Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420030/5/Kl/Rd

Linz, 10.02.1993

VwSen - 420030/5/Kl/Rd Linz, am 10. Februar 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde der K S, Bstraße L, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W R, L Fstraße, wegen faktischer Amtshandlungen durch Organe der Bundespolizeidirektion L I. beschlossen:

Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen: § 67c Abs.1 und 3 AVG.

II. zu Recht erkannt:

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

Rechtsgrundlagen: § 71 Abs.1 und 4 AVG.

Begründung:

Zu Spruchabschnitt I.:

1. Mit Schriftsatz vom 11. Jänner 1993 wurde Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der Bundespolizeidirektion L in der Hgasse sowie im Gebäude der Bundespolizeidirektion L am 29. und 30. November 1992 beim unabhängigen Verwaltungssenat für das Land Oberösterreich, eingelangt am 13. Jänner 1993, eingebracht. Darin wurden Verletzungen der verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechte der Beschwerdeführerin durch Festnahme am 29. November 1992 sowie Anhaltung bis zum 30. November 1992 13.00 Uhr geltend gemacht.

2. Mit Schreiben des unabhängigen Verwaltungssenates vom 22. Jänner 1993, VwSen-420030/2/Kl/Rd, wurde der Beschwerdeführerin zu Handen ihres Rechtsvertreters im Grunde der Beschwerde mitgeteilt, daß sie mit dem Zeitpunkt der Haftentlassung am 30. November 1992 von der Maßnahme Kenntnis erlangte bzw. zu diesem Zeitpunkt eine allfällige Behinderung wegfiel, sodaß die gesetzliche sechswöchige Beschwerdefrist mit diesem Tage zu laufen begonnen und daher mit 11. Jänner 1993 geendet hatte. Laut Poststempel des eingeschrieben aufgegebenen Schriftstückes bzw. laut Nachfrage beim zuständigen Postamt L wurde das Schriftstück jedoch erst am 12. Jänner 1993 zur Post gegeben und am gleichen Tag um 15.00 Uhr mit einem Poststempel versehen.

3. Im Grunde des § 67a Abs.1 Z2 AVG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes, wobei nach § 67c Abs.1 AVG diese Beschwerden innerhalb von sechs Wochen ab dem Zeitpunkt, in dem der Beschwerdeführer von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Kenntnis erlangt hat, sofern er aber durch sie behindert war von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, ab dem Wegfall dieser Behinderung, bei dem unabhängigen Verwaltungssenat einzubringen sind, in dessen Sprengel dieser Verwaltungsakt gesetzt wurde.

Jedenfalls mit der Haftentlassung am 30. November 1992 ist eine allfällige Behinderung durch den Zwangsakt weggefallen, sodaß mit diesem Tage die sechswöchige Beschwerdefrist zu laufen begann und daher am 11. Jänner 1993 endete. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte die Beschwerde zur Post gegeben werden müssen. Die Beschwerde wurde aber nachgewiesenermaßen am 12. Jänner 1993 zur Post gegeben und ist daher verspätet. Eine darüber hinausgehende Behinderung wurde aber nicht geltend gemacht.

Gemäß § 67c Abs.3 AVG ist der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären, wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder als unbegründet abzuweisen ist.

Da die Beschwerdefrist eine im Sinn des § 33 Abs.4 AVG durch Gesetz festgesetzte und nicht verlängerbare Frist ist - ein Ermessen hinsichtlich einer Fristerstreckung kommt der Behörde nicht zu -, war daher die Beschwerde gemäß Spruchabschnitt I. als verspätet zurückzuweisen, ohne daß auf die Sache selbst näher einzugehen war. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war im Grunde des § 67d Abs.1 AVG nicht anzuberaumen.

Zu Spruchabschnitt II.:

1. Unter Berufung auf die obzitierte Mitteilung vom 22. Jänner 1993 wurde mit Schriftsatz vom 1. Februar 1993, beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 2. Februar 1993, ein Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt, welcher damit begründet wurde, daß mit der Aufnahme des Sachverhaltes und der Eintragung der Fristen in der Rechtsanwaltskanzlei des Beschwerdeführervertreters der Rechtsanwaltsanwärter Mag. H T betraut wurde, und dieser davon ausging, daß die sechswöchige Frist mit Ablauf des Tages des Wegfalls der Behinderung durch den Beschwerdeführer zu laufen beginnt und daher der Sekretärin auftrug, diese Frist in den hiefür vorgesehenen Kalender einzutragen. Nach Überprüfung der Frist durch den Rechtsvertreter beauftragte dieser seinen Konzipienten nochmals mit der rechtlichen Überprüfung des Fristenlaufes und ging nach einer diesbezüglichen Bestätigung von der Richtigkeit der Eintragung aus. Dies wurde auch durch eine eidesstättige Erklärung vom 1. Februar 1993 glaubhaft gemacht. Weiters wurde durch die Frist ein Rechtsnachteil für die Beschwerdeführerin behauptet.

2. Über diesen Antrag wird vom unabhängigen Verwaltungssenat für das Land Oberösterreich folgendes erwogen:

Gemäß § 71 Abs.1 lit.a AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft. Der Antrag auf Wiedereinsetzung muß binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden. Im Falle der Versäumung einer Frist hat die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen (§ 71 Abs.2 und 3 leg.cit.).

Wie bereits eingangs festgestellt und auch der Maßnahmenbeschwerde zugrundegelegt wurde, hat die Beschwerdeführerin am 29. November 1992 von der Maßnahme Kenntnis erlangt und ist eine allfällige Behinderung durch die Maßnahme jedenfalls mit Entlassung aus der Haft am 30. November 1992 weggefallen. Es begann daher mit diesem Tage die sechswöchige Beschwerdefrist und endete diese daher am 11. Jänner 1993. Die Beschwerde wurde daher verspätet eingebracht. Über die Verspätung erlangte die Beschwerdeführerin durch die zitierte Mitteilung Kenntnis und wurde der Wiedereinsetzungsantrag fristgerecht eingebracht. Es wurde ein Rechtsnachteil geltend gemacht. Es sind daher die Antragsvoraussetzungen erfüllt. Der Wiedereinsetzungsantrag ist aber nicht begründet:

Ereignis ist jedes Geschehen, daher auch sogenannte psychologische Vorgänge, wie Vergessen, Verschreiben, sich Irren usw. Dieses muß unvorhergesehen und unabwendbar sein und es darf die Partei kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens treffen. Unvorhergesehen ist ein Ereignis, wenn die Partei es tatsächlich nicht einberechnet hat und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme von zumutbarer Aufmerksamkeit und Vorsicht nicht erwarten konnte (vgl. VwGH verstärkter Senat 25.3.1976 Slg.9024A). Unabwendbar ist ein Ereignis jedenfalls dann, wenn sein Eintritt vom Willen des Betroffenen nicht verhindert werden kann.

Einer rechtskundigen Person muß die Bedeutung einer Terminvormerkung bei nicht ausgeschlossener Dispositionsfähigkeit bewußt sein, weshalb von einem minderen Grad des Versehens nicht die Rede sein kann. Kein Verschulden trifft den Rechtsanwalt in einem solchen Fall nur dann, wenn dargetan wird, daß die Fristversäumung auf einem ausgesprochen weisungswidrigen Verhalten des entsprechenden Kanzleiangestellten beruht. Es ist daher in einer Rechtsanwaltskanzlei für die richtige Berechnung der jeweiligen Rechtsmittelfrist in einem bestimmten Fall stets der Anwalt und nicht etwa der Kanzleiangestellte allein verantwortlich, der den Termin weisungsgemäß in den Kalender einträgt. Der Anwalt selbst hat die entsprechende Frist festzusetzen, ihre Vormerkung anzuordnen, sowie die richtige Eintragung im Kalender im Rahmen der gebotenen Aufsichtspflicht zu überwachen. Tut er dies nicht oder unterläuft ihm dabei ein Versehen, ohne daß er dartun kann, daß die Fristversäumnis auf einem ausgesprochen weisungswidrigen Verhalten der Kanzleiangestellten beruht und in seiner Person keinerlei Verschulden vorliegt, so trifft ihn ein Verschulden, welches sich gegen die von ihm vertretene Partei auswirkt (vgl. ständige Rechtsprechung des VwGH, wie zB. Erkenntnis vom 25.9.1987, 87/02/0072; vom 22.1.1987, 86/16/0194; vom 16.9.1983 Slg. 11140A).

Es hat aber der eingebrachte Wiedereinsetzungsantrag sowie auch die beigelegte eidesstättige Erklärung nur dargetan, daß der Ablauf der sechswöchigen Frist mit Ablauf des Tages des Wegfalls der Behinderung durch den Beschwerdeführer angenommen (dies entspricht der geltenden Rechtslage) und daher der Sekretärin aufgetragen wurde, diese Frist in den hiefür vorgesehenen Kalender einzutragen. Es wurde dagegen nicht behauptet und auch nicht glaubhaft gemacht, daß der Kanzleiangestellten ein bestimmter Termin bzw. ein bestimmter Tag zur Eintragung genannt wurde und daß die Kanzleiangestellte sodann weisungswidrig eine Eintragung vorgenommen hat. Vielmehr trat im schriftlichen Antrag ein Irrtum des Rechtsanwaltskonzipienten bei der Fristberechnung zutage. Ein Irrtum über die Fristberechnung kann aber bei zumutbarer Aufmerksamkeit und Vorsicht verhindert werden. Es kann daher ein Irrtum bei der Fristberechnung und Terminvormerkung nach der obzitierten Judikatur nicht als minderer Grad des Versehens angesehen werden.

Es war daher gemäß Spruchabschnitt II. der Wiedereinsetzungsantrag abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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