Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400828/5/BMa/Be

Linz, 19.07.2006

 

 

 

VwSen-400828/5/BMa/Be Linz, am 19. Juli 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bergmayr-Mann über die Beschwerde des R S, geboren am , Staatsangehöriger von Serbien und Montenegro, gegen den Schubhaftbescheid des Bezirkshauptmanns von Vöcklabruck vom 4. Mai 2006, Zl. Sich40-1805-2006, zu Recht erkannt:

 

  1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wird festgestellt, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft weiterhin vorliegen.
  2. Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) Aufwendungen in Höhe von 271,80 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 und 83 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl.I 100/2005 idF BGBl.I 99/2006 (im Folgenden: FPG) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl.I Nr. 10/2004 (im Folgenden: AVG) und UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl.II Nr. 334/2003

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Der unabhängige Verwaltungssenat geht aufgrund der Aktenlage in Verbindung mit der vorliegenden Beschwerde von folgendem Sachverhalt aus:

R S reiste, ohne im Besitz eines Nationalreisedokumentes und ohne im Besitz eines Einreise- oder Aufenthaltstitels für Österreich oder einen anderen Schengenstaat zu sein, am 24. April 2006 gemeinsam mit seiner Ehegattin T S und seinem sechsjährigen Sohn F S unter Umgehung der Grenzkontrolle, schlepperunterstützt, illegal nach Österreich ein.

Noch am selben Tag brachte der Beschwerdeführer in der EAST-West einen Asylantrag ein.

In seiner niederschriftlichen Erstbefragung im Rahmen des Asylverfahrens gab er an, aus wirtschaftlichen Gründen, so habe er seine Arbeit verloren und Schulden in Höhe von 5.000 Euro, die er nicht zurückzahlen könne, deshalb sei er bedroht worden, sein Heimatland verlassen zu haben. Er habe sich dort auch nach seiner Rückkehr aus Deutschland, wo er von 1997 bis 2000 als Asylwerber aufhältig gewesen sei, nicht mehr eingliedern können.

Der Beschwerdeführer gab an, ein Onkel von ihm wohne in Lambach bei Wels und ein Bruder sei anerkannter Flüchtling in der Schweiz. Er habe keine Verwandten oder Bekannten in Österreich, die ihn unterstützen könnten.

Ihm wurde eine bundesbetreute Unterkunft in der EAST-West zugewiesen.

Er verfügt über keine nennenswerten Barmittel oder sonstiges Eigentum.

Nach Angabe des Beschwerdeführers habe er die Flucht am 19. April 2006 angetreten, er habe mit seiner Familie dreimal in einem ihm nicht bekannten Ort übernachtet und könne über die Reiseroute keine Angabe machen.

Vom Bundesasylamt EAST-West wurde am 28. April 2006 gemäß § 29 Abs.3 Z.4 Asylgesetz 2005 ein Ausweisungsverfahren nach Ungarn als auch ein Informationsersuchen an Slowenien eingeleitet - Zl.: 06 04.454, dies wurde ihm am 4. Mai 2006 nachweislich zur Kenntnis gebracht.

Am gleichen Tag wurde der bekämpfte Schubhaftbescheid erlassen und Herr R S zum Antritt der Schubhaft dem PAZ der BPD Salzburg überstellt.

Nachdem sich im Rahmen des Ausweisungsverfahrens ergeben hatte, dass das Konsultationsverfahren mit Ungarn und Slowenien negativ abgeschlossen worden war, wurde ersteres Verfahren mit Mitteilung des Bundesasylamts vom 9. Juni 2006 (dem Beschwerdeführer wurde die Mitteilung gem. § 29 Abs. 3 Asylgesetz 2005 persönlich am 12. Juni 2006 übergeben) inhaltlich fortgesetzt.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 29. Juni 2006, Zl.: 06 04.454, wurde das Asylbegehren des Beschwerdeführers gemäß § 3 Asylgesetz 2005 abgewiesen, gemäß § 8 Asylgesetz 2005 die Zulässigkeit der Abschiebung in sein Heimatland Serbien und Montenegro, Provinz Kosovo, festgestellt, gemäß § 10 Asylgesetz 2005 die Ausweisung in den Kosovo erlassen und gemäß § 38 Asylgesetz 2005 die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Die vom Bundesasylamt, EAST-West, rechtswirksam erlassene Ausweisung ist damit durchsetzbar.

Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer Berufung und beantragte die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Mit Schriftsatz vom 12. Juli 2006, eingelangt per Fax beim unabhängigen Verwaltungssenat am 13. Juli 2006, wurde gegen den Schubhaftbescheid des Bezirkshauptmanns des Bezirks Vöcklabruck vom 4. Mai 2006, mit dem der Beschwerdeführer zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung in Schubhaft genommen wurde, Beschwerde, die als "Berufung" tituliert wurde, erhoben. Diese langte mittels Fax am 13. Juli 2006 beim unabhängigen Verwaltungssenat ein.

1.2. Begründend wurde im bekämpften Bescheid insbesondere angeführt, aufgrund des geschilderten Sachverhaltes und aufgrund seines bisherigen Verhaltens im Bundesgebiet bzw. im Schengengebiet sei zu befürchten, der Beschwerdeführer werde sich - auf freiem Fuß belassen - vor allem, nachdem ihm mitgeteilt worden sei, es sei beabsichtigt, sein Asylbegehren nach Ungarn oder Slowenien mangels Zuständigkeit Österreichs abzutreten und ihn in einen dieser Mitgliedsstaaten auszuweisen - dem weiteren Zugriff der Behörde entziehen. Deshalb sei zur Sicherung seiner Ausweisung sowie zur Sicherung seiner Abschiebung in diese Mitgliedsländer seine Anhaltung in der Schubhaft unbedingt erforderlich. Er habe sein Heimatland aus wirtschaftlichen Gründen verlassen und habe in Europa Anschluss und eine Zukunft finden wollen. Weil diese Traumvorstellung durch die Mitteilung seiner Ausweisung zerstört worden sei und ihm damit die Möglichkeit der Versorgung seiner Familie und die gewünschte Integration in Österreich nicht in Aussicht gestellt werde könne, könne nur davon ausgegangen werden, dass er sich dem Ausweisungsverfahren widersetzen, in die Illegalität abtauchen und versuchen werde, seine Wunschvorstellung in anderen Wirtschaftsstaaten zu verwirklichen. Dies auch deshalb, weil seine Schwiegereltern ein Entgelt in Höhe von 4.300 Euro für die Schleppung entrichtet hätten, damit er in Europa Anschluss und eine Zukunft finden würde. Er sei in Österreich nicht berufstätig und weder sozial noch beruflich integriert. Er könne weder vertiefte familiäre Bindungen in Österreich, noch einen ordentlichen Wohnsitz oder irgendwelche Mittel zur Bestreitung seines Unterhaltes vorweisen.

Er habe durch sein Verhalten mehrfach seinen Unwillen an der Einhaltung der in Österreich geltenden Bestimmungen sowie an der Mitwirkung in seinem Asylverfahren zum Ausdruck gebracht, insbesondere dadurch, weil er keine Hinweise zu seiner Reiseroute gegeben habe.

Es könne davon ausgegangen werden, dass er sich dem Ausweisungsverfahren nach Slowenien oder Ungarn entziehen werde, um gemäß seinen Vorstellungen sich in Österreich - wenn auch illegal - aufhalten zu können, oder neuerlich illegal Grenzen überschreiten werde, um seinen Vorstellungen entsprechend Anschluss und Integration in anderen Wirtschaftsstaaten zu finden.

Von der Erlassung eines gelinderen Mittels habe daher aufgrund seines Verhaltens Abstand genommen werden müssen.

In der am 13. Juli 2006 begonnenen und am 14. Juli 2006 zu Ende geführten Gegenschrift, die dem unabhängigen Verwaltungssenat per Fax am 14. Juli 2006 um 4.30 Uhr übermittelt wurde, wurde im Wesentlichen ergänzend ausgeführt, die vom Beschwerdeführer eingebrachte "Berufung" sei eine Formvorlage, die sich nicht einmal auf den den Beschwerdeführer betreffenden Sachverhalt beziehe und Judikatur fälschlich subsumiere. Im Folgenden wurde anhand mehrer Punkte dargelegt, dass der Inhalt der Beschwerde sich mit dem tatsächlich zutreffenden Sachverhalt nicht decke und dementsprechend die Argumentation in der Beschwerde - weil sie einen anderen Sachverhalt unterstelle - ins Leere gehe. Abschließend wurde die kostenpflichtige Abweisung der gegenständlichen Schubhaftbeschwerde begehrt.

In einem ergänzenden Schriftsatz vom 14. Juli 2006 wurde dargelegt, dass eine Familientrennung und Verhängung der Schubhaft über den Beschwerdeführer unter gleichzeitiger Anwendung gelinderer Mittel gegenüber der Ehefrau und Mutter des mitgereisten minderjährigen Kindes unerlässlich gewesen sei. Dazu wurde der fremdenpolizeiliche Akt, die Gattin und teilweise auch den Sohn des Beschwerdeführers betreffend, übermittelt.

1.3. In der als "Berufung" titulierten Haftbeschwerde vom 12. Juli 2006 wird im Wesentlichen ausgeführt, sowohl die Schubhaftverhängung als auch die weitere Anhaltung in Schubhaft seien rechtswidrig.

Dazu wurde das Grundrecht zum Schutz der persönlichen Freiheit angeführt und die Unverhältnismäßigkeit der Haft geltend gemacht. In diesem Zusammenhang wurde auch angeführt, neben dem Vorliegen eines "schwebenden" Ausweisungs- bzw. Auslieferungsverfahrens und der aufgrund bestimmter Tatsachen gerechtfertigten Annahme, der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz werde mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen, ist die Verhängung der Schubhaft über einen Asylwerber gemäß § 76 Abs.2 Z.4 FPG nur zulässig, wenn die zuständige Fremdenpolizeibehörde von dem ihr eingeräumten Ermessen (arg.: "kann") im Lichte des in Art.1 Abs.3 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit festgelegten Gebotes der Verhältnismäßigkeit Gebrauch mache.

In den weiteren Ausführungen der Beschwerde wird unter anderem ausgeführt, "im bekämpften Bescheid hat der UVS die Abweisung der Schubhaftbeschwerde sowie die Feststellung, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Vorrausetzungen vorliegen, jedoch ausschließlich darauf gestützt, dass dem Beschwerdeführer als Asylwerber keine Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 36b Asylgesetz 1997 ausgehändigt wurde."

In einem nächsten Punkt wird die Verfassungswidrigkeit des § 76 Abs.2 Z.4 FPG dargestellt und auch angeführt, die Anhaltung verstoße gegen das Recht auf eine wirksame Beschwerde und gegen Art. 4 4.ZPMRK, der eine Kollektivausweisung von Fremden verbiete.

Überdies sei durch die Verhängung der Schubhaft ein Widerspruch zur Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 erkennbar, wonach dem Asylwerber zunächst die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise zu geben sei. Erst wenn sich herausstelle, dass der Asylwerber nicht freiwillig ausreise bzw. zu verstehen gebe, er werde dies nicht tun, sei eine Haftverhängung zulässig. Auch ein Widerspruch zur UNHCR-Richtlinie sei durch die Schubhaftverhängung erkennbar. Denn angesichts der negativen Auswirkungen der Haft auf die psychische Verfassung der Inhaftierten solle aktiv nach Alternativen zur Haft gesucht werden, bevor gegen Asylsuchende folgender Kategorien besonders schutzbedürftiger Personen ein Haftbefehl erlassen werde: Unbegleitete ältere Personen, Opfer von Folter oder Trauma, Personen mit geistiger oder körperlicher Behinderung.

Dies sei im Fall des Beschwerdeführers unterlassen worden, denn der Beschwerdeführer habe in seiner Heimat schlimme Erlebnisse gehabt und sei derzeit durch die Schubhaft und die Trennung von seiner Familie in einer sehr schlechten psychischen Verfassung. Die Behörde hätte als Alternative zur Schubhaft ein gelinderes Mittel anwenden müssen. Durch die Haftverhängung bestehe die Gefahr der Retraumatisierung des Beschwerdeführers.

Auf Personen, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hätten, könnten nicht die auf andere Fremde nach dem FPG 2005 zutreffenden Normen Anwendung finden und speziell die Regelungen über die Auswirkungen von Mittellosigkeit oder sichtvermerksfreier Einreise seien - auf jenen Personenkreis angewandt - regelwidrig, da Menschen auf der Flucht üblicherweise weder über Mittel noch über Sichtvermerke verfügen würden.

Daher wird beantragt, den Schubhaftbescheid, die Festnahme und die Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären, sowie die Verfahrenskosten zu ersetzen.

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat nach Einsicht in Teile des Aktes der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck betreffend den Beschwerdeführer und seine Gattin (Sich 40-1805-2006 und Sich 40-1806-2006) sowie die Beschwerdeschrift vom 12. Juli 2006 erwogen:

Der festgestellte Sachverhalt deckt sich im Wesentlichen mit dem von der belangten Behörde festgestellten (bis zur Erlassung des Schubhaftbescheids) und wurde nicht in Beschwer gezogen. Im Übrigen ergibt er sich aus den auszugsweise vorgelegten Akten der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck und der Beschwerdeschrift.

 

3.1. Hinsichtlich der Darstellung in der Beschwerde, es handle sich um ein schwebendes Ausweisungs- bzw. Auslieferungsverfahren divergierend zu jenem in der Gegenschrift zur Schubhaftbeschwerde vom 13. und 14. Juli 2006, ist jener der belangten Behörde zu folgen, weil diese durch die im Akt einliegende AIS-Auskunft, in der die persönlichen Daten des Beschwerdeführers im Asylverfahren aufscheinen, verifiziert wird.

Auch kann der Argumentation des Beschwerdeführers, er sei durch Kriegsereignisse traumatisiert, nicht gefolgt werden, war er doch zur Zeit des Kosovokrieges nicht in seinem Heimatland. So gab er in seiner niederschriftlichen Erstbefragung im Rahmen seines Asylverfahrens an, von 1997 bis 2000 als Asylwerber in Deutschland gewesen zu sein. Der Kosovokrieg hingegen, die militärische Auseinandersetzung zwischen der UCK ("Befreiungs-Armee des Kosovo") und einigen Nato-Staaten einerseits sowie der Bundesrepublik Jugoslawien andererseits, fand in der Zeit vom 24. März 1999 bis 10. Juni 1999 statt. Demnach ist es ausgeschlossen, dass der Beschwerdeführer durch diesen Krieg traumatisiert ist.

Ein Sachverhalt, der sich auf § 76 Abs.2 Z.4 FPG stützt oder bei dem die mangelnde Aushändigung einer Aufenthaltskarte eine rechtlich relevante Komponente aufweisen würde, kann unter Zugrundelegung des konkreten Sachverhalts nicht nachvollzogen werden.

3.2. Gemäß § 82 Abs.1 FPG hat der Fremde das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1. wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Der Beschwerdeführer wird seit 4. Mai 2006 in Schubhaft angehalten. Damit ist er zur Einbringung der Schubhaftbeschwerde legitimiert.

3.3. Gemäß § 76 Abs.2 Z2 leg.cit. kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 Asylgesetz 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen,

wenn gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde.

 

Gemäß § 27 Abs.1 Z.1 des Asylgesetzes 2005 ist ein Ausweisungsverfahren ex lege eingeleitet, wenn dem Asylwerber im Zulassungsverfahren mitgeteilt wird, dass beabsichtigt wird, seinen Antrag abzuweisen oder zurückzuweisen (§ 29 Abs.3 Z.4 und 5 - vgl. Bruckner/Doskozil/Mart/Taucher/Vogel Sonderausgabe 2005 Fremdenrechtspaket S 84.)

 

Im gegenständlichen Fall wurde der Asylantrag in Österreich am 24. April 2006 eingebracht. Der Schriftsatz des Bundesasylamtes EAST-West vom 28. April 2006, mit dem dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht wurde, es würden Konsultationen gemäß dem Dublinabkommen mit Ungarn und Slowenien geführt, wurde ihm am 4. Mai 2006 ausgefolgt. Das Ausweisungsverfahren war mit dieser Mitteilung an den Beschwerdeführer eingeleitet. Nachdem das Konsultationsverfahren, das im Rahmen des Ausweisungsverfahrens geführt wurde, negativ verlaufen war, wurde mit Mitteilung des Bundesasylamtes vom 9. Juni 2006 dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen (§ 29 Abs.3 Z.5 Asylgesetz). Dieses Schreiben wurde ihm am 12. Juni 2006 ausgefolgt.

 

Die belangte Behörde ist damit zu Recht von der Annahme ausgegangen, dass gegen den Beschwerdeführer nach den Bestimmungen des Asylgesetztes 2005 ein Ausweisungsverfahren durchgeführt wurde und die Schubhaft auf der Grundlage des § 76 Abs.2 Z.2 verhängt werden kann.

 

3.3. Gemäß § 77 Abs.1 FPG kann die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werde.

Gemäß Abs.3 leg.cit. kommt als gelinderes Mittel insbesondere die Anordnung in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen oder sich in periodischen Abständen bei dem dem Fremden bekannt gegebenen Polizeikommando zu melden.

 

Die belangte Behörde ist im konkreten Fall zu Recht davon ausgegangen, dass gelindere Mittel nicht in Betracht zu ziehen sind, weil es dem Beschwerdeführer ganz offensichtlich aus wirtschaftlichen Gründen darauf angekommen ist, nach Österreich zu kommen und hier zu bleiben. Dies wurde von ihm auch selbst angegeben.

Er hätte - wäre er der Verfolgung in seinem Heimatland ausgesetzt gewesen - in einem an Österreich grenzenden Mitgliedsstaat der europäischen Union, durch den seine Reiseroute am Landweg nach Österreich geführt hat, Asyl beantragen können und nicht einen weiteren illegalen Grenzübertritt nach Österreich innerhalb der europäischen Union durchführen müssen.

Der Argumentation der belangten Behörde ist beizupflichten, wenn sie annimmt, der Beschwerdeführer, der mit seiner Gattin und seinem minderjährigen Kind nach Österreich gekommen war, um hier ein aus seiner Sicht wirtschaftlich besseres Leben zu führen, werde nach Kenntnis, dass er in Österreich voraussichtlich nicht als Asylant anerkannt wird, nicht davor zurückscheuen, in einen anderen wirtschaftlich gut situierten Staat zu gelangen, wie z.B. in die Schweiz, wo auch sein Bruder als anerkannter Flüchtling lebt, um eine finanzielle Besserstellung zu erreichen.

 

Aus dem Gesamtverhalten des Beschwerdeführers ist ersichtlich, dass er nicht gewillt ist, sich der österreichischen Rechtsordnung konform zu verhalten, und seinen Verbleib in Österreich oder die Stellung eines Asylantrages in einem anderen Industriestaat durch Abtauchen in die Illegalität durchsetzen wird.

 

3.4. Gemäß § 80 Abs.1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hin zu wirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf gemäß Abs.2 leg.cit. solange aufrecht erhalten werden, bis der Grund für die Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf, außer in den Fällen der Abs.3 und 4, insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.

Gemäß Abs.5 des § 80 FPG kann in Fällen, in denen die Schubhaft gemäß § 76 Abs.2 verhängt wurde, diese bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden, es sei denn, es liege auch ein Fall des Abs.4 Z.1 bis 3 vor.

Wird der Berufung gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 Asylgesetz 2005 zuerkannt, darf die Schubhaft bis zur Entscheidung des unabhängigen Bundesasylsenates aufrecht erhalten werden. Darüber hinaus darf die Schubhaft nur aufrecht erhalten werden, wenn der unabhängige Bundesasylsenat eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt.

 

Im konkreten Fall wurde die Schubhaft am 4. Mai 2006 gemäß § 76 Abs.2 verhängt.

Gegen die Entscheidung des Bundesasylamtes vom 29. Juni 2006, mit dem das Asylbegehren des Beschwerdeführers abgewiesen wurde, erhob dieser Berufung und er beantragte die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Damit ist die Entscheidung über seinen Antrag noch nicht rechtskräftig und die Anhaltung erfolgt innerhalb des (zeitlichen) Rahmens des § 80 FPG und ist zulässig.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Ziel der Schubhaft nicht mehr realisierbar ist, daher ist auch deren weitere Aufrechterhaltung zum gegenwärtigen Zeitpunkt zulässig.

 

3.5. Die Verhängung der Schubhaft ist verhältnismäßig, denn dem Recht des Beschwerdeführers auf persönliche Freiheit steht das Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung gegenüber. Um diese zu gewährleisten, war der Eingriff in das Recht der persönlichen Freiheit des Beschwerdeführers notwendig.

Aufgrund des Verhaltens des Beschwerdeführers, nämlich des mehrfachen illegalen Grenzübertrittes und seiner Erwartung einer wirtschaftlichen Besserstellung in Österreich, ist anzunehmen, dass er den Verbleib in Österreich auch durch Untertauchen in die Anonymität aufrecht erhalten wird. Da somit vorliegend die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung nur durch die Verhängung der Schubhaft gewährleistet ist, ist letztere auch unter dem Aspekt des Verhältnismäßigkeitsgebotes gerechtfertigt.

 

3.6. Die Trennung des Rechtsmittelwerbers von seiner Gattin und dem gemeinsamen Kind, mit denen er sein Heimatland verlassen hat, war gerechtfertigt, weil die Vorrausetzungen der Verhängung der Schubhaft auch bei seiner Ehegattin zu bejahen gewesen wären. Die belangte Behörde hat jedoch aufgrund des geringen Alters des Kindes davon Abstand genommen und über die Gattin das gelindere Mittel der Unterbringung in der EAST-West angewandt, um die Betreuung des Kindes zu gewährleisten.

 

3.7. Von einer Traumatisierung des Beschwerdeführers kann im konkreten Fall nicht ausgegangen werden, befand er sich doch während der Zeit des Kosovokrieges in Deutschland (siehe oben) - eine weitere Auseinandersetzung mit seinem diesbezüglichen Vorbringen erübrigt sich daher.

3.8. Soweit der Beschwerdeführer in der Verhängung der Schubhaft einen Verstoß gegen das Recht auf eine wirksame Beschwerde geltend macht, wird auf dieses Verfahren hingewiesen, wonach es ihm offensichtlich nicht verunmöglicht wurde, eine Schubhaftbeschwerde zu erheben. Auch kann im konkreten Fall nicht von einer Kollektivausweisung von Fremden und damit von einem Verstoß gegen Art.4 4.ZPMRK gesprochen werden, weil die konkreten Verhältnisse des Beschwerdeführers geprüft und erwogen wurden.

 

3.9. Dem Vorbringen der Beschwerde, die Schubhaft dürfe nicht wegen Mittellosigkeit oder wegen Verstoßes gegen das Sichtvermerksabkommen bei einem Asylwerber verhängt werden, ist zu entgegnen, dass diese Aspekte im konkreten Verfahren letztlich bedeutungslos sind und sich die Verhängung der Schubhaft auf gravierende andere Aspekte (siehe oben) stützt.

 

3.10. Sofern durch die Schubhaftverhängung ein Widerspruch zur Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 gesehen wird, ist dem entgegen zu halten, dass im konkreten Fall, wie oben dargestellt, die Annahme gerechtfertigt ist, der Beschwerdeführer werde sich dem fremdenpolizeilichen Verfahren entziehen. Aus diesem Grund konnte auch nicht angenommen werden, der Asylwerber werde freiwillig ausreisen. Deshalb konnte auch kein gelinderes Mittel angewandt werden und die Verhängung einer Haft war unumgänglich.

 

3.11. Im vorliegenden Fall ist der Beschwerde zuwider auch keine Verfassungswidrigkeit des § 76 Abs.2 Z.4 FPG erkennbar. Diese Gesetzesstelle war nicht zu prüfen, weil sich die gegenständliche Entscheidung gar nicht auf diese Gesetzesstelle stützt und letztere damit nicht präjudiziell war.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war über Antrag der belangten Behörde als obsiegende Partei nach § 79a AVG iVm der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 234/2003, ein Verfahrensaufwand in Höhe von insgesamt 271,80 Euro (Vorlageaufwand: 51,50 Euro; Schriftsatzaufwand 220,30 Euro) zuzusprechen.

Analog dem § 59 Abs.4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von zwei Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die Neuregelung idF BGBl. Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl. Erl. zur RV, 130 BlgNR 19 GP, 14f).

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Mag. Bergmayr-Mann

 

 

 

 

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