Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420092/34/Kl/Rd

Linz, 24.07.1996

VwSen-420092/34/Kl/Rd Linz, am 24. Juli 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Beschwerde der RL, vertreten durch RAe, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 23.12.1995 durch Betreten der Liegenschaft und des Hauses L und vorläufige Abnahme des Führerscheins in Zurechnung der Bezirkshauptmannschaft Perg nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 15.5. und 5.6.1996 und Verkündung am 5.6.1996 zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird insofern stattgegeben, als die vorläufige Abnahme des Führerscheins am 23.12.1995 rechtswidrig war.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

II. Der Bund (belangte Behörde) hat der Beschwerdeführerin Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 29.320 S (Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand samt Stempelgebühren) binnen 14 Tagen ab Zustellung zu bezahlen (Führerscheinabnahme); das Mehrbegehren der Beschwerdeführerin wird abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 6.300 S (Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand) binnen 14 Tagen ab Zustellung zu leisten (Betreten des Hauses).

Rechtsgrundlagen:

zu I.: Art. 129a Abs.1 Z2 B-VG und § 67c AVG iVm § 76 Abs.1 KFG 1967 sowie Art. 8 MRK und § 1 des Gesetzes vom 27.10.1862, RGBl. 88, zum Schutze des Hausrechts.

zu II.: § 79a AVG iVm § 52 Abs.1 VwGG und § 1 der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995.

Entscheidungsgründe:

1. Die Beschwerdeführerin (Bf) brachte Beschwerde, beim O.ö.

Verwaltungssenat eingelangt am 5.2.1996, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe des GP St. Georgen/G. in Zurechnung der BH Perg am 23.12.1995 wegen Betreten der Liegenschaft und des Wohnhauses L, und Abnahme des Führerscheins ein, und beantragte, die angefochtenen Verwaltungsakte für rechtswidrig zu erklären, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und die belangte Behörde zum Ersatz der Verfahrenskosten zu verpflichten. Begründend wurde ausgeführt, daß BI H und RI E um ca. 15.45 Uhr ohne anzuklopfen, anzuläuten oder um Einlaß zu fragen, in das Haus eindrangen, in welches die Bf, ihr Gatte und eine Bekannte, nämlich DS, so eben nach Hause zurückgekehrt waren. Der Aufforderung, die Fahrzeugpapiere vorzuweisen kam die Bf nach. Der weiteren Aufforderung, zum Posten mitzukommen, um die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, befolgte die Bf jedoch nicht, weil sie nach ihren Angaben das Fahrzeug nicht gelenkt habe. Der Aufforderung, das Wohnhaus zu verlassen, kamen die Organe nicht nach. Weil aber die Bf nicht die Absicht hatte, das Haus an diesem Tage noch einmal zu verlassen, und auch hiezu von den Beamten nicht gefragt wurde, und daher eine unmittelbare Unfallsgefahr nicht gedroht habe, war die nachfolgende Abnahme des Führerscheins der Bf nicht rechtmäßig. Weiters war die Erfüllung der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht oder die Abwehr eines gefährlichen Angriffes nicht erforderlich, weshalb die Ermächtigung nach § 39 Abs.1 SPG nicht zum Tragen kommt. Es liege daher Rechtswidrigkeit vor. Die Bf sei daher auch in ihrem Hausrecht und jedenfalls in ihrem Recht auf Unverletzlichkeit von Privatsphäre und Wohnung verletzt.

2. Die BH Perg als belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und darin dargelegt, daß die genannten Beamten bereits auf dem GP St. Georgen/G. auf die Bf aufmerksam wurden, weil sie ihren PKW vor dem GP abgestellt hatte und dort gerade bei der Lenkerseite einstieg. Aus einer schon am Vormittag des 23.12.1995 durchgeführten Amtshandlung war diesem Beamten erinnerlich, daß die Bf einen deutlich alkoholisierten Eindruck machte, weshalb die Beamten nach Aufrüstung dem PKW nachfolgten, vor dem Wohnhaus der Bf anhielten, unmittelbar nach einer Person das Haus betraten und die Bf auf diesen Sachverhalt ansprachen. Der Ehegatte der Bf habe zu erkennen gegeben, daß diese den PKW gelenkt habe, und daß es klar sei, daß dies ein "Blödsinn" gewesen sei. Nach Verweigerung der Atemluftalkoholuntersuchung durch die Bf wurde dieser aufgrund der Äußerung, daß es ihr egal sei, ob sie den Führerschein habe oder nicht, der Führerschein gegen Bestätigung abgenommen. Das Betreten des Hauses und die Abnahme des Führerscheins seien daher nicht rechtswidrig erfolgt und es werde daher beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

Ein Kostenersatzantrag wurde erst während der mündlichen Verhandlung gestellt.

Die Bf hat auf die Gegenschrift eine Replik erstattet.

3. Der O.ö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch die Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 15.5.1996 sowie 5.6.1996, zu welcher die Bf und ihr Rechtsvertreter sowie die belangte Behörde geladen wurden und die Zeugen BI H und RI E, jeweils vom GP St.

Georgen/G., sowie OL und DS geladen und einvernommen wurden.

Folgender Sachverhalt wird als erwiesen festgestellt und der Entscheidung zugrundegelegt:

3.1. Schon am Vormittag des 23.12.1995 ist die Bf dem Gendarmeriebeamten im Zuge einer Amtshandlung (Raufhandlung) in einem in der Nähe des GP St. Georgen/G. befindlichen Lokal aufgefallen und es wurde dort wahrgenommen, daß die dort anwesenden Gäste (darunter auch die Bf) alkoholisiert waren.

Am Nachmittag desselben Tages, glaublich gegen 15.30 Uhr, stieg die Bf in den vor dem Gebäude des GP abgestellten PKW bei der Lenkerseite ein. Dies wurde von BI H beobachtet.

Aufgrund dieser Beobachtung veranlaßte er seinen Kollegen RI E, sich aufzurüsten und diesem PKW zu folgen. Es wurde angenommen, daß Frau L sich zu ihrem Wohnhaus - sie hat das Recht, in ihrem Elternhaus zu wohnen - begibt, weshalb zu ihrer Wohnanschrift gefahren wurde. Dort angekommen, stellten die Gendameriebeamten fest, daß der nämliche PKW vor der Garteneinfahrt abgestellt war, die Motorhaube noch warm war und gerade eine Person durch die Haustür des Wohnhauses verschwand. Weil sowohl die Gartentür als auch die Wohnhaustür nicht versperrt waren, folgten die Gendarmeriebeamten dieser Person und trafen sie diese noch im Vorraum zur Küche an und gaben den Grund des Einschreitens, nämlich Lenker- und Ausweiskontrolle an. Ein Umsehen im Haus bzw. eine Suche fand nicht statt. Dieser Aufforderung zum Vorweisen von Führerschein und Zulassungsschein kam die Bf ohne zu zögern nach. Auf die Frage, ob sie den PKW nach Hause gelenkt habe, verneinte sie dieses. Der in der Nähe befindliche Ehegatte wurde ebenfalls über das Lenken durch seine Ehegattin befragt und aus seiner Rückmeldung war zu verstehen, daß er dieses schließlich damit bestätigte, in dem er zu erkennen gab, daß das Verhalten nicht in Ordnung war und "ein Blödsinn" gewesen sei. Im Zuge der weiteren Amtshandlung, die von RI E geleitet wurde, wurde die Bf zur Untersuchung ihrer Atemluft auf den Alkoholgehalt beim GP aufgefordert, was sie aber verweigerte mit der Begründung, daß sie nicht gefahren sei.

Auf die darauffolgende Aussage der Bf, daß die so eben eintretende Bekannte das Fahrzeug nach Hause gelenkt hätte, verneinte diese eintretende Frau in glaubwürdiger Weise, daß sie den PKW gelenkt hätte. Auch wies die Frau einen Gipsverband am rechten Unterarm auf. Nach Verweigerung des Alkotests und Belehrung über die weitere Vorgehensweise, nämlich Anzeigenerstattung und wer bei der zuständigen Behörde die weitere Bearbeitung vornehmen werde, wurde die Führerscheinabnahme aufgrund der Äußerung der Bf, daß sie den Führerschein ohnehin nicht brauche, ausgesprochen.

Erst nach Beendigung der Amtshandlung über die Führerscheinabnahme und beim Verlassen des Hauses wurde ein Gendarmeriebeamter - der andere befand sich schon außerhalb der Liegenschaft - vom Ehegatten der Bf ausdrücklich darauf hingewiesen, daß sie das Haus unrechtmäßig betreten hätten.

Seitens der Bf selbst wurde nie ein Einwand gegen das Betreten und Verweilen im Haus, weder wörtlich noch mit Gestik gemacht.

Vor der Gartentür wurde der Bf eine Bestätigung über die Führerscheinabnahme von RI E ausgehändigt.

3.2. Diese Sachverhaltsfeststellungen stützen sich auf die glaubwürdigen und in wesentlichen Punkten nicht widersprüchlichen Aussagen der vorangeführten einvernommenen Zeugen.

Maßgeblich für die Glaubwürdigkeit war, daß sich die Zeugenaussagen bei ihrer Schilderung nicht wesentlich widersprachen und jeder Zeuge unter Wahrheitspflicht und Ermahnung auf diese Pflicht aussagte. Die einvernommenen Gendarmeriebeamten stehen im übrigen auch unter Diensteid und wurden an gesonderten Tagen unabhängig von einander befragt, sodaß keine Zweifel an deren Glaubwürdigkeit aufkamen. Im übrigen wurden wesentliche Sachverhaltselemente auch von der von der Bf namhaft gemachten Zeugin S eindeutig bestätigt. Insbesondere hat sie die Äußerungen des Herrn L dahingehend aufgeklärt, daß er die Amtshandlung, nämlich die Führerscheinabnahme als nicht den Gesetzen entsprechend rügte, und erst beim Hinausgehen der Beamten aber auch das Betreten des Hauses ohne Läuten und ohne Klopfen bemängelte.

Dies stimmt im übrigen auch mit der zeugenschaftlichen Aussage des Herrn L überein, daß er zunächst das Vorgehen der Beamten nur als "nicht richtig" bezeichnete und erst beim Hinausgehen der Beamten nähere Erklärungen abgab. Im übrigen gab er bei seiner Einvernahme dann selbst zu, daß er möglicherweise während der Amtshandlung mißverstanden wurde.

Schließlich stand einhellig fest und wurde nicht bestritten, daß sich die Bf in alkoholisiertem und fahruntüchtigem Zustand befand.

Das Beweisverfahren deutet im übrigen auf ein Lenken durch die Bf hin, dies war aber - weil es für die Führerscheinabnahme irrelevant war - nicht nachzuweisen.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 76 Abs.1 des KFG 1967 haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes einem Kraftfahrzeuglenker, aus dessen Verhalten deutlich zu erkennen ist, daß er insbesondere infolge eines übermäßigen Alkoholgenusses oder eines außergewöhnlichen Erregungs- oder Ermüdungszustandes nicht mehr die volle Herrschaft über seinen Geist und seinen Körper besitzt, den Führerschein vorläufig abzunehmen, wenn er ein Kraftfahrzeug lenkt, in Betrieb nimmt oder versucht, es in Betrieb zu nehmen. Bei der vorläufigen Abnahme ist eine Bescheinigung auszustellen, in der die Gründe für die Abnahme und eine Belehrung über die zur Wiedererlangung des Führerscheins erforderlichen Schritte enthalten sind.

4.1.1. Bei der Beurteilung, ob die Verpflichtung zur vorläufigen Abnahme des Führerscheins besteht, hat sich das einschreitende Organ sohin ausschließlich von dem Bestreben leiten zu lassen, einen drohenden Verkehrsunfall zu verhüten. Dabei sind bei der Belassung des Führerscheins strengste Maßstäbe anzulegen. Die Verpflichtung bzw.

Befugnis zur vorläufigen Führerscheinabnahme endet jedenfalls, wenn eine unmittelbare Unfallgefahr nicht mehr gegeben ist, also bei der Wiedererlangung der geistigen oder körperlichen Eignung des Führerscheinbesitzers, bei offensichtlicher Unmöglichkeit, ein Fahrzeug zu lenken oder wenn ein Rückfall nicht mehr unmittelbar zu befürchten ist. Nach der ständigen Judikatur des VwGH ist daher Zweck dieser Sicherungsmaßnahme, eine unmittelbare Unfallgefahr durch einen nicht fahrtüchtigen KFZ-Lenker hintanzuhalten.

4.1.2. Ist auch nach der zitierten Gesetzesstelle die deutliche Erkennbarkeit einer Alkoholbeeinträchtigung und dadurch mangelnde Beherrschbarkeit des Fahrzeugs Voraussetzung für eine vorläufige Führerscheinabnahme, so ist aber die Alkoholisierung für sich allein nicht ausreichend, um eine vorläufige Abnahme des Führerscheins zu rechtfertigen, sondern es muß einerseits aus dem Verhalten erkennbar sein, daß der Lenker die volle Herrschaft über seinen Geist und seinen Körper nicht besitzt und andererseits die Absicht hat, in diesem Zustand ein Kraftfahrzeug zu lenken bzw. in Betrieb zu nehmen.

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes ist aber einwandfrei erwiesen, daß die Bf nicht mehr beabsichtigte, am selben Tag und in der derzeitigen Verfassung ein Kraftfahrzeug zu lenken. Vielmehr wurde sie darüber gar nicht befragt und sprachen alle Umstände dafür, daß sie in ihrer Wohnung verbleiben wollte und zu Bett gehen wollte. Wie sie nämlich selbst angab und auch aus den anderen Zeugenaussagen hervorging, kam sie gerade nach Hause, legte die Oberbekleidung ab, und wollte noch zu Hause Vorbereitungen für den Heiligen Abend treffen. Es war daher eine unmittelbare Unfallgefahr nicht angezeigt und nicht zu befürchten.

Mangels dieser wesentlichen gesetzlichen Voraussetzung zu einer vorläufigen Führerscheinabnahme war daher eine Befugnis für die Beamten nicht gegeben und war daher der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig.

4.2. Zur behaupteten Verletzung des Hausrechtes ist jedoch auszuführen, daß unter Unverletzlichkeit des Hausrechts iSd relevierten Grundrechts des Art. 9 StGG nur der Schutz gegen willkürliche Hausdurchsuchungen zu verstehen ist (VfSlg.

872/1927, 3847/1960, 3967/1961 ua). Als "Hausdurchsuchung" definiert § 1 Hausrechtsgesetz, RGBl. 88/1862, eine "Durchsuchung der Wohnung oder sonstiger zum Hauswesen gehörigen Räumlichkeiten". Nach ständiger Rechtsprechung des VfGH ist für das Wesen einer Hausdurchsuchung charakteristisch, daß nach Personen oder Sachen, von denen unbekannt ist, wo sie sich befinden, gesucht wird (vgl. VfSlg. 1906/1950, 5080/1965, 5738/1968, 6528/1971, 6553/1971, 8668/1979, 9766/1983, 10547/1985). Ein bloßes Betreten einer Wohnung, etwa um zu sehen, von wem sie bewohnt wird (VfSlg.

1906/1950, 6528/1971), oder zur Feststellung der Räume nach Größe, Zahl und Beschaffenheit, ist nicht als Hausdurchsuchung zu beurteilen (VfSlg. 10272/1984). Weil aber von den einschreitenden Beamten - wie sich aus der Sachverhaltsfeststellung ergibt - eine "Suche" - wie sie nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH für eine "Hausdurchsuchung" unerläßlich ist - weder veranstaltet werden sollte noch tatsächlich eine solche stattfand, kommt eine Verletzung des Art. 9 StGG nicht in Betracht.

4.3. Allerdings greift das von der Bf weiters geltend gemachte Grundrecht nach Art. 8 MRK über den Schutzbereich des Art. 9 StGG hinaus, indem es unabhängig von den Bedingungen einer behördlichen Hausdurchsuchung "jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs" gewährleistet.

4.3.1. Gemäß Art. 129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.

Zulässiger Anfechtungsgegenstand ist nur ein Akt der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt, welcher eine rechtsfeststellende oder -erzeugende Wirkung beigemessen werden kann, die sich gegen eine individuell bestimmte Person richtet, und sohin einen individuellen normativen Inhalt hat. Es ist daher erforderlich, daß ein verwaltungsbehördlicher Befehl mit unverzüglichem Befolgungsanspruch erteilt wurde, der erforderlichenfalls mit sofortigem Zwang durch unmittelbare Gewaltanwendung durchgesetzt worden wäre. Das heißt, daß die individuelle Anordnung bzw der Befehl die Erwirkung einer hic-et-nunc-Realisierung indentiert, also entweder durch einen durchsetzbaren Folgebefehl, durch die Anwendung unmittelbarer Gewalt oder die Androhung einer Verwaltungsstrafe als Reaktion auf befehlswidriges Verhalten. Es muß daher die für den befehlenden verfahrensfreien Verwaltungsakt typische elementare Dringlichkeit gegeben sein.

Weder aus den Beschwerdebehauptungen noch aus dem durchgeführten Beweisverfahren ist aber ersichtlich, daß gegen die Bf durch die einschreitenden Organe weder ein Befehl mit unverzüglichem Befolgungsanspruch, also eine Androhung mit drohender Zwangsausübung, noch ein physischer Zwang ergangen ist. Aufgrund der Sachverhaltsfeststellungen, daß die Haustür nicht versperrt war und dem Betreten kein Widerstand entgegengesetzt wurde, nämlich weder durch wörtliche Ausführungen und Aufforderungen noch durch eine Gestik, ist daher weder ein Zwang ausgeübt worden noch wurde ein Befehl mit Befolgungsanspruch (zum Beispiel Aufforderung zum Öffnen unter Zwangsandrohung) erteilt, und es wurde auch nicht entgegen dem Willen der verfügungsberechtigten Bf ein weiterer Aufenthalt im Haus der Bf erzwungen. Erst nachdem ein Beamter das Haus bereits verlassen hatte und der weitere Beamte schon beim Verlassen des Hauses war, erging seitens des Ehegatten der Bf eine Aufforderung in der Richtung des Verlassens und somit ein Widerstand gegen den weiteren Aufenthalt im Wohnhaus. Es kann daher aufgrund der Beweisergebnisse weder von einer Befehls- noch von einer Zwangsgewalt durch Verwaltungsorgane gesprochen werden. Im übrigen ist die Aufforderung zum Verlassen auch nicht von der Bf ausgegangen, sodaß auch weiterhin von ihrem Einverständnis auszugehen ist und daher eine Verletzung des Hausrechtes der Bf schon aus diesem Grund nicht gegeben ist.

Weil daher wesentliche Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Maßnahmenbeschwerde fehlten, war aus diesem Grunde die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.

4.3.2. Die vom Rechtsvertreter der Bf angeführte Judikatur des VfGH (Erkenntnis vom 25.9.1989, B233/89) ist insofern im gegenständlichen Fall nicht zielführend, weil nach dem zitierten VfGH-Erkenntnis der Anlaßfall so gelagert war, daß Beamte in Abwesenheit der Verfügungsberechtigten das Wohnhaus und die Zimmer betreten haben. Es hat daher der VfGH zu Recht eine Nachschau ohne Zustimmung der Verfügungsberechtigten angenommen. Im gegenständlichen Fall war die Bf als Verfügungsberechtigte beim Betreten des Hauses anwesend und hatte nichts dem Betreten entgegengesetzt und konnte daher von einer mangelnden Zustimmung der Verfügungsberechtigten nicht ausgegangen werden.

4.3.3. Das Sicherheitspolizeigesetz (SPG) und die darin erteilten Befugnisse gelangten aber entgegen den Beschwerdeausführungen deshalb nicht zur Anwendung, weil sich der 2.

und 3. Teil des SPG nur auf den Rahmen der "Sicherheitspolizei" (§ 3 SPG) erstreckt und daher diese Befugnisse (zB § 39 SPG) nicht auch der Erfüllung von Aufgaben der Sicherheitsverwaltung oder sonstiger verwaltungspolizeilicher Agenden (zB KFG) dienen (vgl. Hauer-Keplinger, Handbuch zum Sicherheitspolizeigesetz, S. 149, Anm.3).

5. Gemäß § 79a AVG idF des Bundesgesetzes BGBl.Nr. 471/1995, welches mit 1.1.1996 in Kraft getreten ist, hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

Sofern die vorläufige Führerscheinabnahme als rechtswidrig zu erklären war, war die Bf die obsiegende Partei. Als Aufwendungen gelten Stempel- und Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, und die durch Verordnung des Bundeskanzlers im Einvernehmen mit dem Hauptausschuß des Nationalrates festzusetzenden Pauschbeträge für den Schriftsatz und für den Verhandlungsaufwand (Abs.4). Gemäß der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995, wurden Pauschbeträge für den Schriftsatzaufwand der Bf als obsiegende Partei in der Höhe von 8.400 S und für den Verhandlungsaufwand der Bf als obsiegende Partei in der Höhe von 10.400 S festgelegt. Es war daher der Bf der Schriftsatzaufwand (da es sich um einen Pauschbetrag handelt ist er nur einmal zu verrechnen) sowie der Verhandlungsaufwand für zwei mündliche Verhandlungen (gemäß § 52 Abs.2 VwGG ist der Verhandlungsaufwand für jede mündliche Verhandlung zu ersetzen) sowie die Stempelgebühr von 120,-- Stempelmarke, Gesamtbetrag von 29.320 S, zuzusprechen. Das Mehrbegehren war hingegen abzuweisen.

Soweit aber von der Bf der weitere Verwaltungsakt des Betretens des Hauses angefochten wurde, war dies gemäß § 52 Abs.1 VwGG so zu behandeln, wie wenn jeder der Verwaltungsakte in einer gesonderten Beschwerde angefochten worden wäre. Es war daher, weil bezüglich dieses Verwaltungsaktes die Beschwerde zurückgewiesen wurde, der belangten Behörde (dem Bund) als obsiegender Partei (§ 79a Abs.3 AVG) der Schriftsatzaufwand von 2.800 S und der Verhandlungsaufwand für eine Verhandlung von 3.500 S, also insgesamt 6.300 S, zuzuerkennen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. K l e m p t

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