Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420010/14/Gf/Kf

Linz, 29.04.1992

VwSen - 420010/14/Gf/Kf Linz, am 29. April 1992 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Beschwerde der I, vertreten durch deren handelsrechtliche Geschäftsführerin Susanne Schmidbauer, diese vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Emmerich Welzl, Dr. Oskar Welzl und Dr. Christian Pötzl, Fabrikstraße 3, 4020 Linz, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der Post- und Telegraphendirektion für Oberösterreich und Salzburg in Linz als Postbehörde I. Instanz nach der am 21. April 1992 in Anwesenheit der Vertreter der Beschwerdeführerin, Susanne S und Dr. Christian Pötzl, und des Vertreters der belangten Behörde, Dr. Hermann S, durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerdeführerin ist dadurch, daß sie die belangte Behörde vom Eintreffen einer Paketsendung im Zuge des zollrechtlichen Stellungsverfahrens nicht verständigte und stattdessen diese an den Absender zurücksendete, in ihren Rechten verletzt werden; der Beschwerde wird daher gemäß § 67c Abs.3 AVG stattgegeben.

II. Die Post- und Telegraphendirektion für Oberösterreich und Salzburg in Linz als Postbehörde I. Instanz als belangte und hinsichtlich der festgestellten Rechtswidrigkeit für den Bund tätig gewordene Behörde ist gemäß § 79a AVG verpflichtet, der Beschwerdeführerin die mit 16.810 S zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig bestimmten Kosten zu Handen ihres Vertreters binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der Beschwerdeführerin in Höhe von 20.028,20 wird abgewiesen.

Entscheidungsgründe:

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Im Wege eines Versendungskaufes (Rechnungsdatum: 6. Dezember 1991) erwarb die in Linz ansässige Beschwerdeführerin von der Fa. S GmbH&CoKG in Hildesheim (BRD) sechs VHF-Handfunkgeräte des Typs YAESU FT-26 zu einem Gesamtpreis von 2.203,20 DM. Die Verkäuferin übergab diese Kaufgegenstände vereinbarungsgemäß am 5. Dezember 1991 als Paketsendung der Post in Hildesheim zur Beförderung. Das Verzollungspostamt 4020 Linz-Donau, ein Organ der Postund Telegraphendirektion für Oberösterreich und Salzburg in Linz als Postbehörde I. Instanz, verfügte am 16. Dezember 1991 ohne vorherige Kontaktnahme mit der Beschwerdeführerin die Rücksendung dieses Paketes mit dem Vermerk: "nicht zulässig". Mit Telefax vom 7. Jänner 1992 verständigte die Verkäuferin die Beschwerdeführerin von der Rückstellung der Paketsendung.

1.2. Gegen diese sonach unterbliebene Paketzustellung und Rücksendung wendet sich die Beschwerdeführerin mit der vorliegenden, am 17. Februar 1992 zur Post gegebenen und auf § 67c AVG gestützten Beschwerde, mit der eine rechtswidrig in die Grundrechte der Eigentums- und Erwerbsfreiheit eingreifende sowie post- und zollrechtliche Vorschriften verletzende Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt geltendgemacht wird.

2.1. Dazu bringt die Beschwerdeführerin begründend vor, daß die Nichtbeförderung eines Postpaketes bzw. die Nichtzustellung an den Empfänger und Rücksendung an den Absender eine Maßnahme unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt bilde. Nach der Postordnung seien Postsendungen zu befördern, soweit soweit die zu befördernden Sachen zur Postbeförderung zugelassen bzw. von dieser nicht ausgeschlossen sind, wie dies für die in Rede stehenden Funkgeräte zutreffe. Eine Zurücksendung sei hingegen nur in den - hier nicht vorliegenden - Fällen statthaft, wo entweder Postsendungen nach den Bestimmungen der Postordnung dem Absender zurückzugeben sind, deren Abgabe an den Empfänger unmöglich ist oder deren Abgabe unzulässig ist. Von der Unzulässigkeit der Abgabe hätte jedoch nicht allein deshalb ausgegangen werden dürfen, weil die beförderten Funkgeräte sowohl einer Einfuhr- als auch einer Vertriebsbewilligung nach der Privatfernmeldeanlagenverordnung bedürfen. Vielmehr hätte die belangte Behörde unter diesem Aspekt in Beachtung der Bestimmungen des Zollgesetzes entweder die Beschwerdeführerin auffordern müssen, sich die erforderliche Einfuhrbewilligung zu verschaffen, um eine Postverzollung vornehmen lassen zu können oder die Selbstverzollung zu beantragen. Tatsächlich sei jedoch weder die Beschwerdeführerin zur Beibringung einer Einfuhrbewilligung aufgefordert worden noch habe die belangte Behörde die Bestimmungen über die Selbstverzollung eingehalten, weil sie weder die Postsendung dem Zollamt übergeben noch die Beschwerdeführerin mit der gleichzeitigen Aufforderung um Beantragung der zollamtlichen Abfertigung vom Eintreffen der Sendung verständigt habe.

Aus diesen Gründen wird die Feststellung der Rechtswidrigkeit des behördlichen Handelns beantragt.

2.2. Dagegen wendet die Post- und Telegraphendirektion für Oberösterreich und Salzburg in Linz als Postbehörde I. Instanz (im folgenden kurz: Post- und Telegraphendirektion) als belangte Behörde ein, daß die Tätigkeit von bloßen Postämtern von vornherein keine behördliche sei und diese daher auch keine Befehls- und Zwangsgewalt ausüben könnten. Insbesondere die Beförderungsleistungen der Post seien jedenfalls bloß privatrechtlicher Natur. Gleiches gelte für die Funktion der Post als Anmelder im zollbehördlichen Verfahren, wo die Stellung zur Verzollung nur eine Nebenleistung der Post im Rahmen der Postbeförderung darstelle. Weiters sehe daß Postgesetz vor, daß bei Streitigkeiten über die Einhaltung der Beförderungsbedingungen die Post- und Telegraphendirektion als Postbehörde I. Instanz zur Entscheidung berufen ist. Aus allen diesen Gründen sei daher eine unmittelbare Anrufung des unabhängigen Verwaltungssenates nicht zulässig.

Schließlich sei aber das Vorbringen der Beschwerdeführerin auch materiell nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit der Handlung der belangten Behörde darzutun. Denn die Paketsendung sei deshalb als unzustellbar behandelt und an den Absender zurückgestellt worden, weil - wie die Beschwerdeführerin selbst eingesteht - für die Funkgeräte keine Einfuhrgenehmigung vorlag. In diesem Falle verpflichte aber keine gesetzliche Vorschrift die belangte Behörde, den Empfänger von der Rücksendung zu verständigen.

Aus diesen Gründen wird die Zurück-, in eventu die Abweisung der Beschwerde beantragt.

2.3. In ihrer Stellungnahme zur Gegenschrift repliziert die Beschwerdeführerin, daß die rechtliche Besorgung des Postwesens nach den Vorschriften des Postgesetzes regelmäßig in Form der Hoheitsverwaltung zu erfolgen habe. Im gegenständlichen Fall stehe außerdem nicht die Frage, ob die Post die Beförderungsbedingungen eingehalten hat, sondern lediglich zur Diskussion, weshalb und auf welcher Rechtsgrundlage die vom Absender mit einer Zollerklärung versehene Sendung für "nicht zulässig" erklärt wurde. Wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift implizit behaupte, daß das Zollamt bereits tätig geworden sei (indem sie darauf hinweise, daß das Zollamt die Unzulässigkeit der Einfuhr feststellte), so würde allein schon daraus resultieren, daß diese im Zollgesetz - und nicht im Postgesetz oder in der Postordnung - geregelten Aufgaben der Post jedenfalls hoheitlicher Natur gewesen wären; tatsächlich sei jedoch anhand der vorliegenden Unterlagen festzustellen, daß das Zollamt offenbar gar nicht tätig geworden, sondern das Paket vielmehr von einem Postorgan unbefugt geöffnet worden sei, wobei auch ein derartiger Verstoß gegen das Postgesetz keine Frage der Einhaltung der Beförderungsbedingungen, sondern ein hoheitlicher Akt sei. Schließlich sei auch zu vermuten, daß die Beurteilung der verfahrensgegenständlichen Sendung als "nicht zulässig" nicht auf der Grundlage des Postgesetzes, sondern tatsächlich auf der Grundlage der Privatfernmeldeanlagenverordnung erfolgte, wofür aber nicht die belangte Behörde, sondern die Post- und Telegraphendirektion als Fernmeldebehörde zuständig gewesen wäre.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben im Wege der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu der als Parteien Susanne Schmidbauer als handelsrechtliche Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin und deren Rechtsvertreter Rechtsanwalt Dr. Christian Pötzl sowie Dr. Hermann Savernik im Auftrag der Finanzprokuratur als Vertreterin der belangten Behörde sowie als Zeugen Siegfried Kitzmüller und Walter Puchner erschienen sind.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde der oben unter 1. dargestellte Sachverhalt als erwiesen festgestellt.

4. Über die vorliegende Beschwerde hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Zur Zulässigkeit:

4.1.1. Nach Rechtsprechung und Lehre ist die Tätigkeit der Post grundsätzlich der Hoheitsverwaltung zuzurechnen (vgl. z.B. R. Walter - H. Mayer, Grundriß des Besonderen Verwaltungsrechts, 2. Auflage, Wien 1987, 510); dies wird schon daran deutlich, daß das Postgesetz (BGBl.Nr. 58/1957, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 575/1989, im folgenden: PostG) in den §§ 6 bis 8 eine Beförderungspflicht entsprechend den Beförderungsbedingungen normiert und für die Entscheidung von Streitigkeiten darüber, ob diese Beförderungsbedingungen eingehalten wurden, die Erledigung durch Bescheid vorsieht. Die Zuordnung zur Hoheitsverwaltung gilt daher nicht nur für jene Bereiche des Postwesens, in welchen die Postbehörde unmittelbar durch Bescheid zu entscheiden hat, sondern insbesondere auch für die im II. Abschnitt des PostG geregelten Beförderungsaufgaben der Post. In diesem Zusammenhang kommt es auch nicht darauf an, ob es sich um Postsendungen handelt, die dem Beförderungsvorbehalt (§§ 9 bis 12 PostG) unterliegen oder nicht, weil die gegebenenfalls daraus resultierende Monopolstellung der Post nichts über die Form der Aufgabenbesorgung und deren Zurodnung zum Bereich der Hoheits- oder Privatwirtschaftsverwaltung aussagt (sondern allenfalls Probleme im Zusammenhang mit Fragen eines Kontrahierungszwanges aufwirft). Ist nun aber eine gesetzliche Aufgabe der Verwaltung - wie die Beförderungspflicht der Post - grundsätzlich hoheitlicher Natur, so sind alle damit zusammenhängenden Vorkehrungen zur Besorgung derselben als in Vollziehung der Gesetze getroffen anzusehen, d.h. der gesamte Tätigkeitsbereich, der die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben zum Gegenstand hat, ist einheitlich als hoheitlich zu beurteilen, selbst wenn einzelne Teile dieser Aufgabe so erfüllt werden, wie sie für sich genommen nach ihrem äußeren Erscheinungsbild auch von jedem Privaten vorgenommen werden könnten (vgl. dazu jüngst OGH v. 26.6.1991, 1 Ob 11/91 = JBl 1992, 122 ff, m.w.N.). Für den vorliegenden Fall bedeutet dies somit, daß die postalische Beförderung von Paketsendungen dem Bereich der Hoheitsverwaltung des Bundes zuzurechnen und die damit im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten sämtliche behördlicher Natur sind.

4.1.2. Soweit die Post im Zuge ihrer Beförderungsaufgaben gegen die in der aufgrund § 7 PostG erlassenen Postordnung, BGBl.Nr. 110/1957, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 396/1990 (im folgenden: PostO), geregelten Beförderungsbedingungen verstößt, sieht § 8 PostG grundsätzlich vor, daß über derartige Streitigkeiten in erster Instanz die örtlich zuständige Post- und Telegraphendirektion zu entscheiden hat und gegen deren Entscheidung Berufung an den Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr erhoben werden kann. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn ein derartiger Verstoß durch die Ausübung von verwaltungsbehördlicher Befehlsund Zwangsgewalt eingetreten ist, weil diesbezüglich mit der B-VG-Novelle BGBl.Nr. 685/1988 eine - lediglich eine die Finanzstrafsachen des Bundes betreffende Ausnahme zulassende - ausschließliche Prüfungskompetenz zugunsten der unabhängigen Verwaltungssenate schon auf Verfassungsebene eingerichtet wurde (vgl. Art. 129a Abs. 1 Z.2 B-VG und dazu den Bericht des Verfassungsausschusses, 668 BlgStenProtNR, 17. GP, 2, aus dem insbesondere auch hervorgeht, daß sich der Vorbehalt des Art. 129a Abs.1 B-VG: "sofern ein solcher in Betracht kommt" nicht auch auf den Typus der in Z.2 geregelten Maßnahmenbeschwerde bezieht). In diesem Sinne erscheint auch das von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift bezogene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29.9.1976, B 222/75 (= VfSlg 7861/1976) als überholt. Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher bei der im Sinne der zuvor angeführten B-VG-Novelle gebotenen verfassungskonformen Interpretation des § 8 PostG nicht wegen Nichterschöpfung des Instanzenzuges als unzulässig.

4.1.3. Wie durch die Rechtsprechung und Lehre klargestellt ist, kann grundsätzlich auch im Unterlassen einer gesetzlich gebotenen Tätigkeit durch die Behörde eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehlsund Zwangsgewalt gelegen sein; Voraussetzung ist hiebei, daß ein gezielt auf die Verweigerung der gesetzlich gebotenen Handlung gerichtetes Unterlassen (sog. "finale Untätigkeit") der Behörde vorliegt (vgl. z.B. VwSlg 10636 A/1982; VwSlg 10768 A/1982; VfSlg 6101/1969; VfSlg 7848/1976; VfSlg 11650/1988; VwSen-400042 v. 18.9.1991; B.C. Funk, Von der "faktischen Amtshandlung" zum "verfahrensfreien Verwaltungsakt", ZfV 1987, 628; P. Oberndorfer, Handlungsformen der Verwaltung und Rechtsschutz, in: G. Ress (Hrsg), Entwicklungstendenzen im Verwaltungsverfahrensrecht und in der Verwaltungsgerichtsbarkeit, Wien 1990, 45 f und 52 f). Die behauptete Nichtausfolgung der Paketsendung, deren Zurückstellung an den Absender und die Unterlassung der Verständigung der Beschwerdeführerin als Empfängerin dieser Sendung stellen nun (soweit sie nicht ohnehin schon - wie die Zurücksendung - ein positives Tun verkörpern) solcherart zielgerichtete Untätigkeiten der Behörde dar, die - an diesem Punkt die entsprechenden Behauptungen der Beschwerdeführerin als zutreffend unterstellt - unter den Begriff der Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt i.S.d. Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG i.V.m. § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG zu subsumieren sind.

4.1.4. Gemäß § 67c Abs. 1 AVG sind Maßnahmenbeschwerden innerhalb von sechs Wochen ab dem Zeitpunkt, in dem der Beschwerdeführer von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Kenntnis erlangt hat, einzubringen. In vorliegenden Fall wurde die Beschwerdeführerin am 7. Jänner 1992 von der Rückstellung der Paketsendung an den Absender informiert; sie hat am 17. Februar 1992 - also einen Tag vor Ablauf der sechswöchigen Beschwerdefrist - Beschwerde erhoben. Die vorliegende Beschwerde ist somit rechtzeitig.

4.1.5. Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen des § 67c Abs. 2 AVG erfüllt sind, ist die Beschwerde somit insgesamt als zulässig anzusehen.

4.2. In der Sache selbst:

4.2.1. Gemäß den §§ 6 und 7 PostG ist die Post - von für den gegenständlichen Fall unmaßgeblichen Ausnahmen abgesehen - generell verpflichtet, die Postsendungen (also auch Pakete; vgl. § 1 PostO) den Beförderungsbedingungen (§§ 48 bis 223 PostO) entsprechend zu befördern. Nach § 142 i.V.m. § 170 PostO sind Postsendungen grundsätzlich durch Zustellung an den Empfänger abzugeben. Unzustellbare Pakete sind gemäß den §§ 208 bis 211 PostO auf dessen Verlangen und auf dessen Rechnung entweder an den Absender zurückzustellen, zu veräußern, als der Post preisgegeben zu behandeln oder neuerlich dem Empfänger zuzustellen.

Gemäß § 153 des Zollgesetzes 1988, BGBl.Nr. 644/1988, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 424/1990 (im folgenden: ZollG), ist die Post- und Telegraphenverwaltung grundsätzlich verpflichtet, alle aus dem Zollausland eingebrachten unverzollten Postsendungen vor ihrer Ausfolgung an den Empfänger unverändert einem Zollamt zur Abfertigung zu stellen. Dort hat die Post- und Telegraphenverwaltung in der Regel selbst die zollamtliche Abfertigung der gestellten Postsendungen zu beantragen (§ 156 Abs. 1 ZollG); bei Sendungen, zu deren Einfuhr eine behördliche Bewilligung erforderlich ist, jedoch nur dann, wenn der Empfänger diese Bewilligung beschafft (§ 156 Abs. 4 lit. a ZollG) - sog. "Postverzollung". Sendungen, deren zollamtliche Abfertigung nicht durch die Post beantragt wird, sind dem Zollamt zu übergeben und deren Empfänger ist mit der Aufforderung vom Eintreffen zu verständigen, binnen 30 Tagen die zollamtliche Abfertigung zu beantragen (sog. "Selbstverzollung"); unterbleibt die Selbstverzollung, so hat die Post- und Telegraphenverwaltung die Sendung zurückzunehmen (§ 158 ZollG). Wird im Zuge des Zollverfahrens, d.h. im Zuge der Post- oder der Selbstverzollung, vom Zollamt die Unzulässigkeit der Einfuhr einer Sendung festgestellt, so hat die Post- und Telegraphenverwaltung nach § 155 Abs. 3 ZollG für ihre Rücksendung zu sorgen oder sonst nach den für den Postverkehr geltenden Rechtsvorschriften zu verfahren.

Gemäß § 4 Abs. 2 des Fernmeldegesetzes, BGBl.Nr. 170/1949, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 477/1974 (im folgenden: FernmeldeG), bedarf die Einfuhr einer Funkanlage einer fernmeldebehördlichen Bewilligung; diese ist dem Antragsteller gemäß den §§ 14 bis 17 der auf Gesetzesstufe stehenden Privatfernmeldeanlagenverordnung, BGBl.Nr. 239/1961, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 344/1977 (im folgenden: PrivatfernmeldeanlagenVO), von der Post- und Telegraphendirektion als Fernmeldebehörde I. Instanz zu erteilen und muß spätestens im Zeitpunkt der zollamtlichen Abfertigung vorliegen.

4.2.2. Unzweifelhaft ist, daß die belangte Behörde im vorliegenden Fall die aus dem Zollausland kommende Paketsendung der zollamtlichen Abfertigung zu stellen hatte und auch tatsächlich im Wege der Postverzollung gestellt hat. Daß die mittels Postsendung einzuführen beabsichtigten Funkgeräte offensichtlich einer behördlichen Einfuhrbewilligung im Sinne der obzitierten Vorschriften des FernmeldeG und der PrivatfernmeldeanlagenVO bedurft hätten, blieb im Verfahren selbst von der Beschwerdeführerin unbestritten. In diesem Fall hat die Postbehörde gemäß § 156 Abs.4 lit.a ZollG die Zollabfertigung jedoch nur dann zu beantragen, wenn der Empfänger die erforderliche Bewilligung beschafft. Dies setzt zwingend eine vorhergehende Kontaktnahme der Postbehörde mit dem Empfänger der Sendung voraus.

In diesem Zusammenhang hat sich in der mündlichen Verhandlung ergeben, daß eine entsprechende Verständigung der Beschwerdeführerin deshalb unterblieben ist, weil wie die Post- und Telegraphendirektion als Postbehörde bei der Post- und Telegraphendirektion als Fernmeldebehörde im kurzen Wege klären konnte - sich die der Beschwerdeführerin einst erteilte Bewilligung nicht auf die zur Einfuhr beabsichtigten verfahrensgegenständlichen Funkgeräte bezog; die hiefür erforderliche Bewilligung wäre nach Auffassung der belangten Behörde aber nur im Wege eines langwierigen Genehmigungsverfahrens zu erreichen gewesen.

Es ist evident, daß § 156 Abs.4 lit.a ZollG die Postbehörde im Rahmen des Zollverfahrens nicht dazu ermächtigt, eine Art "vorgezogenes Genehmigungsverfahren" durchzuführen und aufgrund einer solcherart erstellten Prognose über die Nichterlangbarkeit der erforderlichen Genehmigung innerhalb angemessener Frist ohne Verständigung des Empfängers gemäß § 155 Abs.3 ZollG mit der Zurückstellung der Sendung an den Absender vorzugehen. Die Aufgaben der Postbehörde im Zollverfahren sind im ZollG vielmehr dahingehend klar umschrieben, daß sie die Zollabfertigung zu beantragen hat; stellt die Zollbehörde in diesem Zusammenhang fest, daß die zur Einfuhr beabsichtigten Waren einer behördlichen Bewilligung bedürfen, so ist der Empfänger - allenfalls unter Fristsetzung und gleichzeitiger Androhung, daß ansonsten eine Postverzollung unterbleibt und eine Rückstellung an den Absender erfolgt (vgl. § 155 Abs.3 ZollG und §§ 208 ff PostO) - aufzufordern, diese beizubringen.

Indem die belangte Behörde im vorliegenden Fall die Paketsendung aber im Widerspruch zu den eben dargelegten Rechtsvorschriften ohne Verständigung der Beschwerdeführerin an den Absender zurückstellte, wurden objektiv besehen: zielgerichtet - gerade jene für die Behörde von Gesetzes wegen pflichtenbegründenden Normen verletzt, deren Zweck es ist, dem Empfänger Kenntnis vom Eintreffen einer Postsendung zu verschaffen und die erforderlichen Veranlassungen zu treffen.

4.2.3. Es lag daher eine widerrechtliche Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vor; dies hatte der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich gemäß § 67c Abs. 3 AVG festzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis waren der Beschwerdeführerin gemäß § 79a AVG die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten in Höhe von 16.810 S (Schriftsatzaufwand: 7.413,33 S; Verhandlungsaufwand: 9.276,67 S; Barauslagen: 120 S; siehe dazu z.B. VwGH v. 23.9.1992, 91/19/0162) zu ersetzen; das Mehrbegehren von 20.028,20 S war hingegen abzuweisen. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. ska H i n w e i s :

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 67c Abs.4 AVG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (vgl. VwSlg 12821 A/1988) oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Linz, am 29. April 1992 Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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