Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400776/5/WEI/Ps

Linz, 21.03.2006

 

 

 

VwSen-400776/5/WEI/Ps Linz, am 21. März 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des L K, Staatsangehöriger von G, dzt. Schubhaft im Polizeianhaltezentrum (PAZ) W, D, W, vertreten durch S K, c.o. A, W, W, wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheids vom 08.02.2006, Zl. 1-1019366/FP/06, und Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion W zu Recht erkannt:

 

 

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben, der Schubhaftbescheid und die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft vom 10. Februar 2006 ab 08.00 Uhr bis zum 3. März 2006 um 09.30 Uhr für rechtswidrig erklärt.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und gleichzeitig festgestellt, dass die für die Verhängung und Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen seit 3. März 2006 um 09.31 Uhr vorliegen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 und 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG (BGBl. I Nr. 100/2005) iVm §§ 67c und 79a AVG 1991.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht auf Grund der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde vom nachstehenden S a c h v e r h a l t aus:

1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf), nach eigenen Angaben ein Staatsangehöriger von G, dessen Identität mangels vorhandener Dokumente nicht feststeht, wurde am 10. August 2004 von Grenzbeamten der Grenzkontrollstelle Gmünd aufgegriffen, nachdem er zu Fuß von Tschechien kommend ohne Reisedokument die Grenze nach Österreich überschritten hatte. Er wurde nach Traiskirchen zur Erstaufnahmestelle Ost gebracht, wo er einen Asylantrag stellte und am 12. August 2004 die Ersteinvernahme im Asylverfahren vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle-Ost (BAA EAST-Ost) stattfand.

Dabei gab der Bf an, er hätte am 7. August 2004 sein Heimatland auf dem Luftweg verlassen und wäre von T nach Prag geflogen. Später sei er mit dem Zug bis zur österreichischen Grenze gefahren, die er zu Fuß überquerte. Seinen Reisepass hätte er bei einem zweitägigen Aufenthalt im tschechischen Wald vor dem Grenzübertritt verloren. An Barmitteln hatte er 50 Euro bei sich. Aus Anlass des bewaffneten Konfliktes zwischen G und S hätte er sein Arbeit in S (Lieferung von russischem Benzin nach G) aufgeben müssen und wäre schließlich nach T geflohen, wo er über Vermittlung eines Bekannten einen offiziellen legalen Reisepass und ein tschechisches Visum erhalten hätte. In O wäre er zuvor geschlagen und eingesperrt worden, weil er nicht gegen Georgier kämpfen wollte. Auch g Beamte in Uniform, die enge Beziehungen zu einem ihm unbekannten Ministerium in G gehabt hätten, hätten ihn zum Kampf gegen die O zwingen wollen und mit dem Tode bedroht, weshalb er schließlich nach Tschechien geflohen wäre.

Das BAA EAST-Ost teilte ihm schließlich die Ansicht mit, dass gemäß Dublin II Verordnung der Europäischen Union zur Prüfung seines Asylantrages Tschechien zuständig wäre, und beabsichtigt sei, mit Zustimmung Tschechiens seinen Asylantrag zurückzuweisen und ihn dorthin auszuweisen. Da er dazu nichts sagen konnte wurde ihm am 16. August 2004 noch einmal Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Dabei erklärte er: "Ich wollte in Österreich um Asyl ansuchen. Tschechien ist ehemalige Sowjetunion. Ich wollte dort nicht bleiben."

1.2. Nach negativ verlaufenem Konsultationsverfahren nach der Dublin II Verordnung mit Tschechien, wurde der zu diesem Zeitpunkt in Haft befindliche Bf am 2. Februar 2005 vom BAA, Außenstelle Eisenstadt, neuerlich einvernommen. Er bestätigte seine Angaben über den Reiseweg und teilte mit, dass er bis Ende Februar 2005 in der Justizanstalt (Eisenstadt) einsitzen müsse, weil er in einen Pkw eingebrochen hätte. Er wurde weiter über seinen Ausreisegrund befragt. Dabei widerrief er, in S geschlagen und in einem Haus eingesperrt worden zu sein, weil er sich weigerte, gegen die G zu kämpfen. Er wüsste nicht, wieso dies in der ersten Niederschrift steht. Er gab an, in G gezwungen worden zu sein, am Kampf teilzunehmen, wäre aber sonst keinen konkreten Verfolgungen ausgesetzt gewesen. In S hätte er gelebt und Geschäfte betrieben. Dort wäre er im Juni 2004 von Männern glaublich des s Militärs mehrfach aufgesucht und zum Kampf gegen die G aufgefordert worden. Ansonsten müsste er S verlassen oder er werde ermordet. Vor diesen Leuten hätte er Angst. Nach seiner Rückkehr würde er in S und auch in G bestraft werden. Auf die Frage, warum man ihn in G bestrafen sollte, erklärte er, sein Cousin in G hätte ihm telefonisch mitgeteilt, "dass sich mein Problem in G zugespitzt hätte. Ich erfuhr, dass ich gesucht werde.". Auf die Frage, wer ihn suchen sollte, meinte er: "Die g Regierung." Weshalb konnte er allerdings nicht angeben. Er hätte dazu keine näheren Informationen erhalten.

Nach weiterem Vorhalt, wie er G auf dem Luftweg verlassen konnte, wenn er gesucht wurde, und warum er nicht bei seinen Eltern in G geblieben wäre, meinte der Bf, dass er nach Ausbruch des Konfliktes als Spitzel der S verdächtigt worden wäre. Den Grund würde er nicht genau kennen. Dies wäre ihm die wahrscheinlichste Variante.

1.3. Mit Bescheid des BAA, Außenstelle Eisenstadt, vom 17. Februar 2005, Zl. 04 16.081-BAE, wurde der Asylantrag des Bf im Spruchpunkt I gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen und im Spruchpunkt II gemäß § 8 AsylG 1997 die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach G für zulässig erklärt. Gemäß § 8 Abs 2 leg.cit. wurde der Bf im Spruchpunkt III aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen.

Begründend wurde auf zahlreiche Ungereimtheiten in den zuvor wörtlich wiedergegebenen Aussagen des Bf hingewiesen, die er trotz Vorhalte nicht nachvollziehbar ausräumen konnte. Seine Behauptung, auf Grund des S-konfliktes verfolgt worden zu sein, habe er nicht durch konkrete Anhaltspunkte glaubhaft machen können. Dabei sei zu berücksichtigen gewesen, dass er nach eigenen Angaben einen gültigen Reisepass hatte und alle Formalitäten am Flughafen erfüllen konnte, um offiziell auszureisen. Auf internationalen Flughäfen seien die Ausreisekontrollen streng. Fahndungsersuchen würden als erstes an Grenzbehörden und Flughäfen weitergeleitet, weshalb nicht glaubhaft sei, dass dem Bf als angeblich gesuchte Person eine problemlose Ausreise möglich gewesen wäre. Aus seiner Aussage könne auch nicht nachvollzogen werden, weshalb er in Ermittlungen der georgischen Behörden geraten sein sollte. Ebenso wenig plausibel und nachvollziehbar sei gewesen, weshalb ihn o Uniformierte mehrfach aufsuchen hätten sollen, um ihn für den Kampf zu rekrutieren. Diese hätten probatere Mittel einsetzen können, als ihn fünf- oder sechsmal zu besuchen. Der Bf habe auch keine genauen Zeitangaben zu den angeblich erlebten Ereignissen machen können. Außerdem hätte er lediglich zu seinen Eltern nach G ziehen müssen, um der Bedrohung in S aus dem Weg zu gehen.

Im S-konflikt sei es seit der Ausreise des Bf zu einer Änderung der Lage gekommen, wonach nur noch vereinzelt Schusswechsel wären, aber kein offener Krieg mehr stattfände. Die Konfliktparteien wurden zu Verhandlungen aufgerufen und die Entmilitarisierung der Konfliktzone sei im Gange. Tatsachenberichte, wonach der g Behördenapparat gegen G, die angeblich auf Seiten der S gekämpft hätten, vorginge, seien nicht ausfindig gemacht worden. Der Bf habe nur den tatsächlich gegebenen S-konflikt als Argument für seine angebliche Verfolgung verwendet.

Die Berufung gegen diesen Bescheid hat der Unabhängige Bundesasylsenat (UBAS) mit Bescheid vom 11. April 2004, Zl. 258.616/0-VIII/23/05, gemäß §§ 7,8 AsylG 1997 abgewiesen. Begründend wurde vollinhaltlich auf den von der Erstbehörde angenommenen entscheidungswesentlichen Sachverhalt verwiesen und ausgeführt, dass der Bf keine zulässigen (§ 32 Abs 1 AsylG) Neuerungen vorgebracht habe, die diesen Sachverhalt in Frage stellen könnten. Der Bf habe durch sein unbestimmtes Vorbringen keine aktuelle Bedrohungssituation glaubhaft machen können.

1.4. Nach der von der belangten Behörde eingeholten Asylinformation (DGA-Eintragung vom 22.09.2004) wurde das Asylverfahren nach dem negativen Ausgang des Konsultationsverfahrens mit Tschechien zugelassen und dem Bf mit RSa eine Aufenthaltsberechtigungskarte nach W, Z, übermittelt.

Mit E-Mail vom 28. September 2004 hat das BAA EAST-Ost dem Fremdenpolizeilichen Büro der BPD Wien die Information gemäß § 22 AsylG erteilt, dass dem Bf eine Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 36b AsylG ausgestellt worden sei.

Zum Verfahrensablauf ist der Asylinformationsdatei des Innenministeriums zu entnehmen, dass über die Berufung vom 3. März 2005 in zweiter Instanz am 15. April 2005 gemäß §§ 7 und 8 AsylG 1997 rechtskräftig negativ entschieden worden sei.

Mit E-Mail vom 22. April 2005 hat das BAA, Außenstelle Eisenstadt, dem Fremdenpolizeilichen Büro der BPD Wien die Information gemäß § 22 AsylG erteilt, dass der negative Asylbescheid des UBAS samt Ausweisung mit 15. April 2005 in Rechtskraft erwachsen sei.

1.5. Mit Bescheid vom 7. Februar 2005, Zl. III-1.181.373/FrB/05, hat die BPD Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, gegen den Bf auf der Rechtsgrundlage des § 36 Abs 1 und 2 Z 1 FrG 1997 ein für die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen und gemäß § 64 Abs 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausgeschlossen.

Mit Bescheid vom 16. Juni 2005, Zl. SD 316/05, hat die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien der dagegen eingebrachten Berufung keine Folge gegeben und den angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs 4 AVG bestätigt.

In der Begründung ging die Sicherheitsdirektion für Wien von einer rechtskräftig abweisenden Asylentscheidung in zweiter Instanz und einem seither unrechtmäßigen Aufenthalt des Bf aus. Unter dem Gesichtspunkt des § 36 Abs 2 Z 1 FrG 1997 wird im Berufungsbescheid auf zwei im Strafregister der Republik Österreich aufscheinende Verurteilungen des Bf (vgl Strafregisterauskunft vom 12.06.2005) Bezug genommen.

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 23. Dezember 2004,
Zl. 62 E HV 175/2004I, wurde der Bf wegen versuchten Einbruchsdiebstahls nach §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt, wobei 7 Monate unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden. Der Bf hatte durch Einschlagen der Seitenscheibe in einen PKW eingebrochen, um eine Laptoptasche samt Organizer zu stehlen.

Mit weiterem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 13. Mai 2005, Zl. 123 HV 50/2005G, wurde der Bf wegen Beteiligung an einem Einbruchsdiebstahl gemäß §§ 12 3. Fall, 127, 129 Z 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt. Der Bf wurde am 12. April 2005 gemeinsam mit einem Mittäter festgenommen, nachdem die Glasscheibe der Beifahrertür eingeschlagen und eine Damenhandtasche aus dem PKW gestohlen worden war.

Die Sicherheitsdirektion nahm auf Grund der Aktenlage an, dass der Bf ledig sei, keine Sorgepflichten und keine familiären Bindungen im Bundesgebiet habe. Von einem Eingriff in sein Privat- und Familienleben durch das Aufenthaltsverbot sei daher nicht auszugehen. Im Hinblick auf das Gesamtfehlverhalten des Bf könne nicht vor Ablauf der zehnjährigen Frist erwartet werden, dass die maßgeblichen Gründe weggefallen sein werden. Zu Recht habe die Erstbehörde auch die aufschiebende Wirkung einer Berufung aberkannt, zumal der Bw innerhalb der kurzen Zeit seines Aufenthalts bereits zweimal rechtskräftig verurteilt worden ist. Die von ihm ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit (und das Eigentum Dritter) sei von derartigem Gewicht, dass die vorzeitige Vollstreckung des Aufenthaltsverbots im Interesse des öffentlichen Wohls wegen Gefahr im Verzug dringend geboten gewesen sei.

1.6. Mit Mandatsbescheid vom 8. Februar 2006, Zl. 1-1019366/FP/06, übergeben am 10. Februar 2006 durch Beamte der Polizeiinspektion Wels (Unterschrift vom Bf verweigert), hat die belangte Behörde gemäß § 76 FPG iVm § 57 Abs 1 AVG gegen den Bf die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Auf dem Bescheid ist vermerkt, dass sich der Bf seit Zustellung, dem 10. Februar 2006 um 08.00 Uhr, in Schubhaft befindet.

In der Begründung wird auf das durchsetzbare Aufenthaltsverbot der BPD Wien zur Zahl III-1181373/FrB/05, hingewiesen. Da sich der Bf den weiteren fremdenrechtlichen Maßnahmen zu entziehen trachten werde, sei die Verhängung der Schubhaft notwendig gewesen. Die Anordnung eines gelinderen Mittels gemäß § 77 FPG sei nicht in Betracht gekommen. Da der Asylantrag in zweiter Instanz rechtskräftig negativ entschieden worden sei und bereits am 15. April 2004 eine rechtskräftige Ausweisung erlassen worden sei, der der Bf nicht nachgekommen ist, habe kein Grund für die Annahme bestanden, der Zweck der Schubhaft könne auch durch gelindere Mittel erreicht werden.

1.7. Bei der fremdenpolizeilichen Einvernahme am 10. Februar 2006 wurde dem Bf unter Beiziehung eines Dolmetschers für Russisch mitgeteilt, dass aus den fremdenpolizeilichen Unterlagen hervorginge, dass gegen ihn seit 7. Februar 2005 ein Aufenthaltsverbot der BPD Wien wegen rechtskräftiger Verurteilungen erlassen worden sei. Sein Asylantrag sei mit Bescheid des UBAS rechtskräftig negativ entschieden worden. Die Verfahrens- und Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß §§ 36a und 36b AsylG 1997 werde ihm abgenommen und ans Bundesasylamt geschickt.

Der Bf gestand zu, keinen gültigen Reisepass oder ein anderes Identitätspapier zu besitzen. Seinen im Juni oder Juli in T ausgestellten Reisepass habe er vor seiner Einreise nach Österreich verloren. Der Bf verfüge über 344,29 Euro. Es wurde ihm mitgeteilt, dass er die entstandenen Kosten zu ersetzen habe und bis auf weiteres in Schubhaft verbleibe. Er habe alles verstanden und nichts hinzuzufügen. Die Unterschrift verweigerte der Bf.

Mit Schreiben vom 15. Februar 2006 teilte die belangte Behörde dem Bundesministerium für Inneres zum Sachverhalt mit, dass das Asylverfahren des Bf am 15. April 2005 vom UBAS rechtskräftig negativ entschieden worden sei und ein Aufenthaltsverbot wegen rechtskräftiger Verurteilungen bestehe. Unter Hinweis auf den angeblich in Tschechien verlorenen Reisepass und Übermittlung von Unterlagen ersuchte die belangte Behörde das Innenministerium, die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei der Vertretungsbehörde zu veranlassen.

1.8. Mit der am 14. März 2006 beim Oö. Verwaltungssenat per Telefax eingebrachten Eingabe vom 13. März 2006 erhob der Bf durch seine Rechtsvertreterin S K, c.o. A, W, W, unter Beilage einer entsprechenden Vollmacht vom 6. März 2006 Beschwerde an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich und behauptete die Rechtswidrigkeit der Schubhaftverhängung (bzw des Schubhaftbescheides) und seiner Anhaltung in Schubhaft und beantragte eine entsprechende Entscheidung.

 

2.1. Die Beschwerde bringt zum Sachverhalt ergänzend vor, dass sich der Bf zum Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides des UBAS vom 11. April 2005 nicht an der dem UBAS bekannten Adresse, sondern in der Justizanstalt befand. Der Bescheid sei ihm erst am 3. März 2006 zugestellt worden. Deshalb sei die Behauptung der belangten Behörde, der Bf sei einer rechtskräftigen Ausweisung nicht nachgekommen, nicht zulässig und es müsse die Anwendung gelinderer Mittel zum Tragen kommen. Die belangte Behörde habe den Bf ohne weitere Begründung in Schubhaft genommen. Im Asylverfahren bestünde noch die Möglichkeit ein außerordentliches Rechtsmittel zu ergreifen. Einen Antrag auf Verfahrenshilfe habe der Bf am 13. März 2006 beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht. Die belangte Behörde habe verabsäumt, den Verfahrensstand zu prüfen und den Bf ohne weitere Kontrolle in Schubhaft genommen. Somit sei die Vorgehensweise rechtswidrig und die Haft unverhältnismäßig. Sie stünde auch im Widerspruch zur UNHCR-Richtlinie über Standards betreffend Haft von Asylsuchenden. Die belangte Behörde hätte aktiv nach einer Alternative zur Schubhaft suchen und die Anwendung eines gelinderen Mittels prüfen müssen.

 

Die belangte Behörde habe ihren Schubhaftbescheid nicht begründet. Sie habe lediglich die gesetzlichen Voraussetzungen aufgezählt und bejaht. Im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit hätte die belangte Behörde ein besonderes Ermittlungsverfahren durchführen müssen, da schwerwiegende Gründe gegen die Verhängung der Schubhaft gesprochen hätten. Konkrete Argumente werden allerdings nicht gebracht.

2.2. Die belangte Behörde hat den Fremdenakt ohne Kommentar zur Entscheidung übermittelt und beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

3.1. Der erkennende Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die Beschwerde und die vorgelegten Verwaltungsakten sowie nach ergänzender Erhebung beim UBAS festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinreichend geklärt erscheint, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

3.2. Im vorgelegten Akt befindet sich ein Ersuchen des UBAS vom 27. Februar 2006 an die Leitung des PAZ W um eigenhändige Zustellung eines Schriftstückes an den Bf und um Rückmittlung der vorbereiteten Übernahmebestätigung nach Unterfertigung. Aus der aktenkundigen Kopie der Übernahmebestätigung ergibt sich, dass der Bf den Berufungsbescheid des UBAS vom 11. April 2005, Zl. 258.616/0-VIII/23/05, am 3. März 2006 um 09.30 Uhr übernommen hat.

Aus diesem Anlass hat das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenats beim UBAS den Zustellvorgang im Zusammenhang mit dem Berufungsbescheid erhoben. Der UBAS übermittelte per Telefax die bezughabenden Urkunden und teilte mit Schreiben vom 16. März 2006 mit, dass der Hauptwohnsitz des Bf nach einer Abfrage im zentralen Melderegister vom 8. April 2005 mit W, W, gemeldet war. Nach dem Rückschein habe der erste Zustellversuch durch die Post am 13. April 2005 und der zweite am 14. April 2005 stattgefunden. Mit dem ersten Tag der Abholfrist nach Hinterlegung am 15. April 2005 habe die Zustellung als bewirkt gegolten. Anlässlich eines Telefonats habe man erfahren, dass der Bf seit dem 13. April 2005 bereits in Untersuchungshaft gewesen sei. Aus einer ZMR-Anfrage vom 27. Februar 2006 sei dies dann hervorgegangen. Durch die Untersuchungshaft sei der Bf für längere Zeit von der Zustelladresse abwesend gewesen. Die Zustellung sei nach § 17 Abs 3 ZustellG als nicht bewirkt anzusehen gewesen, weil die rechtzeitige Kenntnisnahme über den Zustellvorgang nicht möglich war. Auch der Vorwurf einer Verletzung des § 8 Abs 2 ZustellG sei nicht in Erwägung zu ziehen gewesen. Bis Februar 2006 ging man irrtümlich von einer ordnungsgemäßen Zustellung aus. Der Bescheid des UBAS vom 11. April 2004 sei dann mit 3. März 2006 durch Zustellung im PAZ W ordnungsgemäß erlassen worden. Mit dem Aktenvermerk des UBAS vom 6. März 2006 wurde eine entsprechende Korrektur in der automationsunterstützten Datenübertragung (EKIS) veranlasst.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 9 Abs 2 FPG ist gegen die Anordnung der Schubhaft weder eine Vorstellung noch eine Berufung zulässig.

 

Gemäß § 82 Abs 1 FPG hat der Fremde das Recht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung den unabhängigen Verwaltungssenat anzurufen,

  1. wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;
  2. wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder
  3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs 1 FPG ist der unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der Unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl § 83 Abs 4 FPG).

 

Der Bf wird derzeit noch im PAZ W in Schubhaft angehalten. Seine Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft ist zulässig und teilweise begründet.

 

4.2. Gemäß § 76 Abs 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Nach § 76 Abs 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

 

gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder

auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides nicht bloß kurzfristig aus anderem Grund in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

 

Gemäß § 80 Abs 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf gemäß § 80 Abs 2 FPG nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Mit Ausnahme der Fälle des § 80 Abs 3 und 4 FPG darf die Schubhaft nicht länger als 2 Monate dauern.

 

Im Fall des § 80 Abs 4 Z 2 FPG (Nichtvorliegens der für die Ein- oder Durchreise erforderlichen Bewilligung eines anderen Staates; vgl früher § 69 Abs 4 Z 3 FrG 1997) kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts innerhalb von zwei Jahren grundsätzlich sechs Monate aufrecht erhalten werden (vgl früher § 69 Abs 6 FrG 1997).

 

4.3. Das AsylG 2005 trat am 1. Jänner 2006 in Kraft und das AsylG 1997 mit 31. Dezember 2005 außer Kraft (vgl § 73 AsylG 2005, Art 2 des Fremdenrechtspaketes 2005, BGBl I Nr. 100/2005). § 75 AsylG 2005 enthält Übergangsbestimmungen für Asylverfahren.

 

Nach § 75 Abs 1 Satz 1 AsylG 2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. Gemäß § 75 Abs 2 Satz 2 AsylG 2005 ist sogar ein nach dem AsylG 1997 eingestelltes Verfahren bis zum 31. Dezember 2007 nach den Bestimmungen des AsylG 1997 fortzusetzen und gilt als anhängiges Verfahren.

 

Gemäß § 75 Abs 3 AsylG 2005 behalten Karten nach dem AsylG 1997 ihre Gültigkeit bis zum vorgesehenen Zeitpunkt. Nach § 75 Abs 6 AsylG 2005 gilt einem Fremden, dem am 31. Dezember 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1991 oder des AsylG 1997 zugekommen ist, der Status des subsidiär Schutzberechtigten als zuerkannt. Dieser Status ist im § 8 AsylG 2005 näher geregelt.

 

4.4. Gemäß § 19 Abs 2 AsylG 1997 idFd AsylG-Nov 2003 (BGBl I Nr. 76/1997 idF BGBl I Nr. 101/2003) waren "Asylwerber", deren Asylverfahren zugelassen ist (§ 24a), bis zum rechtskräftigen Abschluss oder der Einstellung des Verfahrens zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Dieses Aufenthaltsrecht war durch Ausstellen einer Aufenthaltsberechtigungskarte (§ 36b) zu dokumentieren.

 

Nach § 36b Abs 1 AsylG 1997 war Asylwerbern, deren Verfahren zugelassen sind, eine Aufenthaltsberechtigungskarte auszustellen. Die Gültigkeitsdauer dieser Karte ist bis zur Rechtskraft des Verfahrens befristet. Sie diente dem Nachweis der Identität und der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts im Bundesgebiet (§ 36b Abs 2 AsylG 1997).

 

Nach § 21 Abs 1 AsylG 1997 fanden auf "Asylwerber" die §§ 36 Abs 2 Z 7 sowie 61 bis 63 FrG 1997 (Schubhaft und Festnahme) keine Anwendung, es sei denn der Asylantrag wurde erst nach Verhängung der aufrechten Schubhaft gestellt.

 

Nunmehr sind nach § 1 Abs 2 Satz 1 FPG die §§ 41 bis 43, 53, 58, 68, 69, 72 und 76 Abs 1 FPG auf "Asylwerber" (Hinweis auf Definition nach § 2 Z 14 - gemeint wohl § 2 Abs 1 Z 14 - AsylG 2005) nicht anzuwenden.

 

Nach § 2 Abs 1 Z 14 AsylG 2005 ist ein "Asylwerber" ein Fremder ab Einbringung eines Antrags auf internationalen Schutz bis zum rechtskräftigen Abschluss, zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens.

 

Nach der gleichartigen Legaldefinition des § 1 Z 3 AsylG 1997 ist "Asylwerber" ein Fremder ab Einbringung eines Asylantrages bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens oder bis zu dessen Einstellung. Ein Unterschied besteht nur insofern, als nunmehr von Antrag auf internationalen Schutz (vgl dazu § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005) anstatt von Asylantrag die Rede ist. Diese geänderte Terminologie entspricht der Statusrichtlinie und wurde zum Zweck der Einheitlichkeit übernommen. Die Stellung eines solchen Antrags entspricht aber inhaltlich dem bisherigen Asylantrag (vgl RV Fremdenrechtspaket, 952 Blg NR 22. GP, Seite 30, "Zu Z 12" des AsylG 2005). Daher betont die Regierungsvorlage zum Fremdenrechtspaket 2005 (vgl 952 BlgNR 22. GP, Seite 31, "Zu Z 14" des AsylG 2005), dass der Begriff "Asylwerber" der geltenden Rechtslage entspricht und keiner Änderung bedarf. Fremde sind nicht mehr Asylwerber, wenn entweder das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen oder nach § 24 AsylG 2005 eingestellt wurde.

 

Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Vorschrift des § 1 Abs 2 Satz 1 FPG, wonach die Bestimmung über die Schubhaftverhängung nach § 76 Abs 1 leg.cit. auf "Asylwerber" nicht anzuwenden ist, mangels inhaltlicher Unterschiede auch für "Asylwerber" nach dem AsylG 1997 gilt. Eine andere Auslegung wäre wohl auch sachlich nicht zu rechtfertigen.

 

Nach dem vorletzten Satz des § 1 Abs 2 FPG ist die Durchsetzung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes gegen einen "Asylwerber" erst zulässig, wenn die Ausweisung nach § 10 AsylG 2005 durchgesetzt werden kann.

 

Nach dem früheren § 20 Abs 2 AsylG 1997, der kraft der Übergangsbestimmung des § 75 Abs 1 Satz 1 AsylG 2005 auf alle am 31. Dezember 2005 noch anhängigen Verfahren weiterhin anzuwenden ist, wird ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung gegen Fremde iSd Abs 1, denen Asyl gewährt oder die im Besitz einer befristeten Aufenthaltsberechtigung sind, erst durchsetzbar, wenn diese ihre Aufenthaltsberechtigung (Hinweis auf § 31 Abs 1 und 3 FrG 1997) verloren haben.

 

Auch gemäß § 13 AsylG 2005 ist ein Asylwerber, dessen Asylverfahren zugelassen ist, bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder bis zum Entzug des Aufenthaltsrechts (§ 62 Abs 1 FPG) zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Ein auf Grund anderer Bundesgesetze bestehendes Aufenthaltsrecht bleibt unberührt. Wird Asylwerbern gemäß § 62 FPG ihr Aufenthaltsrecht entzogen, kommt ihnen faktischer Abschiebeschutz (§ 12) zu.

 

4.5. Im vorliegenden Fall steht fest, dass der Berufungsbescheid des UBAS vom 11. April 2005 am 31. Dezember 2005 gegenüber dem Bf noch nicht erlassen war, weil ihm eine Ausfertigung dieses Bescheides erst am 3. März 2006 um 09.30 Uhr im PAZ W rechtswirksam zugestellt werden konnte (vgl dazu näher Punkt 3.2.). Die Eintragung über die rechtskräftig negative Asylentscheidung zweiter Instanz in der Asylinformationsdatei des Innenministeriums entsprach nicht den Tatsachen.

 

Damit war das Asylverfahren am 31. Dezember 2005 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen und der Bf hatte noch im Zeitpunkt der Schubhaftverhängung am 10. Februar 2006 als "Asylwerber", dessen Verfahren zugelassen worden war und dem daher bis zum rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens ein Aufenthaltsrecht nach § 19 Abs 2 AsylG 1997 zukam, zu gelten.

 

Das gegen den Bf im Instanzenzug von der Sicherheitsdirektion für Wien rechtskräftig erlassene, auf zehn Jahre befristete Aufenthaltsverbot vom 16. Juni 2005 war gemäß § 20 Abs 2 AsylG 1997 erst mit Verlust seiner Aufenthaltsberechtigung durch Zustellung des negativen Asylbescheides zweiter Instanz durchsetzbar. Eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung auf Grund des Aufenthaltsverbotes oder der asylrechtlichen Ausweisung war daher erst mit Erlassung des Berufungsbescheides des UBAS am 3. März 2006 begrifflich denkbar. Überdies wäre - wie oben bereits dargelegt - auch nach dem § 1 Abs 2 Satz 1 FPG die Bestimmung des § 76 Abs 1 FPG auf "Asylwerber" schlechthin und damit auch auf solche nach dem AsylG 1997 nicht anwendbar gewesen (vgl h. Erk. VwSen-400764/3/SR/Ri vom 08.02.2006 und VwSen-400775/7/SR/Ri vom 13.03.2006). Auch die Schubhaftfälle des § 76 Abs 2 FPG sind nach ihrem Wortlaut auf den gegenständlichen Sachverhalt nicht anzuwenden.

 

Der Schubhaftbescheid der belangten Behörde vom 8. Februar 2006 ging objektiv von falschen Voraussetzungen aus. Er hat die dargelegte Rechtslage nicht beachtet und ist rechtswidrig ergangen. Auch die Inschubhaftnahme am 10. Februar 2006 war demnach rechtswidrig und hätte die belangte Behörde nachträglich betrachtet auch die Abnahme der Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 36b AsylG 1997 nicht vornehmen dürfen.

 

4.6. Die Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft dauerte nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenats nur bis zur Zustellung des Asylbescheides zweiter Instanz am 3. März 2006 um 09.30 Uhr. Denn mit wirksamer Erlassung der negativen Entscheidung im Asylverfahren war dieses rechtskräftig abgeschlossen und der Bf verlor seine dementsprechend befristete Aufenthaltsberechtigung. Damit wurde die asylrechtliche Ausweisung gemäß § 8 Abs 2 AsylG 1997 ebenso wie das im Instanzenzug ergangene zehnjährige Aufenthaltsverbot durchsetzbar.

 

Richtig ist, dass gemäß § 77 FPG schon bei Verhängung der Schubhaft auf allfällige gelindere Mittel Bedacht zu nehmen und von Schubhaft abzusehen ist, wenn der Zweck durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist aber entgegen der Behauptung der Beschwerde der Ansicht, dass beim Bf gelindere Mittel iSd § 77 Abs 3 FPG nicht in Betracht kommen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat beispielsweise die Anwendung gelinderer Mittel verneint, wenn die Befürchtung bestand, dass sich der Fremde angesichts der ihm drohenden Abschiebung im Verborgenen halten würde, weil

 

 

Der Bf hält sich mittlerweile unrechtmäßig in Österreich auf. Er ist nach seiner eigenen Darstellung im Asylverfahren am 10. August 2004 unter Umgehung der Grenzkontrolle und ohne ein Reisedokument illegal und mittellos von Tschechien über die grüne Grenze nach Österreich gekommen. Schon nach wenigen Monaten Aufenthalts in Österreich beging er am 27. November 2004 in Wien einen versuchten Einbruchsdiebstahl in einen PKW und wurde dafür vom Strafgericht zu 10 Monaten Freiheitsstrafe, davon sieben Monate bedingt auf drei Jahre verurteilt (vgl Protokollsvermerk und gekürzte Urteilsausfertigung des LGSt Wien vom 23.12.2004, Zl. 62 EHv 175/04i, im vorgelegten Fremdenakt). Trotz Hafterfahrung von 3 Monaten war er bereits am 12. April 2005 in Wien an einem weiteren Einbruchsdiebstahl durch Einschlagen einer Glasscheibe der Beifahrertür eines PKW beteiligt, bei dem eine Damenhandtasche gestohlen worden war. Dieser Vorfall führte zu einer weiteren rechtskräftigen Verurteilung des Bf in der Höhe von 9 Monaten Freiheitsstrafe wegen Einbruchsdiebstahls durch das Landesgericht für Strafsachen Wien zu Zl. 123 HV 50/2005G am 13. Mai 2005. In der Folge wurde er in die Justizanstalt W zur Verbüßung der Strafhaft überstellt.

 

Den Großteil seines Aufenthalts in Österreich hat der Bf bisher in Strafhaft verbracht. Er hat keine familiären Bindungen und auch nicht die notwendigen Mittel für seinen Unterhalt. Eine soziale Integration des Bf in Österreich kann nicht angenommen werden. Er wäre voraussichtlich nicht in der Lage seinen Aufenthalt in Österreich zu legalisieren, weshalb er auch keiner geregelten legalen Beschäftigung nachgehen könnte. Vielmehr ist angesichts seines bisherigen Verhaltens zu befürchten, dass er weiterhin durch strafbare Handlungen gegen fremdes Eigentum auffällig werden und seinen Lebensunterhalt zumindest teilweise bestreiten würde.

 

Das gesamte Verhalten des Bf lässt eine eindeutige Mißachtung der österreichischen Einreise- und Aufenthaltsvorschriften sowie darüber hinaus auch solcher Rechtsvorschriften erkennen, deren Beachtung für das friedliche Zusammenleben von Menschen unverzichtbar ist. Obwohl er angeblich legal auf dem Luftweg über Prag in Tschechien einreiste, wollte er dort nicht um Asyl ansuchen. Vielmehr zog es der Bf vor, ohne Reisepass unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich zu kommen und hier um Asyl anzusuchen. Seine unglaubhaften Angaben im Asylverfahren waren teilweise widersprüchlich, in Bezug auf die behaupteten Bedrohungssituationen ganz allgemein gehalten und vielfach nicht nachvollziehbar (vgl näher Punkt 1.1. bis 1.3.). Man gewinnt den Eindruck, dass der Bf nicht wahrheitsgemäße Angaben machte, sondern immer nur auf seinen Vorteil bedacht war und sich auch dementsprechend verhielt. Er hat auch nach Ausweis des vorgelegten Fremdenaktes kein kooperatives Verhalten gezeigt und die Unterschriften zur Bestätigung der Übernahme des Schubhaftbescheids und unter die Niederschrift vom 10. Februar 2006 ohne Grund verweigert.

 

Durch sein bisheriges Fehlverhalten hat der Bf hinreichend dokumentiert, dass er jedenfalls nicht vertrauenswürdig ist. Es muss daher angenommen werden, dass der Bf im Wissen um seine nunmehr drohende Abschiebung nach G, wohin er offenbar keinesfalls zurück will, auf freiem Fuß untertauchen und sich dem fremdenpolizeilichen Zugriff der Behörden entziehen würde.

 

Es liegen genügend Gründe für die Annahme vor, dass der Zweck der Schubhaft mit der Anwendung gelinderer Mittel nicht erreicht werden könnte. Schon die Wahrscheinlichkeit des unkooperativen Verhaltens und allfälligen Untertauchens des Bf rechtfertigt eine Ermessensübung dahin, die Schubhaft anstelle gelinderer Maßnahmen zu verhängen (VwGH vom 23.03.1999, Zl. 98/02/0309).

 

4.7. Im Ergebnis war die vorliegende Beschwerde in Bezug auf die Anhaltung seit 3. März 2006 ab 09.31 Uhr mit der Feststellung iSd § 83 Abs 4 FPG als unbegründet abzuweisen.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war die belangte Behörde gemäß § 79a AVG als unterlegene Partei zu betrachten, weil dafür schon eine Teilrechtswidrigkeit genügt. Eine Kostenentscheidung war dennoch mangels Antragstellung des Bf nicht zu treffen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro für die Beschwerde und 3,60 Euro für eine Beilage, insgesamt von 16,60 Euro, angefallen.

 

Dr. W e i ß

 

 

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