Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103058/2/Br

Linz, 16.08.1995

VwSen-103058/2/Br Linz, am 16. August 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr.Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichteten Berufung des Herrn G P, D, vertreten durch Herrn Thomas H, Rechtsanwalt, E, betreffend das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 3. Juli 1995, Zl.: VerkR96-2535-1995-Wi, wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe F o l g e gegeben, daß die Geldstrafe auf 6.000 S ermäßigt wird. Im übrigen wird das Straferkenntnis bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 471/1995 - AVG iVm § 19 Abs.1 und 2, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 666/1993 - VStG.

II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demzufolge auf 600 S. Für das Berufungsverfahren werden keine Verfahrenskosten auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit dem Straferkenntnis vom 3. Juli 1995, Zl.: VerkR96-2535-1995-Wi, wegen der Übertretungen nach § 20 Abs.2 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 8.000 S und für den Nichteinbringungsfall 42 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 26. März 1995 um 14.35 Uhr im Gemeindegebiet von A, Bezirk R auf der A auf Höhe des Straßenkilometers 45,999 in Fahrtrichtung S als Lenker des Pkw's der Marke Mercedes mit dem Kennzeichen die auf österreichischen Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit 130 km/h um 66 km/h überschritten habe.

1.1. Begründend hat die Erstbehörde zur Frage der Strafzumessung im wesentlichen ausgeführt, daß insbesondere unter Berücksichtigung der Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, die verhängte Strafe als angemessen zu bezeichnen sei. Als Milderungsgrund wertete die Erstbehörde die bisherige Unbescholtenheit und die Geständigkeit. Sie ging von einem monatlichen Nettoeinkommen von DM 2.500,-, der Sorgepflicht für ein Kind und für die Ehefrau aus.

2. Der Berufungswerber bestreitet in seiner durch seinen bevollmächtigten Rechtsvertreter eingebrachten Berufung die Tatsache dieser Geschwindigkeitsüberschreitung nicht. Er beruft sich im wesentlichen auf bloß fahrlässige Begehungsweise, verweist auf seine Einsichtigkeit, den Umstand, daß in Deutschland auf Autobahnen in der Regel keine Geschwindigkeitsbeschränkungen bestehen und seine bisherige Unbescholtenheit. Ferner vermeint er, daß eine Gefährdung auf Grund der Verkehrslage nicht gegeben gewesen sei, sodaß die vorgeworfene Geschwindigkeitsüberschreitung nicht als besonders gravierend zu erachten sei. Die nahezu vollständige Ausschöpfung des Strafrahmens daher nicht berechtigt sei. Er beantragt die Ermäßigung der Geldstrafe auf 3.000 S und auch die Ermäßigung der Kosten.

3.1. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte angesichts einer bloßen Berufung gegen das Strafausmaß und mangels eines konkreten diesbezüglichen Antrages unterbleiben.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des Verwaltungsstrafaktes der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 25. Juli 1995, Zl.:

VerkR96-2535-1995. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt in ausreichender Deutlichkeit.

5. Demnach hat der Berufungswerber die hier angelastete Geschwindigkeitsüberschreitung begangen. Grundsätzlich sei festgestellt, daß sich entgegen der in der Berufung angedeuteten angeblichen technischen Mängel betreffend die in Österreich in Verwendung stehenden Lasermeßgeräte keine sachliche Basis haben. Eine erst kürzlich erstellte Studie des Bundesamtes für Eich- u. Vermessungswesen handelt es sich bei dieser Art von Geschwindigkeitsmessungen grundsätzlich um eine geeignete Methode Fahrgeschwindigkeiten festzustellen. Dies hat auch der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen. Ein konkreter den Meßvorgang betreffender Mangel wurde vom Berufungswerber nicht behauptet.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat folgendes erwogen:

6.1. Vorweg ist festzustellen, daß es für eine derart eklatante Geschwindigkeitsüberschreitung objektiv grundsätzlich keine wie immer geartete Rechtfertigung bzw.

Entschuldigung gibt. Der Raserei auf den Straßen und der damit einhergehenden Gefahrenpotenzierung ist mit spürbaren Strafen zu begegnen. Auch general- und spezialpräventive Gründe erfordern eine strenge Bestrafung (vgl. auch VwGH 18.

September 1991, Zlen. 91/03/0043, 91/03/0250).

6.1.1. Nicht gefolgt vermag der Rechtfertigung zu werden, daß eine Fahrgeschwindigkeit von fast 200 km/h bloß fahrlässig begangen werden könnte. Eine derartige Fahrgeschwindigkeit kann an einem Fahrzeuglenker allein schon durch den optischen Eindruck der Bewegung nicht verborgen bleiben. Ferner erfordert diese Fahrgeschwindigkeit ein derart hohes und verändertes Aufmerksamkeitsmaß betreffend das "Fahrzeughandling", sodaß zumindest von einer "Inkaufnahme" (Eventualvorsatz) einer beträchtlich überhöhten Fahrgeschwindigkeit auszugehen ist, wobei auch davon ausgegangen wird, daß auch eine in Deutschland lebenden Person nicht verborgen geblieben sein kann, daß in Österreich diese Geschwindigkeitsbeschränkung auf Autobahnen (130 km/h) eben besteht. Dies wird schließlich auch mittels eines entsprechenden Hinweisschildes auf der Autobahn nach der Staatsgrenze kundgemacht. Die darüber hinaus angeführten Umstände (1. u.

2.) sind dem Berufungswerber als strafmildernd zuzuerkennen gewesen.

5.1. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, daß dieser Übertretung ein hoher Tatunwert zugrundeliegt. Dieser liegt insbesondere darin, daß mit dem Überschreiten der erlaubten Höchstgeschwindigkeiten erwiesenermaßen eine erhebliche Gefahrenpotenzierung und somit erhöhte Unfallsneigung ausgeht. Diese gründet beispielsweise darin, daß bei der vom Berufungswerber getätigten Geschwindigkeitsüberschreitung der Anhalteweg um 171 Meter verlängert gewesen wäre. Während dieser bei Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit bei einer starken Bremsung (= 5,5 m/sek/2, einer Sekunde Reaktionszeit und 0,2 Sekunden Bremsschwellzeit) 158 Meter beträgt, liegt der Anhalteweg bei der vom Berufungswerber gefahrenen Geschwindigkeit unter diesen Bedingungen bereits bei 329 Metern. Immerhin darf jedermann darauf vertrauen, daß andere Verkehrsteilnehmer die Vorschriften des Straßenverkehrs einhalten (Vertrauensgrundsatz). Wenn sie demzufolge ihr Verhalten entsprechend einrichten, ist es nur unschwer nachvollziehbar, daß es bei Geschwindigkeitsüberschreitungen - mit welchen eben nicht gerechnet werden muß - leicht zu nicht mehr beherrschbaren (unfallvermeidbaren) Konstellationen kommen kann. Dies sind eben dann jene Verkehrsunfälle die sich nicht zugetragen hätten, wären die Vorschriften eingehalten worden; die Unfallskausalität liegt (auch) in der Schutznormverletzung begründet. Eine strenge Bestrafung ist somit sowohl aus Gründen der Spezial- als auch der Generalprävention indiziert.

6.1.1. Die von der Erstbehörde festgesetzten Strafe erscheint jedoch angesichts der hier vorliegenden Milderungsgründe trotzdem überhöht. Die Ausschöpfung von 80 % des gesetzlichen Strafrahmens anläßlich der ersten Begehung einer - wenn auch gravierenden - Übertretung, hätte zur Folge, daß im Falle einer mehrmaligen Begehung und somit einer notorisch mangelhaften Einstellung gegenüber gesetzlich geschützten Werten kein ausreichender Bewegungsspielraum nach oben mehr bestünde. Dies wäre letztlich ungerecht gegenüber einem einsichtigen Ersttäter.

Damit ist der Berufungswerber mit seinem diesbezüglichen Vorbringen im Ergebnis im Recht. Nicht nachvollziehbar und offenbar auf ein Versehen zurückzuführen ist das unverhältnismäßig niedrige Ausmaß der Ersatzfreiheitsstrafe von bloß 42 Stunden. Geht man davon aus, daß dieses im allgemeinen in einem Verhältnis zur verhängten Geldstrafe zu verhängen ist, so wäre für die hier verhängte Geldstrafe bei einem bis zu zwei Wochen reichenden Rahmen für die Ersatzfreiheitsstrafe, diese wohl erheblich höher anzusetzen gewesen. Einer Korrektur nach oben steht jedoch der Grundsatz der "reformatio in peius" (Verschlechterungsverbot) entgegen.

Eine weitere Herabsetzung der Geldstrafe - wie vom Berufungswerber beantragt - kam aus den oben genannten Gründen nicht in Betracht.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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