Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420321/18/Kl/Rd

Linz, 14.05.2002

VwSen-420321/18/Kl/Rd Linz, am 14. Mai 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Beschwerde der N, vertreten durch Rechtsanwalt, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der Bundespolizeidirektion Linz durch Hausdurchsuchung am 16.10.2001 nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 6.2.2002 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird abgewiesen.

II. Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Ersatz für den Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand in der Höhe von insgesamt 457 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Der Kostenersatzantrag der Beschwerdeführerin wird abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: Art. 129a Abs.1 Z2 B-VG iVm §§ 139ff StPO und Art.9 StGG.

zu II.: § 79a AVG iVm § 1 Z4 und 5 UVS-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 499/2001.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 5.11.2001, beim Oö. Verwaltungssenat eingelangt am 6.11.2001, wurde Maßnahmenbeschwerde wegen Verletzung des gesetzlich gewährleisteten Hausrechts durch Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der BPD Linz durch rechtswidrige Hausdurchsuchung des Geschäftslokals, am 13.10.2001 und 16.10.2001 erhoben.

Begründend wurde ausgeführt, dass gemäß der Niederschrift vom 16.10.2001 nur die vorläufige Beschlagnahme gemäß § 143ff StPO, nicht allerdings die Hausdurchsuchung aufgrund richterlichen oder behördlichen Befehls erfolgte. Die Hausdurchsuchung am 16.10.2001 erfolgte jedenfalls aus Eigenmacht. Bereits am 13.10.2001 wurde das Geschäftslokal von Kriminalbeamten besucht, diese sahen sich im Geschäftslokal um und fanden aber keinerlei verdächtige Videokassetten, auch wurde nichts beschlagnahmt. Der Stand der Videokassetten hat sich seither nicht verändert. Trotzdem wurde am 16.10.2001 eine Hausdurchsuchung im Geschäftslokal durchgeführt, und zwar ohne richterlichen Hausdurchsuchungsbefehl, ohne Anordnung der STA und ohne Anordnung der Sicherheitsbehörde. Lediglich die Beschlagnahme erfolgte aufgrund eines richterlichen Beschlagnahmebefehls des LG Linz vom 16.10.2001. Eine freiwillige Nachschau wird insofern bestritten, als die Durchsuchung mehr als eine Stunde dauerte und verdächtige Videokassetten aus einem Bestand von über 1.500 Videokassetten herausgesucht wurden. Außerdem wurden keinesfalls bereits konkrete Gegenstände, nämlich ca 30 Stück Videokassetten, auf deren Cover sich Darstellungen von sexuellen Gewalttätigkeiten befinden, beschlagnahmt, sondern es wurden im Zuge der mehr als einstündigen Hausdurchsuchung 30 Stück Videokassetten herausgesucht, die möglicherweise gegen das Pornographiegesetz verstoßen könnten. Ein konkreter Tatverdacht lag nicht vor. Die Anzeige des amtsbekannten H von der österr. B kann kaum zur Begründung eines konkreten Tatverdachtes hinreichen. Auch die Begründung im Beschlagnahmebeschluss des LG Linz ist eine Scheinbegründung, weil eine Begründung des Tatverdachtes nicht ersichtlich ist. Auch hätten die Kriminalbeamten die gegenständlichen Videokassetten bereits vor Ort überprüfen können, dies wurde aber aus administrativen Gründen abgelehnt. Es wurde daher beantragt, die Hausdurchsuchungen vom 13.10.2001 und 16.10.2001 für rechtswidrig zu erklären und Kostenersatz zuzusprechen.

In der mündlichen Verhandlung wurde die Beschwerde auf eine Durchsuchung am 16.10.2001 eingeschränkt.

2. Die BPD Linz als belangte Behörde hat in ihrer Gegenschrift vom 8.1.2002 die Abweisung der Beschwerde und die Zuerkennung von Aufwandersatz beantragt. Sie führte aus, dass aufgrund einer Anzeige vom 12.10.2001 das gegenständliche Geschäftslokal am 13.10.2001 von Kriminalbeamten aufgesucht wurde und im Zuge einer Nachschau zwei Videokassetten festgestellt wurden, bei denen aufgrund des Titels hartpornographische Inhalte anzunehmen waren. Beide Videos wurden über Angebot von N mittels dem im Geschäftslokal aufgestellten Videorekorder zwecks strafrechtlicher Anknüpfungspunkte besichtigt und es wurden keinerlei hartpornographische Inhalte festgestellt. Die Anzeige und ein Bericht über die Amtshandlung wurden am 15.10.2001 an die Staatsanwaltschaft übermittelt. Am 15.10.2001 wurde die Behörde informiert, dass hartpornographische Videobänder zum Verkauf angeboten werden. Dies wurde dem Staatsanwalt am 16.10.2001 fernmündlich mitgeteilt und am selben Tag über Auftrag der Staatsanwaltschaft das Geschäftslokal besichtigt. In der Folge wurden 31 Videokassetten, die zur freien Besichtigung in einem Regal im hinteren Verkaufsraum des Shops ausgestellt waren, festgestellt. Hierüber wurde die Staatsanwaltschaft informiert und in weiterer Folge wurde von der diensthabenden U-Richterin mündlich der Beschlagnahmebefehl über besagte Videobänder erteilt. Der inzwischen eintreffende Rechtsanwalt fragte sodann nach einem Hausdurchsuchungsbefehl bzw einer Anordnung der Staatsanwaltschaft oder der Sicherheitsbehörde, welche verneint wurden, weil keine Hausdurchsuchung vorgenommen wurde. Die 31 verdächtigen Videokassetten, wobei eine nicht verfügbar war, wurden aufgrund des Zeitaufwandes nicht an Ort und Stelle angesehen. Weil einer freiwilligen Nachschau zugestimmt wurde, hat eine Hausdurchsuchung bzw rechtswidrige Handlung nicht stattgefunden. Die Videokassetten waren im Verkaufsraum frei zugänglich und es wurde daher keine Hausdurchsuchung vorgenommen. Eine Verletzung des Hausrechts hat daher nicht stattgefunden. Die Beschlagnahme stützt sich auf einen richterlichen Beschlagnahmebefehl und es wurde daher keine unmittelbare verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt ausgeübt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Akt des LG Linz zu 17 UR 1001/01 Z, 4 ST 263/01 K, Einsicht genommen und die wesentlichen Aktenteile in Kopie zum Akt genommen. Aufgrund eines Berichtes der BPD Linz vom 13.10.2001 ist ersichtlich, dass am 13.10.2001 das Geschäftslokal aufgesucht wurde und vom anwesenden N einer freiwilligen Nachschau zugestimmt wurde. Zwei wegen pornographischen Inhalts verdächtige Videokassetten wurden an Ort und Stelle besichtigt und wurden solche Inhalte nicht festgestellt. Der Sachverhalt wurde der journaldienstversehenden Staatsanwältin Mag. S zur Kenntnis gebracht. Aus einem Aktenvermerk der U-Richterin vom 16.10.2001 geht hervor, dass im Zuge einer freiwilligen Nachschau an diesem Tag Tiervideos mit möglicherweise sadomasochistischen Inhalts gesichtet wurden und es wurde daraufhin von ihr mündlich Beschlagnahmebefehl erteilt. Mit selbem Tage wurde mit Beschluss des LG Linz die Beschlagnahme "von sämtlichen Videokassetten (ca. 30 Stück) auf deren Cover sich Darstellungen von sexuellen Gewalttätigkeiten befinden im S" angeordnet und mit der Durchführung Beamte der BPD Linz beauftragt. In der Begründung wurde ausgeführt, dass die Bf als Geschäftsführerin "begründet verdächtig ist, im S in der U, welches am 13.10.2001 eröffnet wurde, in gewinnsüchtiger Absicht unzüchtige Gegenstände zum Zwecke der Verbreitung vorrätig zu halten, indem sie im genannten Geschäft ca 30 Videokassetten zum Verkauf anbietet, auf deren Cover sexuelle Gewalttätigkeiten an Frauen, also hartpornographische Inhalte, dargestellt werden. ... Der begründete Verdacht stützt sich auf eine Strafanzeige des H von der österr. B. Aufgrund dieser Anzeige wurden von der BPD Linz am 15.10.2001 im Zuge einer freiwilligen Herausgabe im genannten Geschäft bereits Tiervideos sichergestellt, bei denen der Verdacht besteht, dass darin sadomasochistische Akte dargestellt werden. Im Zuge einer neuerlichen Nachschau im Geschäft am heutigen Tage wurden von der BPD nunmehr die im Spruch genannten Videokassetten vorgefunden. Dabei handelt es sich um Gegenstände, die für die gegenständliche Untersuchung zu Beweiszwecken von Bedeutung sind." Die dagegen eingebrachte Beschwerde an die Ratskammer beim LG Linz wurde mit Entscheidung vom 30.10.2001 teils abgewiesen und teils als unzulässig zurückgewiesen. An der Rechtmäßigkeit der Beschlagnahme bestehen keine Bedenken, weil ein Verdacht, dass ein Video hartpornographischen Inhalts ist, zweifelsohne dann vorliegt, wenn ein Cover sexuelle Gewalttätigkeiten zeigt. Zudem sind der konkrete Tatverdacht und die Zweckmäßigkeit der Beschlagnahme im Beschlagnahmebefehl ausreichend begründet. Die freiwilligen Nachschauen sind ohne Einbeziehung des Gerichts erfolgt und daher einer Beschwerde nach § 113 StPO entzogen.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 6.2.2002, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden und erschienen sind. Weiters ist der Rechtsvertreter der Bf erschienen. Schließlich wurden die Zeugen N, Lebensgefährte der Bf, Chefinsp. B und OI B, beide BPD Linz, geladen und einvernommen. Der geladene Zeuge BI H wurde wegen Einschränkung der Beschwerde nicht mehr einvernommen.

Folgender erwiesener der Entscheidung zu Grunde gelegter Sachverhalt steht fest:

4.1. Aufgrund einer am 12.10.2001 bei der BPD Linz eingelangten Anzeige der österr. B wurde im S in L, am 13.10.2001 eine freiwillige Nachschau durch zwei Beamte der BPD Linz durchgeführt. Das Geschäft wird von der N GesmbH betrieben, welche über einen Gewerbeschein vom 21.9.2001 für das Handels- und Handelsagentengewerbe verfügt. Gewerberechtliche Geschäftsführerin ist die Bf. Die Zustimmung zur freiwilligen Nachschau wurde vom Lebensgefährten der Bf, N, erteilt. Zwei wegen des Titels verdächtige Videokassetten wurden an Ort und Stelle besichtigt und gaben keine weiteren strafrechtlichen Anhaltspunkte.

Aufgrund einer neuerlich eingetroffenen Anzeige der genannten Bürgerinitiative vom 15.10.2001 ordnete der Staatsanwalt am 16.10.2001 um ca. 10.00 Uhr an, dass zwei Beamte der BPD Linz, nämlich die einvernommenen Zeugen, Nachschau halten. Sie begaben sich unmittelbar zum Geschäftslokal. Das Geschäft war geöffnet und für jedermann zugänglich. Beim Betreten waren die Bf und ihr Lebensgefährte anwesend. Sie wurden über den Sachverhalt, nämlich dass neuerlich eine Anzeige vorliege, aufgeklärt und zeigten keine Reaktion - also auch keine Abwehrgeste - hinsichtlich einer Nachschau durch die Beamten. Nach einer konkreten Anfrage wurden die Beamten vom Lebensgefährten zum hinteren Bereich des Verkaufsraumes mit Regalen mit Videokassetten gebracht. Auf den Regalen befanden sich die leeren Videohüllen. Der Verkaufsbereich sowie der hintere Bereich mit den Regalen war für jedermann - also auch für Kundschaft - frei zugänglich und man konnte sich dort Videos - anhand der Covers - aussuchen. Von den Beamten wurden jene Hüllen, die aufgrund der Aufschrift oder Abbildungen strafrechtlich verdächtig waren, von den anderen etwas abgehoben herausgestellt. Es ergaben sich dabei 31 Videos. Daraufhin wurde vom die Amtshandlung leitenden Beamten telefonisch der Staatsanwalt über das Ergebnis verständigt. Dieser sagte die sofortige Beantragung eines Beschlagnahmebefehls bei der U-Richterin zu und es wurde dann telefonisch um ca. 10.30 Uhr von der U-Richterin ein Beschlagnahmebefehl für ca. 30 Videokassetten erteilt. Erst im Zuge der Amtshandlung erschien der telefonisch herbeigeholte Rechtsanwalt der Bf, welcher einen Hausdurchsuchungsbefehl oder eine Ermächtigung der Sicherheitsbehörde verlangte. Es wurde ihm mitgeteilt, dass keines von beiden vorliegt, sondern dass ein mündlich erteilter Beschlagnahmebefehl der U-Richterin vorliegt. Es wurden dann die Hüllen zum Verkaufsstand gebracht und der Lebensgefährte der Bf hat dann anhand der darin befindlichen Nummer die dazugehörigen Kassetten herausgesucht und eingeordnet. In diesem Zuge konnte auch für eine Hülle die dazupassende Kassette nicht gefunden werden, sodass letztlich 30 (von 31) Videokassetten beschlagnahmt und zur Behörde verbracht wurden. Die Besichtigung sämtlicher Videos an Ort und Stelle, die von der Bf angeboten wurde, wurde von den Beamten im Hinblick auf den zeitlichen und personellen Aufwand abgelehnt. Es wurde eine Auflistung der beschlagnahmten Videokassetten mit sämtlichen Titeln durchgeführt und diese Auflistung der Niederschrift über die Beschlagnahme angeschlossen. Eine Ausfertigung der Niederschrift wurde der Bf ausgehändigt. Eine weitere Ausfertigung wurde dem Gericht vorgelegt, eine Ausfertigung wurde zum Hausakt der BPD Linz genommen.

Das Geschäft war seit 10.00 Uhr geöffnet und es befand sich auch Kundschaft während der Amtshandlung im Geschäft, wobei einer der Beamten auch hinsichtlich der Örtlichkeit (nämlich Kabinen zum Ansehen der Videos) von einem anwesenden Kunden befragt wurde.

Die Covers waren auf den Regalen bzw in Schütten im Verkaufsraum für Kunden frei zugänglich. Das Öffnen von Türen oder Laden war nicht erforderlich. Durch Herausnahme der Covers konnten Kunden die entsprechenden Videokassetten beim Verkaufspult zum Kauf verlangen.

4.2. Die Feststellungen stützen sich auf das Beweisergebnis, insbesondere auf die zeugenschaftliche Einvernahme der amtshandelnden Beamten. Die einvernommenen Zeugen machten einen glaubwürdigen Eindruck, verwickelten sich in keine Widersprüche und konnten einwandfrei den Vorgang der Amtshandlung darlegen. Die Darlegungen entsprechen im Übrigen auch dem Inhalt des Gerichtsaktes, insbesondere den Aufzeichnungen der eingeschalteten Untersuchungsrichterin. Insbesondere hinsichtlich des zeitlichen Ablaufes waren ebenfalls die Aussagen der beiden Beamten ident mit den schriftlichen Aufzeichnungen der U-Richterin.

Ebenso decken sich die Aussagen der einvernommenen Beamten mit den Aussagen der Bf, dass gegen das Betreten des Lokales und eine Umschau im Lokal zunächst kein Einwand bestand. Auch die Bf widersprach den Aussagen nicht, dass zum Zeitpunkt der Nachschau Kunden im Lokal anwesend waren. Es war daher das Lokal frei zugänglich und es waren auch die Covers in den Regalen frei sichtbar und zugänglich und konnten von jedermann aus dem Regal entnommen werden, um die dazupassenden Kassetten durch Kauf zu erwerben. Auch wurde von der Bf bestätigt, dass weder Türen noch Laden im Verkaufsraum durch die Beamten geöffnet wurden. Die Covers waren in den Regalen und Schütten frei zugänglich. Eine weitere Suche fand nicht statt.

Das ungehinderte Betreten und die freiwillige Nachschau ist durch die glaubwürdigen Aussagen der Beamten insofern erwiesen, dass über Anfrage der Beamten, wo sich relevante Videos befinden, die Beamten vom Lebensgefährten der Bf zu den entsprechenden Regalen geleitet wurden und auf die entsprechenden Abschnitte der Regale hingewiesen wurden. Die Bf, die ebenfalls anwesend war, machte dazu keine Einwände und Äußerungen. Der zeugenschaftlich einvernommene Lebensgefährte bestätigte dies in seiner Aussage und führte überdies aus, dass er die Beamten nicht für sehr sachkundig hielt und er eigentlich die Auswahl für sie getroffen hat, was in Frage kommt. Es wurden aufgrund dieser Hinweise die verdächtigen Covers durch Herausstellen merkbar gemacht und dann über den Staatsanwalt ein gerichtlicher Beschlagnahmebefehl erwirkt. Dieser erfolgte durch Telefongespräch. Ein Hausdurchsuchungsbefehl wurde bis zu diesem Zeitpunkt nicht verlangt.

Die zeitliche Abfolge ist anhand der Zeugenaussage insoweit glaubwürdig, als sie sich auch mit den schriftlichen Angaben der U-Richterin deckten, welche von einer Kontaktnahme um 10.30 Uhr sprach. Ausgehend davon, dass sich die Beamten über Auftrag des Staatsanwaltes gegen 10.00 Uhr zum Lokal begaben, etwas nach 10.00 Uhr dort eintrafen und dann ohne Suche aufgrund des Hinweises des Lebensgefährten, die Covers durchsahen, war eine telefonische Kontaktnahme mit der U-Richterin gegen ca. 10.30 Uhr realistisch. Sowohl aus der Aussage eines einvernommenen Beamten als auch des Lebensgefährten ergibt sich dessen Behauptung, dass er die Kassetten ohnehin wieder vom Gericht zurückerhalten würde, weil sie vom Gericht schon gesichtet worden seien. Er wurde daraufhin aufgefordert, eine entsprechende Liste von schon gesichteten Videos vorzulegen, welche der Lebensgefährte in seiner Wohnung in der B holen wollte. Dies nahm eine geraume Zeitspanne in Anspruch, wobei eine entsprechende Liste dann nicht ausgehändigt werden konnte, weil der Lebensgefährte keinen Schlüssel zur Wohnung hatte. Er kam also ohne Liste zurück. In dieser Zeit - so die Aussage des Lebensgefährten - hat er mit seiner Lebensgefährtin telefoniert und hat daraufhin den Rechtsvertreter telefonisch kontaktiert. Der Rechtsfreund wurde daher erst später telefonisch herbeigerufen und nicht zu Beginn der Amtshandlung - ein solches wurde auch nie behauptet - und ist dies untermauert durch die konkreten Aussagen der Zeugen. Erst nach Eintreffen des Rechtsfreundes wurde aufgrund der rechtsfreundlichen Vertretung ein Hausdurchsuchungsbefehl verlangt und erging eine Aufforderung, das Lokal zu verlassen. Ein Hausdurchsuchungsbefehl konnte durch die Beamten nicht bestätigt werden. Die Beamten beriefen sich vielmehr auf den soeben erteilten mündlichen Beschlagnahmebefehl der U-Richterin. Zu diesem Zeitpunkt war aber das Heraussuchen der verdächtigen Videos und der Ausspruch der Beschlagnahme bereits abgeschlossen. Was die weitere Dauer der Amtshandlung anlangt, so ergab sich klar aus den Zeugenaussagen, dass sich die entsprechenden Kassetten nicht in den Covers befanden, sondern erst in den jeweiligen Covers die Nummern der Kassetten vorlagen und die Kassetten durch den Lebensgefährten erst geholt und in die Hüllen einsortiert werden mussten. Dabei zeigte sich auch dann, dass für ein Cover die Kassette nicht aufgefunden werden konnte, sodass dann tatsächlich anstelle der 31 angegebenen Videokassetten nur 30 Videokassetten tatsächlich beschlagnahmt wurden. Weiters wurden die dann tatsächlich in Beschlag genommenen Videos in einer Niederschrift nach Titeln aufgelistet. Auch dies nimmt eine Zeit in Anspruch.

Weitere Beweise waren nicht erforderlich. Insbesondere war die zeugenschaftliche Einvernahme der U-Richterin nicht erforderlich. Aufgrund ihres Aktenvermerks und des erfolgten Beschlagnahmebefehls war eindeutig ersichtlich, dass der Befehl für ca. 30 Videokassetten gegeben wurde. Es ist daraus auch erwiesenermaßen ersichtlich, dass zu diesem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung aus den ca. 1.500 im Geschäftslokal befindlichen Videokassetten bereits 31 Kassettencovers herausgestellt und damit eindeutig gekennzeichnet waren. Es war daher schon zu diesem Zeitpunkt klar, welche Kassetten beschlagnahmt werden sollten. Es widerspricht hingegen der Lebenserfahrung, dass auf gut Glück gerade 31 Kassetten für einen Beschlagnahmebefehl beantragt werden und dann erst im Nachhinein Kassetten dieser Anzahl herausgesucht werden.

Die teilweise widersprüchlichen Angaben des als Zeuge vernommenen Lebensgefährten sind damit zu erklären, dass er nicht die gesamte Amtshandlung mitverfolgen konnte, weil er die Liste holte und die Kassetten für die Videohüllen. Auch hatte er Gedächtnislücken. Jedenfalls bestätigte aber auch dieser, dass Laden oder Kästen nicht durchsucht und nicht geöffnet wurden. Er gab von sich aus an, dass er auf Videos mit Gewaltszenen angesprochen wurde und er die Beamten zu den entsprechenden Regalen hingeführt hat. Auch ist aus seiner Aussage ersichtlich, dass er zunächst die von den Beamten gewünschte Liste der vom Gericht schon besichtigten Videokassetten aus seiner Wohnung holen wollte, diesbezüglich in seine Wohnung unterwegs war, in dieser Zeit auch mit seiner Lebensgefährtin telefoniert hat und erst daraufhin den Rechtsvertreter telefonisch kontaktiert hat. Daraus ist auch ersichtlich, dass der Rechtsvertreter nicht am Beginn der Amtshandlung, also beim Heraussuchen der Covers anwesend war, sondern erst später ins Geschäftslokal kam, nämlich einem Zeitpunkt, an dem das Heraussuchen schon stattgefunden hat.

Weiters entspricht das Verhalten des Lebensgefährten der Lebenserfahrung, dass - wie der Lebensgefährte selbst ausdrückte - er zunächst selbst die Beamten zu den entsprechenden Regalen mit den Gewaltvideos hinbrachte, allerdings als dann von einer Beschlagnahme der Videos die Rede war, er dann mit der weiteren Vorgangsweise nicht einverstanden war und daher den Rechtsvertreter herbeiholte.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß Art. 129a Abs.1 Z2 B-VG haben die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, zu entscheiden.

Anfechtbar sind daher verwaltungsbehördliche Befehlsgewalt, also Befehle mit unverzüglichem und unbedingtem Befolgungsanspruch sowie die Ausübung von Zwangsgewalt. Anfechtungsgegenstand sind Akte von Verwaltungsbehörden, Zwangsakte bzw Befehle, bei deren Nichtbefolgung unverzüglich einsetzende physische Sanktion angedroht wird. Um Zweigleisigkeiten zu vermeiden, steht eine Maßnahmenbeschwerde aber nach ständiger Judikatur der Höchstgerichte nur dann offen, wenn keine andere Möglichkeit der Rechtsverfolgung eröffnet ist. Es handelt sich daher nur um ein subsidiäres Rechtsmittel.

Wie aus den Sachverhaltsfeststellungen hervorgeht, war das Geschäftslokal geöffnet und frei zugänglich und wurden die Beamten beim Betreten nicht gehindert. Über Anfrage wurden sie auch zu den entsprechenden Regalen im hinteren Verkaufsbereich geführt. Die Nachschau war freiwillig. Es ist daher von keinem Zwangsakt auszugehen bzw wurde auch keine Befehlsgewalt ausgeübt.

Nach der Judikatur des VfGH ist ein unverzüglicher Befolgungsanspruch selbst dann nicht vorliegend, wenn erst ein Hausdurchsuchungsbefehl hätte eingeholt werden müssen. Lag der auf den Bf ausgeübte "psychische Druck" nur darin, dass die Beamten ihm bedeuteten, sie würden im Weigerungsfalle einen Hausdurchsuchungsbefehl einholen, so kann nicht die Rede davon sein, dass die Weigerung, freiwillig Nachschau zu gewähren, zur Anwendung sofortiger Zwangsmaßnahmen gegen die beschwerdeführende Gesellschaft geführt hätte, was aber nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH eine Voraussetzung für eine nach Art. 144 Abs.1 B-VG bekämpfbare Amtshandlung bildet (VfGH 28.2.1986, B 593/84).

Weil aber einerseits die Bf angab, dass sie erst bei Eintreffen des Rechtsanwaltes eine Nachschau und Fortsetzung der Amtshandlung verweigerte und andererseits aber weder ein Befehl durch die Beamten behauptet wurde noch für den Weigerungsfall eine Zwangsandrohung von der Bf geltend gemacht wurde, konnte schon aus diesen Erwägungen eine Beschwerde nicht zum Erfolg gelangen, weil es ihr an einem tauglichen Anfechtungsgegenstand fehlt. Im Übrigen war die Nachschau beim Eintreffen des Rechtsanwaltes beendet und diente die Fortsetzung der Amtshandlung der Durchführung des gerichtlichen Beschlagnahmebefehls.

5.2. Gemäß Art.9 des Staatsgrundgesetzes ist das Hausrecht unverletzlich und es ist das Hausrecht durch § 4 des Gesetzes vom 27.10.1862, RGBl. 88, zum Schutz des Hausrechtes - zufolge Art. 149 Abs.1 B-VG - verfassungsgesetzlich und durch die §§ 302 und 303 StGB auch strafgesetzlich geschützt. Danach darf eine Hausdurchsuchung, also die Durchsuchung der Wohnung oder sonstiger zum Hauswesen gehörigen Räumlichkeiten in der Regel nur Kraft eines mit Gründen versehenen richterlichen Befehls unternommen werden (vgl. § 139 StPO).

Es dient daher nach weitgehend übereinstimmender Auffassung Art.9 StGG dem Schutz der Intimsphäre und legt die Rechtsprechung die Begriffe Wohnung und andere zum Hauswesen gehörige Räumlichkeiten im weitesten Sinne aus. Es hat daher der VfGH grundsätzlich auch Geschäftsräume in den Schutzbereich einbezogen. Allerdings soll bei allgemeiner öffentlicher Zugänglichkeit von Räumen Art. 9 StGG nicht greifen (vgl. Korinek-Holoubek, Bundesverfassung, Band III, RZ 24 mLN).

Schon aus diesem Aspekt ist vorliegend ein Schutzbedürfnis von vornherein nicht gegeben, zumal es sich im Rahmen der Betriebszeiten um ein für jedermann frei zugängliches Geschäftslokal handelte, weshalb auch die Beamten freien Zutritt hatten.

Weiters ist nach der herrschenden Judikatur unter Durchsuchung einer Räumlichkeit das Suchen nach einer Person oder einem Gegenstand zu verstehen, von denen es unbekannt ist, wo sie sich befinden; es kann daher erst dann von einer Durchsuchung gesprochen werden, wenn das einschreitende Organ eine systematische Besichtigung wenigstens eines bestimmten Objekts vorgenommen hat. Der Zweck des Hausrechtsgesetzes liegt nicht darin, schon das bloße Betreten einer fremden Wohnung zu verhindern, sondern verhindert werden sollte nur ein die persönliche Würde und Unabhängigkeit verletzender Eingriff in den Lebenskreis des Wohnungsinhabers, in Dinge, die man im Allgemeinen berechtigt und gewohnt ist, dem Einblick Fremder zu entziehen und davor zu schützen (vgl. Korinek-Holoubek, RZ 33 mJN). So scheidet eine Suche dann aus, wenn es nicht um die Ergreifung von Personen oder Gegenständen, sondern um die Aufnahme eines Sachverhaltes geht. Auch mangelt es an einer Hausdurchsuchung, wenn zwar ein Gegenstand im Zentrum der Amtshandlung steht, wenn dieser aber im Raum offen zugänglich ist oder vom Inhaber ausgehändigt wird. Dies ist zB bei der Beschlagnahme frei zugänglicher Unterlagen, bei der Ausfolgung von verlangten Papieren bzw des gesuchten Teils durch den Wohnungsinhaber oder bei der Beschlagnahme zweier sichtbar im Raum aufgestellter Fernmeldegeräte der Fall (vgl. Korinek-Holoubek, RZ 35 mJN; vgl. auch VfGH vom 17.6.1958, B 191/57, vom 9.10.1956, B 58/65 und 1.7.1968, B 302/67).

Aus dem festgestellten Sachverhalt ist daher ersichtlich, dass gegen das Umsehen im Lokal zunächst kein Einwand erhoben wurde (vgl. die Aussage der Bf, dass sie bis zum Eintreffen des Rechtsanwaltes nicht widersprochen habe), dass die Beamten zu den entsprechenden Regalen hingeführt wurden, die verdächtigen Videokassetten bzw deren Covers frei zugänglich in den Regalen standen und von jedermann (also jedenfalls von der Kundschaft) entnommen werden konnten. Es mangelte daher im Hinblick auf den festgestellten Sachverhalt an einer Hausdurchsuchung. Es stützen sich daher die Beamten zu Recht darauf, dass eine Durchsuchung nicht stattfand und daher auch kein Hausdurchsuchungsbefehl erforderlich ist und daher auch nicht vorgewiesen werden kann.

5.3. Auch unter dem Aspekt, dass nach Durchschau der ihnen vorgewiesenen Regale und Herausstellen der entsprechenden Covers der Videokassetten eine Auswahl von verdächtigen Videokassetten getroffen wurde und dann aufgrund des mündlichen richterlichen Beschlagnahmebefehls für die herausgesuchten 31 Videokassetten eine Beschlagnahme durchgesetzt werden sollte, indem dann von den Lokalinhabern die entsprechenden Videokassetten an die Beamten herausgegeben werden sollten, lässt sich die Fortsetzung der Amtshandlung durch die Beamten nicht als Hausdurchsuchung werten. Es steht nämlich einwandfrei erwiesen fest, dass ein gerichtlicher Beschlagnahmebefehl gemäß § 143 StPO vorlag, Beamte der BPD Linz mit der Durchführung beauftragt wurden und dieser Beschlagnahmebefehl dann auch schriftlich ausgefertigt wurde und mit Beschluss der Ratskammer als rechtmäßig bestätigt wurde. Nach der Judikatur ist aber das Betreten einer Wohnung ohne Zustimmung des Wohnungsinhabers zur Durchsetzung einer Herausgabepflicht nach § 143 StPO iZm nicht verborgenen Sachen und zur Verhaftung oder Vorführung einer in der Wohnung befindlichen, darin aber nicht versteckten Person keine unter die Schutzbestimmungen des Hausrechtsgesetzes fallende Hausdurchsuchung (vgl. KH 2285/1898), denn eine Hausdurchsuchung setzt ein Suchen nach etwas voraus. Stand daher aufgrund des gerichtlichen Beschlagnahmebefehls eine Herausgabepflicht gemäß § 143 StPO für die Bf fest und waren die beschlagnahmten Gegenstände nicht verborgen sondern für jedermann frei zugänglich, so war auch aus diesem Aspekt von keinem Suchen und daher von keiner Hausdurchsuchung die Rede. Es ist daher auch im Anschluss an den Beschlagnahmebefehl - wenn auch ohne Zustimmung der Geschäftsinhaber und deren Rechtsvertreter - der Verbleib der Beamten im Lokal und die Durchsetzung des Beschlagnahmebefehls nicht als Hausdurchsuchung zu werten.

Die Beschwerde ist daher nicht begründet.

6. Gemäß § 79a AVG hat die im Verfahren obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei, wobei bei Zurückweisung oder Abweisung der Beschwerde die belangte Behörde die obsiegende und der Bf die unterlegene Partei ist. Es war daher der Behörde gemäß § 79a Abs.4 Z3 AVG iVm § 1 Z4 und 5 UVS-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 499/2001, der Ersatz für den Schriftsatzaufwand in Höhe von 203 Euro und der Ersatz für den Verhandlungsaufwand in Höhe von 254 Euro, ds insgesamt 457 Euro, zuzusprechen. Entsprechend war der Kostenersatzantrag der Bf abzuweisen. Ein Vorlageaufwand war mangels einer Aktenvorlage nicht zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

freiwillige Nachschau, keine Suche, frei zugängliche Gegenstände, keine Hausdurchsuchung, Vollzug eines richterlichen Beschlagnahmebefehls

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