Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420248/40/Kl/Rd

Linz, 30.11.1999

VwSen-420248/40/Kl/Rd Linz, am 30. November 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Beschwerde des Dervis K, türkischer Staatsangehöriger, vertreten durch Rechtsanwalt, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 13.10.1998 nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 24.2.1999 und 23.3.1999 zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als der Beschwerdeführer durch das Anlegen von Handschellen auf der Fahrt von Linz nach Wien in seinen Rechten verletzt wurde. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

II. Hinsichtlich der behaupteten Hausdurchsuchung in Linz und der Personsdurchsuchung in Wien/Schwechat wird die Beschwerde zurückgewiesen.

III. Der Bund hat dem Beschwerdeführer den Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 29.380 S (entspricht 2.135,13 €) zu ersetzen (Spruchteil I).

Im Hinblick auf Spruchteil II. hat der Beschwerdeführer dem Bund den Aufwand in Höhe von insgesamt 10.365 S (entspricht 753,25 €) zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: Art. 129a Abs.1 Z2 B-VG iVm Art.3 MRK sowie §§ 62 und 56 Fremdengesetz 1997 - FrG.

zu II.: Art. 129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 1 des Gesetzes vom 27.10.1862 zum Schutze des Hausrechtes sowie §§ 1 und 2 des Bundesgesetzes über den Schutz vor Straftaten gegen die Sicherheit von Zivilluftfahrzeugen, BGBl.Nr. 824/1992.

zu III.: § 79a AVG iVm § 1 Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 24.11.1998 wurde Beschwerde wegen rechtswidriger Festnahme und Abschiebung am 13.10.1998 erhoben. Darin wurde ausgeführt, dass gegen den Bf mit Bescheid vom 22.9.1998 ein mit 10 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot verhängt wurde, dessen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde. Dagegen wurde Berufung eingebracht und mit dem Bearbeiter der Berufungsbehörde übereingekommen, dass die Erstbehörde angewiesen werde, keine fremdenpolizeilichen Maßnahmen zu erheben, bis über die Berufung gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung entschieden sei. Eine solche Anweisung sei am 30.9.1998 an die BPD Linz ergangen. Trotz dieser Anweisung sei der Bf am 13.10.1998 im Auftrag der BPD Linz von Organen des GP P festgenommen und in weiterer Folge in die Türkei abgeschoben worden. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland vom 9.10.1998, dem rechtsfreundlichen Vertreter am 14.10.1998 zugestellt, entschieden. Die Festnahme und Abschiebung sei daher rechtswidrig. Im Übrigen wäre der Bf freiwillig aus Österreich ausgereist. Die Festnahme sei unter unmenschlichen und erniedrigenden Bedingungen erfolgt. So sei nicht erlaubt worden, Kleidung einzupacken und Geldmittel mitzunehmen. Der Bf sei mit der österr. Staatsbürgerin Monika L, mit der er bereits längere Zeit in Lebensgemeinschaft zusammengelebt hat, aufrecht verheiratet. Darüber hinaus sei die massive Hausdurchsuchung in der Wohnung der Eltern in Linz, ohne Rechtsgrundlage und daher rechtswidrig erfolgt. Schließlich sei der Bf auf der Fahrt von Linz nach Wien immer in Handschellen gewesen, ohne dass hiefür Anlass gegeben wurde. Er sei daher in seinem Recht nach Art. 3 EMRK verletzt. Schließlich machte der Bf unter Punkt 5 - dieses Vorbringen wurde in der öffentlichen mündlichen Verhandlung abgeändert - geltend, dass er auf dem Flughafen Wien/Schwechat einer Leibesvisitation unterzogen wurde und ihm aus der Brieftasche 250 S entnommen und nicht mehr zurückgestellt wurden.

Es wurde die kostenpflichtige Stattgabe der Beschwerde beantragt.

2. Von der BH Linz-Land wurde eine Stellungnahme des eingeschrittenen Exekutivorgans des GP P vorgelegt. Die BPD Linz verwies auf den mündlich verkündeten Aufenthaltsverbotsbescheid vom 21.9.1998, wobei einer Berufung die aufschiebende Wirkung ausgeschlossen wurde. Der Bf habe niederschriftlich versichert, bis 30.9.1998 Österreich freiwillig zu verlassen, weshalb von einer unmittelbaren Abschiebung nach Entlassung aus der Strafhaft am 23.9.1998 Abstand genommen wurde. Die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung kam der Behörde am 9.10.1998 - gleichzeitig mit dem Auftrag um Bescheidzustellung - zu. Weil er sich nicht an die Abmachung hielt, sei mit dem Untertauchen des Bf zu rechnen gewesen. Es hat sich daher die Behörde veranlasst gesehen, vor Bescheidzustellung einen Festnahmeauftrag vorzubereiten. Das WZ Neue Heimat in Linz sowie der GP P wurden am 12.10.1998 ersucht, am 13.10.1998 nach dem Bf zu fahnden und den Festnahmeauftrag zu vollziehen. Gleichzeitig wurde eine Ermächtigung zum Betreten der Räumlichkeiten in Linz erteilt. Der Bf wurde von Beamten des GP P festgenommen und von Beamten der BPD Linz ins PGH Linz gebracht. Es wurden ihm die geforderten Telefonate gestattet. Hinsichtlich der Verbringung nach Wien/Schwechat sowie der Nachschau in der elterlichen Wohnung wurde auf beiliegende Stellungnahmen der durchführenden Exekutivbeamten hingewiesen. Es wurde die Abweisung der Beschwerde gegen Kostenersatz begehrt. Gleichzeitig wurde der bezughabende Fremdenpolizeiakt in Kopie vorgelegt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch die Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24.2.1999 sowie 23.3.1999, zu welchen der Rechtsvertreter des Bf sowie ein Vertreter der belangten Behörde erschienen sind. Weiters wurden RI Johann W, RI W, Monika L, Ehegattin des Bf, Insp. S, sowie RI A, geladen und einvernommen. Weiters wurden die Zeugen Dilek K und Fikriye K einvernommen. Der Bf ist trotz ausgewiesener Ladung nicht erschienen. Dazu ist auszuführen, dass der Verwaltungssenat dem Ersuchen um Ladung in die Türkei nachgekommen ist. Auch wurde einer Vertagungsbitte des Rechtsfreundes nachgekommen. Dazu ist festzustellen, dass im Grunde einer Stellungnahme des Oö. Verwaltungssenates an das BMI dem Bf für die fortgesetzte mündliche Verhandlung am 23.3.1998 eine Wiedereinreiseerlaubnis zu diesem Zwecke erteilt wurde. Daraufhin wurde abermals die Abberaumung dieser Verhandlung beantragt mit der Begründung, dass der Reisepass des Bf Ende April ablaufen würde und er um eine entsprechende Verlängerung bemüht sei. Da das Reisedokument aber zum Zeitpunkt der Verhandlung noch gültig ist, wurde diesem Antrag nicht stattgegeben. Der Bf ließ sich durch seinen Rechtsvertreter bei der mündlichen Verhandlung wegen Krankheit entschuldigen und es wurde eine ärztliche Bestätigung am 30.3.1999 nachgereicht. Wegen der Verschleppungstaktik des Bf und weil eine Verlängerung bzw Neuausstellung seines türkischen Reisedokumentes nicht gesichert erscheint, wurde von einer weiteren Einvernahme des Bf - auch im Hinblick auf das übrige Beweisergebnis - Abstand genommen.

4. Im Wesentlichen wurde nachfolgender Sachverhalt als erwiesen festgestellt und der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Der Bf ist am 1.2.1962 geboren und ist türkischer Staatsangehöriger. Er wurde am 13.3.1998 in Deutschland festgenommen und am 21.5.1998 nach Österreich ausgeliefert. Am 31.7.1998 wurde der Bf wegen Delikten nach §§ 159, 146, 147 und 153 StGB vom LG Linz zu einer sechsmonatigen unbedingten und 18 Monaten bedingten Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt. Wegen dieser Verurteilung und zahlreichen Vormerkungen wegen Verwaltungsübertretungen wurde über ihn durch die BPD Linz mit mündlichem Bescheid vom 21.9.1998 ein auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot verhängt. Gleichzeitig wurde einer Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Aus der am 21.9.1998 aufgenommenen Niederschrift ist ersichtlich, dass er sich von 1973 bis 1986 legal in Österreich aufgehalten habe, 1986 über ihn auf 5 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot verhängt wurde und er sich dann hauptsächlich in der Türkei aufgehalten habe. Seit Mai 1996 hielt er sich in Deutschland auf. Anlässlich dieser Einvernahme sagte er der Behörde auch zu, bis 30.9.1998 das Bundesgebiet von Österreich zu verlassen. Über ausdrückliches Verlangen wurde dem Bf am 22.9.1998 ein schriftlicher Aufenthaltsverbotsbescheid ausgefertigt und persönlich zugestellt. Der Bf wurde am 23.9.1998 aus der Strafhaft entlassen und hat sich am 24.9.1998 in der Wohnung der Eltern in Linz polizeilich gemeldet. Am 28.9.1998 hat er durch seinen Rechtsvertreter Berufung gegen das Aufenthaltsverbot sowie den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung eingebracht und es wurde durch Kontaktnahme mit der Berufungsbehörde die Anordnung der Sicherheitsdirektion für das Bundesland am 30.9.1998 erwirkt, bis zur Entscheidung über die aufschiebende Wirkung mit dem Vollzug fremdenpolizeilicher Maßnahmen zuzuwarten.

Die Eltern des Bf sowie 5 Schwestern leben in Österreich. Die Eltern sind österr. Staatsbürger. Der Bf lebt laut seinen Angaben und jenen der Frau Monika L seit längerer Zeit in Lebensgemeinschaft mit Fr. Monika L und hat diese am 2.10.1998 in Linz geehelicht. Während er vor seiner Ehe in der elterlichen Wohnung gelebt, gegessen und geschlafen hat, hat er nach der Ehe bei seiner Ehegattin übernachtet, allerdings befinden sich seine Kleidung und persönlichen Gegenstände weiterhin in der Wohnung der Eltern. Auch kommt er jeden Tag in die elterliche Wohnung, um die Wäsche zu wechseln und um Wäsche zu waschen. Auch steht jederzeit ein fertig gepackter Koffer für ihn in der elterlichen Wohnung bereit.

4.2. Am 8.10.1998 erließ die BPD Linz einen Festnahmeauftrag gemäß § 62 Abs.2 FrG gegen den Bf, weil er trotz seit 23.9.1998 durchsetzbaren Aufenthaltsverbots seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen ist. Gleichzeitig erteilte sie ihren Organen die Ermächtigung gemäß § 71 Abs.1 FrG zum Betreten von Räumlichkeiten in Linz.

Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion vom 9.10.1998 wurde die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich des Aufenthaltsverbots bestätigt und es wurde dieser Bescheid der BPD Linz am 9.10.1998, 13.00 Uhr, zugestellt. Eine Bescheidausfertigung an den Bf wurde am 13.10.1998 zur Post gegeben und dem Rechtsanwalt am 14.10.1998 zugestellt.

Mit Schreiben der BPD Linz vom 12.10.1998 erging an den GP P das Ersuchen, am 13.10.1998 in der Zeit von 6.00 Uhr bis 6.30 Uhr in der Unterkunft der Fr. Monika L in P Nachschau zu halten, den Bf festzunehmen und ins PGH Linz einzuliefern. Weiters erging am selben Tag an das WZ Neue Heimat in Linz der Auftrag, den Bf am 13.10.1998 zwischen 6.00 Uhr und 6.30 Uhr in der elterlichen Wohnung festzunehmen und in das PGH Linz einzuliefern.

Eine Nachschau der Organe des GP P am 13.10.1998 gegen 6.00 Uhr in der Unterkunft der Monika L in P ergab, dass der Bf dort anwesend war und schlief. Er wurde unter Hinweis auf den Festnahmeauftrag der BPD Linz vorläufig festgenommen. Es wurde ihm Gelegenheit gegeben, sich anzukleiden und auch genügend Zeit eingeräumt, um persönliche Sachen einzupacken. Letzteres wurde vom Bf abgelehnt, weil er dies nach seiner Meinung ohnedies nicht brauche. Er berief sich auf Kontakte seines Rechtsanwaltes mit der Behörde und dass eine Entscheidung zum Aufenthaltsverbot noch ausständig sei. Der Bf hat sich der Festnahme nicht wiedersetzt. Er wurde mit dem Dienstwagen zum GP P gebracht. Es waren ihm zu keiner Zeit Handfesseln angelegt. Am Posten wurde ihm auch Gelegenheit gegeben, seine Familienangehörigen und seinen Rechtsvertreter telefonisch zu verständigen und er hat auch Telefonate geführt. Der Bf wurde sodann von einem Organ der BPD Linz in das PGH Linz gebracht. Weil ein Arrestantenwagen nicht verfügbar war, wurde der Bf mit einem normalen VW-Bus ohne besondere Sicherheiten abgeholt. Der Bf wurde weder mit Handschellen angetroffen noch wurden ihm solche während des Transportes angelegt. Der Bf wollte zwar zunächst bis zur Beibringung der Reisedokumente warten, ist aber anstandslos mitgefahren und hat sich auch während der Fahrt ruhig verhalten. Er wurde dann dem fremdenrechtlichen Sachbearbeiter übergeben. Vor der BPD Linz fand am 13.10.1998 eine niederschriftliche Einvernahme statt, dabei wurde dem Bf die Bestätigung über die aufschiebende Wirkung sowie die Zustellung an den Rechtsvertreter bekannt gegeben. Ihm wurde die Absicht der Abschiebung bekannt gegeben. Im PGH Linz wurde ihm ein Telefonat mit seinem Rechtsvertreter gestattet; bei entsprechendem Wunsch wäre auch ein Gespräch mit der Gattin und den Eltern erlaubt worden.

Weil kein Arrestantenwagen zur Verfügung stand, wurde der Bf sodann mit einem Mannschaftstransporter, einem Ford Transit Kombi von Linz zum Flughafen Wien/Schwechat überstellt. Dieses Fahrzeug verfügt über keine Gitter oder Sperrvorrichtungen. Die hinteren Türen waren versperrt. An den seitlichen Schiebetüren sind die innenliegenden Verriegelungsstifte abmontiert. Man könnte aber bei einigem Geschick den Schließmechanismus öffnen oder aber die Fensterscheibe einschlagen. Um eine Flucht zu verhindern und die Eigensicherheit zu gewährleisten, waren im Fahrzeug die Handfesseln angelegt. Erst in der Flughafenhalle nach der Pass- und Grenzkontrolle wurden die Handfesseln abgenommen, weil dann ein Weg zurück nicht mehr möglich ist. Ob die Möglichkeit zum Telefonieren bereits hier gegeben wurde, ist aufgrund der Aussage des einvernommenen Beamten wahrscheinlich, kann aber nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Jedenfalls wurde der Bf durch den Beamten noch bis zur Sicherheitsschleuse zum jeweiligen Aufenthaltsraum des Gates gebracht, wobei an dieser Sicherheitsschleuse in einer Kabine eine Personendurchsuchung des Bf durch einen Beamten der BPD Schwechat bzw durch ein Sicherheitspersonal des Flughafens stattgefunden hat. Bei der Durchsuchung selbst in der Kabine war ein Organ der belangten Behörde nicht anwesend. Es kann daher auch nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob Kleider ausgezogen oder nur abgegriffen wurden. Üblicherweise wird die Oberbekleidung ausgezogen und noch einmal durch das Röntgengerät durchgeschleust. Bei der Ausreise durch eine ausländische Fluglinie - hier T Airway - wird der Festgenommene der Sicherungsperson der Fluggesellschaft übergeben. Die Beamten bleiben bis zum Abflug bzw Aufstieg des Flugzeuges - wie auch in diesem Fall - am Flughafen. Über das Ersuchen des Bf, und weil im Sicherheitsraum Telefone nicht mehr vorhanden sind, wurden die Eltern des Bf durch das Exekutivorgan vom Abflug verständigt. Der Rechtsvertreter wurde am 14.10.1998 über die Abschiebung von der belangten Behörde verständigt.

Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion vom 29.1.1999 wurde das über den Bf verhängte Aufenthaltsverbot bestätigt.

4.3. Während der Bf am 13.10.1998 gegen 6.00 Uhr in der Wohnung der Ehegattin in P aufgegriffen wurde, wurde durch Organe der BPD Linz in der elterlichen Wohnung Nachschau gehalten, wobei in Erfahrung gebracht wurde, dass der Bf nicht anwesend ist. Die Nachschau wurde freiwillig eingeräumt, dh es wurde kein Zwang angewendet. Jedenfalls wurden keine Kästen geöffnet. Es hat keine systematische Durchsuchung von Räumen stattgefunden. Ein Aufenthaltsort des Bf wurde nicht bekannt gegeben. Mieter der gegenständlichen Wohnung sind die Eltern des Bf. Der Bf selbst verfügt über kein Mietrecht. In der Wohnung sind auch Geschwister des Bf aufhältig.

4.4. Das Ergebnis stützt sich im Wesentlichen auf den Inhalt des Fremdenaktes sowie insbesondere auf die Zeugeneinvernahmen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Die Zeugen machten einen glaubwürdigen Eindruck und schilderten den Hergang ohne wesentliche Widersprüche.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Fest steht, dass gegen den Bf zum Zeitpunkt der Entlassung aus der Strafhaft ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot gemäß § 40 Abs.2 FrG 1997 bestand. Damit bestand für den Bf die Pflicht, unverzüglich auszureisen. Der Bf hat auch nachweisbar die Ausreise bis zum 30.9.1998 der Behörde zugesichert. An diesen gesetzlichen Folgen ändert auch die Anordnung der Sicherheitsdirektion, mit dem Vollzug zuzuwarten, nichts.

Gemäß § 62 Abs.2 FrG kann gegen einen Fremden auch dann ein Festnahmeauftrag erlassen werden, wenn er seiner Verpflichtung zur Ausreise (ua § 40 Abs.2) nicht nachgekommen ist. Der Bf ist trotz seiner Zusicherung der freiwilligen Ausreise bis 30.9.1998 nicht nachgekommen; die Anordnung der Sicherheitsdirektion erfolgte hingegen erst am 30.9.1998. Der Bf hat daher Ausreiseunwilligkeit zum Ausdruck gebracht, sodass ein Festnahmeauftrag den gesetzlichen Bestimmungen entspricht. Der Bf hat überdies in der elterlichen Wohnung sich polizeilich gemeldet, dort seinen Wohnsitz begründet, diesen zum Mittelpunkt seiner Lebensinteressen gemacht und auch nach der Verehelichung dort seine persönlichen Gegenstände belassen. Auch kam er regelmäßig in diese Wohnung. Es war daher auch aus diesen tatsächlichen Umständen die Ausreiseunwilligkeit zu vermuten. Es war daher die vorläufige Festnahme und Verbringung vor die Behörde in Umsetzung dieses Festnahmeauftrages rechtmäßig (§ 63 Abs1 Z1 FrG). Anlässlich dieser Festnahme wurde eine erniedrigende Behandlung des Bf durch die Organe nicht festgestellt. Dem Bf wurden keine Handfesseln angelegt. Auch wurde ihm Gelegenheit zum Ankleiden und zum Sammeln persönlicher Sachen gewährt und ihm auch die Möglichkeit für persönliche Telefonate eingeräumt.

5.2. Gemäß § 71 Abs.1 FrG kann die Behörde, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass ein Fremder, gegen den ein Festnahmeauftrag erlassen worden ist, sich in bestimmten Räumlichkeiten innerhalb des Sprengels der Behörde aufhalte, sofern es zur Durchsetzung des Festnahmeauftrages erforderlich erscheint, den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes die schriftliche Ermächtigung erteilen, die Räumlichkeiten zu betreten.

Aufgrund der polizeilichen Meldung in der elterlichen Wohnung sowie des tatsächlichen Wohnsitzes nach Haftentlassung in der elterlichen Wohnung und des Umstandes der Erlassung eines Festnahmeauftrages, war auch die von der Behörde erteilte Ermächtigung gemäß § 71 FrG rechtmäßig ergangen. Wenn hingegen vom Bf die Verletzung des Hausrechts der Eltern geltend macht, so ist dem entgegenzuhalten, dass gemäß Art. 129a Abs.1 Z2 B-VG eine Beschwerde wegen Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nur den Personen zusteht, die in ihren subjektiven Rechten verletzt sind. Dem Bf steht aber weder das Eigentum noch ein Mietrecht an der genannten Wohnung zu, sodass eine Verletzung des Hausrechts des Bf nicht vorliegt. Seitens der Eltern des Bf wurde eine Beschwerde jedoch nicht eingebracht. Es war daher die Beschwerde mangels Beschwerdelegitimation des Bf zurückzuweisen. Darüber hinaus haben aber auch die Zeugeneinvernahmen ergeben, dass eine Gewaltanwendung nicht erforderlich war, zumal der Zutritt zur Wohnung freiwillig gestattet wurde und auch in der Wohnung keine Zwangsanwendung durchgeführt wurde. Es wurde lediglich Nachschau gehalten und es wurde dabei freiwillig der Zutritt gewährt. Eine Nachschau an sich erfüllt aber den Begriff der Hausdurchsuchung nicht. Es fehlt der Beschwerde daher auch an einem anfechtbaren Zwangsakt bzw einem tauglichen Anfechtungsgegenstand gemäß Art. 129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z2 AVG.

5.3. Der Bf wurde laut BPD Linz, in deren Zurechnung die Festnahme erfolgte, vorgeführt und vor dieser noch am selben Tage niederschriftlich einvernommen. Dabei wurde ihm die Absicht der Abschiebung bekannt gegeben.

Gemäß § 56 Abs.1 Z2 FrG können Fremde, gegen die ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung durchsetzbar ist, von der Behörde zur Ausreise verhalten werden (Abschiebung), wenn sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind. Es liegt auf der Hand, dass der Bf trotz durchsetzbaren Aufenthaltsverbots seiner Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen ist, insbesondere hat er auch seine Zusage nicht eingehalten. Durch seine Verehelichung gab er auch zu erkennen, dass er nicht gewillt ist, das Bundesgebiet zu verlassen. Darüber hinaus war der Bf auch straffällig und rechtskräftig bestraft, sodass auch aus Gründen der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit eine Abschiebung notwendig erscheint. Es war daher die Vorgangsweise der belangten Behörde, nämlich die Anordnung der Abschiebung durch Verbringung des Bf vom PGH Linz zum Flughafen Wien/Schwechat gerechtfertigt. Weiters ist anzuführen, dass der Bf weder einen Durchsetzungsaufschub noch einen Abschiebungsaufschub erwirkt hat. Auch gab er ausdrücklich an, dass keine Verbote gemäß § 57 FrG der Abschiebung entgegenstehen.

Hingegen ist die weitere Vorgangsweise der belangten Behörde bei der Abschiebung bedenklich. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Das Waffengebrauchsgesetz 1969 regelt gemäß dessen § 1 den Waffengebrauch im Rahmen der polizeilichen Zwangsbefugnisse. Gemäß § 4 Waffengebrauchsgesetz ist der Waffengebrauch nur zulässig, wenn ungefährliche oder weniger gefährliche Maßnahmen, wie insbesondere die Aufforderung zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes, die Androhung des Waffengebrauchs, die Verfolgung eines Flüchtenden, die Anwendung von Körperkraft oder verfügbare gelindere Mittel, wie insbesondere Handfesseln oder technische Sperren, ungeeignet scheinen oder sich als wirkungslos erwiesen haben. Waffengebrauch ist gemäß § 2 Z2 bis 4 leg.cit. nur zulässig zur Überwindung eines auf die Vereitelung einer rechtmäßigen Amtshandlung gerichteten Widerstandes, zur Erzwingung einer rechtmäßigen Festnahme oder zur Verhinderung des Entkommens einer rechtmäßig festgehaltenen Person.

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes ist weder aus dem Verhalten des Bf anlässlich der Festnahme als auch der Verbringung zum PGH als auch bei seiner Einvernahme und schließlich bei seiner Verbringung zum Flughafen Wien/Schwechat ein Widerstand gegen die Festnahme erkennbar gewesen. Wenn er auch mit Worten Bedenken gegen seine Festnahme und Verbringung äußerte, so hat er nach den übereinstimmenden Zeugenaussagen weder durch Worte noch durch Gestik einen echten Widerstand gesetzt. Auch hat er keine Anstalten gemacht, sich der weiteren Festnahme entziehen zu wollen. Es hat daher der Bf keinen Anlass für besondere Sicherheitsvorkehrungen im Hinblick auf die Abschiebung gegeben. Wenn auch das verwendete Fahrzeug kein Arrestantenwagen war und daher keine Gittervorrichtung aufwies, so waren dennoch die Türen versperrbar. Anlässlich des ruhigen Verhaltens des Bf waren daher außer dem Versperren der Türen keine Sicherheitsvorkehrungen erforderlich. Dies brachte im Übrigen schon die Fahrt von P nach Linz zum Ausdruck, wonach auch auf dieser Strecke besondere Sicherungen nicht vorhanden waren und der Bf trotzdem keine Fluchtversuche unternahm. Es war daher aus dem bisherigen Verhalten eine Gewaltanwendung durch den Bf, wie etwa das Aufbrechen der Türen oder Einschlagen der Fensterscheiben nicht erkennbar und nicht zu befürchten. Dabei musste auch berücksichtigt werden, dass die Fahrt hauptsächlich auf der Autobahn bei hoher Geschwindigkeit stattfindet und daher eine Flucht eher unwahrscheinlich ist. Schließlich waren technische Sperren an den PKW-Türen möglich und auch vorgesehen. Die zusätzliche Verwendung von Handfesseln während der gesamten Fahrt war daher nicht erforderlich und unverhältnismäßig. Es wurde daher in diesem Punkt der Bf in seinem Recht gemäß Art. 3 EMRK verletzt. Insoweit war der Beschwerde stattzugeben.

5.4. Der Bf macht weiters eine unzulässige Personendurchsuchung am Flughafen Wien/Schwechat, und zwar nach der Pass- und Grenzkontrolle im Sicherheitsbereich vor Betreten des Flugzeuges geltend. Gemäß § 1 des Bundesgesetzes über den Schutz vor Straftaten gegen die Sicherheit von Zivilluftfahrzeugen, BGBl.Nr. 824/1992, obliegt den Sicherheitsbehörden der besondere Schutz von Zivilluftfahrzeugen und der Menschen, die sich an Bord befinden oder an Bord gehen, vor gefährlichen Angriffen, die mit Waffen, Kriegsmaterial, Munition, Schieß- oder Sprengmitteln oder anderen besonders gefährlichen Gegenständen begangen werden können. Zur Gewährleistung dieses Schutzes haben Flugplatzhalter und Luftbeförderungsunternehmen nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes beizutragen. Die Sicherheitsbehörden haben dafür zu sorgen, dass der vorbeugende Schutz durch die Durchsuchung der Kleidung und des Gepäcks der Menschen gewährleistet wird. Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, den Zutritt eines Menschen zu einem Zivilluftfahrzeug von seiner Bereitschaft abhängig zu machen, seine Kleidung und sein Gepäck nach § 2 kontrollieren zu lassen und ihm im Fall seiner Weigerung den Zutritt zu untersagen (§§ 2 und 3 leg.cit.).

Aufgrund der Zeugenaussagen steht fest, dass eine Durchsuchung des Bf in der Sicherheitsschleuse vor dem Gate nicht durch einen Beamten der BPD Linz, sondern entweder durch einen Beamten der BPD Schwechat oder ein Sicherheitspersonal der Fluggesellschaft oder eines beauftragten Unternehmens durchgeführt wurde. Eine Beauftragung von Unternehmen ist nach § 4 Zivilluftfahrzeug-Sicherheitsgesetz vorgesehen. Im Grunde dieser gesetzlichen Bestimmungen ist aber erkennbar, dass diese Personendurchsuchung nicht Teil der Abschiebung, sondern aus Sicherheitsgründen zum Schutz der Zivilluftfahrzeuge vorgenommen wurde. Sie ist nicht Teil des hoheitlichen Handelns (Abschiebung) der belangten Behörde. Vielmehr ist diese Kontrolle der örtlich zuständigen Sicherheitsbehörde, das ist die BPD Schwechat bzw dem beauftragten Unternehmen zuzurechnen. Gemäß § 67c Abs.1 AVG sind Beschwerden wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt bei dem unabhängigen Verwaltungssenat einzubringen, in dessen Sprengel dieser Verwaltungsakt gesetzt wurde. Der angefochtene Akt der Zivilluftfahrzeug-Sicherheitskontrolle wurde nicht im Sprengel des Verwaltungssenates des Landes gesetzt, weshalb der Oö. Verwaltungssenat für die gegenständliche Beschwerde unzuständig ist. Es war daher das diesbezügliche Beschwerdevorbringen spruchgemäß zurückzuweisen.

5.5. Sonstige Rechtsverletzungen konnten nicht festgestellt werden. Insbesondere hat das Ergebnis des Beweisverfahrens gezeigt, dass dem Bf auf Verlangen die Möglichkeit, mit seiner Gattin, mit seinen Eltern und mit seinem Rechtsvertreter zu telefonieren, jeweils gegeben wurde. Eine Konkretisierung, wo das Recht nicht eingeräumt wurde, wurde im Beschwerdeverfahren nicht vorgenommen. Im Beweisverfahren kam hervor, dass eine Kontaktnahme seitens des Bf mit dem Rechtsanwalt und der Familie auch am GP P und bei der BPD Linz und am Flughafen in der Flughafenhalle eingeräumt wurde. Ein Telefonieren im Sicherheitsraum vor dem Gate am Flughafen war aus tatsächlichen Gegebenheiten nicht möglich und konnte daher nicht eingeräumt werden. Allerdings wurde dem Wunsch des Bf, seine Eltern vom Abflug zu verständigen, ebenfalls entsprochen. Dass einem Festgenommenen die Möglichkeit nicht eingeräumt wird, zu seinen Eltern zu fahren, um ein Gepäckstück abzuholen, ist mit dem Sinn und Zweck einer Festnahme vereinbar und eine zulässige Beschränkung des Bf. Es war daher das diesbezügliche Beschwerdevorbringen abzuweisen.

6. Gemäß § 79a AVG hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei, wobei die §§ 52 bis 54 VwGG gelten.

Gemäß § 52 Abs.1 VwGG ist, wenn von einem Beschwerdeführer in einer Beschwerde mehrere Verwaltungsakte angefochten werden, die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz so zu beurteilen, wie wenn jeder der Verwaltungsakte in einer gesonderten Beschwerde angefochten worden wäre. Im Hinblick auf die Stattgabe war daher gemäß § 1 der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995, dem Bf als obsiegender Partei der Schriftsatzaufwand in Höhe von 8.400 S, der Verhandlungsaufwand für zwei Verhandlungen in der Höhe von zweimal 10.400 S sowie die Stempelgebühren von 180 S, also insgesamt 29.380 S zuzusprechen.

Im Hinblick auf den zurückweisenden Spruchteil war in Anwendung des § 52 Abs.1 VwGG im Grunde des § 1 der Aufwandersatzverordnung UVS dem Bund als in diesem Teil obsiegende Partei, der Vorlageaufwand in Höhe von 565 S, der Schriftsatzaufwand in Höhe von 2.800 S und der Verhandlungsaufwand für zwei Verhandlungen in Höhe von zweimal 3.500 S, insgesamt 10.365 S zuzusprechen.

Gemäß § 52 Abs.2 VwGG, welcher gemäß § 79a Abs.7 AVG anzuwenden war, ist der Verhandlungsaufwand für jede mündliche Verhandlung zu ersetzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Klempt

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