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VwSen-420028/24/Gf/La

Linz, 02.07.1993

VwSen-420028/24/Gf/La Linz, am 2. Juli 1993 DVR 0690392

B e s c h l u s s

Der Oö. Verwaltungssenat hat durch sein Mitglied Dr. Grof aus Anlaß der Beschwerde des J M, K, T, vertreten durch RA Dr. W R, F. , L, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen nach der am 1. Juli 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung beschlossen:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 iVm § 67c Abs. 3 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

II. Der Beschwerdeführer ist gemäß § 79a AVG verpflichtet, der belangten Behörde die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten in Höhe von 3959,99 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B e g r ü n d u n g:

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Mit dem infolge der bestätigenden Berufungsentscheidung durch den Landeshauptmann von Oö. vom 1. Oktober 1991, Zl. UR-450086/20-1991-Se/Lb, in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 31. Juli 1991, Zl. Ge-785-1990/Öb, wurde der G W GmbH der behördliche Auftrag erteilt, ua. die auf dem Grundstück Nr. 934/1 der EZ 8 der KG K lagernden gefährlichen Abfälle bis zum 29. Februar 1992 zu beseitigen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 26. Mai 1992, Zl. 92/05/0035, abgewiesen.

1.2. Der Beschwerdeführer ist Landwirt und Pächter des Grundstückes Nr. 934/1 der EZ 8 der KG K. Auf diesem Grundstück hat er am Vormittag des 21. November 1992 damit begonnen, das dort abgelagerte, aus der Düngemittelproduktion der Fa. G W GmbH stammende und von der Fa. B & Co. in Lizenz erzeugte Material auszubringen. Hiebei handelte es sich nach Ansicht des Beschwerdeführers nicht um Abfall, sondern um das Produkt "B", welches auf Antrag der Fa. B & Co. mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 6. Juli 1988, Zl. 211015/01-I2/88, gemäß § 13 des Düngemittelgesetzes zugelassen und gemäß § 17 des Düngemittelgesetzes in das Düngemittelregister eingetragen wurde.

1.3. Gegen 11.00 Uhr desselben Tages erschienen auf diesem Grundstück zunächst - über Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen - Gendarmariebeamte und untersagten dem Beschwerdeführer die Weiterführung seiner Ausbringungsarbeiten.

1.4. Gegen Mittag traf sodann ein Organ der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen mit zwei Sachverständigen der Abteilung Umweltschutz des Amtes der Oö. Landesregierung ein, um Proben des verwendeten Materials zu ziehen, da der Verdacht bestand, daß es sich hiebei nicht - wie vorgegeben - um das Produkt "B", sondern um "Abfall" iSd (Bundes-)Abfallwirtschaftsgesetzes bzw. des Oö. Abfallwirtschaftsgesetzes handelt. Der Beschwerdeführer wurde vom Behördenorgan darauf hingewiesen, daß er einen Verwaltungsstraftatbestand setzen würde bzw. diesen bereits gesetzt hat, wenn bzw. weil er anstelle eines Düngers tatsächlich Abfall auf seinem Grundstück ausgebracht hat; es würde sich aber im durchzuführenden Verwaltungsstrafverfahren in bezug auf die Beurteilung der Schuldfrage für den Beschwerdeführer vorteilhaft auswirken, wenn dieser die Ausbringungsarbeiten umgehend einstellt. Eine mündliche Verkündung eines bescheidmäßigen Auftrages - etwa dergestalt, daß die weitere Ausbringung zu unterlassen sei - erfolgte nicht. Die Aussprache selbst erfolgte in ruhiger und sachlicher Atmosphäre. Der Beschwerdeführer zeigte sich im Grunde einsichtig, wenngleich er stets auch auf die ihm dadurch entstehenden Widrigkeiten hinwies.

1.5. Der Beschwerdeführer hat in der Folge die Ausbringungsarbeiten auch tatsächlich eingestellt und sich in den nächsten Tagen mehrmals danach bei der belangten Behörde erkundigt, ob bereits gutachtliche Ergebnisse hinsichtlich der gezogenen Proben vorlägen. Er begehrte auch die Ausstellung einer Bestätigung darüber, weshalb ihm die Ausbringung des Düngers am 21. Oktober 1992 untersagt worden sei, was ihm jedoch verweigert wurde. Von der belangten Behörde wurde schließlich auch weder ein bescheidmäßiges Verbot für die künftige Ausbringung noch eine Vollstreckungsverfügung zur Umsetzung ihres oben unter 1.1. angeführten Bescheides vom 31. Juli 1991 erlassen.

1.6. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 28. Mai 1993, Zl. Ge96-1300/1992/Rb, wurde über den Beschwerdeführer schließlich eine Geldstrafe von 3.000 S verhängt, weil er am 21. Oktober 1992 als Abfall einzustufendes Material auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück ausgebracht habe. Diese Bestrafung wurde auf das Gutachten des Amtes der Oö. Landesregierung vom 11. November 1992, Zl. U-AW-190004/421992/Kr/Schu, gestützt, in dem ausgeführt wird, daß der vom Beschwerdeführer am 21. Oktober 1992 ausgebrachte Düngeschlamm einen zu hohen Gehalt an Chrom und AOX enthalten hat, daher nicht als landwirtschaftlich verwertbar zu qualifizieren war und somit dessen Beseitigung als "sonstiger Abfall" gemäß § 2 Z. 7 des Oö. Abfallwirtschaftsgesetzes (Ablagerbarkeit auf einer Hausmülldeponie) empfohlen wird.

2.1. Gegen die oben unter 1.4. dargestellten Verfügungen des Organes des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen wendet sich die vorliegende, am 2. Dezember 1992 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene, auf § 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG iVm § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG gestützte Beschwerde.

In dieser führt der Beschwerdeführer begründend aus, daß er durch das ausgesprochene Verbot in seinem subjektiv-öffentlichen Recht auf uneingeschränkte Ausübung seines landwirtschaftlichen Unternehmens - insbesondere auf Düngung seiner Felder - in rechtswidriger Weise durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, die sich auf keine Rechtsgrundlage habe stützen können, beeinträchtigt worden sei. Die belangte Behörde habe es in der Folge auch unterlassen, das ausgesprochene Verbot schriftlich zu bestätigen; ein entsprechender Bescheid bzw. eine Vollstreckungsverfügung, auf die sie ihre Vorgangsweise hätte stützten können, bestand gleichfalls nicht. Durch die Verzögerung der Düngung habe der Beschwerdeführer erhebliche Schäden erlitten.

Aus allen diesen Gründen wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit der Vorgangsweise des Organes des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen begehrt.

2.2. Die belangte Behörde hat die bezughabenden Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Begründend wird in der Gegenschrift im wesentlichen ausgeführt, daß der Beschwerdeführer auf seinem Grundstück in Wahrheit nicht das bescheidmäßig genehmigte Düngemittel "B", sondern "Abfall" iSd Oö. Abfallwirtschaftsgesetzes ausgebracht habe. Dies sei ihm vom einschreitenden Behördenorgan in sachlicher Weise auseinandergesetzt worden. Zu einer Ausübung von Befehls- oder Zwangsgewalt sei es dabei aber nicht gekommen.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Verwaltungsakten der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen zu Zlen. Ge-1705-1984, Ge-7221987, Ge-785-1990 und Ge-730-1992 (insbesondere in die "Niederschrift" vom 21. Oktober 1992, bei der es sich - entgegen der Auffassung des Vertretes der belangten Behörde - in Wahrheit bloß um einen Aktenvermerk handelt, weil die für jede (vgl. § 14 Abs. 3 AVG) - also auch für eine unter Verwendung eines Schallträgers für deren (spätere) Abfassung erstellte - Niederschrift konstitutive Gegenzeichnung des Beteiligten fehlt) sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu der der Vertreter des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers, Mag. H T, sowie Dr. J Ö als Zeuge und Vertreter der belangten Behörde erschienen sind; der Beschwerdeführer und der als Zeuge geladene Mag. C W sind nicht erschienen.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde der oben unter 1. dargestellte Sachverhalt als erwiesen festgestellt.

Diese Sachverhaltsfeststellung gründet sich auf die insoweit übereinstimmenden und unbestrittenen Ergebnisse der Äußerungen des einvernommen Zeugen, der Vertreter der Verfahrensparteien und des Akteninhalts.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG iVm § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein. Beschwerdegegenstand iS einer Zulässigkeitsvoraussetzung dieses Rechtsmittels ist demnach, daß gegen den Beschwerdeführer Befehls- und Zwangsgewalt ausgeübt wurde.

4.2. Dies trifft jedoch im vorliegenden Fall nicht zu.

4.2.1. Eine Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt liegt nämlich nach allgemein herrschender Auffassung nur dann vor, wenn einseitig in subjektive Rechte des Betroffenen eingegriffen wird, wobei ein solcher Eingriff voraussetzt, daß gegen ihn physischer Zwang ausgeübt wird bzw. die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung des Befehles droht (vgl. zB VfSlg 10020; VfSlg 10956/; VwGH v. 19. Jänner 1982, Zl. 81/07/0060; s.a. R. Walter - H. Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 7. Auflage, Wien 1992, RN 610).

Im gegenständlichen Fall wurde der Beschwerdeführer seitens des einschreitenden Behördenorganes lediglich auf die Konsequenzen seines Verhaltens hingewiesen; ein mit Befolgungsanspruch verbundener Befehl, die Ausbringungsarbeiten unverzüglich einzustellen, dessen Befolgung im Weigerungsfall erkennbar etwa durch Festnahme oä. zu erzwingen beabsichtigt gewesen wäre, erging hingegen nicht. Diese Vorgangsweise allein - verbunden mit der Ankündigung, allenfalls gegen den Beschwerdeführer ein Strafverfahren durchzuführen - kann daher nicht als Ausübung physischen Zwanges qualifiziert werden (vgl. VfSlg 9614; VwGH v. 19. Jänner 1982, Zl. 81/07/0191).

4.2.2. In der Nichtausstellung einer Bestätigung bzw. in der Nichterlassung eines Bescheides darüber, daß die Ausbringung des Düngematerials durch den Beschwerdeführer unzulässig ist, kann schließlich auch nicht eine solcherart qualifizierte Untätigkeit, die ihrerseits als Ausübung von Befehls- oder Zwangsgewalt einzustufen wäre (vgl. zB VfSlg 6101; VfSlg 8131; VfSlg 8414), erblickt werden. Denn anders als zB beim Lenken eines Kraftfahrzeuges, wo zu dessen weiterer Rechtmäßigkeit die Rückgabe der dem Organ ursprünglich freiwillig ausgehändigten behördlichen Lenkerberechtigung eine unabdingbare Voraussetzung darstellt, war im vorliegenden Fall die Ausübung der Berechtigung des Beschwerdeführers, nämlich die Düngung des von ihm gepachteten Grundstückes, nicht von einer unsubstituierbaren behördlichen Tätigkeit abhängig: Zum einen hätte der Beschwerdeführer nämlich - wenn er das Ergebnis der behördlichen Probenziehung nicht abzuwarten bereit war - die Möglichkeit gehabt, eine gutachtliche Stellungnahme eines Privaten einzuholen, um sich solcherart schon früher Klarheit über die Qualifikation bzw. Nichtqualifikation der von ihm verwendeten Materialien als Abfall zu verschaffen; zum anderen mußte ihm als Pächter der gegenüber dem Grundstückseigentümer ergangene behördliche Beseitigungsauftrag (s.o., 1.1.), der gerade an die Abfalleigenschaft dieser Materialien anknüpft, aber ohnehin bekannt sein.

4.3. Eine Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt lag sohin nicht - auch nicht in Form finaler behördlicher Untätigkeit - vor. Angesichts dieses Befundes war daher im Rahmen des vorliegend auf diesen Beschwerdegegenstand eingeschränkten Rechtsmittelverfahrens auch nicht weiter zu prüfen, ob die belangte Behörde ansonsten über eine gesetzliche Grundlage für ihr Einschreiten verfügte bzw. auch einer solchen entsprechend rechtmäßig handelte, weil diese Frage als von der verfahrensgegenständlichen Rechtsmittellegitimation nicht erfaßt anzusehen ist.

4.4. Die vorliegende Beschwerde war daher aus allen diesen Gründen gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 iVm § 67c Abs. 3 AVG als unzulässig zurückzuweisen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis waren der belangten Behörde als obsiegender Partei nach § 79a AVG antragsgemäß die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten in Höhe von 3.959,99 S (Aktenvorlageaufwand: 336,66 S; Schriftsatzaufwand: 1686,66 S; Verhandlungsaufwand: 2.273,33 S; vgl. dazu VwGH v. 23. September 1991, Zl. 91/19/0162) zuzusprechen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den Oö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f Für die Richtigkeit der Ausführung:

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