Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400832/4/Ste/BP/Se

Linz, 27.07.2006

 

 

VwSen-400832/4/Ste/BP/Se Linz, am 27. Juli 2006

DVR.0690392

 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag.Dr. Wolfgang Steiner über die Beschwerde des O A, wegen Anordnung der Schubhaft unmittelbar im Anschluss an die Entlassung aus der verbüßten Strafhaft durch den Bezirkshauptmann des Bezirks Schärding, zu Recht erkannt:

 

 

  1. Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
  2. Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann des Bezirks Schärding) Kosten in Höhe von 271,80 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz - FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 99/2006) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG und der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 334/2003.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns des Bezirks Schärding vom 17. Juli 2006, Sich40-8804, wurde Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung unmittelbar im Anschluss an die Entlassung aus der vom Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) verbüßten Strafhaft gemäß § 76 Abs. 1 und 3 iVm § 77 und § 6 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) iVm § 58 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) angeordnet.

Begründend wird im genannten Bescheid dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Bf nicht die österreichische Staatsbürgerschaft sondern - nach eigenen Angaben - die nigerianische Staatsbürgerschaft und somit Fremder gemäß § 2 Abs. 4 Z. 1 FPG ist. Der Bf wurde zuletzt am 12. Jänner 2006 durch das Landesgericht für Strafsachen Wien unter der GZ: 43 HV 208/2006D, rechtskräftig seit 12. Jänner 2006, nach § 28 Abs. 2 und 3 (1. Fall) des Suchtmittelgesetzes (=große Menge Suchtgift) zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt. Gleichzeitig lebte eine vorhergehend ausgesprochene bedingte Freiheitsstrafe von 6 Monaten - rechtskräftiges Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 13. Februar 2004, GZ: 63 E HV 6/2004V, nach § 27 iVm § 15 Strafgesetzbuch (Freiheitsstrafe 9 Monate, Probezeit 3 Jahre) wegen einer, auf gleicher schädlicher Neigung beruhenden Straftat, nämlich gewerbsmäßiger Suchtgiftüberlassung - wieder auf. Am 31. Jänner 2006 wurde der Bf von der Justizanstalt Josefstadt in Wien zur weiteren Strafhaftverbüßung in die Justizanstalt Suben überstellt und das Strafhaftende mit 30. Dezember 2007 (1/2 = 30. November 2006, 2/3 = 10. April 2007) errechnet.

Aufgrund der vorangeführten rechtskräftigen Verurteilungen bestehe gegen den Bf ein - unter Ausschluss der aufschiebenden Wirkung ausgesprochenes - unbefristetes Aufenthaltsverbot der BPD Wien (Bescheid vom 21. Februar 2006, Zl. III-1154087/FrB/06, rechtskräftig nach Berufung seit 3. Mai 2006).

Zu dem im Bundesgebiet anhängig gewesenen Asylverfahren des Bf könne dem Asylwerberinformationssystem (AIS) entnommen werden, dass der Asylantrag (EDV-Zl. 03 08.872), gestellt am 17. März 2003 beim Bundesasylamt, Außenstelle Linz, seit 25. Dezember 2004 erstinstanzlich rechtskräftig negativ beschieden wurde und die gleichzeitig durch die Asylbehörde ausgesprochene Ausweisung seit ebenfalls 25. Dezember 2004 in erster Instanz in Rechtskraft erwachsen ist.

Die dem Bf im Asylverfahren zuerkannte Aufenthaltsberechtigung (gültig ab 10. November 2004), sei am 3. März 2005 widerrufen worden. Der Bf besitzt kein Reisedokument, weshalb seine Identität und Nationalität nur aufgrund seiner eigenen Angaben angenommen werden könne. Darüber hinaus sei er völlig mittellos.

Es wurde zwischenzeitlich am 5. Juli 2006 im Wege des Bundesministeriums für Inneres bei der Vertretung des Staates Nigeria um ein Heimreisezertifikat für den Bf zum Zweck der Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet angesucht. Eine Vorführung seiner Person zur persönlichen Befragung bei der nigerianischen Botschaft sei jedoch noch erforderlich.

Die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme im Rahmen dieses Verfahrens sei dem Bf gemäß § 45 AVG in der Justizanstalt Suben persönlich am 27. Juni 2006 nachweislich ausgehändigt worden. In seiner Stellungnahme vom 8. Juli 2006 führte der Bf aus, dass er die gegen ihn getroffenen und geplanten Maßnahmen im Bereich des Fremden- sowie Asylrechts zur Kenntnis nehme, äußerte jedoch den Wunsch - im Falle der Nichtausstellung eines Heimreisezertifikates durch sein Heimatland Nigeria - in ein Land seiner Wahl ausreisen zu können.

Mit dem angefochtenen Bescheid ordnete die belangte Behörde Schubhaft an, um die Ausstellung des bei der nigerianischen Vertretungsbehörde bereits angeforderten Heimreisezertifikats für den Bf auch abwarten zu können; weiters um die Abschiebung des Bf auch bei Einlangen des Heimreisezertifikats nach seiner Entlassung aus der Strafhaft gewährleisten zu können. Im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung erscheine aufgrund der Einstellung des Bf zur österreichischen Rechtsordnung sowie aufgrund der daraus resultierenden gerichtlichen Verurteilungen, der bisher unbestätigten Identität und Nationalität und seines derzeit unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet der Republik Österreich die Schubhaftanordnung/-verhängung gerechtfertigt und diene zur Sicherung der Abschiebung.

Die Anwendung gelinderer Mittel gemäß § 77 Abs. 1 FPG komme nicht in Frage, da aufgrund des dargestellten Sachverhalts und insbesondere wegen der mangelnden Beteiligung des Bf am Asylverfahren durch zweimaligen unbekannten Aufenthalt, was jeweils eine Einstellung des Verfahrens bis zum neuerlichen Bekanntwerden seines tatsächlichen Aufenthalts nach sich zog, zu befürchten, dass der Bf bei nicht Verhängung und Vollzug nach verbüßter Haftstrafe der Schubhaft sofort untertauchen werde.

1.2. Der Bf befindet sich zum Zeitpunkt der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenats in Strafhaft und soll erst im Anschluss an diese, in Schubhaft genommen werden.

 

2.1. Gegen die Anordnung der Schubhaft nach der Strafhaft richtet sich die vorliegende, am 24. Juli 2006 beim Oö. Verwaltungssenat eingelangte Beschwerde.

Darin erhebt der Bf zwar keinerlei Einwendungen gegen die Darstellungen des bekämpften Bescheids, merkt jedoch an, dass die Nicht-Verhängung der Schubhaft ihn hinkünftig zu rechtstreuem Verhalten motivieren würde. Dies kann dahin gehend gedeutet werden, dass er gemäß § 77 Abs. 1 FPG die Verhängung gelinderer Mittel als die Schubhaft fordert.

2.2. Die belangte Behörde hat den bezughabenden Akt vorgelegt und beantragt, die Schubhaftbeschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Schärding; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 83 Abs. 2 Z. 1 FPG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt ist.

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

Der Bf ist - nach eigenen Angaben - nigerianischer Staatsbürger und somit Fremder gemäß § 2 Abs. 4 Z. 1 FPG. Er wurde zuletzt am 12. Jänner 2006 durch das Landesgericht für Strafsachen Wien unter der GZ: 43 HV 208/2006D, rechtskräftig seit 12. Jänner 2006, nach § 28 Abs. 2 und 3 (1. Fall) des Suchtmittelgesetzes (=große Menge Suchtgift) zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt. Gleichzeitig lebte eine vorhergehend ausgesprochene bedingte Freiheitsstrafe von 6 Monaten - rechtskräftiges Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 13. Februar 2004, GZ: 63 E HV 6/2004V, nach § 27 iVm § 15 Strafgesetzbuch (Freiheitsstrafe 9 Monate, Probezeit 3 Jahre) wegen einer, auf gleicher schädlicher Neigung beruhenden Straftat, nämlich gewerbsmäßiger Suchtgiftüberlassung - wieder auf. Am 31. Jänner 2006 wurde der Bf von der Justizanstalt Josefstadt in Wien zur weiteren Strafhaftverbüßung in die Justizanstalt Suben überstellt und das Strafhaftende mit 30. Dezember 2007 (1/2 = 30. November 2006, 2/3 = 10. April 2007) errechnet.

Gegen den Bf besteht ein - unter Ausschluss der aufschiebenden Wirkung ausgesprochenes - unbefristetes Aufenthaltsverbot der BPD Wien (Bescheid vom 21. Februar 2006, Zl. III-1154087/FrB/06) das - nach Berufung - seit 3. Mai 2006 rechtskräftig ist.

Der ursprüngliche Asylantrag des Bf (EDV-Zl. 03 08.872), gestellt am 17. März 2003 beim Bundesasylamt, Außenstelle Linz (seit 25. Dezember 2004 erstinstanzlich rechtskräftig) wurde negativ beschieden. Das Asylverfahren musste zweifach wegen unbekannten Aufenthalts des Bf unterbrochen werden.

Die gleichzeitig durch die Asylbehörde ausgesprochene Ausweisung erwuchs seit ebenfalls 25. Dezember 2004 in erster Instanz in Rechtskraft.

Die dem Bf im Asylverfahren zuerkannte Aufenthaltsberechtigung (gültig ab 10. November 2004), wurde am 3. März 2005 widerrufen. Der Bf besitzt kein Reisedokument, weshalb seine Identität und Nationalität nur aufgrund seiner eigenen Angaben angenommen werden kann. Darüber hinaus ist er völlig mittellos.

Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns des Bezirks Schärding vom 17. Juli 2006, Sich40-8804, wurde Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung unmittelbar im Anschluss an die Entlassung aus der vom Bf verbüßten Strafhaft gemäß § 76 Abs. 1 und 3 iVm § 77 und § 6 FPG iVm § 58 AVG angeordnet.

Am 5. Juli 2006 wurde im Wege des Bundesministeriums für Inneres bei der Vertretung des Staates Nigeria um ein Heimreisezertifikat für den Bf zum Zweck der Abschiebung aus dem österreichischem Bundesgebiet angesucht. Eine Vorführung seiner Person bei der nigerianischen Botschaft steht noch aus.

3.3. Der Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus den vorliegenden Dokumenten.

4. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 82 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100/ 2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 99/2006, hat ein Fremder das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

  1. wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;
  2. wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder
  3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

Gemäß § 83 Abs. 1 FPG ist zur Entscheidung über die Beschwerde der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Bf festgenommen wurde.

Eine weitere Zuständigkeitsbestimmung für die Unabhängigen Verwaltungssenate enthält das FPG nicht; allenfalls wäre subsidiär das AVG anzuwenden.

4.2. Im vorliegenden Fall steht unbestritten fest, dass der Bf zuletzt einerseits jedenfalls nicht in Oberösterreich und andererseits nicht auf der Basis des FPG festgenommen wurde.

Der Bf wurde in Oberösterreich auch sonst nicht auf Grund des FPG festgenommen, sondern befindet sich aufgrund des Urteils des Landesgerichtes für Strafsachen Wien in der Justizanstalt Suben in Strafhaft. Auch sonst ist kein Anknüpfungspunkt für eine Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenats erkennbar.

Damit liegt aber keine Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates Oberösterreich vor (vgl. in diesem Sinn bereits die Entscheidungen des Oö. Verwaltungssenats vom 17. Februar 2006, VwSen-400769/4, und vom 25. April 2006, VwSen-400781/6).

Die Beschwerde war daher nach § 83 Abs. 2 FPG iVm § 67c Abs. 3 AVG mangels Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenats als unzulässig zurückzuweisen.

4.3. Gemäß § 83 Abs. 2 FPG iVm § 79a Abs. 1 AVG hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wird die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen oder zurückgezogen, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei (§ 79a Abs. 3 AVG).

Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Rechtsträger der belangten Behörde (Bund) nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z. 3 AVG iVm § 1 Z. 3 und 4 der UVS-Aufwandsersatzverordnung, BGBl. II Nr. 334/2003, Kosten in Höhe von insgesamt 271,80 Euro (Vorlageaufwand: 51,50 Euro; Schriftsatzaufwand: 220,30 Euro) zuzusprechen.

4.4. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

5. Sollte der Bf mit der vorliegenden Beschwerde auch beabsichtigt haben, eine Berufung gegen das gegen ihn verhängte Aufenthaltsverbot einzubringen, was aus dem Beschwerdetext jedoch nicht klar hervorgeht, verweist ihn der Unabhängige Verwaltungssenat mangels sachlicher Zuständigkeit gemäß § 6 Abs. 1 AVG an die dafür zuständige Stelle (Einbringung der Berufung bei der Behörde, die den bekämpften Bescheid in erster Instanz erlassen hat).

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Wolfgang Steiner

 

 

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