Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420101/18/Schi/Ka

Linz, 25.07.1996

VwSen-420101/18/Schi/Ka Linz, am 25. Juli 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Beschwerde der B R, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. B W, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land am 15. Februar 1996 auf der Kraftwerksbaustelle Lambach, insbesondere unter der dortigen Traunbrücke, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 11. Juli 1996 und öffentlicher Verkündung am 24. Juli 1996 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bezirkshauptmannschaft Wels-Land) Aufwendungen in der Höhe von insgesamt 6.865 S binnen 14 Tagen ab Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

zu I.: Art.129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z2 und § 67c sowie § 67d Abs.1 AVG; zu II.: § 79a AVG iVm § 1 Z3 bis Z5 der Aufwandersatzverordnung UVS BGBl.Nr.855/1995.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 28.3.1996, eingelangt beim O.ö.

Verwaltungssenat am 1.4.1996, hat die Beschwerdeführerin (Bf) Beschwerde gegen ihre Festnahme und die Vorgangsweise der Gendarmeriebeamten in Zurechnung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land erhoben und behauptet, sie sei in ihrem Recht auf persönliche Freiheit sowie keiner erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden, verletzt worden. Gleichzeitig wird Kostenersatz für den Schriftsatzaufwand und Bundesstempel in Höhe von insgesamt 7.533,30 S begehrt.

Begründend wird im wesentlichen ausgeführt, daß die O.ö.

Kraftwerke Aktiengesellschaft (OKA) an der Traun auf Höhe von Lambach und Stadl Paura ein Kraftwerk errichte. Die Errichtung dieses Kraftwerkes werde von Umweltschützern für energiepolitisch und volkswirtschaftlich unsinnig gehalten.

Mit diesem Kraftwerk würde die letzte freie Fließstrecke der Traun, sowie ein wertvolles Vogelschutzgebiet für immer verschwinden.

Am 15.2.1996 habe sich die Bf auf die Traunbrücke begeben, sei ins Brückengebälk geklettert und habe sich unter die Fahrbahn bis auf Lambacher Gebiet begeben. Dort habe sie ihr Seil befestigt und sich in Richtung Wasseroberfläche abgeseilt. Mehrere Gendarmen hätten sie auf dem unter der Brücke befestigten Rollwagen verfolgt. Die Beamten zogen sie zu sich, legten sie über das Geländer, zogen sie darüber und legten sie bäuchlings auf den Boden des Rollwagens. Die Hände seien ihr auf den Rücken gezwungen worden, um ihr Handschellen anzulegen. Sie sei durchs Geländer geschoben und dann zu den Gendarmen hinuntergelassen worden, die sich in der Radladerschaufel darunter befunden hätten. Als die Bf in der Schaufel zum Stehen gekommen sei, habe sich ein Beamter dahintergestellt und sie mit aller Kraft gegen den Schaufelrand gedrückt, solange bis sie zu Boden gelassen worden sei. Der Gendarm gab vor, die Bf vor einem Sturz bewahren zu müssen. Sie habe dabei keine Luft bekommen, habe sich erdrückt gefühlt und vor Schmerzen aufgeschrien.

Es sei ihr die Kletterausrüstung ausgezogen worden. Vier Gendarmen hätten sie an den Extremitäten gepackt und auf die Uferstraße hinaufgetragen. Da fast das gesamte Körpergewicht die Handschellen belastet hätten, hätte sie heftige Schmerzen erlitten. Am Gendarmerieposten seien ihr Arzt, Vertrauensperson und Rechtsbeistand verweigert worden.

Die Festnahme sei unrichtigerweise auf Übertretung nach § 81 SPG gestützt worden; besonders rücksichtsloses Verhalten sei nicht vorgelegen. Es habe überdies kein Anlaß bestanden, gegen die Bf möglichst brutal vorzugehen, zumal sie keinerlei Widerstand - außer passivem - leistete.

Daher werde die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit der behördlichen Maßnahmen beantragt.

2. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet. Darin wird im wesentlichen ausgeführt, daß das Vorbringen der Bf jeglicher Grundlage entbehre, da die einschreitenden Organe nach dem Gebot der Verhältnismäßigkeit - bei der Anwendung von Körperkraft vorgegangen seien. Aus zahlreichen Einsätzen der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land und der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sei bekannt, daß Vereinsmitglieder von Global 2000 und sympathisierende Aktivisten bei Störaktionen, rechtswidrigen Besetzungen udgl., immer besonders spektakulär vorgegangen seien, um das Interesse der Öffentlichkeit, aber auch der Medien auf sich zu lenken.

Das Vorbringen der Bf, daß die Festnahme unrichtigerweise auf die Übertretung nach § 81 SPG gestützt worden sei und ein besonders rücksichtsloses Verhalten nicht vorgelegen sei, sei vollkommen unzutreffend. Aus dem Situtationsbericht des BGK Wels für den 15.2.1996, GZ.3135/96, ergebe sich, daß das gelindere Mittel "der Wegweisung des Störers vom öffentlichen Ort" als Maßnahme der unmittelbaren Befehlsund Zwangsgewalt Anwendung gefunden habe. Aus dem genannten Situationsbericht sei weiter erweislich, daß einige Aktivisten anschließend wiederum versucht hätten, sich von der Traunbrücke unter Anwendung der Seiltechnik abzuseilen.

Die einschreitenden Gendarmerieorgane hätten daher keinen Grund gehabt daran zu zweifeln, daß die Bf eine Verwaltungsübertretung begangen habe; zusätzlich sei sie bei der Begehung der Tat betreten worden. Aus der Sicht der damals einschreitenden Gendarmerieorgane erschien es daher vertretbar, das Verhalten der Bf als strafbar zu beurteilen (VfSlg. 8045/1977). Die endgültige Beurteilung einer Verwaltungsübertretung in formeller und materieller Rechtskraft sei - begriffsnotwendig - keine unabdingbare Voraussetzung, um eine Festnahme nach § 35 Z3 VStG aussprechen zu können. Eine Festnahme gemäß § 35 Z3 VStG diene zur Sicherung des nachfolgenden Verwaltungsstrafverfahrens.

Die Bf sei in ihrem Recht auf persönliche Freiheit keineswegs beeinträchtigt gewesen. Das Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sei unter Beachtung der Menschenwürde und mit größtmöglicher Schonung der Person erfolgt. Im übrigen werde die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

3. Der O.ö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Wels-Land zu Zl.

Sich01-173-1996-P/Ze, sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 11.7.1996, zu der als Parteien die Bf und deren Vertreter, RA Dr. B W sowie Mag. H P als Vertreter der belangten Behörde anwesend waren; weiters wurden die einschreitenden Gendarmeriebeamten RI J G und Insp. J A sowie (die Privatpersonen) F S und A K als Zeugen geladen und einvernommen.

Im übrigen hat die Bf zu Beginn der Verhandlung über ihre Demonstration am Seil sowie die nachfolgende Verhaftung eine vom Zeugen F S angefertigte Fotoserie vorgelegt.

4. Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

4.1. Die Bf war Mitglied einer Gruppe von Personen, die sich schon zuvor auf der gegenständlichen Kraftwerksbaustelle aufgehalten hatten, bzw diese "besetzt" hielten um die Durchführung der geplanten Bauarbeiten weitgehend unmöglich zu machen, weil sie sich aus Gründen des Umweltschutzes gegen die Realisierung dieses Projektes wandten. Zu diesem Zwecke haben diese Personen im Kraftwerksbaubereich bzw in dem dortigen Auwaldstreifen verschiedene Lager (Camps) errichtet. In einem von den Kraftwerksgegnern errichteten Camps wurde festgelegt, daß für den 15.2.1996 eine Abseilaktion durchgeführt werden sollte. Damit diese stattfinden konnte, wurden von anderen Aktivisten Ablenkungsmaßnahmen durchgeführt, und zwar so, daß die Baustraße von ihnen blockiert wurde (Sitzstreik), damit währenddessen die Bf zusammen mit anderen "Abseilern" die geplante Aktion von den Sicherheitskräften unbehelligt durchführen konnte.

Zum Zeitpunkt der Abseilaktion der Bf waren infolge der vorausgegangenen Besetzungs- und Räumungsaktionen bereits zahlreiche Schaulustige an beiden Ufern der Traun anwesend und beobachteten die Störaktionen. Von vielen dieser Zuschauer wurden auch Unmutsäußerungen gemacht.

Die Bf seilte sich etwa im Bereich des Traunufers in Lambach von der Brücke ab und verblieb dort etwa auf halber Höhe unter der Brücke, am Seil schwebend. Der Zeuge Rev.Insp. J G fuhr unter Benützung eines unter der Brücke befindlichen Rollwagens, der zur Brückeninstandhaltung dient, zusammen mit Kollegen in Richtung der am Seil schwebenden Bf.

Zunächst wurde die Bf von Obstlt. Mühlegger u.a. GB aufgefordert, sich freiwillig abzuseilen; nachdem die Bf diesen Aufforderungen nicht nachgekommen ist, wurde sie um 12.51 Uhr von den GB zur Brücke hochgezogen und im Rollwagen niedergelegt. Daraufhin wurden die Arme der Bf am Rücken mittels Handschellen geschlossen.

Diese Schließung hatte zunächst den Zweck, der Bf, die nicht bereit war, ihre Aktion freiwillig zu beenden, die Möglichkeit zu nehmen, durch händische Manipulationen am Seil bzw. an den dort befindlichen Geräten (Petzelstop bzw Abseilachter) ihre Verhaftung bzw. Entfernung zu verhindern.

In weiterer Folge wurde die Bf hinuntergelassen und dann von zwei Gendarmeriebeamten (ua. dem Zeugen Insp. A), die sich in der Baggerschaufel eines unter der Brücke befindlichen Radladers befanden, in Empfang genommen. Da die Bf mit den Armen rückwärts geschlossen war, wurde sie vom Zeugen Insp.

A - um eine direkte Berührung der Bf mit den Händen zu vermeiden - mit dem Körper fixiert, d.h., da die Radladerschaufel über keinen flachen, sondern einen gewölbten Boden besitzt, geschah dies wie folgt: Der Zeuge Insp. A stellte sich hinter die Bf und nahm sie zwischen seine Arme in die Mitte, wobei er sich mit den Händen am Schaufelrand der Baggerschaufel festhielt. Solcherart fixiert wurde die Bf mit den Gendarmeriebeamten in der Radladerschaufel zu Boden gebracht.

Dort wurde ihr zunächst die Kletterausrüstung ausgezogen; weiters wurde sie wiederum aufgefordert, mit den Gendarmeriebeamten mitzukommen. Auch dies wurde wiederum von der Bf verweigert, weshalb sie von einigen Gendarmeriebeamten am Körper erfaßt und zunächst ein Stück des Weges getragen wurde. Nach einiger Zeit erklärte sich die Bf bereit, doch selbst zu gehen, da ihr das Getragen-Werden Schmerzen bereitete. Danach wurde sie in ein Dienstfahrzeug der Gendarmerie verbracht und zum GP Lambach gefahren. Dort wurde ihre Identität festgestellt und, nachdem sie angab, Kreislaufbeschwerden zu haben, wurde um 13.07 Uhr versucht, einen Arzt herbeizuholen. Dieser konnte jedoch nicht sofort kommen. Die Bf wurde sodann nach der Identitätsfeststellung unverzüglich freigelassen.

4.2. Dieser Sachverhalt gründet sich insbesondere auf das Ergebnis der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 11.7.1996 sowie der im Zuge dieser Verhandlung vorgelegten Fotodokumentation der Festnahme der Bf.

Hier ist insbesondere auf die glaubwürdigen und schlüssigen Angaben der beiden als Zeugen vernommenen Gendarmeriebeamten hinzuweisen, die im übrigen in wesentlichen Teilen sowohl mit der Darstellung der Bf, als auch mit jener der übrigen Zeugen übereinstimmen. Daß dabei der Zeuge J G jenes (hauptsächlich von Bergsteigern verwendete) Gerät, mit dem die Bf ihre Schwebehöhe am Seil beliebig verändern konnte, als Abseilachter bezeichnet hat und nicht, wie die Bf behauptet, als "Petzelstopp" ist rechtlich völlig unerheblich, zumal die Schließung der Bf mittels Handschellen sehrwohl erforderlich war, weil sie eben ein derartiges Gerät mit sich führte und nach dem bisherigen Verhalten der Bf auch zu befürchten war, daß sie dies entsprechend einsetzen würde, um ihre Entfernung zu verhindern. Weiters gaben die beiden Zeugen glaubwürdig an, daß die Bf mehrfach immer wieder abgemahnt worden ist, sich freiwillig von ihrem Standplatz zu entfernen, wobei sie diesen Abmahnungen keine Folge geleistet hat. Die Bf hat auch weder die vorangegangenen Abmahnungen noch deren Nichtbefolgung in Abrede gestellt.

Auch der von der Bf namhaft gemachte Zeuge S gab an, daß bereits im Lager der Besetzer angekündigt worden sei, daß eine Abseilaktion geplant worden wäre. Er habe die "Schmerzensschreie" der Bf gehört, konnte aber den Vorfall nicht genau beobachten. Er hatte nur den "Eindruck", daß gegen die Bf "etwas" zu viel an Körperkraft eingesetzt worden wäre.

Dazu ist festzustellen, daß nach eigenen Angaben dieses Zeugen seine Wahrnehmungsmöglichkeit infolge seines Standortes sowie des Umstandes, daß er während des ggst.

Vorfalles eine Fotoserie angefertigt hat, abgelenkt bzw.

leicht beeinträchtigt war; weiters wurde seine diesbezügliche Wahrnehmung offenbar durch die lauten Schreie der Bf insofern verzerrt, als diese Schreie quasi automatisch als Schmerzensschreie gedeutet wurden und sohin ein "etwas zu viel an Körperkraft" im Sinne des aussagepsychologischen Gesetzes der Ganzheit gesehen wurde (vgl. Bender/Nack, Tatsachenfeststellung vor Gericht, Bd.I:

Glaubwürdigkeits- und Beweislehre, München 1995, Rn. 58-62, 71 und 83).

Gleiches gilt in noch viel größerem Ausmaß für die Aussage der Zeugin K, zumal sie von ihrem Standort am gegenüberliegenden Ufer noch viel weniger in der Lage war, objektive Wahrnehmungen zum Vorfall zu machen, ihre Wahrnehmung infolge der Schreie der Bf weitgehend verzerrt und ihre Aussage daher subjektiv verfärbt war (vgl.

Bender/Nack, Rn 63).

Hier ist noch darauf hinzuweisen, daß die Bf - ebenso wie die meisten übrigen festgenommenen Aktivisten - bei ihrer Festnahme lautstark zu Schreien begann, offenbar, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu erregen, bzw. dadurch die Exekutivorgane zur Aufgabe ihres Vorhabens zu veranlassen oder zumindest vorzutäuschen, daß gegen sie mit brutaler Gewalt vorgegangen werde.

Es ist daher klar, daß aufgrund dieser Aussagen die behaupteten "Übergriffe" in keiner Weise objektiviert werden konnten.

Umso mehr war daher diesbezüglich von den glaubwürdigen, weil sachlichen, klaren, widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Angaben der beiden als Zeugen vernommenen Gendarmeriebeamten auszugehen. Insbesondere ist schon nach der Lebenserfahrung diesen beiden Zeugen keinesfalls zu unterstellen, daß sie ausgerechnet unter den Augen der Öffentlichkeit (es waren nicht nur viele schaulustige Personen am Vorfallsort, sondern insbesondere auch Journalisten in nächster Entfernung, wie gerade die in der Verhandlung vorgelegte Fotoserie des Zeugen F S über die Festnehmung der Bf eindrucksvoll beweist) unangemessene Gewalt anwenden würden.

5. In rechtlicher Hinsicht hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Nach Art. 3 MRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Gemäß Art. 10 Abs. 1 MRK hat u.a. jedermann Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Nach Art. 10 Abs. 2 MRK kann diese jedoch - da die Ausübung solcher Freiheiten, Pflichten und Verantwortung mit sich bringt - bestimmten, vom Gesetz vorgesehenen Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, wie sie in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer unentbehrlich sind.

Zufolge Art. 1 Abs. 1 und 2 des BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl.Nr. 684/1988, ist in gleicher Weise das Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht schrankenlos gewährleistet, sondern einem Gesetzesvorbehalt unterstellt.

Soweit für den gegenständlichen Fall maßgeblich, ordnet in Ausführung zu diesen Gesetzesvorbehalten zunächst § 81 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl.Nr. 566/1991 (im folgenden: SPG), an, daß derjenige, der durch ein besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört, eine Verwaltungsübertretung begeht und mit Geldstrafe bis zu 3.000 S zu bestrafen ist. Nach § 35 Z3 VStG dürfen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes Personen, die bei der Begehung einer Verwaltungsübertretung betreten werden, zum Zweck ihrer Vorführung vor die Behörde festnehmen, wenn diese trotz Abmahnung in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharren oder sie zu wiederholen versuchen. Gemäß § 81 Abs.

2 und 3 SPG ist jedoch von der Festnahme eines in der Begehung einer Ordnungsstörung Verharrenden abzusehen, wenn die Fortsetzung der Störung durch das gelindere Mittel der Wegweisung des Störers vom öffentlichen Ort oder durch die Sicherstellung von Sachen, die für die Wiederholung der Störung benötigt werden, verhindert werden kann.

Daneben legt § 13 Abs. 1 des Versammlungsgesetzes, BGBl.Nr.

98/1953, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 392/1968 (im folgenden: VersG), fest, daß eine Versammlung, die gegen die Vorschriften des VersG veranstaltet wird, von der Behörde zu untersagen und nach Umständen aufzulösen ist. Sobald eine Versammlung für aufgelöst erklärt wurde, sind nach § 14 Abs.

1 VersG alle Anwesenden verpflichtet, den Versammlungsort zu verlassen und sogleich auseinanderzugehen. Gemäß § 14 Abs. 2 VersG kann im Falle des Ungehorsams die Auflösung durch Anwendung von Zwangsmitteln in Vollzug gesetzt werden.

Zufolge § 19 VersG sind Übertretungen dieses Gesetzes mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen oder mit Geldstrafe bis zu 5.000 S zu ahnden.

5.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst zu klären, ob die einschreitenden Organe ihr Vorgehen tatsächlich - wie die belangte Behörde meint - auf das SPG stützen konnten oder diese nicht vielmehr das VersG heranzuziehen gehabt hätten.

In diesem Zusammenhang ergibt sich schon aus Art. 10 Abs. 1 Z. 7 B-VG, daß das aufgrund des Einleitungsteiles dieses Kompetenztatbestandes ("Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit") basierende SPG zu jenen gesetzlichen Vorschriften über die sog. Verwaltungspolizei (darunter z.B. "Vereins- und Versammlungsrecht") im Verhältnis der Subsidiarität steht, also nach allgemein herrschender Auffassung stets nur dann zum Tragen kommen kann, wenn es nicht um die Besorgung einer besonderen verwaltungspolizeilichen Agende geht (vgl. z.B. L.K. Adamovich - B.C. Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Auflage, Wien 1987, 161 f).

Ein aus ein und demselben Anlaß erfolgendes polizeiliches Einschreiten kann daher stets nicht zugleich sowohl auf das SPG und auf das VersG (oder ein sonstiges, eine besondere Verwaltungsmaterie ordnendes Gesetz), sondern richtigerweise nur entweder auf die eine oder die andere Vorschrift gestützt werden, und zwar so, daß jene die Verwaltungspolizei regelnde Vorschrift - sofern diese für den konkreten Sachverhalt überhaupt anwendbar ist; dann aber - gegenüber dem SPG stets der Vorrang zukommt.

5.2.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist unter einer Versammlung eine "Zusammenkunft mehrerer Menschen in der Absicht, die Anwesenden zu einem gemeinsamen Wirken (Debatte, Diskussion, Manifestation usw.) zu bringen, zu verstehen, sodaß eine gewisse Assoziation der Zusammengekommenen entsteht. Eine Versammlung ist - m.a.W. ausgedrückt - das Zusammenkommen von Menschen (auch auf Straßen) zum gemeinsamen Zweck der Erörterung von Meinungen oder der Kundgabe von Meinungen an andere; keine Versammlung ist das bloß zufällige Zusammentreffen von Menschen" (vgl. zuletzt etwa VfSlg 12161/1989; siehe dazu näher auch H. Hofer-Zeni, Die Versammlungsfreiheit, in: Machacek-Pahr-Stadler, Grund- und Menschenrechte in Österreich, Bd. II, Kehl 1992, 359 ff).

Daß der Zweck der Anwesenheit der sich selbst explizit als "Umweltschützer" (vgl. S. 3 der Beschwerdeschrift) bezeichnenden Bf auf der Kraftwerksbaustelle Lambach darin bestand, dadurch sowie durch die Ausübung "bloß passiven Widerstandes" gegen die zu erwartende zwangsweise behördliche Räumung gemeinsam mit gleichgesinnten Personen ihren Unwillen gegen die Realisierung dieses Projektes zu manifestieren, wurde von ihr nie in Abrede gestellt, bzw.

auch ausdrücklich bestätigt (vgl. S 2 VH-Prot.). Damit lag aber auch die offenkundige Absicht vor, die anwesenden Gleichgesinnten im Sinne der vorangeführten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu einem gemeinsamen Wirken - nämlich die Fortführung von Bauarbeiten dadurch zu verhindern, daß die Baustelle durch relativ, d.h. in bezug auf ein voraussichtlich ohnehin sehr maßvolles Vorgehen der Sicherheitsorgane, schwer lösbare Verbindungen (hier: Hängen am Seil unter der Brücke in kaum erreichbarer Höhe, wobei im Falle der Belassung der Bf an diesem Ort sie jederzeit durch entsprechendes weiteres Abseilen die Baustraße am Traunufer sperren kann) blockiert wird - zu bringen. Daran vermag auch die Tatsache, daß "bloß" passiver Widerstand geübt wurde, nichts zu ändern, weil auch und gerade dadurch der beabsichtigte Zweck der zeitlichen Verzögerung effektiv in gleicher Weise erreicht wurde.

Es lag somit im Ergebnis eine Versammlung vor und die einschreitenden Organe wären daher gehalten gewesen, i.S.d.

VersG - und nicht, wie tatsächlich geschehen, unter Berufung auf das SPG - vorzugehen.

5.2.2. Für die Bf ist allein daraus letztlich jedoch nichts gewonnen, weil gerade insoweit, als es jene Akte betrifft, durch die sich die Bf vorliegendenfalls als in ihren Rechten verletzt erachtet, auch ein auf das VersG gestütztes Einschreiten ohnehin in identischer Weise vorzunehmen gewesen wäre: Der Bf wäre nämlich lediglich anstelle des Vorwurfes, in einer Verletzung des § 81 Abs. 1 SPG zu verharren, richtigerweise bloß vorzuhalten gewesen, eine Übertretung des § 19 VersG zu begehen. Für die sich daran jeweils knüpfende Festnahme zum Zweck der Vorführung vor die Behörde selbst sowie hinsichtlich deren zwangsweiser Durchsetzung - und dagegen wenden sich im gegenständlichen Fall ja die Bf in erster Linie - wäre aber in beiden Fällen ohnehin und ausschließlich jeweils die Bestimmung des § 35 Z. 3 VStG als tragend heranzuziehen gewesen (vgl. hiezu auch VwSen-420105 und VwSen-420110, jeweils vom 11.7.1996).

5.2.3. Da die Bf sohin (vgl oben Pkt. 4.) in der Lage war, jederzeit die Baustraße am Ufer der Traun und sohin die Bauarbeiten zu blockieren (weshalb auch ihr Einwand, sie sei - momentan - zu hoch gehangen und habe niemand behindert, zurückzuweisen war), wozu noch die ständigen Stör- u.

Blockadeaktionen ihrer Gesinnungsgenossen kamen, war die Auflösung der Versammlung im Interesse von im Art. 11 Abs. 2 EMRK aufgezählten Schutzgütern (zumindest der Aufrechterhaltung der Ordnung) notwendig (vgl. VfGH 30.11.1995, B 262-267/95-6).

5.3. War die Zulässigkeit der Anwendung von Zwangsmitteln sohin grundsätzlich jedenfalls gerechtfertigt, so bleibt im Folgenden noch zu prüfen, ob stets auch deren konkreter Einsatz im jeweiligen Einzelfall der Rechtslage entsprochen hat.

5.3.1. Da seitens der Sicherheitsorgane Dienstwaffen i.S.d.

§ 3 WaffGebG nicht zum Einsatz gebracht wurden, scheidet eine unmittelbare Heranziehung dieses Gesetzes zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der behördlichen Vorgangsweise von vornherein aus. Auch eine direkte Anwendbarkeit des § 50 SPG scheitert, und zwar schon deshalb, weil im gegenständlichen Fall - wie bereits dargetan - tatsächlich nicht eine sicherheits"polizei"liche i.S.d. § 3 SPG (wozu gemäß der Legaldefinition lediglich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit sowie die erste allgemeine Hilfeleistungspflicht zählt; vgl. auch die Überschrift zum 3. Teil des SPG:

"Befugnisse der Sicherheitsbehörden und der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Rahmen der Sicherheitspolizei"), sondern eine Agende der Sicherheits"verwaltung" gemäß § 2 Abs. 2 SPG (hierher gehören ausdrücklich auch die Versammlungsangelegenheiten) zu besorgen war. Abgesehen davon ist aber ohnehin weder in diesen beiden noch auch in anderen gesetzlichen Vorschriften der Einsatz von Körperkraft im Zuge eines sicherheitsbehördlichen Einschreitens, insbesondere bei einer Festnahme, gesetzlich geregelt.

Man gelangt sohin letztlich zu dem Ergebnis, daß gesetzlich zwar explizit das "DASS" der Maßnahmensetzung normiert ist, daß § 35 VStG es aber darüber hinaus in gleicher Weise wie § 50 SPG oder § 14 Abs. 2 VersG offen läßt, "WIE" hiebei im einzelnen konkret vorzugehen ist.

Obschon es sich hiebei grundsätzlich um eine - mit rechtsstaatlichen Maßstäben besehen - gravierende Lücke im Regelungssystem handelt (das Vorgehen der Exekutivbeamten beim Einsatz von Körperkraft - wie etwa der "Transportgriff", der "Festnahmegriff", o.ä. - ist lediglich durch einen internen Erlaß des Bundesministers für Inneres, damit aber nicht im Wege einer außenwirksamen, auch dem einzelnen Bürger zugänglichen Rechtssatzform geregelt; infolge des Nichtbestehens eines Weisungszusammenhanges vermag dieser auch keine Entscheidungsgrundlage für den unabhängigen Verwaltungssenat darzustellen), hat der Verfassungsgerichtshof letztlich mit seiner Entscheidung VfSlg 12501/1990 klargelegt, daß bzw. wie in Fällen kollidierender Grundrechtsansprüche (hier: Grundrecht der Meinungsäußerungs-, der Versammlungs-, der persönlichen Freiheit und jenes auf körperliche Integrität der Grundstücksbesetzer contra Grundrecht der Eigentumsfreiheit des Grundstücksbesitzers) ohne gleichzeitige eindeutige einfachgesetzliche Abgrenzungsnorm ein im Hinblick auf das Rechtsstaatsgebot des Art.18 Abs.1 B-VG verfassungswidriges Ergebnis zu vermeiden ist: In Konstellationen wie der vorliegenden ist bei verfassungskonform-teleologischer Interpretation eine - da die direkte Anwendbarkeit, wie zuvor dargetan, eben gehindert ist - analoge Heranziehung der tragenden Prinzipien des WaffGebG und des SPG geboten.

Danach resultiert insbesondere aus den §§ 4 bis 6 WaffGebG, aber auch aus § 29 SPG der tragende Grundsatz, daß auch ein Einsatz von Körperkraft - wie er etwa zur Durchsetzung der Festnahme bei aktivem oder auch passivem Widerstand geboten ist - rechtlich zulässig ist, dieser dabei aber stets dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechen muß; erlaubt ist in concreto die "jeweils gelindeste noch zum Ziel führende polizeiliche Maßnahme" (vgl. VfSlg 12501/1990, S 310).

5.3.2. Die Bf wendet sich nun dagegen, in gesetzwidriger Weise - im Sinne vorstehender Ausführungen in erster Linie gemeint: durch unverhältnismäßigen Einsatz von Körperkraft seitens der Sicherheitsorgane - festgenommen worden zu sein, bzw. in gesetzwidriger Weise durch die Schließung ihrer Arme "erniedrigend" behandelt worden zu sein, wobei ihr überdies Schmerzen bereitet worden wären.

Es ist allgemein unbestritten, ja geradezu denknotwendig, daß der Einsatz von Körperkraft - dieser war unerläßlich geworden, weil sich gelindere Mittel (wie insbesondere die mehrfache Aufforderung, freiwillig das Baustellengelände zu verlassen) für jedermann klar erkennbar, letztlich als völlig ineffektiv erwiesen hatten; die Bf legte es nach dem Gesamteindruck des Verfahrens vor dem O.ö. Verwaltungssenat vielmehr offensichtlich darauf an, gewaltsam durch Sicherheitskräfte vom Vorfallsort entfernt werden zu müssen, und zwar einerseits in der (angesichts der diffizilen Rechtslage jedenfalls nicht von vornherein unbegründeten) Hoffnung, daß sich hiebei zumindest im Detailbereich Rechtswidrigkeiten ereignen, und andererseits zu dem Zweck, um in der Öffentlichkeit entsprechendes Aufsehen zu erregen - bei einer solcherart betroffenen Person in irgendeiner Form körperliche Schmerzen verursacht und diese dabei offenkundig umso intensiver erscheinen müssen, je größer der entgegengesetzte Widerstand und damit auch der zu seiner Überwindung erforderliche Kraftaufwand ist. Dazu kommt noch die Taktik der Bf (so wie auch die diesbezüglichen Maßnahmebeschwerdeverfahren der anderen Bf ergeben haben), jeweils zu Beginn des Einschreitens der Exekutive ein lautes Geschrei zu beginnen, um u.a. Schmerzen infolge Gewaltanwendung vorzutäuschen; daß diese Taktik ihre Wirkung nicht verfehlte, zeigt auch die Zeugin K, die - obwohl sie am gegenüberliegenden Ufer stand und somit eine allfällige übermäßige Gewaltanwendung gegen die Bf schon aufgrund ihrer Entfernung gar nicht objektiv wahrnehmen konnte - angab, sie sei weggegangen, weil sie die "Schmerzensschreie" der Bf nicht mehr länger ertragen konnte (vgl. S.9 TB-Prot.).

Erweist sich daher seitens der staatlichen Organe der Einsatz von Körperkraft zum Zweck der zwangsweisen Durchsetzung der Festnahme - wie zuvor dargetan grundsätzlich als rechtlich zulässig, so ist damit aber auch ein dadurch beim Festgenommenen verursachter körperlicher Schmerz solange nicht rechtswidrig, als dieser im eben beschriebenen Sinne adäquat ist, also bloß aus dem zur Überwindung des Widerstandes unbedingt erforderlichen Kraftaufwand resultiert. Daß aber die Anwendung einer solchen physischen Gewalt, die aufgrund des Verhaltens der betreffenden Person unbedingt notwendig war, weder die menschliche Würde beeinträchtigt noch einen Eingriff in das durch Art. 3 MRK gewährleistete Recht darstellt, wird sogar vom EGMR in ständiger Judikatur (vgl. z.B. Urteil v.

4.12.1995, Nr. 42/1994/489/571) zugestanden.

5.3.2.1. Wie das Verfahren ergeben hat, war die vorliegende Festnehmung der Bf unerläßlich, um die konsequent in einer Verwaltungsübertretung verharrende und sich jeglicher sonstigen Entfernungsaufforderung oder -handlung verweigernden Bf effektiv vom Baustellenort zu verbringen.

Insbesondere war die Fixierung der Bf (und gleichzeitig auch für den Gendarmeriebeamten selbst) einerseits aus Sicherheitsgründen (sowohl der GB und noch mehr die Bf hätten in der Baggerschaufel beim Herunterlassen auf den Boden umstürzen bzw. herausfallen können) unbedingt notwendig und andererseits durch die gewählte Vorgangsweise für die Bf am wenigsten beeinträchtigend (die Bf wurde nur indirekt berührt - vgl. hier die Behauptungen einiger anderer weiblicher Bf in gleichzeitig beim O.ö.

Verwaltungssenat anhängigen Verfahren, wonach ein Beamter sie bei der Festnahme an der Brust berührt hätte) und gleichzeitig am effektivsten (ein Festhalten der Bf mit nur einer Hand wäre viel unsicherer gewesen). Der O.ö.

Verwaltungssenat kann daher nicht finden, daß diese Maßnahmen, im besonderen die durch sie allenfalls verursachten körperlichen Schmerzen (Druckschmerzen im Brustkorb für kurze Zeit sowie Druckschmerzen während des ebenfalls verhältnismäßig kurzen Zeitraumes der Wegtragung der Bf, nämlich nur solange, als sie nicht gehen wollte vgl. ihre Angabe in der Verhandlung: "Auf halbem Weg gab ich auf, ... ich bin gegangen, weil die Schmerzen in den Handgelenken aufgrund der Handschellen so stark waren"; dazu kommt noch, daß die Bf - im Gegensatz zu anderen Bf - nicht einmal ärztliche Atteste vorlegen konnte; die angeblichen Kreislaufbeschwerden erscheinen zwar vorstellbar, jedoch hätte die Bf, wenn sie derartigen Abseilaktionen nicht gewachsen ist, diese unterlassen müssen "Einlassungsfahrlässigkeit", dh. sie hat allfällige nachteilige Folgen selbst zu verantworten) in rechtswidriger, d.h. dem Verhältnismäßigkeitsprinzip widersprechender Weise gesetzt wurden bzw. gar - dem Beschwerdevorbringen zufolge - eine erniedrigende oder unmenschliche Behandlung i.S.d. Art. 3 MRK darstellten.

Auch der Einwand, die Bf hätte mit dem Rollwagen unter der Brücke ans andere Traunufer gebracht werden sollen und dort zu Boden gebracht werden müssen, da ihr dann die Handschellen nicht hätten angelegt werden müssen, ist zurückzuweisen, weil die GB wegen der Festnahme für die Sicherheit der Bf verantwortlich waren (vgl. U d EGMR 4.12.1995, Nr. 42/1994/489/571) und deshalb entschieden hatten, daß die gewählte Vorgangsweise am wenigsten gefährlich war. Die von der Bf angesprochene Variante wäre weitaus länger gewesen (Zurückfahren über die ges.

Brückenlänge) und hätte nichts gebracht, weil die Bf dort erst wieder am Seil hätte hinuntergelassen werden müssen.

Die GB konnten wegen der Weigerungen der Bf weder annehmen noch hat die Bf jemals selbst behauptet, daß sie am anderen Traunufer bereit gewesen wäre, freiwillig, d.h. nicht geschlossen, die Brücke zu verlassen.

5.3.2.2. Auch das Anlegen der Handfesseln bei der Bf war aus den oben unter Punkt 4. dargestellten Gründen unbedingt notwendig, da ansonsten die Bf - entsprechend ihrem bisherigen Verhalten - die Festnehmung bzw ihre Entfernung hätte verhindern bzw sehr schwer möglich machen können. Eine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz widersprechende bzw dem Beschwerdevorbringen zufolge erniedrigende oder unmenschliche Behandlung im Sinne des Art.3 MRK ist darin somit gleichfalls nicht zu erkennen, zumal der Bf zum frühestmöglichen Zeitpunkt die Handschellen wieder abgenommen wurden und sie nach äußerst kurzer Zeit wieder freigelassen wurde (etwa kurz nach 13 Uhr), sodaß die gesamte Festnehmung ungefähr lediglich eine halbe Stunde gedauert hat.

6.1. Die im Zuge der Verhandlung von der Bf gerügte Vorgehensweise der Beamten im Dienstfahrzeug dahingehend, daß sie entgegen der angeblichen Anweisung des Oberstleutnant Mühlegger nicht sogleich am Gendarmerieposten freigelassen worden wäre, ist insofern völlig unerheblich, zumal die Bf - wie sie auch selbst angibt - nach ihrer Identitätsfeststellung, während der noch dazu versucht wurde, für sie einen Arzt zu erreichen, ohnedies unverzüglich freigelassen worden ist. Im übrigen ist zu bemerken, daß der Bf kein subjektives Recht darauf zukommt, daß die Beamten eine Weisung eines Vorgesetzten befolgen. Es ist sohin im gegenständlichen Fall nicht zu erkennen, inwiefern die Bf diesbezüglich in irgendeinem Recht verletzt worden sein sollte.

6.2. Hinsichtlich der behaupteten Verweigerung von Rechtsbeistand und Vertrauensperson ist - soweit dies überhaupt einen beschwerdefähigen Sachverhalt darstellt darauf hinzuweisen, daß die Bf dazu in der Verhandlung überhaupt nichts mehr vorgebracht hat, nicht einmal, daß sie derartige Ansinnen gestellt hätte; außerdem wäre ein derartiges Begehren wegen ihrer unverzüglichen Freilassung von vornherein obsolet geworden.

7. Da sohin insgesamt die Beschwerde der Bf unbegründet war, war diese abzuweisen; auch ihr Kostenersatzantrag war abzuweisen.

8.1. Gemäß § 79a AVG steht nur der Partei Kostenersatz zu, die in Fällen einer Beschwerde wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegt. Da die Beschwerde erfolglos geblieben ist, hat die Bf nach dem allgemeinen Grundsatz des § 74 AVG die Kosten selbst zu bestreiten.

8.2. Da die belangte Behörde ebenfalls Kostenersatz begehrt hat, sind gemäß § 79a AVG iVm den Bestimmungen der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995, Ersatz für a) Aktenvorlageaufwand (§ 1 Z3: 565 S), b) Schriftsatzaufwand (§ 1 Z4: 2.800 S) und c) Verhandlungsaufwand (§ 1 Z5: 3.500 S, insgesamt sohin 6.865 S) der Bf aufzuerlegen und der belangten Behörde bzw dem Bund zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

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