Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420045/10/Kl/Fb

Linz, 03.11.1993

VwSen - 420045/10/Kl/Fb Linz, am 3. November 1993 DVR.0690392

B e s c h l u ß

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Beschwerde der A S, O, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. B W, B , R, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch ein Organ des Amtes der o.ö. Landesregierung, Umweltrechtsabteilung, in Zurechnung des Landeshauptmannes für Oberösterreich nach öffentlicher mündlicher Verhandlung und mündlicher Verkündung am 27. Oktober 1993 beschlossen:

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen: Art.129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z2 und § 67c Abs.3 AVG.

II. Die Beschwerdeführerin hat der belangten Behörde (dem Bund) die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von 4.297 S binnen 14 Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenbegehren der Beschwerdeführerin wird abgewiesen.

Rechtsgrundlagen: §§ 74 und 79a AVG.

Begründung:

1. Mit Schriftsatz vom 2. September 1993, beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 3. September 1993, wurde Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, nämlich Verweisung aus dem Verhandlungssaal am 9.8.1993 durch ein Organ des Amtes der o.ö. Landesregierung Umweltrechtsabteilung erhoben, und die Verletzung des Rechtes, zumindest als Beteiligte im Rahmen der mündlichen Verhandlung an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, behauptet. Zum Sachverhalt wurde ausgeführt, daß das Anwesen der Beschwerdeführerin aus der sog. B mit Wasser versorgt wird, für welche eine Beeinträchtigung durch die in der mündlichen Verhandlung am 9.8.1993 gegenständliche Deponieerweiterung in O befürchtet wurde. Da aber anläßlich dieser mündlichen Verhandlung die Amtssachverständigen eine Betroffenheit der genannten Brunnen ausschlossen, wurde den Brunnenbesitzern keine Parteistellung gegeben. Die Beschwerdeführerin hätte aber jedenfalls als Beteiligte das Recht, den Sachverhalt darzulegen. Dies wurde ihr durch die Verweisung aus dem Verhandlungssaal verweigert. Da ihr sonst keine Möglichkeit zur Anfechtung offenstehe, sei die Maßnahmenbeschwerde gerechtfertigt. Im übrigen verweist die Beschwerdeführerin darauf, daß sie auch Eigentümerin eines betroffenen Waldes sei. Sollte aber die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Bescheidzustellung einbringen und in weiterer Folge dagegen Berufung erheben, so wäre die gegenständliche Beschwerde zurückzuweisen. Es wurde die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes beantragt.

2. Der Landeshauptmann für O.Ö. als belangte Behörde hat mit Schriftsatz vom 16. September 1993 eine Gegenschrift erstattet, in welcher im wesentlichen darauf hingewiesen wurde, daß von der Beschwerdeführerin in der nach § 29 AWG vorgesehenen Ediktalfrist keine Einwendungen erhoben wurden und die Beschwerdeführerin auch nicht Inhaberin einer rechtmäßig geübten Wassernutzung gemäß § 12 Abs.2 WRG sei. Weiters wurde auf einen Aktenvermerk über die Vorgänge anläßlich der mündlichen Verhandlung am 9.8.1993 hingewiesen und dieser vorgelegt. Auch legte die belangte Behörde einen Antrag der Beschwerdeführerin vom 9.8.1993 vor und teilte hiezu mit, daß beabsichtigt sei, den verfahrensabschließenden Bescheid hinsichtlich des Deponieerweiterungsantrages der M-ges.m.b.H. auch der Beschwerdeführerin zuzustellen. Weiters wurde eine Ablichtung der Verhandlungsschrift vom 9.8.1993 übermittelt. Es wurde daher beantragt, der Maßnahmenbeschwerde keine Folge zu geben und der belangten Behörde die Kosten zuzusprechen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch die Einsicht in die von der belangten Behörde vorgelegten Aktenablichtungen zu UR-300062-1993 sowie durch die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 27. Oktober 1993, zu der die Verfahrensparteien geladen wurden und an der diese teilgenommen haben. Zur Identitätsfeststellung und Klärung des Sachverhaltes wurde die im Publikum anwesende Tochter der Beschwerdeführerin, A S, welche zur Zeugenaussage bereit war, als Zeugin vernommen. Im wesentlichen wurde folgender Sachverhalt festgestellt und der Entscheidung zugrundegelegt: Die Beschwerdeführerin A S, wohnhaft in O, wurde zur öffentlichen mündlichen Verhandlung des Landeshauptmannes für Oberösterreich am 9.8.1993 betreffend Mülldeponieerweiterung in O geladen. Sie ist gemeinsam mit ihrer Tochter (A S, wohnhaft in O) erschienen und in die Anwesendenliste eingetragen worden. Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde eine rechtmäßige Wassernutzung der Brunnwirtquelle und die subjektive Betroffenheit behauptet. Aufgrund des weiteren Verhandlungsergebnisses wurde aber vom Verhandlungsleiter und einschreitenden Organ eine Parteistellung nicht zuerkannt und in der weiteren Folge durch Weisen mit der Hand zur Tür die Aufforderung, den Verhandlungssaal zu verlassen, ausgesprochen. Ein den Gegenstand betreffender enderledigender Bescheid wurde der Beschwerdeführerin A S mit Anschrift O samt Beilagen (zB Verhandlungsschrift) zugestellt und es wurde von der genannten Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid Berufung beim Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft erhoben. Diese Bescheidzustellung erfolgte aufgrund eines Antrages der Beschwerdeführerin vom 9.8.1993 an die Umweltrechtsabteilung beim Amt der o.ö. Landesregierung "um umgehende Zustellung eines Bescheides, daß ich in der gegenständlichen Verhandlung keine Parteistellung habe".

Dies ergibt sich aus den vorgelegten Aktenunterlagen im Zusammenhalt mit den Aussagen der Verfahrensparteien anläßlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Auch die einvernommene Zeugin war insoweit nicht im Widerspruch. Mit der für ein Beweisverfahren erforderlichen Sicherheit konnte aber nicht erwiesen werden, wem gegenüber das handelnde Organ der belangten Behörde letztlich aufgetreten ist bzw wem gegenüber tatsächlich die Verweisung aus dem Verhandlungssaal ausgesprochen wurde. Als erwiesen war lediglich anzusehen, daß die Beschwerdeführerin tatsächlich bei der mündlichen Verhandlung anwesend war. Es konnte weiters nachvollzogen werden, daß - wie die Zeugin aussagte - eine Ermahnung und die Androhung des Verweisens aus dem Saal an die Zeugin A S ergangen ist. Aus den weiteren Schilderungen der Zeugin ist auch naheliegend, daß diese hauptsächlich gegenüber dem Verhandlungsleiter, und zwar auch namens ihrer Mutter und nunmehrigen Beschwerdeführerin, aufgetreten ist. Es konnte aber nicht mit Sicherheit geklärt werden, ob die tatsächliche Aufforderung zum Verlassen des Verhandlungssaales an die Beschwerdeführerin gerichtet wurde oder an deren Tochter. Erwiesen war jedoch anzusehen, daß eine Ankündigung von Zwangsmaßnahmen bzw von sonstigen Maßnahmen für den Fall der Nichtbefolgung nicht erfolgte. Vielmehr bringt die Beschwerdeführerin sowohl in ihrem Schriftsatz als auch in der mündlichen Verhandlung vor, daß sie den Verhandlungssaal freiwillig verlassen hat und einen weiteren Verbleib gar nicht in Betracht gezogen hat.

4. Hierüber hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß Art.129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehlsund Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein.

Ein solcher Akt der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt ist eine Amtshandlung im Rahmen der der Behörde zustehenden Befehls- und Zwangsgewalt, welcher eine rechtsfeststellende oder rechtserzeugende Wirkung beigemessen werden kann, die sich gegen eine individuell bestimmte Person richtet und sohin einen individuellen normativen Inhalt hat. Es ist daher erforderlich, daß ein verwaltungsbehördlicher Befehl mit unverzüglichem Befolgungsanspruch erteilt wurde, der erforderlichenfalls mit sofortigem Zwang durchgesetzt worden wäre. Ein solcher verwaltungsbehördlicher Befehl mit sofort folgendem Zwang ist jedoch nicht ergangen. Nach dem erwiesenen Sachverhalt ist die Beschwerdeführerin aus freien Stücken aus dem Verhandlungssaal gegangen, sie hat einen weiteren Verbleib im Verhandlungssaal nicht in Erwägung gezogen. Ob ein weiterer Verbleib im Verhandlungssaal für sie noch möglich gewesen wäre, wurde von ihr nicht mehr abgewogen. Eine Ankündigung von Folgen im Falle der Nichtbefolgung der Aufforderung zum Verlassen des Verhandlungssaales wurde nicht getroffen und es wurde auch insbesondere keine Zwangsgewalt angekündigt. Eine solche Behauptung wurde nicht einmal von der Beschwerdeführerin aufgestellt. Alleine in der Entfernungsaufforderung - wenn auch mit bestimmtem Ton kann aber kein verwaltungsbehördlicher Befehl mit unverzüglichem Befolgungsanspruch gesehen werden und es kann auch durch das Weisen zu der Türe noch kein mit einer zwangsweisen Entfernung verbundener Befehl und keinesfalls ein Akt der Zwangsgewalt selbst gesehen werden. Dies entspricht im übrigen auch der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, welcher in seinem Erkenntnis vom 9. Juni 1992, B 820/90-37, sogar in dem Vorbringen, daß jemand eine Tür geöffnet und ihn mit der Hand aus dem Saal geschoben habe, noch keinen Akt der Zwangsgewalt gesehen hat. Auch in diesem Fall wurde eine zwangsweise Entfernung aus dem Warteraum nicht angedroht. Es war daher schon aus diesem Gesichtspunkt die Beschwerde zurückzuweisen.

Es konnte daher auch eine weitere Beweisaufnahme zur Klärung, ob die Aufforderung zum Verlassen des Verhandlungssaales tatsächlich an die Beschwerdeführerin ergangen ist, unterbleiben.

Ebenso konnte die Klärung der Frage der Beteiligten- bzw Parteistellung der Beschwerdeführerin anläßlich der angefochtenen Amtshandlung unterbleiben. Es hat sich aber im Zuge der mündlichen Verhandlung gezeigt, daß der Beschwerdeführerin ein die Sache erledigender Bescheid zugestellt wurde, welcher auch im Rechtsmittelweg von ihr angefochten wurde. Es hat daher die Beschwerdeführerin bereits die Verfolgung ihrer Rechte (Verfahrensrechte) im Rahmen des Rechtsmittelweges eingeschlagen.

Mangels einer wesentlichen Zulässigkeitsvoraussetzung für die Beschwerdeerhebung war daher die Beschwerde zurückzuweisen.

5. Gemäß § 79a AVG steht nur der Partei Kostenersatz zu, die in Fällen einer Beschwerde wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegt. Hinsichtlich der Höhe der zuzusprechenden Kosten erkannte der Verwaltungsgerichtshof vom 23.9.1991, Zl.91/19/0162/7, in Anlehnung an die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, daß als ähnlichste Kostenregelung jene über den Kostenersatz vor dem Verwaltungsgerichtshof (§§ 47 bis 60 VwGG bzw die darauf gegründete Pauschalierungsverordnung) heranzuziehen sei, wobei sich im Grunde der verschiedenen Mühewaltung die Pauschalsätze um ein Drittel verkürzen. Die Zurückweisung einer Beschwerde ist daher so zu beurteilen, wie wenn die Beschwerde abgewiesen worden wäre (vgl. § 51 VwGG). Es hat daher die Beschwerdeführerin ihre Kosten nach den allgemeinen Verwaltungsverfahrensbestimmungen (§ 74 AVG) selbst zu tragen. Es war daher der belangten Behörde ein Vorlageaufwand von 337 S, ein Schriftsatzaufwand von 1.687 S und ein Verhandlungsaufwand von 2.273 S, ds insgesamt 4.297 S, zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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