Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420015/16/Kl/Rd

Linz, 04.11.1992

VwSen - 420015/16/Kl/Rd Linz, am 4. November 1992 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde der 1) A, und der 2) K, beide vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Ernst Chalupsky und Dr.M. Gumpoldsberger, Maria-Theresia-Straße 41, 4600 Wels, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch den Landeshauptmann für Oberösterreich I. beschlossen: Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin wird zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen: Art.129a Abs.1 Z.2 B-VG i.V.m. § 67a Abs.1 Z.2 und § 67c Abs.3 AVG sowie § 31 und § 72 Abs.1 des Wasserrechtsgesetzes, BGBl.Nr. 215/1959 idgF.

II. zu Recht erkannt:

Der Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin wird Folge gegeben und der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig erklärt.

Rechtsgrundlage: Art.129a Abs.1 Z.2 B-VG i.V.m. § 67a Abs.1 Z.2 und § 67c Abs.3 AVG sowie § 31 Abs.3 Wasserrechtsgesetz, BGBl.Nr. 215/1959 idgF. (im folgenden kurz: WRG) und § 17 Altlastensanierungsgesetz, BGBl.Nr. 299/1989 idgF. (im folgenden kurz: AlSAG).

III. Die belangte Behörde (der Bund) hat die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von 15.895,80 S binnen 14 Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exekution der Erstbeschwerdeführerin zu Handen der Beschwerdeführervertreter zu ersetzen.

Das Kostenbegehren der belangten Behörde wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlagen: §§ 74 und 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 3.6.1992, beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 4.6.1992, wurde Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 22.4.1992 auf dem Grundstück Nr.345/4 der KG der ATLAS-ImmobilienverwaltungsgesmbH durch Organe des Amtes der o.ö. Landesregierung in Zurechnung des Landeshauptmannes für Oberösterreich erhoben und die Verletzung von subjektiven Rechten, insbesondere des Rechtes auf Unverletzlichkeit des Eigentums, behauptet. Zum Sachverhalt wurde angeführt, daß bereits am 15.5.1991 und am 10.7.1991 Aufträge seitens des Landeshauptmannes für Oberösterreich zur Entleerung der Silos und Entsorgung des Aushubmaterials erteilt wurden. Bei einem Lokalaugenschein am 22.4.1992 wurde die A Gesellschaft mbH mit dem Abbruch der Siloanlagen und der anschließenden ordnungsgemäßen Entsorgung des Abbruchmaterials beauftragt. Es hätte aber die Zweitbeschwerdeführerin als ehemalige Betreiberin der Sondermüllsiloanlage mit den Maßnahmen beauftragt werden müssen. Dadurch, daß die Behörde die Maßnahmen unmittelbar angeordnet und die unverzügliche Durchführung vornehmen hat lassen, erachtet sich daher die Zweitbeschwerdeführerin in ihren Rechten verletzt. Im übrigen konnte eine konkrete Gefahr einer Gewässerverunreinigung aus dem Gutachten nicht abgeleitet werden und wurde auch eine Gefahr in Verzug von der Behörde zu Unrecht angenommen. Dadurch fühlt sich auch die Erstbeschwerdeführerin als Rechtsnachfolgerin und Liegenschaftseigentümerin in ihrem Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums verletzt. Es wurde daher beantragt, die angefochtene Maßnahme des Landeshauptmannes für Oberösterreich für rechtswidrig zu erklären und der Beschwerdeführerin zu Handen des Beschwerdeführervertreters den beantragten Kostenersatz zuzusprechen.

2. Die belangte Behörde hat mit Schriftsatz vom 31.7.1992, UR-450064/87-1992/Wi/La, eine Gegenschrift erstattet, mit welcher sie nach einer ausführlichen Darstellung der Vorgeschichte und des Sachverhaltes in rechtlicher Hinsicht ausführte, daß aufgrund des Gutachtens und der Voruntersuchungen Gefahr in Verzug anzunehmen war und die Zweitbeschwerdeführerin als Konsensinhaberin und Verursacherin und sohin Verpflichtete der angeordneten Maßnahmen heranzuziehen war, und es wurden auch tatsächlich unmittelbare Anordnungen an die Zweitbeschwerdeführerin getroffen. Auch wurde die unmittelbare Durchführung veranlaßt, da es sich um gefährliche Abfälle des Abfallwirtschaftsgesetzes handelte. Es wurde daher die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Gleichzeitig wurden die verfahrensrelevanten Aktenteile übermittelt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 23.10.1992, zu der neben den Verfahrensparteien auch der von der belangten Behörde zugezogene Amtssachverständige für Abfallchemie, W.HR.Dipl.-Ing. Wolfgang Habelsberger, als Zeuge geladen waren.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat folgenden entscheidungsrelevanten Sachverhalt festgestellt und als erwiesen der Entscheidung zugrundegelegt:

4.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 2.12.1991, Ge-3062/1981, wurde der K die Bewilligung zu Errichtung und Betrieb einer Sondermüllsiloanlage, bestehend aus 4 Sondermüllsilos, erteilt. Die Befüllung wurde im Jahr 1988 abgeschlossen. Im Jahr 1989 wurden erstmals Austritte von Sickerwässern aus den Silos 3 und 4 festgestellt. Aufgrund des Kaufvertrages vom 2.3.1990, einverleibt beim Bezirksgericht Lambach am 19.9.1990, ging das Eigentum am Grundstück 345/4 der KG auf die ATLAS-ImmobilienverwaltungsgesmbH über. Am 13.5.1991 wurde die Siloanlage als Altlast im Sinn des § 17 AlSAG erklärt und im Altlastenatlas ausgewiesen. Am 15.5.1991 wurde durch den Landeshauptmann für Oberösterreich die Entleerung und Freilegung von Silo 1 und 2 angeordnet und die A GesmbH mit der Durchführung beauftragt. Am 10.7.1991 wurde die A zur Durchführung der Entleerung und Entsorgung der Silos 3 und 4 beauftragt. Die Durchführung erfolgte zwischen 13.11.1991 und 10.2.1992 und war zu letzterem Datum abgeschlossen.

4.2. Nach weiteren Gesprächen der belangten Behörde mit den Beschwerdeführerinnen und Einholung weiterer Gutachten seitens der belangten Behörde bzw. der beauftragten A wurde aufgrund eines neuerlichen Lokalaugenscheines am 22.4.1992 an Ort und Stelle bei der gegenständlichen Siloanlage eine Kontamination der Innenoberfläche der Silos festgestellt, deren Beseitigung durch Abschremmen der Innenwände nicht zur Gänze möglich war, und eine Sickerung durch Oberflächenwässer festzustellen, welche zufolge des Fehlens von weiteren Sicherheitsvorkehrungen ungehindert in das unter der Siloanlage befindliche Erdmaterial gelangen können. Die Bodenbeschaffenheit weist Inhomogenität mit teilweise sehr gut durchlässigen Schichten, wie z.B. Sandlagen, auf. Jedenfalls weisen die Sickerwässer sowie die Innenwände der Silobauwerke eine Kontaminiation auf, welche hinsichtlich der Qualität mit jener einer Hausmülldeponie vergleichbar ist. Es wurden daher vom Landeshauptmann für Oberösterreich Anordnungen zur umgehenden Beseitigung getroffen, wobei die beiden Beschwerdeführerinnen "keine diesbezüglichen Äußerungen abgegeben" haben. Das beim Gemeindeamt Aichkirchen am 22.4.1992 aufgenommene Protokoll enthält sodann die konkretisierten Anordnungen, die die K auszuführen hat, nämlich "mit den Abbrucharbeiten der 4 Silos auf den Gst.Nr. 345/4, KG. A, ist am Montag, 27.4.1992 bis spätestens 18.00 Uhr zu beginnen.

Der Abbruch der Silos hat einschließlich der ordnungsgemäßen Entsorgung des Abbruchmaterials ab Beginn (Montag, 27.4.1992) innerhalb von 1 Woche vollständig zu erfolgen. Nach Abbruch der Silos ist innerhalb von weiteren 4 Wochen das allenfalls kontaminierte Erdreich unterhalb bzw. im unmittelbaren Nahbereich der Silos von einem befugten Institut zu analysieren und im Falle einer Kontaminierung zu entfernen.

Die Analyse des allenfalls kontaminierten Erdreich unter den 4 Silos ist unverzüglich nach dem Ende der Abbrucharbeiten in Auftrag zu geben und die Ergebnisse der Behörde mitzuteilen. Die verbleibende Grube ist mit sauberen Erdmaterial bis auf Geländeoberkante (umliegendes derzeitiges Gelände) aufzufüllen.

Der gesamte Abbruch einschließlich der allfälligen Wiederauffüllung der 4 Silos bzw. des sauberen Erdmaterials ist durch ein von der Behörde gesondert zu bestellendes Organ laufend zu überprüfen.

Mit diesem Organ - das rechtzeitig vor Inangriffnahme der aufgetragenen Arbeiten bekanntgegeben wird - das terminliche Einvernehmen bei Durchführung der jeweiligen Arbeiten herzustellen.

Über die ordnungsgemäße Entsorgung der abzutragenen 4 Silos bzw. des allenfalls kontaminierten Erdreiches sind der Behörde geeignete Nachweise zu übermitteln.

Sollte die K nicht bis Montag, 27.4.1992, 18.00 Uhr, mit den aufgetragenen Arbeiten begonnen haben, wird die A. beauftragt, unverzügliche am Dienstag, 28.4.1992, 7.00 Uhr mit den Arbeiten zu beginnen. Die oben angeführten Fristen sind auch von der A entsprechend einzuhalten. Weitere bzw. zusätzliche Aufträge behält sich die Behörde vor." Da die K den ihr erteilten Auftrag aufgrund organisatorischer und technischer Maßnahmen in der festgesetzten Frist nicht durchführbar erklärte und daher die Übernahme dieses Auftrages für nicht möglich erklärte, wurde der Auftrag von der A GesmbH mit Durchführungstermin am 27.4.1992 übernommen. Die Arbeiten wurden auch tatsächlich am 27.4.1992 begonnen und von der A GesmbH durchgeführt.

Diese Feststellungen stützen sich im wesentlichen auf die Niederschrift aufgenommen am 22.4.1992 im Gemeindeamt Aichkirchen sowie die Aussagen des zeugenschaftlich vernommenen Amtssachverständigen für Abfallchemie anläßlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 23.10.1992. Die Aussagen des Zeugen erschienen glaubwürdig und wurden auch von den Verfahrensparteien nicht bestritten. Im übrigen stützen sich die Sachverhaltsfeststellungen aber auch auf die Einvernahmen der Verfahrensparteien selbst.

5. Hierüber hat der unabhängige Verwaltungssenat für das Land Oberösterreich erwogen:

5.1. Gemäß § 30 Abs.1 des WRG 1959 sind alle Gewässer einschließlich des Grundwassers im Rahmen des öffentlichen Interesses und nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen so rein zuhalten, daß die Gesundheit von Mensch und Tier nicht gefährdet, Grund- und Quellwasser als Trinkwasser verwendet, Tagwässer zum Gemeingebrauch sowie zu gewerblichen Zwecken benutzt, Fischwässer erhalten, Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes und sonstige fühlbare Schädigungen vermieden werden können.

Gemäß § 31 Abs.1 leg.cit. hat jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen und Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, mit der im Sinn des § 1297, zutreffendenfalls mit der im Sinne des § 1299 ABGB gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instandzusetzen und zu betreiben oder sich so zu verhalten, daß eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist. Tritt dennoch die Gefahr einer Gewässerverunreinigung ein, hat der nach Abs.1 Verpflichtete unverzüglich die zur Vermeidung einer Verunreinigung erforderlichen Maßnahmen zu treffen und die Bezirksverwaltungsbehörde zu verständigen (Abs.2 leg.cit.). Wenn die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen nicht oder nicht rechtzeitig getroffen werden, so hat die Wasserrechtsbehörde, soweit nicht der unmittelbare Werksbereich eines Bergbaues betroffen wird, die entsprechenden Maßnahmen dem Verpflichteten aufzutragen oder bei Gefahr im Verzuge unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen (Abs.3 leg.cit.). Kann der nach Abs.1 Verpflichtete nicht gemäß Abs.3 beauftragt oder zum Kostenersatz herangezogen werden, dann kann an seiner Stelle dem Liegenschaftseigentümer der Auftrag erteilt oder der Kostenersatz auferlegt werden, wenn er den Anlagen oder Maßnahmen, von denen die Gefahr ausgeht, zugestimmt oder sich freiwillig geduldet und ihm zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen hat. Dies gilt auch für Rechtsnachfolger des Liegenschaftseigentümers, wenn sie von den Anlagen oder Maßnahmen, von denen die Gefahr ausgeht, Kenntnis hatten oder bei gehöriger Aufmerksamkeit Kenntnis haben mußten (Abs.4). Soweit durch solche Maßnahmen Rechte Dritter berührt werden, findet § 72 Anwendung. Im übrigen bestimmt Abs.6, daß der Abs.4 auf Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen, die vor dem 1.7.1990 entstanden sind oder gesetzt wurden, mit der Maßgabe anzuwenden ist, daß der Liegenschaftseigentümer nur zu Leistungen nach Abs.3 herangezogen werden kann, wenn er die Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen, welche die Gewässerverunreinigung verursachen, auf eigenem Boden ausdrücklich gestattet und daraus in Form einer Vergütung für die Inanspruchnahme seines Eigentums seinen Vorteil gezogen hat.

Gemäß § 17 des Altlastensanierungsgesetzes (AlSAG) ist der Landeshauptmann zuständige Behörde zur Entscheidung über die zur Sicherung oder Sanierung von Altlasten notwendigen Sanierungsmaßnahmen. Parteien im Verwaltungsverfahren sind die betroffenen Liegenschaftseigentümer und die an deren Liegenschaften dinglich oder obligatorisch Berechtigten, die betroffenen Wassernutzungsberechtigten sowie der Bund als Träger von Privatrechten und die betroffenen Gemeinden (§ 17 Abs.1 und Abs.4 leg.cit.).

5.2. Wurde auch die Erstbeschwerdeführerin als Eigentümerin der Liegenschaft Nr. 345/4 KG. gemäß § 17 AlSAG als Partei der Amtshandlung am 22.4.1992 beigezogen, so wurde aber - wie bereits unter Punkt 4. des Erkenntnisses im Sachverhalt festgestellt wurde - die Erstbeschwerdeführerin nicht als Verpflichtete von Sanierungsmaßnahmen gemäß dem Wasserrechtsgesetz herangezogen. Eine solche Heranziehung als Verpflichtete wäre auch nach dem festgestellten Sachverhalt im Grunde der unter Punkt 5.1. zitierten Gesetzesstellen nicht zulässig gewesen. Es war daher eine Verletzung subjektiver Rechte der Erstbeschwerdeführerin von vornherein denkunmöglich.

Sowohl nach Art.129a Abs.1 Z.2 B-VG als auch nach § 67a Abs.1 Z.2 AVG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate nur über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein. Daraus erhellt, daß eine Beschwerde nur zulässig ist, wenn der Beschwerdeführer nach der Lage des Falles in einem Recht verletzt sein konnte, und nicht nur deshalb, weil ihm in dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren die Stellung einer Partei eingeräumt worden ist. Es ist vielmehr vor Fällung einer Sachentscheidung zu prüfen, ob im konkreten Fall eine Möglichkeit der Verletzung von subjektiven Rechten der Beschwerdeführerin vorliegt. Eine Möglichkeit der subjektiven Rechtsverletzung war aber aufgrund der unter Punkt 5.1. zitierten Gesetzeslage nicht gegeben, weshalb die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin zurückzuweisen war (vgl. auch VwGH 6.3.1979, 2875/78).

5.3. Die Zweitbeschwerdeführerin wurde als Bewilligungsinhaberin und Betreiberin der gegenständlichen Siloanlage von der belangten Behörde als Adressat von Sanierungsmaßnahmen herangezogen. Die Möglichkeit einer subjektiven Rechtsverletzung ist nicht auszuschließen. Auch sind die übrigen Beschwerdevoraussetzungen gegeben.

5.3.1. Zur Qualifikation des angefochtenen Verwaltungsaktes als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ist auszuführen:

Der gemäß § 17 AlSAG zuständige Landeshauptmann für Oberösterreich ist im Rahmen der Hoheitsverwaltung von Amts wegen gemäß § 31 Abs.3 WRG eingeschritten. Nach dieser Gesetzesstelle sind die entsprechenden Maßnahmen dem Verpflichteten aufzutragen oder bei Gefahr im Verzug unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. Nach der ständigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts hat ein Auftrag nach der zitierten Gesetzesstelle an den Verpflichteten in Form eines Bescheides zu ergehen, während die bei Gefahr in Verzug unmittelbar getroffenen Anordnungen als Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu werten sind. Daß die belangte Behörde von dieser gesetzlichen Möglichkeit am 22.4.1992 Gebrauch machen wollte, geht unmißverständlich aus der Formulierung der Niederschrift hervor, wonach Gefahr in Verzug angenommen wurde und "nachstehende Anordnungen" an die Zweitbeschwerdeführerin aufgetragen wurden. Die Auffassung, es habe sich bei diesen Anordnungen um einen mündlich verkündeten und daher mit Berufung anfechtbaren Bescheid gehandelt, findet in dieser Niederschrift keine Deckung. Gemäß § 62 Abs.2 AVG 1950 ist der Inhalt und die Verkündung eines mündlichen Bescheides, dann wenn die Verkündung bei einer mündlichen Verhandlung erfolgt, am Schlusse der Verhandlungsschrift zu beurkunden. Abgesehen davon, daß die niederschriftlich festgehaltenen Anordnungen weder als Bescheid bezeichnet noch mit einer bescheidmäßigen Begründung versehen wurden, fehlt es an der für das Zustandekommen eines mündlichen Bescheides gesetzlich vorgesehenen Beurkundung eines solchen in der Niederschrift vom 22.4.1992 (vgl. z.B. VwGH 6.11.1990, 90/07/0080-8). Da von der belangten Behörde somit offenkundig im Wege der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt vorgegangen wurde, ist die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin daher zulässig.

5.4. Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin ist auch begründet.

5.4.1. Wie bereits unter Punkt 4.2. als erwiesener Sachverhalt festgestellt wurde, hat das Gutachten des Amtssachverständigen für Abfallchemie eine permanente Gefährdung für Grund- und Oberflächenwässer zufolge einer Kontamination der Silobauwerke 1 bis 4 ergeben, weshalb die umgehende Abtragung der Altsilos und Beseitigung des kontaminierten Abbruchmaterials erforderlich erachtet wurde, wobei als unmittelbar Verpflichtete die Zweitbeschwerdeführerin angesehen wurde. Dies ergibt sich sowohl aus der Niederschrift vom 22.4.1992 als auch aus den Aussagen der Parteien anläßlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 23.10.1992. Das Verhandlungsergebnis erhellt aber auch, daß die belangte Behörde eine unmittelbare Durchführung der Maßnahmen beabsichtigte, wobei hinsichtlich der Ausführung die K als befugtes und geeignetes Unternehmen in Betracht gezogen wurde und diese aber hinsichtlich der Terminisierung den Auftrag nicht angenommen hat. Dies war schließlich der Anlaß, daß ein anderes Unternehmen, nämlich die A GesmbH, tatsächlich mit der Durchführung beauftragt wurde. Inhalt des Durchführungsauftrages, welcher auch in der Niederschrift dann konkret festgehalten wurde, waren die wegen angeblicher Gefahr in Verzug unmittelbar getroffenen Anordnungen der belangten Behörde, welche mit der nunmehrigen Beschwerde angefochten wurden.

5.4.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Anwendbarkeit der Abs.2 und 3 des § 31 WRG voraus, daß objektiv die konkrete Gefahr einer Gewässerverunreinigung eingetreten ist. Eine konkrete Gewässergefährdung ergab sich aber schlüssig aus den in der Niederschrift vom 22.4.1992 angeführten Vorgutachten, welche auch der Beschwerdeführerin bereits bekannt waren, sowie aus dem Gutachten in der Niederschrift vom 22.4.1992 selbst, sodaß Maßnahmen zur Vermeidung der Gefahr einer Gewässerverunreinigung geboten waren. Die gebotenen Maßnahmen wurden auch am Schluß des zitierten Gutachtens als Schlußfolgerung bekanntgegeben. Da die belangte Behörde zu Recht annehmen konnte, daß seitens des gemäß § 31 Abs.1 WRG Verpflichteten die erforderlichen Maßnahmen nicht getroffen werden, so hat sie die entsprechenden Maßnahmen gemäß § 31 Abs.3 WRG entweder durch bescheidmäßigen Auftrag oder bei Gefahr im Verzug durch unmittelbare Anordnung und nötigenfalls unverzügliche Durchführung zu veranlassen. Hiebei kommt aber der belangten Behörde keine echte Wahlmöglichkeit hinsichtlich der Vorgangsweise zu. Der Wortlaut der Bestimmung macht deutlich, daß als Regelfall die Bescheiderlassung vorgesehen ist, und daß eine klar gestufte Reihenfolge der zulässigen Mittel normiert ist. Es sind daher in der Regel mittels Bescheid bestimmte Handlungen vorzuschreiben, welcher Bescheid sodann im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchzusetzen ist. Die Erlassung eines Auftrages in Form eines Aktes verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ist nur unter der zusätzlichen Voraussetzung zulässig, daß Gefahr im Verzug ist. Im Hinblick auf die Möglichkeit der Erlassung eines Mandatsbescheides gemäß § 57 AVG im Fall der Gefahr im Verzug ist daher die Erlassung einer unmittelbaren behördlichen Maßnahme nur dann zulässig, wenn selbst die Erlassung eines Mandatsbescheides (ohne Ermittlungsverfahren und ohne aufschiebendes Rechtsmittel) nicht geeignet ist, die drohende Gefahr abzuwenden. Dies kann dann angenommen werden, wenn die Erlassung des Bescheides und die folgende Vollstreckung zulange dauern würden, um die drohende Gefährdung öffentlicher Interessen zu verhindern (vgl. Dr.Rudolf Thienel in ÖGZ 6/1992 zu § 18 Abs.2 AWG, welcher dem Wortlaut des § 31 Abs.3 WRG entspricht).

5.4.3. Entgegen der in der Niederschrift vom 22.4.1992 dokumentierten Erklärung der belangten Behörde des Vorliegens einer Gefahr im Verzug hat aber die belangte Behörde in der weiteren Konkretisierung der erforderlichen Maßnahmen, also in der Konkretisierung der Anordnungen der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehlsgewalt, eine Gefahr in Verzug ausgeschlossen. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus der von ihr vorgenommenen Terminisierung des Durchführungsbeginnes der Abbrucharbeiten erst am 27.4.1992, also 5 Tage nach der getroffenen Anordnung. Es ist nämlich von vornherein nicht ausgeschlossen, daß in einem Zeitraum von 5 Tagen ein Mandatsbescheid erlassen und seine Vollstreckung durchgesetzt werden könnte. Auch die weitere Terminisierung der Anordnungen lassen eine Notwendigkeit der sofortigen Durchführung nicht erkennen, wie z.B. vorgegebener Durchführungszeitraum von einer Woche. Da die belangte Behörde weiters auch die unverzügliche Durchführung der Maßnahmen veranlaßt hat, welches Vorgehen aber nur als ultima ratio zu sehen ist, steht daher auch unter diesem Aspekt eine so weite Fristsetzung zu einer Annahme einer Gefahr im Verzuge im Widerspruch. Auch ist aus dem Umstand, daß den behördlichen Befehlen Vorgutachten vom März 1992 und ein Gutachten am 22.4.1992, also ein umfangreiches Beweisverfahren vorausging, abzuleiten, daß ein sofortiger unmittelbarer Befehls- bzw. Zwangsakt nicht erforderlich war.

Daß ein weiteres Zuwarten nicht möglich bzw. ein sofortiges Handeln erforderlich war, ergibt sich im übrigen auch nicht aus den der Anordnung der belangten Behörde zugrundegelegenen Beweisverfahren. Es kann daher der gegenständliche Befehls- und Zwangsakt nicht als einziges geeignetes und erforderliches Mittel zur Zielerreichung angesehen werden.

Aus all den angeführten Gründen wurde daher die Zweitbeschwerdeführerin durch die angefochtene Maßnahme des Landeshauptmannes für Oberösterreich in ihren Rechten verletzt. Es war daher der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären.

6. Gemäß § 79a AVG steht der Partei, die in Fällen einer Beschwerde wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegt, der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu.

Es war daher spruchgemäß der Kostenantrag der belangten Behörde abzuweisen.

Hinsichtlich der Höhe der zuzusprechenden Kosten erkannte der Verwaltungsgerichtshof am 23.9.1991, Zl. 91/19/0162/7, in Anlehnung an die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, daß als ähnlichste Kostenregelung jene über den Kostenersatz vor dem Verwaltungsgerichtshof (§§ 47 bis 60 VwGG bzw. die darauf gegründete Pauschalierungsverordnung) heranzuziehen seien, wobei sich im Grunde der verschiedenen Mühewaltung die Pauschalsätze um ein Drittel verkürzen.

Gemäß Art.I A Z.1 und 2 der Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof, BGBl.Nr. 104/1991, war daher der Beschwerdeführerin ein Schriftsatzaufwand von 7.413 S, d.s. 11.120 S gekürzt um ein Drittel und ein Verhandlungsaufwand von 9.277 S, d.s. 13.915 S gekürzt um ein Drittel, zuzuerkennen, wobei aber infolge der Antragsbedürftigkeit aufgrund des schriftlichen Antrages lediglich die beantragten Kosten von 15.895,80 S spruchgemäß zuzusprechen waren (§ 59 VwGG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t 6

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