Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400801/4/WEI/Be

Linz, 30.05.2006

 

 

 

VwSen-400801/4/WEI/Be Linz, am 30. Mai 2006

DVR.0690392

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des S A (alias K W), angeblich l Staatsangehöriger, dzt. Schubhaft in Justizanstalt Ried im Innkreis, vertreten durch E W. D, S bzw Rechtsanwalt in W, H, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis zu Recht erkannt:

 

 

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird gleichzeitig festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

 

II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 271,80 Euro binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 und 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG iVm §§ 67c und 79a AVG 1991.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der unabhängige Verwaltungssenat geht auf Grund der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde vom folgenden S a c h v e r h a l t aus:

1.1. Mit Bescheid vom 7. April 2006, Zl. Sich 41-237-2004, ordnete die belangte Behörde auf der Rechtsgrundlage des § 76 Abs 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG (BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 157/2005) gegen den Beschwerdeführer (Bf) die Schubhaft mit Beendigung der gerichtlichen Strafhaft an, um seine Abschiebung zu sichern. Der Bescheid wurde am 7. April 2006 vom Bf in der Justizanstalt Ried im Inkreis übernommen. Dort wird auch die Schubhaft nach Entlassung aus der Strafhaft am 19. Mai 2006 ab 08.00 Uhr vollzogen (Bericht der JA Ried im Innkreis vom 22.05.2006).

 

Begründend ging die belangte Behörde davon aus, dass sich der Bf auf freiem Fuß dem Zugriff der Behörde entziehen und die fremdenpolizeilichen Maßnahmen vereiteln oder wesentlich erschweren werde. Der Zweck der Schubhaft könne durch Anwendung eines gelinderen Mittels gemäß § 77 FPG nicht erreicht werden, weil zu befürchten wäre, dass der Bf untertauchen und erneut straffällig würde. Dabei sei vor allem auf die Umstände der illegalen Einreise und des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, des fehlenden Wohnsitzes und der geringen finanziellen Mittel, der fehlenden sozialen, beruflichen und familiären Bindungen in Österreich, des fehlenden Reisedokuments und der ungeklärten Identität Bedacht zu nehmen gewesen. Im Übrigen ließen die vom Bf begangenen Straftaten die Anwendung eines gelinderen Mittels keinesfalls als geboten erscheinen. Der beschriebenen Fluchtgefahr könne realistisch nur mit Schubhaft begegnet werden.

 

Die Abschiebung des Bf sei aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Sinne des § 46 Abs 1 Z 1 FPG dringend geboten. Sie sei auch notwendig, weil auf Grund der ungeklärten Identität und des fehlenden Reisedokuments angenommen werden könne, dass der Bf nicht selbständig ausreisen würde (§ 46 Abs 1 Z 3 FPG).

 

Dem Schubhaftbescheid der belangten Behörde ist im Einklang mit der Aktenlage der im Folgenden dargestellte Sachverhalt zu entnehmen.

 

1.2. Der Bf, ein nach eigenen Angaben l Staatsangehöriger, reiste am 21. September 2003 von Italien kommend illegal und ohne Reisedokumente ins Bundesgebiet über unbekannt ein. Der von ihm noch am gleichen Tag beim Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, eingebrachte Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamts vom 14. Dezember 2004 gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen und gemäß § 8 AsylG 1997 die Zulässigkeit der Abschiebung nach L festgestellt und die Ausweisung verfügt. Die dagegen eingebrachte Berufung hat der Unabhängige Bundesasylasenat (UBAS) mit Bescheid vom 27. Mai 2005, Zl. 256.248/0-XII/37/04, abgewiesen. Dieser Berufungsbescheid wurde am 10. Juni 2005 zugestellt und damit rechtskräftig.

 

Am 5. August 2004 wurde der Bf zuletzt wegen Verdachts des Drogenhandels in Vösendorf festgenommen. Er hat sich seit damals in Haft befunden und wurde am 20. September 2005 aus der Strafhaft in der Justizanstalt Wiener Neustadt in die Justizanstalt Ried im Innkreis überstellt.

 

1.3. Im Strafregister scheinen folgende strafgerichtliche Verurteilungen des Bf auf:

 

  1. LG Wr. Neustadt vom 15.03.2004, Zl. 43 Hv 23/2004I, wegen § 27 Abs 1 und 2 Z 2 1. Fall Suchtmittelgesetz, Freiheitsstrafe von 6 Monaten, bedingt auf 3 Jahre Probezeit (rechtskräftig seit 15.03.2005); Widerruf der bedingten Nachsicht durch LG Wr. Neustadt 36 E Hv 130/2004Y vom 01.09.2004;
  2. LG Wr. Neustadt vom 01.09.2004, Zl. 36 E Hv 130/2004Y, wegen § 27 Abs 1 1. und 2. Fall und Abs 2 Z 2 1. Fall Suchtmittelgesetz, Freiheitsstrafe von 5 Monaten unbedingt (rechtskräftig seit 06.09. 2004); bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe am 20.05.2005 durch LG Ried im Innkreis 13 BE 124/2005W vom 18.05.2005, Probezeit 3 Jahre;
  3. LG Wr. Neustadt vom 22.07.2005, Zl. 43 Hv 24/2005P, wegen § 28 Abs 2 4. Fall und Abs 3 1. Fall, § 27 Abs 1 und 2 Z 1, § 27 Abs 1 1. und 2. Fall Suchtmittelgesetz, Freiheitsstrafe (Zusatzstrafe) von 1 Jahr unbedingt (rechtskräftig seit 06.09.2004).

 

1.4. Mit Bescheid vom 18. Februar 2004, Zl. III-1158019/FrB/04 (rechtskräftig seit 04.03.2004), verhängte die BPD Wien wegen Mittellosigkeit gemäß § 36 Abs 2 Z 7 FrG 1997 ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot.

 

Mit Bescheid vom 4. Mai 2005, Zl. III-1158019/FrB/05 (rechtskräftig seit 03.06.2005), verhängte die BPD Wien auf der Grundlage des § 36 Abs 1 Z 1 FrG 1997 (strafgerichtliche Verurteilungen) ein unbefristetes Aufenthaltsverbot.

 

1.5. Aus dem Schreiben der belangten Behörde vom 25. Mai 2005 an die BPD Wr. Neustadt geht hervor, dass der Bf am 20. Mai 2005 aus der Strafhaft vorzeitig bedingt entlassen und für das Landesgericht Wr. Neustadt gleich wieder in Untersuchungshaft genommen und die Justizanstalt Wr. Neustadt überstellt wurde. Der Fremdenpolizeiakt wurde daher zuständigkeitshalber an die BPD Wr. Neustadt übermittelt, um die weiteren fremdenpolizeilichen Maßnahmen zu ergreifen. Auf das mit Schreiben der belangten Behörde vom 18. Mai 2005 von der Botschaft der Republik L in B angeforderte Heimreisezertifikat wurde hingewiesen.

 

Mit Informationsschreiben gemäß § 22 AsylG 1997 vom 7. Juli 2005 hat das Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, der BPD Wr. Neustadt mitgeteilt, dass der gemäß § 7 AsylG 1997 negative Bescheid des UBAS, die Festsstellung gemäß § 8 AsylG 1997 und die damit verbundene Ausweisung mit 10. Juni 2005 in Rechtskraft erwachsen ist.

 

Im Strafverfahren des Landesgerichts Wr. Neustadt zu 43 Hv 24/05 wurde der Bf u.A. wegen § 28 Suchtmittelgesetz unter Bedachtnahme auf das Urteil vom 6. September 2004, Zl. 36 EHv 130/04y, zu einer Zusatzstrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt (Benachrichtigung von der Beendigung des Strafverfahrens vom 22.08.2005). Der Akt wurde infolge Überstellung des Bf am 20. September 2005 in die Justizanstalt Ried im Innkreis wieder der belangten Behörde zuständigkeitshalber übermittelt.

 

1.6. Die belangte Behörde hat den Bf am 6. April 2006 in der Justizanstalt Ried im Innkreis zu den beabsichtigten fremdenpolizeilichen Maßnahmen (Identitätsfeststellung, Schubhaft im Anschluss an die Strafhaft und Abschiebung) im Hinblick auf das vorläufige Strafende am 19. Mai 2006 niederschriftlich einvernommen. Dabei gab der Bf an, dass er vor seiner letzten Festnahme in der Zeit vom 23. Juli 2004 bis 5. August 2004 in W, Z (laut ZMR-Abfrage vom 22.09.2005 Unterkunftgeber SOS Mitmensch), polizeilich gemeldet war. Er hat in Österreich keinen festen Wohnsitz und ging keiner legalen Beschäftigung nachgegangen. In einem afrikanischen Geschäft habe er ohne Papiere ausgeholfen. Der Bf hat im Bundesgebiet keine Angehörigen und besitzt Barmittel in Höhe von 220 Euro. Er verfügt weder über einen Reisepass, noch über sonstige Identitätsnachweise, noch sieht er sich in der Lage, irgendwelche Dokumente beizubringen. Er ist ledig und hat keine Sorgepflichten.

 

Der Bf wurde von der belangten Behörde im Interesse seiner möglichst kurzen Anhaltung in Schubhaft ausdrücklich aufgefordert, wahrheitsgemäße und vollständige Angaben über seine Identität zu machen sowie ehestmöglich Identitätsnachweise beizubringen. Zu seinem in der Fremdeninformationsdatei aufscheinenden Aliasnamen befragt gab der Bf an, dass er vor seiner Einreise nach Österreich in der Schweiz mit den Aliasdaten K W, um Asyl angesucht habe, wobei er einen gefälschten Pass aus K verwendet hätte. Nach Ablehnung seines Asylantrags habe er sich im September 2003 über Italien nach Österreich begeben. Der Bf verweigerte die Unterschrift unter die Niederschrift vom 6. April 2005 mit der Begründung, dass er nach Strafende nicht in Schubhaft genommen werden wolle.

 

1.7. Mit Urgenzschreiben der belangten Behörde vom 6. April 2006 wurde die Botschaft von L in der Angelegenheit des Bf neuerlich kontaktiert und um ein Telefoninterview zur Feststellung der Staatsangehörigkeit ersucht. Die Abnahme von Fingerabdrücken zur Herstellung von Fingerabdruckblättern zwecks Überprüfung der identität hat der Bf gegenüber Beamten der Polizeiinspektion verweigert (vgl Aktenvermerk vom 10,04.2006 auf dem Anforderungsschreiben vom 7.04.2006). Daraufhin ersuchte die belangte Behörde mit Schreiben vom 10. April 2006 das Bundeskriminalamt (Zentraler Erkennungsdienst) in Wien um Übersendung von 2 Fingerabdruckblättern.

 

Ein Telefoninterview wurde für 26. April 2006 um 11.30 Uhr anberaumt. Mit Schreiben vom 18. April 2006. Mit Schreiben vom gleichen Tag, eingelangt bei der belangten Behörde am 8. Mai 2006, teilte die Botschaft von L die dem Bf gestellten Fragen samt Antworten mit und bemerkte dazu, dass der Bf keinerlei Kenntnisse über L, das Land dessen Staatsbürger er zu sein behauptet, hätte. Sinngemäß teilte die Botschaft mit, dass der Bf den österreichischen Behörden bisher nur vorgetäuscht hätte, ein Staatsangehöriger von L zu sein.

 

Daraufhin wurde der Bf am 16. Mai 2006 in der Justizanstalt Ried im Innkreis neuerlich niederschriftlich befragt und über das Schreiben der l Botschaft informiert. Dazu erklärte der Bf, dass er sehr wohl Staatsbürger von L wäre. Seine Daten wären aktenkundig, mehr könnte er nicht sagen.

 

Die belangte Behörde forderte ihn in seinem eigenen Interesse zur Durchführung einer Sprachanalyse in englischer Sprache und seiner Muttersprache auf. Diese lehnte er trotz mehrfacher Aufforderung ab, obwohl er darauf hingewiesen wurde, dass er in Schubhaft bis 10 Monate angehalten werden könne, um seine Identität festzustellen und seine Abschiebung zu realisieren. Der Bf verweigerte die Unterschrift unter die Niederschrift ohne Angabe von Gründen.

 

In weitere Folge hat die belangte Behörde versucht über Fingerabdruckvergleiche mit verschiedenen Staaten die Identität des Bf aufklären zu können. In Deutschland liegen identische Fingerabdrücke unter gleichen Personalien auf. Mit Schreiben vom 9. Mai 2006 ersuchte die belangte Behörde das BMI im Hinblick auf die Einreise des Bf im Jahr 2003 in der Schweiz unter einem Aliasnamen um entsprechende Anfrage an die zuständige Schweizer Behörde. Mit Schreiben vom 22. Mai 2006 wurde das BMI zusätzlich um Anfrage an die spanischen Behörden ersucht. Ergebnisse sind noch nicht aktenkundig.

 

1.8. Mit Telefax vom 23. Mai 2006 brachte der Bf durch seine Rechtsvertreter die gegenständliche Schubhaftbeschwerde beim Oö. Verwaltungssenat ein, beantragte die die kostenpflichtige Rechtswidrigerklärung des Schubhaftbescheides und seiner Anhaltung in Schubhaft. Die belangter Behörde hat am 26. Mai 2006 ihre Verwaltungsakten dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt.

 

2.1. In der Schubhaftbeschwerde wird der im Wesentlichen unstrittige Sachverhalt über die Einreise und den bisherigen Aufenthalt des Bf in Österreich geschildert.

 

Begründend wird auf eine Reihe von Unbestimmtheiten hingewiesen im Schubhaftbescheid hingewiesen. Der Bescheid sage über den konkreten Zusammenhang der Straftaten des Bf mit der Nichtanordnung eines gelinderen Mittels iSd § 77 Abs 1 FPG nichts aus. Auch zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, die durch Nichtabschiebung des Bf beeinträchtigt wäre, könnten dem Bescheid keine konkreten Überlegungen der Behörde entnommen werden. Dieser sei nicht nachvollziehbar und damit inhaltlich rechtswidrig.

 

Mangels Reisedokument und Einreiseberechtigung in ein anderes Land könne die Schubhaft nicht der Sicherung der Abschiebung dienen und sei die Haft "im Sinne des Art 2 Abs 1 Z 7 PersFrG B-VG iVm § 76 FPG" auch nicht notwendig. Eine Schubhaft sei nur zulässig, wenn die Abschiebung auch tatsächlich in Frage komme. Stehe von vornherein fest, dass diese Maßnahme nicht durchführbar ist, so dürfe die Schubhaft nicht verhängt werden, zumal der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zukomme (Hinweis auf VwGH 2005/21/0019).

 

Die Abschiebung nach L würde wegen der dortigen Menschenrechts- und Versorgungslage gegen § 50 FPG iVm Art 3 MRK verstoßen. Die schlechte Wirtschaftslage nach dem noch nicht sehr lange beendeten Bürgerkrieg sei amtsbekannt. Im Bescheid fänden sich keine Feststellungen dazu. Dies wäre aber erforderlich, weil die asylrechtliche Feststellung schon mehr als ein Jahr zurück liege und sich die Verhältnisse ungünstiger Weise geändert hätten.

Die Inschubhaftnahme wäre auch auf Grund der Untätigkeit der Behörde unzulässig gewesen. Bereits seit der Überstellung in die Justizanstalt Ried im Innkreis wäre das Strafende am 19. Mai 2005 bekannt gewesen. Die belangte Behörde hätte genug Zeit gehabt, für den Bf ein Reisedokument zu beschaffen und seine Abschiebung so rechtzeitig zu organisieren, dass sie gar keinen Schubhaftbescheid am 7. April 2006 hätte erlassen müssen.

 

2.2. Mit Schreiben vom 24. Mai 2006, eingelangt am 30. Juni 2003, hat die belangte Behörde dem Oö. Verwaltungssenat die bezughabenden Verwaltungsakten zur Entscheidung vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie der Beschwerde entgegen tritt und deren kostenpflichtige Abweisung beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die Beschwerde und die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinreichend geklärt erscheint, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 73 Abs 2 Z 1 FrG 1997 abgesehen werden konnte.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 9 Abs 2 FPG ist gegen die Anordnung der Schubhaft weder eine Vorstellung noch eine Berufung zulässig.

 

Gemäß § 82 Abs 1 FPG hat der Fremde das Recht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung den unabhängigen Verwaltungssenat anzurufen,

  1. wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;
  2. wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder
  3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs 1 FPG ist der unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der Unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl § 83 Abs 4 FPG).

Der Bf. wird zum Entscheidungszeitpunkt in der Justizanstalt Ried im Innkreis in Schubhaft angehalten. Seine Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft ist zulässig, aber nicht begründet.

 

4.2. Gemäß § 76 Abs 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides nicht bloß kurzfristig aus anderem Grund in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

 

Gemäß § 80 Abs 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf gemäß § 80 Abs 2 FPG nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Mit Ausnahme der Fälle des § 80 Abs 3 und 4 FPG darf die Schubhaft nicht länger als 2 Monate dauern.

 

Im Fall des § 80 Abs 4 Z 2 FPG (Nichtvorliegens der für die Ein- oder Durchreise erforderlichen Bewilligung eines anderen Staates; vgl früher § 69 Abs 4 Z 3 FrG 1997) kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts innerhalb von zwei Jahren grundsätzlich sechs Monate aufrecht erhalten werden (vgl früher § 69 Abs 6 FrG 1997).

 

4.3. Gemäß § 19 Abs 2 AsylG 1997 idFd AsylG-Nov 2003 (BGBl I Nr. 76/1997 idF BGBl I Nr. 101/2003) waren "Asylwerber", deren Asylverfahren zugelassen ist (§ 24a), bis zum rechtskräftigen Abschluss oder der Einstellung des Verfahrens zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Dieses Aufenthaltsrecht war durch Ausstellen einer Aufenthaltsberechtigungskarte (§ 36b) zu dokumentieren.

 

Nach § 2 Abs 1 Z 14 AsylG 2005 ist ein "Asylwerber" ein Fremder ab Einbringung eines Antrags auf internationalen Schutz bis zum rechtskräftigen Abschluss, zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens. Nach der gleichartigen Legaldefinition des § 1 Z 3 AsylG 1997 ist "Asylwerber" ein Fremder ab Einbringung eines Asylantrages bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens oder bis zu dessen Einstellung. Ein Unterschied besteht nur insofern, als nunmehr von Antrag auf internationalen Schutz (vgl dazu § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005) anstatt von Asylantrag die Rede ist. Diese geänderte Terminologie entspricht der Statusrichtlinie und wurde zum Zweck der Einheitlichkeit übernommen. Die Stellung eines solchen Antrags entspricht aber inhaltlich dem bisherigen Asylantrag (vgl RV Fremdenrechtspaket, 952 Blg NR 22. GP, Seite 30, "Zu Z 12" des AsylG 2005).

 

Nach dem früheren § 20 Abs 2 AsylG 1997, der kraft der Übergangsbestimmung des § 75 Abs 1 Satz 1 AsylG 2005 auf alle am 31. Dezember 2005 noch anhängigen Verfahren weiterhin anzuwenden ist, wird ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung gegen Fremde iSd Abs 1, denen Asyl gewährt oder die im Besitz einer befristeten Aufenthaltsberechtigung sind, erst durchsetzbar, wenn diese ihre Aufenthaltsberechtigung (Hinweis auf § 31 Abs 1 und 3 FrG 1997) verloren haben.

 

4.4. Im vorliegenden Fall wurde das Asylverfahren mit Bescheid des UBAS vom 27. Mai 2005, Zl. 256.248/0-XII/37/04 (rechtskräftig seit 10.06.2005) zum Nachteil des Bf beendet. Damit hatte der Bf sein asylrechtliche Aufenthaltsberechtigung gemäß dem § 19 Abs 2 AsylG 1997 verloren. Seit damals hält er sich ohne Aufenthaltstitel unrechtmäßig in Österreich auf. Seit 3. Juni 2005 ist das gegen den Bf erlassene unbefristete Aufenthaltsverbot der BPD Wien vom 4. Mai 2005, Zl. III-1158019/FrB/05, rechtskräftig und vollstreckbar.

 

Es entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass der unabhängige Verwaltungssenat im Rahmen der Schubhaftbeschwerde nur gehalten ist, zu prüfen, ob das für die Festnahme und Anhaltung in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung eine (mittelbare) Tatbestandswirkung erzeugende Aufenthaltsverbot nach wie vor aufrecht ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 08.09.1995, Zl. 95/02/0220). Da dies im Beschwerdefall zutraf, war der Oö. Verwaltungssenat an das Bestehen des selben gebunden und hatte auch davon auszugehen (VwGH vom 26.01.1999, Zl. 96/02/0548).

 

Mit der Behauptung, dass seit der Feststellung gemäß § 8 AsylG 1997 im abgeschlossenen Asylverfahren die Verhältnisse in L für den Bf ungünstiger geworden wären, hat der Bf keinen zulässigen Gegenstand im Schubhaftbeschwerdeverfahren vorgebracht. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ist für die Prüfung des Refoulementverbots das asylbehördliche bzw das fremdenpolizeiliche Verfahren nach § 51 FPG betreffend Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat vorgesehen. Abgesehen davon scheint nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens eine Abschiebung nach L nicht mehr in Frage zu kommen, zumal die Botschaft der Republik L in B für den Bf, den sie nach dem Telefoninterview nicht als einen Staatsangehörigen von L betrachtet, kein Heimreisezertifikat ausstellen wird. Die Ausführungen der Beschwerde gehen somit ins Leere.

 

4.5. Die Beschwerdebehauptungen zur Unmöglichkeit der Abschiebung wegen eines fehlenden Reisedokuments des Bf sind unzutreffend. Tatsächlich sieht § 80 Abs 4 FPG für bestimmte Fälle der vorläufigen Unmöglichkeit der Abschiebung vor, dass die Schubhaft dennoch zulässig ist und wegen desselben Sachverhalts innerhalb von zwei Jahren grundsätzlich sechs Monate, wenn aber die Unmöglichkeit dem Verhalten des Fremden zuzurechnen ist, bis zu zehn Monate dauern darf.

 

Auf Grund der aktenkundig belegten Tatsachen steht fest, dass sich der Bf an den Maßnahmen zur Identitätsfeststellung nicht in ausreichender Weise beteiligt hat. Vielmehr konnte er offenbar bisher durch sein unkooperatives Verhalten eine gesicherte Feststellung seiner Identität bzw Staatsangehörigkeit vermeiden. Dies kann aber kein Grund sein, seine Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig zu halten, weil er es selbst in der Hand hätte, durch aktive Mitwirkung an den ihm von der Fremdenbehörde vorgeschlagenen Maßnahmen eine Identitätsfeststellung zu ermöglichen. Da der Bf die einer Abschiebung entgegenstehenden Gründe auf zumutbare Weise selbst beseitigen könnte, liegt tatsächliche Unmöglichkeit der Abschiebung nicht vor (vgl etwa VwGH vom 23.03.1999, Zl. 98/21/0491; VwGH vom 12.01.2000, Zl. 99/21/0261).

 

Der Bf wird erst seit 19. Mai 2006 in Schubhaft angehalten. Das Ziel der Anhaltung zum Zweck der Sicherung der Abschiebung kann nicht schlechthin als unerreichbar eingeschätzt werden. Die Schubhaft könnte kurzfristig beendet werden, wenn der Bf geeignete Dokumente zur Klärung seiner Identität beibrächte, weil diesfalls seine Abschiebung rasch umsetzbar wäre. Außerdem kann die belangte Behörde im derzeitigen Verfahrensstadium mit Recht auf die fortgesetzten Erhebungen betreffend die Identität des Bf (Fingerabdruckvergleiche) hinweisen, über die noch keine Ergebnisse vorliegen. Allenfalls liegen in der Schweiz oder in Spanien zur Person des Bf Identitätsnachweise vor. Auch mit Hilfe der angebotenen Sprachanalyse könnte bei entsprechender Kooperation des Bf seine Herkunft mit großer Wahrscheinlichkeit festgestellt und ein Heimreisezertifikat erlangt werden.

 

Bei der gebotenen Mitwirkung des Bf könnte das Abschiebungshindernis des fehlenden Reisedokuments (Heimreisezertifikats) relativ rasch beseitigt werden. Von der in der Beschwerde behaupteten Untätigkeit der belangten Behörde kann keine Rede sein. Dies hat sich noch während der aufrechten Strafhaft des Bf um Aufklärung bemüht und erst durch das Schreiben der l Botschaft vom 26. April 2006 nach dem durchgeführten Telefoninterview erfahren, dass der bf kein Staatsbürger L sei und die Ausstellung eines Heimreisezertifikates abgelehnt wird. Sie hat in weiterer Folge alle erforderlichen Schritte zur Identitätsklärung zügig vorgenommen.

 

4.6. Zur geforderten Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 FPG

 

Richtig ist, dass gemäß § 77 FPG schon bei Verhängung der Schubhaft auf allfällige gelindere Mittel Bedacht zu nehmen und von Schubhaft abzusehen ist, wenn der Zweck durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist aber entgegen der Behauptung der Beschwerde der Ansicht, dass beim Bf gelindere Mitteln iSd § 77 Abs 3 FPG nicht in Betracht kommen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat beispielsweise die Anwendung gelinderer Mittel verneint, wenn die Befürchtung bestand, dass sich der Fremde angesichts der ihm drohenden Abschiebung im Verborgenen halten würde, weil

 

 

Der Bf hält sich nach negativem Abschluss seines Asylverfahrens unrechtmäßig in Österreich auf. Er ist nach seiner eigenen Darstellung im Jahr 2003 illegal, ohne Reisedokument und mittellos nach Österreich gekommen. Seine Identität und Staatsangehörigkeit ist bisher noch immer nicht geklärt. Seine Behauptungen über die Herkunft aus L sind nach der Mitteilung der l Botschaft in B unrichtig. Dennoch bleibt der Bf bei seinen bisherigen Behauptungen, ohne dafür die geringsten Beweise anbieten zu können. Eine Sprachanalyse zur Überprüfung seiner behaupteten Herkunft hat der Bf kathegorisch abgelehnt. Auch hat er regelmäßig die Unterschriftsleistung unter die mit ihm aufgenommnen Protokolle verweigert. Obwohl ein vollstreckbares unbefristetes Aufenthaltsverbot gegen ihn vorliegt und sein Asylverfahren abgeschlossen ist, will er offenbar weiterhin ohne Aufenthaltstitel in Österreich bleiben. Fremdenrechtliche Vorgaben tangieren ihn offenbar in keiner Weise. Er ist schon mehrfach wegen Suchtmitteldelikten gerichtlich vorbestraft. Offenbar auch um seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können, hat er wiederholt Suchtmitteldelikte begangen. Insgesamt muss festgestellt werden, dass sich der Bf bisher um die österreichische Rechtsordnung wenig gekümmert hat. Das aktenkundige Gesamtverhalten des Bf lässt ihn als vollkommen vertrauensunwürdig erscheinen.

 

Entgegen der Beschwerde ist der belangten Behörde auch beizupflichten, wenn sie die Durchsetzung eines Aufenthaltsverbots gegen rechtskräftig verurteilte Fremde, die wiederholt straffällig geworden und illegal nach Österreich gekommen sind, im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit für dringend geboten erachtet. Soziale Bindungen des Bf bestehen in Österreich keine. Im Fall der Aufhebung der Schubhaft ist mit seinem sofortigen Untertauchen in die Anonymität zu rechnen. Die hohe Wahrscheinlichkeit des weiterhin unkooperativen Verhaltens des Bf und seine bisher bewiesene kriminelle Energie lassen ernsthaft befürchten, dass er sich den fremdenpolizeilichen Maßnahmen entziehen und abermals einschlägig straffällig werden wird.

 

4.7. Im Ergebnis war daher die vorliegende Schubhaftbeschwerde mit der Feststellung iSd § 83 Abs 4 FPG als unbegründet abzuweisen.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der belangten Behörde als obsiegender Partei nach § 79a AVG iVm § 1 Z 3 und Z 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003 (BGBl II Nr. 334/2003) antragsgemäß der notwendige Verfahrensaufwand in Höhe von insgesamt 271,80 Euro (Vorlageaufwand: 51,50 Euro; Schriftsatzaufwand: 230,30 Euro), zuzusprechen.

 

Analog dem § 59 Abs. 4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von 2 Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die Neuregelung idF BGBl Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl. Erl. zur RV, 130 BlgNR 19. GP, 14 f).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 13 Euro für die Schubhaftbeschwerde angefallen.

 

 

Dr. W e i ß

 

 

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