Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400798/4/Gf/Ga

Linz, 18.05.2006

VwSen-400798/4/Gf/Ga Linz, am 18. Mai 2006

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde des G A (A), dzt. Polizeianhaltezentrum Wels, vertreten durch die RAe Dr. F u.a., wegen Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck zu Recht erkannt:

  1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

  2. Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) Kosten in Höhe von insgesamt 271,80 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 3 AVG; § 83 FPG; § 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein aserbaidschanischer Staatsangehöriger, ist − nachdem sein Asylbegehren in der BRD abgewiesen und er in seinen Heimatstaat ausgewiesen worden war − am 30. April 2006 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet eingereist und hat am selben Tag einen Asylantrag gestellt, weshalb ihm und seiner Familie eine bundesbetreute Unterkunft zugewiesen wurde.

1.2. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 3. Mai 2006, Zl. Sich40-1843-2006, wurde über den Rechtsmittelwerber gemäß § 76 Abs. 2 Z. 4 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. I 157/2005 (im Folgenden: FPG), zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung und der Abschiebung die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in das PAZ Wels sofort vollzogen.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass er einerseits weder über einen Identitätsnachweis noch über gültige Reisedokumente sowie andererseits nicht über die für einen Aufenthalt erforderlichen finanziellen Mittel verfüge und er sich - zumal er sich bereits seiner beabsichtigten Abschiebung von der BRD nach Aserbaidschan entzogen habe - im Hinblick auf die nunmehr beabsichtigte neuerliche Abschiebung nicht freiwillig der Fremdenpolizeibehörde zur Verfügung halten werde.

1.3. Mit Schreiben des Bundesasylamtes vom 5. Mai 2006, Zl. 0604676, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 3 Z. 4 des Asylgesetzes, BGBl. Nr. I 100/2005 (im Folgenden: AsylG), mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, seinen Asylantrag zurückzuweisen.

Am selben Tag hat die belangte Behörde ein Konsultationsverfahren eingeleitet, wobei die BRD der Übernahme des Beschwerdeführers und seiner Familie am 11. Mai 2005 zugestimmt hat.

1.4. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft bringt der Rechtsmittelwerber vor, dass hinsichtlich seiner Familie gelindere Mittel (Aufenthalt an einem bestimmten Ort, periodische Meldung bei der PI Timelkam) angewendet worden seien, die auch für ihn gelten müssten. Außerdem sei er nicht, wie in § 76 Abs. 4 Z. 2 FPG (gemeint wohl: § 76 Abs. 2 Z. 4 FPG) − der im Übrigen gegen Art. 5 EMRK verstoße − vorgesehen, der Fremdenpolizeibehörde vorgeführt worden.

Daher wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit ihrer Anhaltung in Schubhaft beantragt.

1.5. Die belangte Behörde hat den Bezug habenden Akt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der wegen massiver Verstößen gegen die internationale und die österreichische Rechtsordnung sowie wegen der Unmöglichkeit der Anwendung gelinderer Mittel die kostenpflichtige Abweisung der gegenständlichen Beschwerde beantragt wird.

2. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

2.1. Nach § 82 Abs. 1 Z. 3 FPG hat ein Fremder, gegen den die Schubhaft angeordnet wurde, das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme, der Anhaltung oder des Schubhaftbescheides anzurufen.

Gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG kann die Behörde auch über einen Asylwerber (als solcher gilt nach § 2 Abs. 14 AsylG ein Fremder ab der Einbringung eines Antrages auf internationalen Schutz - d.i. gemäß § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG das auf welche Weise auch immer artikulierte Ersuchen, sich dem Schutz Österreichs unterstellen zu dürfen - bis zum rechtskräftigen Abschluss, bis zur Einstellung oder bis zur Gegenstandslosigkeit dieses Verfahrens) zum Zweck der Sicherung des Verfahrens einer Ausweisung oder zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängen, wenn auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Asylantrag mangels Zuständigkeit Österreichs zu dessen Prüfung zurückgewiesen werden wird.

Nach dem auch insoweit maßgeblichen § 77 FPG hat die Behörde jedoch von der Anordnung der Schubhaft Abstand zu nehmen, wenn sie Grund zu der Annahme hat, dass deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Als in diesem Sinne gelinderes Mittel kommt insbesondere die Anordnung in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen oder sich in periodischen Abständen bei dem dem Fremden bekannt gegebenen Polizeikommando zu melden.

Nach § 2 Abs. 1 des Grundversorgungsgesetzes, BGBl. Nr. 405/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 100/2005 (im Folgenden: GVG), gewährt der Bund den Asylwerbern im Zulassungsverfahren sowie Fremden, deren Asylantrag zurück- oder abgewiesen wurde, solange eine Versorgung in einer Betreuungseinrichtung, bis diese das Bundesgebiet verlassen.

2.2. Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer im Zuge seiner Einvernahme selbst vorgebracht, bereits zweimal in der BRD einen Asylantrag eingebracht zu haben, der jedoch abgewiesen worden ist (weshalb in der Folge eine Ausweisung in seinen Heimatstaat verfügt wurde).

Unter Heranziehung der einschlägigen europarechtlichen Vorschriften ist es daher offensichtlich, dass Österreich zur Entscheidung über einen neuerlichen, im Bundesgebiet gestellten Asylantrag nicht zuständig ist, sodass dieser Antrag jedenfalls zurückzuweisen sein wird.

Damit liegen aber grundsätzlich die Voraussetzungen für eine Schubhaftverhängung gemäß § 76 Abs. 2 Z. 4 FPG vor. Dem gegenüber ist in dieser Bestimmung − anders als dies der Rechtsmittelwerber vermeint (vgl. S. 5 der Beschwerde) − nicht vorgesehen, dass eine Anordnung nur dann zulässig wäre, wenn er auch der Fremdenpolizeibehörde vorgeführt wurde.

2.3. Wenngleich § 2 Abs. 1 GVG im Zulassungsverfahren einen Anspruch des Asylwerbers auf Übernahme in die Bundesbetreuung normiert, bedeutet dies nicht zugleich auch eine unbedingte Verpflichtung für die Fremdenpolizeibehörde, von der Verhängung der Schubhaft Abstand zu nehmen und stattdessen gelindere Mittel anzuwenden. Ob die Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 FPG − nämlich: Grund für die Annahme, dass der mit der Schubhaft verfolgte Zweck durch gelindere Mittel in gleicher Weise erreicht werden kann − vorliegen, hat die Behörde vielmehr davon unabhängig zu prüfen, wobei die allfällige Aufnahme in der Bundesbetreuung nur einen Teilaspekt (nämlich das Vorhandensein einer Unterkunft und die Versorgung mit Nahrungsmitteln) abdeckt.

In diesem Zusammenhang ist aber im gegenständlichen Fall die Annahme der belangten Behörde, dass der Rechtsmittelwerber unter dem Aspekt, dass er sich seiner in der BRD unmittelbar bevorstehenden Abschiebung in seinen Heimatstaat durch eine Flucht nach Österreich tatsächlich entzogen hat, seine nunmehr in Aussicht genommenen Rücküberstellung nach Deutschland wiederum vereiteln wird, wenn er in Freiheit belassen würde, offenkundig nicht unvertretbar.

Die Nichtanwendung gelinderer Mittel kann daher hier nicht als rechtswidrig erkannt werden (und es könnte der Fremdenpolizeibehörde − ceteris paribus − wohl auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie hinsichtlich seiner Familienangehörigen zu einer gleichartigen Entscheidung gekommen wäre).

2.4. Im Ergebnis erweist sich daher die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft als rechtmäßig.

Die gegenständliche Beschwerde war daher gemäß § 83 FPG i.V.m. § 67c Abs. 3 AVG abzuweisen; gleichzeitig war nach § 88 Abs. 4 FPG festzustellen, dass die für eine Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen aus den genannten Gründen weiterhin vorliegen.

3. Bei diesem Verfahrensergebnis waren der belangten Behörde gemäß § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z. 3 AVG i.V.m. § 1 Z. 3 und 4 der Aufwandsersatzverordnung, BGBl.Nr. II 334/2003, Kosten in Höhe von insgesamt 271,80 Euro (Vorlageaufwand: 51,50 Euro; Schriftsatzaufwand: 220,30 Euro) zuzusprechen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

  2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in einer Höhe von 16,60 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Dr. G r o f

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