Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103206/10/Br

Linz, 08.11.1995

VwSen-103206/10/Br Linz, am 8. November 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine 2. Kammer (Vorsitzender: Dr. Langeder, Beisitzer: Dr. Guschlbauer, Berichter: Dr. Bleier) über die Berufung des Herrn C P, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 6. September 1995, Zl.

VerkR96-9963-1995/Mr, wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird hinsichtlich des Punktes 3) aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr.

51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Über den Berufungswerber wurde im Punkt 3) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, Zl.

VerkR96-9963-1995/Mr, vom 6. September 1994, wegen der Übertretung nach § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 11.000 S und im Nichteinbringungsfall 9 Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 14.5.1995 um 06.05 Uhr im Gemeindegebiet von A, bei Kilometer 182,500 auf der A beim Parkplatz A, in Fahrtrichtung S, den Pkw mit dem Kennzeichen vermutlich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat und entgegen der von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Straßenaufsichtsorgan am 14.5.1995 um 06.25 Uhr bei der LGK-Außenstelle H an ihn gerichteten Aufforderung, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, diese Untersuchung verweigert hätte.

1.1. Begründend führte die Erstbehörde hiezu im wesentlichen aus, daß ihm die Verwaltungsübertretung(en) zur Last gelegt worden sei(en). Der diesbezüglichen Ladung zur Bundespolizeidirektion S habe er unbegründet keine Folge geleistet. Die Erstbehörde habe aufgrund der Sachverhaltsfeststellungen des Landesgendarmeriekommandos für Oö., an deren Inhalt hinsichtlich der Richtigkeit und Unbedenklichkeit nicht zu zweifeln gewesen sei, diese Entscheidung zu treffen gehabt.

2. In der fristgerecht erhobenen Berufung bestreitet der Berufungswerber eine (gemeint wohl mit einem alkoholisierten Lenken in Zusammenhang stehende) Lenkereigenschaft und damit die Berechtigung zur Aufforderung zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt. Das Nichtmitführen des Führerscheines entspreche jedoch der Wahrheit.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt. Hinsichtlich des Fernbleibens von der ursprünglich anberaumt gewesenen öffentlichen mündlichen Verhandlung hatte sich der Berufungswerber entschuldigt.

4. Da in Punkt 3) eine 10.000,- S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige 2. Kammer zur Entscheidung berufen. Da mit der Berufung im Ergebnis keine Tatsachen bestritten werden, war eine öffentliche mündliche Verhandlung letztlich verzichtbar (§ 51e Abs.1 VStG).

Hinsichtlich der Punkte 1) und 2) wurde keine Berufung erhoben.

5. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

5.1. Der Berufungswerber bestreitet nicht die Tatsache, daß er einer Atemluftprobe nicht zugestimmt habe. Er bestreitet jedoch die gesetzliche Voraussetzung dafür, weil er das Fahrzeug nicht in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt gehabt habe.

Der Berufungswerber wurde am Rücksitz seines Fahrzeuges in einem Schlafsack schlafend angetroffen. Anhaltspunkte für einen bestimmten Zeitpunkt, wo der Berufungswerber das Fahrzeug an dieser Stelle abstellte, sind aus dem Akt nicht ersichtlich. Der Berufungswerber verweigerte gegenüber den einschreitenden Beamten Angaben darüber, unter welchen Umständen das Fahrzeug an diese Stelle gelangte. Gemäß der vom Berufungswerber anläßlich seiner fernmündlichen Bekanntgabe seiner Verhinderung an der Verhandlung teilzunehmen ergänzend gemachte Mitteilung, sei er bei der Bundespolizeidirektion S zur Sache vernommen worden. Dabei habe er angegeben, daß er das Fahrzeug dort um 22.00 Uhr des Vortages abstellte und er sich nach einem Alkoholkonsum in diesem schlafen legte.

5.2. Diese Verantwortung ist objektiv nicht widerlegbar.

6. Rechtlich hat der Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

6.1. Gemäß § 5 Abs.2 bis 5 StVO 1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen.

Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand 1. ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder 2. als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen (Abs.2 leg.cit.).

Die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt ist mit einem Gerät vorzunehmen, das den Alkoholgehalt der Atemluft mißt und entsprechend anzeigt [Alkomat] (Abs.2 leg.cit.).

Die Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, Personen, deren Atemluft auf Alkoholgehalt untersucht werden soll (Abs.2), zum Zweck der Feststellung des Atemalkoholgehaltes zur nächstgelegenen Dienststelle, bei der sich ein Atemalkoholmeßgerät befindet, zu bringen, sofern vermutet werden kann, daß sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden oder zur Zeit des Lenkens befunden haben (Abs.4 leg.cit.).

6.1.1. Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 8.000 S bis 50.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen, zu bestrafen, a) wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, b) wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht (§ 99 Abs.1 lit.b leg.cit).

6.2. Im Sinne der ständigen Rechtsprechung des VwGH (vgl.

unter vielen Erk. v. 21.3.1990, 89/02/0193, sowie v.

12.8.1994, 94/02/0298) ist eine Aufforderung zur Atemluftuntersuchung dann rechtmäßig, wenn auf einen Lenkzeitpunkt bezogen noch "praktische Ergebnisse der Atemluftprobe erwartet werden können". Als einen "großen Zeitabstand" hat im Sinne des zuletzt genannten Erkenntnisses der VwGH etwa einen Zeitraum von 3 Stunden 40 Minuten verstanden. Bei Zeitabständen von mehr als drei Stunden bedürfe es einer entsprechenden Begründung, warum der große Zeitabstand seit dem Lenken noch ein verwertbares Ergebnis des Alkotestes erwarten läßt.

Hier liegt jedoch überhaupt kein Anhaltspunkt für einen bestimmten Zeitpunkt bezogen auf ein Lenken vor. Es wurde etwa nicht festgestellt, ob etwa die Motorhaube noch warm gewesen ist und dies einen Schluß auf ein bestimmbares zeitliches Zurückliegen des Lenkens zulassen hätte können.

Im Lichte dieser Judikatur kann daher hier von einem Verdacht eines Lenkens in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand nicht mehr gesprochen werden.

Schließlich würde in der Praxis ein "derartiger Verdacht" auf viele Personen zutreffen, von welchen etwa bekannt ist, daß sie zu einem unbekannten Zeitpunkt ein Fahrzeug gelenkt haben und in ihrer Privatsphäre im Verdacht der Alkoholisierung angetroffen werden. Die bloße physische Nähe - so wie hier - zum Fahrzeug vermag eine andere Sicht nicht zu rechtfertigen. Geht man von einem Abstellen des Fahrzeuges durch den Berufungswerber um 22.00 Uhr aus, wofür sich aus dem Akt auch keine Anhaltspunkte ergeben (der Berufungswerber teilte dies anläßlich eines Telefonates mit), läge ein Zeitraum von über acht Stunden dazwischen.

Nach dieser Zeitdauer wäre ein brauchbarer Rückschluß auf eine allfällige Alkoholisierung wohl kaum oder nur mehr sehr beschränkt zulässig. Insbesondere im Fall, wo der Berufungswerber noch nach dem Abstellen seines Fahrzeuges, Alkohol zu sich genommen haben soll.

Die Verweigerung der Atemluftuntersuchung kann daher hier dem Berufungswerber nicht mehr als tatbestandsmäßig vorgeworfen werden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilagen Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Langeder

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