterwegs gewesen wären. Weiters ersuchten Sie um Zusendung eines Radarfotos und führten Sie weiters aus, daß Sie - sollte ein Angehöriger den PKW gelenkt haben - von Ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen.

Im Wege der Regierung der O bzw. der Grenzpolizeistation W wurde Ihnen Akteneinsicht gewährt und Sie gleichzeitig aufgefordert, den Namen und die Anschrift jener Person, welche das Kraftfahrzeug zum Tatzeitpunkt gelenkt hat bekanntzugeben. Gleichzeitig wurden Sie darauf hingewiesen, daß sollten Sie zu diesbezüglichen Angaben nicht bereit sein, die Behörde davon ausgeht, daß Sie selbst das Fahrzeug zum Tatzeitpunkt gelenkt und die in Rede stehende Verwaltungsübertretung begangen haben.

Aus der Mitteilung der Grenzpolizeistation W vom 15.5.1995 geht hervor, daß Sie bestreiten, zur Tatzeit in Österreich gefahren zu sein; außerdem würden Sie von "Ihrem Aussageverweigerungsrecht" Gebrauch machen.

Hiezu wird ausgeführt, daß ein eventuelles Zeunigsverweigerungsrecht nur Personen zugute kommt, die von der Behörde als Zeugen einvernommen werden. Im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren sind Sie jedoch nicht Zeuge sondern Beschuldigter. Als Beschuldigter im Verwaltungsstrafverfahren trifft Sie eine Mitwirkungspflicht. Das bedeutet, daß Sie Ihre Verantwortung nicht darauf zu beschränken haben, die Ihnen vorgehaltene Verwaltungsübertretung in Abrede zu stellen, sondern auch entsprechende Beweise für die Richtigkeit Ihrer Behauptungen anzubieten.

Sie wurden von hieramts aufgefordert, den Namen und die Anschrift jener Person, welche das Kraftfahrzeug zum Tatzeitpunkt gelenkt hat, bekanntzugeben. Dieser Aufforderung sind Sie jedoch nicht nachgekommen, sondern haben Sie lediglich behauptet, daß Sie selbst das Fahrzeug nicht gelenkt haben. Sie sind dadurch Ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Da Sie keine konkreten Behauptungen vorgebracht sowie der Behörde keine Beweise angeboten haben, aus denen die Richtigkeit Ihrer Einspruchsangaben hervorgeht, geht die Behörde davon aus, daß es sich bei Ihren Rechtfertigungsangaben um reine Schutzbehauptungen handelt, um so einer Bestrafung zu entgehen, und Sie selbst die in Rede stehende Verwaltungsübertretung begangen haben.

Zur Geschwindigkeitsüberschreitung wird ausgeführt, daß bei einer Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit um 14 km/h das Verschulden keinesfalls mehr als geringfügig anzusehen ist. Ihr Verhalten stellte eine Gefährdung jener Verkehrsteilnehmer dar, welche auf die genaue Einhaltung der Vorschriften durch die anderen vertrauen und ist daher als schwerer Verstoß gegen die straßenpolizeilichen Vorschriften zu werten.

Bei der Strafbemessung wurde auf Ihre geschätzten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (monatlich DM 2.000,--, kein Vermögen, Sorgepflichten) entsprechend Bedacht genommen (eine Mitteilung Ihrerseits hiezu ist trotz ha. Aufforderung vom 5.4.1995 nicht erfolgt).

Straferschwerende Umstände lagen nicht vor; strafmildernd war Ihre bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit zu werten. Das Strafausmaß ist somit dem Unrechtsgehalt der Übertretung angepaßt und schuldangemessen.

Es war gemäß § 19 VStG spruchgemäß zu entscheiden.

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit der fristgerecht erhobenen Berufung. Er führt darin zur Sache folgendes aus:

"Wie bereits im Widerspruch gegen Ihre Strafverfügung v.

17.01.95 und im Protokoll bei der GPS W aufgeführt, bin ich zum Tatzeitpunkt nicht mit meinem Pkw unterwegs gewesen, weder als Fahrer noch als Mitfahrer.

Auf dem von Ihnen an die GPS W zugesandten Radarfoto ist keine Person zu erkennen, lediglich der Pkw abgelichtet.

Daraus den Schluß zu ziehen, ich als Halter habe die Geschwindigkeitsübertretung begangen ist schlichtweg, ich bleibe dabei sehr gemäßigt, falsch.

Ich bin über Ihr Rechtssystem und deren Vollzug nicht ausreichend informiert, in Deutschland jedoch gibt es den Grundsatz der "Unschuldsvermutung", solange das Gegenteil nicht bewiesen ist. Auch ist es rechtsstaatlich manifestiert, daß dem Betroffenen ein Aussageverweigerungsrecht zusteht, wovon ich nicht Gebrauch machte, sondern Angaben zum Sachverhalt ausführte.

Da es sich bei dem Fahrzeugführer um einen Angehörigen i.S.d. § 11 StGB handelte, erklärte ich bereits vorsorglich bei der GPS W, daß ich von meinem Zeugnisverweigerungsrecht gemäß §§ 52, 55 StPO Gebrauch machen werden (deutsche Rechtsvorschr.) Meiner Mitwirkungspflicht habe ich dabei ausreichend Genüge getan.

Eine Kostentragungspflicht des Halters ist bei Geschwindigkeitsüberschreitungen in Deutschland nicht vorgesehen.

Da meine Angaben der Wahrheit entsprechen und keine Schutzbehauptungen sind, stelle ich in diesem Berufungsschreiben den Antrag, das Verfahren gegen mich einzustellen.

Anmerkung: Ich finde es bedenklich, in einem freiheitlich demokratisch orientieren Urlaubsland Österreich im Falle der Uneinbringlichkeit e. Geldstrafe, wegen einer geringfügigen Ordnungswidrigkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe auszusprechen.

In Deutschland ist dies schlicht gesetzwidrig.

Hochachtungsvoll A R, sen." 3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war erforderlich, weil die zur Last gelegte Übertretung vom Berufungswerber letztlich - wenn auch nur auf seine Person bezogen - bestritten wird (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des Verwaltungsstrafaktes der Bezirkshauptmannschaft Braunau, Zl.: VerkR96-7572-1995-Ga, im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 17. August 1995 zu welcher der Berufungswerber unentschuldigt nicht erschienen ist.

5. Folgender Sachverhalt gilt aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens als erwiesen:

5.1. Der Berufungswerber hat sein Fahrzeug auf der im Straferkenntnis angeführten Wegstrecke gelenkt. Zu diesem Ergebnis gelangt der O.ö. Verwaltungssenat im Rahmen seiner freien Beweiswürdigung. Der Berufungswerber bestreitet zwar seine Lenkereigenschaft, verweigert aber folglich seine Mitwirkung dadurch, daß er offenbar nicht bereit ist den tatsächlichen Lenker namhaft zu machen. Ein Zeugnisverweigerungsrecht (Entschlagungsrecht) steht dem Beschuldigten nicht zu.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgendes erwogen:

6.1. Die hier nicht (mehr) bestrittenen Verhaltensweisen wurden von der Erstbehörde in zutreffender Weise subsumiert, sodaß auch diesbezüglich auf die rechtlichen Ausführungen der Erstbehörde verwiesen werden kann.

6.1.2. Falls der Beschuldigte jegliche Mitwirkung an der Feststellung des Sachverhaltes verweigert und sich auf bloßes - durch keinerlei Behauptungen untermauertes Leugnen (er habe das Kfz bei der fraglichen Fahrt nicht gelenkt) stützt, kann die Behörde den Schluß ziehen, daß der Beschuldigte selbst der Täter ist (VwGH 86/02/0037 v.

12.6.1986). Es vermag auch nicht zu entschuldigen, wenn der Berufungswerber einen Tag vor der Verhandlung fernmündlich mitteilen ließ, daß er zur Verhandlung aus Gründen der Kosten und eines angeblichen Rheumaleidens nicht erscheinen werde. Mit seinem Hinweis auf das Aussageverweigerungsrecht gewinnt der Berufungswerber nichts, weil ein solches in diesem Zusammenhang allenfalls nur einem Zeugen zukommen würde.

Würde seiner Rechtsansicht gefolgt, so wäre wohl eine Verfolgung eines nach dem Kennzeichen angezeigten Fahrzeuglenkers nicht möglich. Aus diesem Grunde tritt gemäß der in Österreich geltenden Rechtslage, welche in Form einer sogenannten Verfassungsbestimmung rechtlich normiert ist (§ 103 Abs.2 des Kraftfahrgesetzes idgF d. 10. KFG-Nov.), das Recht auf Auskunftsverweigerung eines Fahrzeughalters gegenüber dem Recht der Behörde auf Erteilung der Auskunft (wer ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt hat) zurück. Wenn sich der Berufungswerber auf die Unschuldsvermutung beruft, so ist ihm entgegenzuhalten, daß der Lenker seines Fahrzeuges eine Verwaltungsübertretung begangen hat; die Übertretung an sich wird nicht bestritten.

6.1.3. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1.4. Eine Geschwindigkeitsüberschreitung auch von 14 km/h (bei Berücksichtigung einer zum Vorteil eines Täters wirkenden Meßfehlertoleranz von 5 km/h) ist eine nicht vernachlässigbare Größe. Obwohl laut Aktenlage das bisherige Verhalten des Berufungswerbers im Straßenverkehr in Österreich unbeanstandet geblieben ist, kann aber der Geldstrafe in Höhe von 400 S objektiv jedoch nicht entgegengetreten werden.

6.1.5. Geschwindigkeitsüberschreitungen sind immer wieder die Ursache schwerer Verkehrsunfälle, weshalb auch dieses Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung zu bestrafen ist.

Es widerspricht daher - selbst unter der Annahme nur unterdurchschnittlicher Einkommensverhältnisse und auch allfälliger Sorgepflichten und der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit - nicht dem Sinn der Strafbemessungsbestimmungen, bei einer gesetzlichen Höchststrafe von 10.000 S die Strafe mit 400 S zu bemessen (siehe auch VwGH 18. September 1991, Zlen. 91/03/0043, 91/03/0250).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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