Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-420099/7/Schi/Ka

Linz, 21.06.1996

VwSen-420099/7/Schi/Ka Linz, am 21. Juni 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Beschwerde der C R, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. P W und Dr. H H, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 6. März 1996 und am 18. März 1996 durch Organe der Agrarbezirksbehörde Linz, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen. Der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wird abgewiesen.

II. Der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde (dem Land Oberösterreich) den Ersatz für den Vorlage- und Schriftsatzaufwand in der Höhe von insgesamt 3.365 S binnen 14 Tagen ab Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Kostenersatzantrag der Beschwerdeführerin wird abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

zu I.: Art.129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z2 und § 67c Abs.3 sowie § 67d Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr.51/1991 idF BGBl.Nr.620/1995; zu II.: § 79a AVG iVm § 1 Z3 und Z4 Aufwandersatzverordnung UVS BGBl.Nr.855/1995.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 20.3.1996 hat die Beschwerdeführerin (Bf) Beschwerde gemäß § 67c AVG wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt infolge Verweigerung der Akteneinsicht am 6. März 1996 und am 18.

März 1996 durch Organe der Agrarbezirksbehörde (ABB) Linz im Amtsgebäude der ABB Linz, Knabenseminarstraße 2, 4040 Linz, erhoben und vom Land Oberösterreich als Rechtsträger der belangten Behörde die mit 18.853,34 S bezifferten Kosten begehrt sowie einen Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gestellt.

2. Mit Schriftsatz vom 16.4.1996, Zl.100.752/411-1996, hat die belangte Behörde die bezughabenden Verwaltungsakte vorgelegt und in ihrer Gegenäußerung die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

3.1. Mit Schreiben vom 2.5.1996 hat der O.ö.

Verwaltungssenat der Bf zu Handen ihres ausgewiesenen Rechtsvertreters die Gegenäußerung der belangten Behörde zur Kenntnis gebracht mit dem Bemerken, daß eine allfällige Äußerung bzw Zurückziehung der Beschwerde bis längstens 20.

Mai 1996 dem O.ö. Verwaltungssenat zu übermitteln wäre.

3.2. Mit Schriftsatz vom 20.5.1996 hat die Bf eine Äußerung abgegeben, in der sie im wesentlichen darzulegen versucht, daß die Verweigerung der Akteneinsicht einer Rechtsverweigerung gleichkomme und daher eine Verletzung der Rechte der Bf durch Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt darstelle; im übrigen wird die Stattgabe der Beschwerde und Zuerkennung der Kosten von insgesamt 27.440 S begehrt.

4. Im vorliegenden Fall geht der O.ö. Verwaltungssenat von folgenden, von den Verfahrensparteien unbestrittenen entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

4.1. Die Agrarbezirksbehörde Linz hat im Gebiet der Gemeinde Luftenberg mit Verordnung vom 5.5.1988, Zl.3752/18-1998, das Zusammenlegungsverfahren Abwinden eingeleitet. In diesem Zusammenlegungsverfahren ist die Bf Partei im Sinne des § 8 AVG iVm § 4 AgrVG und durch ihren ausgewiesenen Rechtsanwalt vertreten. Derzeit befindet sich das Zusammenlegungsverfahren im 3. Verfahrensabschnitt, dem Neuordnungsverfahren. Die ABB Linz hat vor Erstellung des Neuordnungsprojektes für das gesamte Zusammenlegungsgebiet auf Grundlage der §§ 15 und 19 Oö FLG 1979 sämtliche Parteien eingeladen, ihre Wünsche betreffend die Neuordnung der von ihnen in das Zusammenlegungsverfahren eingebrachten Grundstücke bekanntzugeben. Diese sogenannte Wunschaufnahme dient dafür, daß sich die ABB einen Überblick verschaffen kann, welche Neuordnungswünsche vorliegen. Keine Partei des Zusammenlegungsverfahrens hat aufgrund des Oö. FLG 1979 Anspruch darauf, entsprechend der vorgebrachten Wünsche abgefunden zu werden. Nach § 15 Oö. FLG 1979 steht es im Ermessen der Agrarbehörde, die Neuordnung des Zusammenlegungsgebietes, die aus der Festlegung der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen, der neuen Flureinteilung, einschließlich der entsprechenden Eigentums- und sonstigen Rechtsverhältnisse besteht, zu verwirklichen. Die Agrarbezirksbehörde hat hiebei eine Gesamtlösung in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht anzustreben und dabei auf eine den Grundsätzen der Raumordnung entsprechende geordnete Entwicklung des ländlichen Lebens-, Wirtschaftsund Erholungsraumes sowie auf eine geordnete Entwicklung der Betriebe Bedacht zu nehmen, weiters die Bestimmungen des § 1 O.ö. FLG 1979 zu beachten, die Interessen der Parteien und Allgemeinheit gegenseitig abzuwägen und zeitgemäße betriebswirtschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen. Die Gesetzmäßigkeit der Abfindung ist im § 19 O.ö. FLG 1979 festgelegt. Die Neuordnung ist zufolge § 21 O.ö. FLG 1979 mit Bescheid anzuordnen. Zuvor ist das Parteiengehör zu wahren und den Parteien die Ermittlungsergebnisse betreffend die Neuordnung bekanntzugeben und im einzelnen zu erläutern bzw ihnen Gelegenheit zu geben, Einwendungen zu erheben.

4.2. Am 6. März 1996 und am 18. März 1996 versuchte die Bf, vertreten durch ihren ausgewiesenen Rechtsanwalt, bei der belangten Behörde um Akteneinsicht zu nehmen. Insbesondere wurde begehrt, in die Protokolle der Wunschverhandlungen Einsicht zu nehmen. Dieses Ansinnen wurde von einem Organ der belangten Behörde jeweils unter Hinweis, daß der Bf kein diesbezügliches Recht zukäme, abgelehnt.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den vorgelegten bezughabenden Verwaltungsakt der ABB Linz.

Da der Sachverhalt nach Akteneinsicht und im Zusammenhang mit den detaillierten Ausführungen in der Beschwerde und in der Gegenschrift ausreichend geklärt erscheint und im übrigen aufgrund der Sachverhaltsdarlegungen feststand, daß die Beschwerde zurückzuweisen war, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht durchzuführen.

Gemäß § 67d Abs.1 AVG ist nämlich eine öffentliche mündliche Verhandlung nur dann anzuberaumen, wenn die Berufung nicht zurückzuweisen ist oder nicht bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben oder der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären ist. Es hat daher lediglich jeder Abweisung der Beschwerde eine öffentliche mündliche Verhandlung vorauszugehen (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österr.

Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, S. 571, Anm.5). Der diesbezügliche Antrag der Bf war daher als unzulässig zurückzuweisen.

6. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

6.1. Gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG i.V.m. § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein.

6.2. Eine derartige Ausübung von Befehls- oder Zwangsgewalt lag aber im gegenständlichen Fall nicht vor:

Darunter wird nämlich nach der übereinstimmenden Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts nur die tatsächliche oder die im Falle der Nichtbefolgung eines behördlichen Befehles unmittelbar drohende Anwendung physischen Zwanges verstanden (vgl. die Nachweise bei R.

Walter - H. Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 7. Auflage, Wien 1992, RN 610). Daß eine derartige Drohung oder tatsächliche Gewaltanwendung im gegenständlichen Fall vorlag, wird aber weder von den Beschwerdeführern behauptet noch ergeben sich Hinweise dafür aus den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten. Die bloße Nichtgewährung von Akteneinsicht durch die Behörde stellt für sich besehen sohin keine Ausübung von Befehls- oder Zwangsgewalt dar und kann daher nicht im Wege einer Maßnahmebeschwerde (sondern allenfalls mittels anderer Rechtsbehelfe) bekämpft werden.

6.3. Insofern die Bf auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19.1.1982, Zl.81/07/0191 verweist und dadurch ihre Rechtsansicht, wonach die Verweigerung der Akteneinsicht eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt darstellt, zu unterstützen versucht, so ist ihr zu entgegnen, daß sie diesfalls das gegenständliche Erkenntnis des VwGH völlig verkannt hat: Denn auch in diesem Erkenntnis hat der VwGH ausgesprochen, daß "eine Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nur vorliegt, wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt und dieser Akt gegen individuell bestimmte Adressaten gerichtet ist. Sie setzt somit Anwendung von Zwang voraus, sodaß der Eingriffscharakter bei bloßer Mitteilung der Rechtslage zu verneinen ist".

6.4. Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 67c Abs.3 AVG in Ermangelung eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes als unzulässig zurückzuweisen.

7. Gemäß § 79a AVG idFd Bundesgesetzes BGBl.Nr. 471/1995, welches mit 1.1.1996 in Kraft getreten ist, hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen wird, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und der Bf die unterlegene Partei (Abs.3). Als Aufwendungen gemäß Abs.1 gelten Stempel- und Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, und die durch Verordnung des Bundeskanzlers im Einvernehmen mit dem Hauptausschuß des Nationalrates festzusetzenden Pauschbeträge für den Schriftsatz- und für den Verhandlungsaufwand. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.

Gemäß der Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze für den Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand im Verfahren vor den unabhängigen Verwaltungssenaten wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995), wurden Pauschbeträge für den Vorlageaufwand der belangten Behörde als obsiegender Partei von 565 S und für den Schriftsatzaufwand der belangten Behörde als obsiegender Partei von 2.800 S festgelegt. Es war daher der beantragte Vorlage- und Schriftsatzaufwand spruchgemäß in der Höhe von insgesamt 3.365 S zugunsten des Landes Oberösterreich, für das der unabhängige Verwaltungssenat funktionell eingeschritten ist, zuzuerkennen. Entsprechend war aber das Kostenbegehren der Bf abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum