Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400765/4/WEI/Ps

Linz, 09.02.2006

 

 

 

VwSen-400765/4/WEI/Ps Linz, am 9. Februar 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des R M, staatenloser P aus dem L, dzt. Schubhaft im PAZ Linz, vertreten durch Mag. N J, p.A. D, S, W, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz zu Recht erkannt:

 

 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird gleichzeitig festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Die Anträge auf Aufhebung des Schubhaftbescheides und Verfügung der Freilassung werden zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 271,80 Euro binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 und 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG (BGBl. I Nr. 100/2005) iVm §§ 67c und 79a AVG 1991.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht auf Grund der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde vom nachstehenden S a c h v e r h a l t aus:

1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) ist nach eigenen Angaben ein P, der am in B geboren wurde und im dortigen Flüchtlingslager für P bis 2001 lebte (Niederschriften der BPD Linz vom 26.09.2005 und 18.10.2005). Von 2001 bis 2003 habe er in Moskau gelebt. Er überquerte nach den Feststellungen der Bezirkshauptmannschaft Gmünd am 11. Juli 2003 illegal unter Umgehung der Grenzkontrolle die Grenze von Tschechien nach Österreich und wurde in 3971 St. Martin/Roßbruck gegen 06.10 Uhr angehalten. Er hatte keine Dokumente bei sich und gab sich als A O, in T, wohnhaft im B, aus (vgl Niederschrift des Grenzüberwachungspostens 3971 Harmanschlag vom 11.07.2003).

Mit Bescheid vom 11. Juli 2003, Zl. 11-F/03, zugestellt am gleichen Tage, erließ die Bezirkshauptmannschaft Gmünd gegen den Bf auf der Rechtsgrundlage des § 36 Abs 1 und 2 Z 7 FrG 1997 ein sofort durchsetzbares (§ 64 Abs 2 AVG) und bis zum 11. Juli 2008 gültiges Aufenthaltsverbot für ganz Österreich, das in Rechtskraft erwuchs. Der Bf befand sich auf Anordnung der Bezirkshauptmannschaft Gmünd vom 11. Juli 2003 (Zustellung des Schubhaftbescheides um 17.50 Uhr) bis 8. August 2003 im PAZ der BPD Salzburg in Schubhaft. Er stellte unter dem Aliasnamen O A, einen Asylantrag und das Bundesasylamt, Außenstelle Salzburg, erteilte am 7. August 2003 zu Zl. 03 21.233-BAS, eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 AsylG 1997.

Der am 14. Juli 2003 zu Zl. 03 21.233 gestellte erste Asylantrag wurde vom Bundesasylamt, Außenstelle Salzburg, mit Bescheid gemäß §§ 7 und 8 AsylG 1997 abgewiesen und am 30. September 2003 zugestellt. Die erstinstanzliche Entscheidung wurde am 14. Oktober 2003 rechtskräftig.

Am 16. Dezember 2003 stellte der Bf beim Bundesasylamt, Außenstelle Wien, unter seinem richtigen Namen M R (alias O A), in W einen weiteren Asylantrag. Bei der asylbehördlichen Einvernahme vom 20. Jänner 2004 gab er an, dass er im Mai 2003 vom L über Syrien in die Türkei gelangte. Von Istanbul sei er dann mit einem LKW bis Österreich gekommen und gleich an der Grenze aufgegriffen worden. Dies widerspricht freilich den Feststellungen der Bezirkshauptmannschaft Gmünd.

Beim ersten Asylantrag in Salzburg habe er einen falschen Namen angegeben, weil er nicht in Österreich bleiben, sondern nach Deutschland oder Dänemark reisen wollte. In Deutschland habe er im August 2003 einen Asylantrag gestellt. Von dort wurde er aber wegen der zuvor erfolgten Antragstellung in Österreich nach dem Dubliner Übereinkommen zurückgeschickt. Weitere Asyl- oder Fluchtgründe konnte der Bf nicht vorbringen. Er habe die gleichen Asylgründe. Es gäbe nichts Neues.

Mit Bescheid des Bundesasylamts vom 29. Jänner 2004, Zl. 03 38.089-BAW, wurde der Asylantrag gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Die dagegen eingebrachte Berufung wurde vom UBAS mit 8. März 2004 rechtskräftig abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof gewährte zwar zunächst aufschiebende Wirkung, lehnte dann aber die Behandlung der Beschwerde ab.

1.2. Mit E-Mail vom 31. August 2005 teilte die Sozialabteilung des Amtes der Oö. Landesregierung der belangten Behörde mit, dass der Bf, der zuvor von der Grundversorgungsstelle Wien unterstützt worden war, mit seiner Lebensgefährtin M N und deren Kind in Grundversorgung (nur Krankenversicherung) übernommen wurde. Bei einer Überprüfung habe man festgestellt, dass das Asylverfahren des Bf rechtskräftig negativ abgeschlossen war und der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde abgelehnt habe. Der Bf halte sich in Linz auf.

Es erging daraufhin ein Festnahmeauftrag der belangten Behörde auf Grund des Schubhaftbescheides vom 19. September 2005, Zl. 1051845/FRB. Laut Bericht der Polizeiinspektion Linz-Hauptbahnhof wurde der unstete Bf am 23. September 2005 um 20.40 Uhr in Linz Hauptbahnhof festgenommen und ins PAZ Linz eingeliefert.

Mit Mandatsbescheid vom 19. September 2005, eigenhändig zugestellt am 23. September 2003, hat die belangte Behörde gegen den Bf die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.

In der Begründung wird auf das rechtskräftige Aufenthaltsverbot der Bezirkshauptmannschaft Gmünd vom 11. Juli 2003 und auf die rechtskräftig negativ erledigten Asylanträge des Bf hingewiesen. Es sei beabsichtigt, den Bf nach Tschechien abzuschieben. Da er im Bundesgebiet nicht gemeldet sei, bestehe die Gefahr, dass er sich der beabsichtigten Abschiebung entziehen könne.

Anlässlich der niederschriftlichen Einvernahme vom 26. September 2005 gab der Bf bekannt, dass er in einer Moschee in der Kellergasse in Linz vorläufig Unterkunft gefunden hätte.

1.3. Mit Schreiben vom 26. September 2005 ersuchte die belangte Behörde die Sicherheitsdirektion für Niederösterreich unter Hinweis auf eine tschechische Übernahmeerklärung aus dem Jahr 2003 einen Übergabetermin beim Grenzübergang Ceske Velenice - Gmünd zu organisieren. Dabei wurde den tschechischen Behörden von der Sicherheitsdirektion als Übergabetermin der 11. Oktober 2005 vorgeschlagen (Aktenvermerk vom 29.09.2005).

Mit Schreiben vom 4. Oktober 2005 teilte die Sicherheitsdirektion zum Rückübernahmeverfahren auf Grund des österreichisch-tschechischen Abkommens mit, dass die tschechischen Behörden um weitere Unterlagen bzw Daten ersucht hätten. Die belangte Behörde übermittelte daraufhin ein Fingerabdruckblatt und teilte mit, dass der Bf arabisch spreche, in gutem Gesundheitszustand sei, über keine Barmittel und persönlichen Dokumente verfüge. Mit Schreiben vom 7. Oktober 2005 berichtete die Sicherheitsdirektion für Niederösterreich, dass die tschechischen Behörden der Rückübernahme des Bf schließlich nicht zugestimmt hätten. Es wurde auf den Anwendungsvorrang der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates und damit auf das Dublin-Abkommen verwiesen. Daraufhin ersuchte die belangte Behörde das Dublinreferat des Bundesasylamts um Bekanntgabe der weiteren Vorgangsweise. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2005 teilte die Grundsatz/Dublin Abteilung des Bundesasylamts mit, dass Tschechien im Jahr 2003 kein Dublin-Staat war, weshalb damals kein entsprechendes Verfahren möglich war. Auf Grund der rechtskräftigen inhaltlichen Entscheidung im Asylverfahren des Bf, sei auch ein Konsultationsverfahren zum nunmehrigen Zeitpunkt unmöglich.

Die Sicherheitsdirektion für Niederösterreich ersuchte mit Schreiben vom 20. Oktober 2005 die tschechische Polizei neuerlich um Rückübernahme des Bf und begründete dies mit der rückwirkenden Nichtanwendbarkeit der Dublinverordnung, weshalb das Rückübernahmeabkommen in vollem Umfang greife. Die Gebietsdirektion der Fremden- und Grenzpolizei in Budweis lehnte noch mit Telefax vom 20. Oktober 2005 die Rückübernahme ab und verwies abermals auf das "Dublin-Verfahren".

1.4. Am 18. Oktober 2005 wurde der Bf unter Beiziehung eines Dolmetschers abermals von der belangten Behörde vernommen. Er gab an, in B geboren worden zu sein und dort im Flüchtlingslager für P mit dem Namen "W" gewohnt zu haben. Er habe in B die Volksschule ("T") und die Hauptschule ("A") besucht. Im Jahr 2000 habe er von l Behörden in B einen Personalausweis und einen Reisepass für p Flüchtlinge erhalten. Den Antrag habe er bei der UNO-Vertretung in B eingebracht. Sein Personalausweis befände sich beim Asylamt in Berlin. Im November 2003 sei er von Deutschland nach Österreich überstellt worden. Sein Reisepass wäre ihm vom Schlepper abgenommen worden.

Der Bf äußerte den Wunsch, in Österreich bleiben zu wollen. Dazu wurde ihm von der belangten Behörde mitgeteilt, dass - sollten ihn die tschechischen Behörden nicht zurücknehmen - beabsichtigt wäre, ihn in den Libanon abzuschieben und dafür die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei seiner Vertretungsbehörde zu beantragen. Daraufhin erklärte der Bf: "Ich werde Österreich nicht freiwillig ohne meine Lebensgefährtin N M und deren Sohn A verlassen."

Die belangte Behörde brachte dem Bf weiter zur Kenntnis, dass die verhängte Schubhaft gemäß § 69 Abs 4 Z 3 FrG 1997 über die Dauer von zwei Monaten ausgedehnt werde, weil die für die Einreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates noch nicht vorliegt.

1.5. Mit Schreiben vom 19. Oktober 2005 ersuchte die belangte Behörde auf Grund der Angaben des Bf und unter Vorlage von 2 Lichtbildern und einem Fingerabdruckblatt die Konsularabteilung der Botschaft der l Republik in Wien um die Ausstellung eines Heimreisezertifikats für den Bf. Mit Schreiben vom 24. Oktober 2005 wurde eine mittlerweile aus Berlin beigeschaffte Kopie der Identitätskarte des Bf, ausgestellt vom Innenministerium der Republik L am 18. Juli 1997, nachgereicht. Mit Schreiben vom 29. November 2005 reichte die belangte Behörde der Botschaft eine Farbkopie der Identitätskarte, die mittlerweile im Original vorlag, nach und ersuchte um Bekanntgabe, ob für den Bf ein Heimreisezertifikat ausgestellt werden kann.

Am 1. Dezember 2005 führte Frau N von der l Botschaft von 11.20 Uhr bis 11.40 Uhr ein telefonisches Gespräch mit dem Bf. Sie gab der belangten Behörde anschließend bekannt, dass seine Angaben zwecks Überprüfung nach B übermittelt werden. Diese Überprüfungen könnten bis zu zwei Monate andauern. Weiters teilte sie mit, dass der Bf auf keinen Fall in den L zurück kehren wolle und einen Bruder in Wien haben soll, der ihn aufnehmen würde (Aktenvermerk vom 01.12.2005)

Dem Aktenvermerk der belangten Behörde vom 25. Jänner 2006 ist zu entnehmen, dass wegen der Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei der l Botschaft urgiert wurde. Die Botschaftsangestellte N teilte mit, dass noch keine Antwort der Heimatbehörden eingelangt wäre.

1.6. Mit der am 7. Februar 2006 beim Oö. Verwaltungssenat eingebrachten Eingabe erhob der Bf durch seine Rechtsvertreterin Mag. N J unter Vorlage der beschränkten Vollmacht vom 21. Dezember 2005 (keine Zustellvollmacht) Beschwerde an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich und behauptetet sinngemäß die Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides und der Anhaltung des Bf in Schubhaft. Abschließend wurde der Antrag, den Schubhaftbescheid aufzuheben und gemäß § 80 FPG eine Freilassung zu verfügen, gestellt.

 

Die Beschwerde geht im Wesentlichen von dem oben dargestellten Sachverhalt aus. Sie behauptet allerdings, dass die Abschiebung des Bf in den L tatsächlich nicht möglich sei und bringt dazu wie folgt vor:

"Als staatenlosem P aus dem L, welcher zur Bestätigung seiner Identität sowohl eine U-T R Card als auch ein Schreiben des 'U' verfüge, würden ihm die l Behörden niemals eine Einreisegenehmigung/ ein Heimreisezertifikat ausstellen."

Die Beschwerde führt weiter sinngemäß aus, dass die belangte Behörde gemäß § 77 Abs 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 den Zweck der Schubhaft auch durch Anwendung gelinderer Mitteln erreichen hätte können. Der Bf verfüge über familiäre Bindungen im Bundesgebiet und führe "eine Familiengemeinschaft mit seiner Lebensgefährtin M N und ihrem gemeinsamen leiblichen Sohn A." Aus diesem Grunde sei überdies nicht anzunehmen, dass sich der Bf dem Verfahren entziehen würde. Allein schon aus diesem Grund wären gelindere Mittel anzuwenden.

2.2. Die belangte Behörde ist in ihrem Vorlageschreiben der Schubhaftbeschwerde entgegen getreten und hat deren kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Die belangte Behörde weist ergänzend darauf hin, dass der Bf seit 19. August 2005 von seiner früheren Unterkunft in W abgemeldet ist (vgl aktenkundige ZMR-Meldeauskunft) und seither keinen Wohnsitz hat. Bei seiner Einvernahme am 26. September 2005 gab er bekanntlich an, in einer Moschee in Linz vorläufig Unterkunft gefunden zu haben. Das Asylverfahren seiner Lebensgefährtin, die in W bundesbetreut untergebracht sei, befinde sich im Berufungsstadium. Der aus der Bundesbetreuung entlassene Bf könne nicht bei seiner Lebensgefährtin Unterkunft nehmen.

Die in der Beschwerde erwähnten familiären Bindungen gingen weder aus den Einvernahmen im Asylverfahren noch im fremdenpolizeilichen Verfahren hervor. Im Asylverfahren habe der Bf trotz Befragung keinerlei Verwandte in Österreich, sondern lediglich einen Onkel in Dänemark genannt. Selbst wenn der Bf - abgesehen von seiner Lebensgefährtin, mit der er keinen eigenen Sohn habe - weitere familiäre Bindungen in Österreich hätte, könnte der Zweck der Schubhaft durch Anwendung gelinderer Mittel nicht erreicht werden. Der Bf habe bereits im Asylverfahren unrichtige Angaben zu seiner Person gemacht, um sich vermeintliche Vorteile zu verschaffen. Im Wissen um die beabsichtigte Abschiebung sei nunmehr umso mehr davon auszugehen, dass sich der Bf nicht zur Verfügung halten würde. Derzeit sei auch keineswegs ausgeschlossen, dass die l Botschaft ein Heimreisezertifikat ausstellt. Das Sicherungsbedürfnis zur Abschiebung sei nach wie vor gegeben.

3. Der erkennende Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die Beschwerde und die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinreichend geklärt erscheint, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung kann der Unabhängige Verwaltungssenat gemäß § 72 Abs 1 FrG 1997 von dem Bf. angerufen werden, der gemäß § 63 FrG 1997 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf das Fremdengesetz 1997 angehalten wird oder wurde. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der Unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl § 73 Abs 4 FrG 1997; nunmehr § 83 Abs 4 FPG).

 

Eine weitgehend gleiche Bestimmung enthält nunmehr der § 82 Abs 1 des am 1. Jänner 2006 in Kraft getretenen Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG (Art 3 des Fremdenrechtspaketes 2005, BGBl I Nr. 100/2005, geändert mit BGBl I Nr. 157/2005).

 

Der Bf wird derzeit noch im PAZ Linz in Schubhaft angehalten. Seine Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft ist zulässig, aber nicht begründet.

 

Die Anträge auf Aufhebung des Schubhaftbescheides und Verfügung der Freilassung waren zurückzuweisen, weil die Schubhaft gemäß § 81 Abs 1 Z 2 FPG durch Freilassung formlos aufzuheben ist, wenn der unabhängige Verwaltungssenat festgestellt hat, dass die Voraussetzungen für ihre Fortsetzung nicht vorliegen. Der zugrundeliegende Bescheid gilt dann gemäß § 81 Abs 2 FPG als widerrufen.

 

4.2. Gemäß § 61 Abs 1 FrG 1997 können Fremde festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines

Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Eine gleichartige Bestimmung enthält nunmehr die Vorschrift des § 76 Abs 1 FPG.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 61 Abs 2 FrG 1997 (nunmehr § 76 Abs 3 FPG) grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides nicht bloß kurzfristig aus anderem Grund in Haft. Gemäß § 94 Abs 5 FrG 1997 (nunmehr § 9 Abs 2 FPG) ist gegen die Anordnung der Schubhaft weder eine Vorstellung noch eine Berufung zulässig.

 

Nach der Übergangsbestimmung des § 125 Abs 2 FPG gelten Schubhaftbescheide nach dem Fremdengesetz 1997 ab 1. Jänner 2006 als nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 erlassen. Die Schubhaft eines Fremden, die vor dem 31. Dezember 2005 begonnen hat und ohne Unterbrechung danach fortgesetzt wird, darf insgesamt nicht länger aufrechterhalten werden, als nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 zulässig ist.

 

4.3. Gemäß § 80 Abs 1 FPG (früher § 69 Abs 1 FrG 1997) ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf gemäß § 80 Abs 2 FPG nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Mit Ausnahme der Fälle des § 80 Abs 3 und 4 FPG (früher § 69 Abs 4 FrG 1997) darf die Schubhaft nicht länger als 2 Monate dauern.

 

Im Fall des § 80 Abs 4 Z 2 FPG (Nichtvorliegen der für die Ein- oder Durchreise erforderlichen Bewilligung eines anderen Staates; vgl früher § 69 Abs 4 Z 3 FrG 1997) kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts innerhalb von zwei Jahren grundsätzlich sechs Monate aufrecht erhalten werden (vgl früher § 69 Abs 6 FrG 1997).

 

Die Beschwerdebehauptung zur Unmöglichkeit der Abschiebung in den L ist unschlüssig und kaum nachvollziehbar. Nur weil der Bf staatenloser P ist, erscheint seine Rückkehr in den L, wo er geboren wurde und in einem Flüchtlingslager in B aufgewachsen ist, durchaus nicht ausgeschlossen. Wäre dies der Fall, hätte die l Botschaft in Wien die belangte Behörde wohl entsprechend informiert und kein Überprüfungsverfahren zwecks Ausstellung eines Heimreisezertifikates eingeleitet. Wie die Kontakte der belangten Behörde mit der l Botschaft ergeben haben, kann diese Überprüfung in B bis zu zwei Monaten dauern. Zuletzt hat die belangte Behörde am 25. Jänner 2006 das Heimreisezertifikat für den Bf urgiert und die Auskunft erhalten, dass noch keine Nachricht aus dem L vorlag. Demnach ist der belangten Behörde beizupflichten, dass die Ausstellung eines Heimreisezertifikates derzeit keineswegs ausgeschlossen werden kann. Die Abschiebung des Bf in den L erscheint zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht unmöglich, weshalb der Zweck der Schubhaft noch erreicht werden kann.

 

Der Bf befindet sich seit 23. September 2005 und damit bisher etwa 4 1/2 Monate in Schubhaft. Wie oben unter den Punkten 1.3. bis 1.5. näher dargestellt, hat die belangte Behörde bisher zielstrebig und zügig versucht, das bestehende Aufenthaltsverbot durchzusetzen. Der erkennende Verwaltungssenat hat auf Grund der Aktenlage keinen Anlass gefunden, die Vorgangsweise der belangten Behörde zu beanstanden. Die Sechsmonatefrist für die Anhaltung des Bf in Schubhaft ist noch lange nicht abgelaufen.

 

4.4. Im vorliegenden Fall liegt gegen den Bf ein rechtskräftiges und vollstreckbares Aufenthaltsverbot der Bezirkshauptmannschaft Gmünd vom 11. Juli 2003 vor, das bis zum 11. Juli 2008 rechtswirksam ist. Außerdem wurde sein erster Asylantrag seit 14. Oktober 2003 rechtskräftig negativ beschieden und der zweite Asylantrag vom 16. Dezember 2003 wegen entschiedener Sache rechtskräftig zurückgewiesen. Die ihm vom Bundesasylamt, Außenstelle Salzburg, gewährte vorläufige Aufenthaltsberechtigung endete mit dem negativen Abschluss des Asylverfahrens. Seither hält sich der Bf jedenfalls unrechtmäßig in Österreich auf. Er ist außerdem im Juli 2003 unter Umgehung der Grenzkontrolle und ohne gültiges Reisedokument illegal und mittellos nach Österreich gekommen. Im Zeitpunkt der Inschubhaftnahme war er ohne festen Wohnsitz und ohne Mittel für seinen Unterhalt, zumal er auch keinen Anspruch mehr auf Grundversorgung hatte.

 

Die belangte Behörde hat zwar bei der Verhängung der Schubhaft auf allfällige gelindere Mittel Bedacht zu nehmen und von Schubhaft abzusehen, wenn der Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden könnte (vgl § 66 FrG 1997 und nunmehr § 77 FPG). Die belangte Behörde hat aber entgegen der Darstellung der Beschwerde mit Recht von gelinderen Mitteln abgesehen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat beispielsweise die Anwendung gelinderer Mittel verneint, wenn die Befürchtung bestand, dass sich der Fremde angesichts der ihm drohenden Abschiebung im Verborgenen halten würde, weil

 

 

Das gesamte Verhalten des Bf lässt eine eindeutige Missachtung der österreichischen Einreise - und Aufenthaltsvorschriften erkennen. Der mittellose Bf hat sich bisher weitgehend unrechtmäßig in Österreich aufgehalten. Er will sogar auf jeden Fall in Österreich bei seiner Lebensgefährtin, die selbst als Asylwerberin auf Bundesbetreuung angewiesen ist, bleiben. Eine soziale Integration oder relevante familiäre Bindung in Österreich liegt nicht vor. Der belangten Behörde ist zuzustimmen, dass allfällige weitere familiäre Bindungen die Anwendung gelinderer Mittel nicht rechtfertigen könnten. Der Bf hat schon bisher unrichtige Angaben gemacht und beim Bundesasylamt, Außenstelle Salzburg, unter einem Aliasnamen einen Asylantrag gestellt, um gleich nach Gewährung der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach Deutschland zu reisen und dort unter seinem richtigen Namen Asyl zu beantragen. Er hat sich schon damit als vertrauensunwürdig erwiesen. Es muss daher mit der belangten Behörde angenommen werden, dass der Bf im Wissen um seine drohende Abschiebung in den L, wohin er keinesfalls zurück will, auf freiem Fuß untertauchen würde.

 

Es liegen genügend Gründe für die Annahme vor, dass der Zweck der Schubhaft mit der Anwendung gelinderer Mittel nicht erreicht werden könnte. Schon die Wahrscheinlichkeit des unkooperativen Verhaltens und allfälligen Untertauchens des Bf rechtfertigt eine Ermessensübung dahin, die Schubhaft anstelle gelinderer Maßnahmen zu verhängen (VwGH vom 23.03.1999, Zl. 98/02/0309).

 

4.5. Im Ergebnis war die vorliegende Schubhaftbeschwerde mit der Feststellung iSd § 83 Abs 4 FPG als unbegründet abzuweisen.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der belangten Behörde als obsiegender Partei nach § 79a AVG iVm § 1 Z 3 und Z 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003 (BGBl II Nr. 334/2003) antragsgemäß der notwendige Verfahrensaufwand in Höhe von insgesamt 271,80 Euro (Vorlageaufwand: 51,50 Euro; Schriftsatzaufwand: 220,30 Euro), zuzusprechen.

 

Analog dem § 59 Abs. 4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von 2 Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die Neuregelung idF BGBl Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl. Erl. zur RV, 130 BlgNR 19. GP, 14 f).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1.Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

Dr. W e i ß

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 30.08.2007, Zl.: 2006/21/0133-5

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