Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420371/15/BMa/Jo

Linz, 13.01.2004

 

 

 VwSen-420371/15/BMa/Jo Linz, am 13. Jänner 2004

DVR.0690392
 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bergmayr-Mann über die Beschwerden des Herrn G N, E, S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. A K, S, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vom 5. bis 6. August 2003 wegen Zwangsmaßnahmen nach dem Führerscheingesetz und am 6. August 2003 wegen der Festnahme zum Strafantritt für Ersatzfreiheitsstrafen und der nachfolgenden Anhaltung, durch Beamte der Bundespolizei Steyr in Zurechnung der Bundespolizeidirektion Steyr zu Recht erkannt:

 

 

I. Soweit sich die Beschwerde gegen ungerechtfertigte Zwangsmaßnahmen gemäß § 38 Abs.2 Führerscheingesetz wendet, wird dieser Folge gegeben und die Aufrechterhaltung der technischen Sperre von 5. August 2003, 18.30 Uhr, bis 6. August 2003, 16.03 Uhr, als rechtswidrig festgestellt.

 

  1. Soweit sich die Beschwerde gegen die Festnahme und Vorführung zum Strafantritt am 6. August 2003 sowie die nachfolgende Anhaltung im Polizeianhaltezentrum Steyr richtet, wird dieser keine Folge gegeben und diese Maßnahmen als nicht rechtswidrig festgestellt.
  2.  

  3. Der Bund (Verfahrenspartei: Bundespolizeidirektion Steyr) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 660,80 Euro als obsiegender Partei (zu Spruch Punkt I) zu ersetzen.
  4.  

  5. Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bundespolizeidirektion Steyr) Aufwendungen in der Höhe von 271,80 Euro als obsiegender Partei (siehe Spruch Punkt II) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.: Art. 129a Abs.1 Z2 Bundes- Verfassungsgesetz (B-VG) iVm § 67a Abs.1 Z2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, § 88 Abs.1 Sicherheitspolizeigesetz - SPG und § 38 Abs.2 Führerscheingesetz - FSG.

 

Zu II.: Art. 129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z2 AVG, § 88 Abs.1 SPG und Art. 1 und Art. 3 Bundesverfassungsgesetz vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit, iVm §§ 53b und 54b Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, - VStG.

 

Zu III und IV.: § 79a Abs.3 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Beschwerden vom 12. August 2003, die durch die Stellungnahme vom
19. November 2003 und eine Urkundenvorlage vom 19. Dezember 2003 ergänzt wurden, wurde die Feststellung beantragt, die Zwangsmaßnahme gemäß § 38 Abs.2 FSG, die Festnahme zum Strafantritt für Ersatzfreiheitsstrafen und den Vollzug für rechtswidrig zu erklären und die belangte Behörde zum Ersatz der Verfahrenskosten an den Beschwerdeführer zu Handen seines Vertreters zu verurteilen.

 

1.1. Begründend wurde im Wesentlichen zu Spruchpunkt I ausgeführt, dem Beschwerdeführer sei am 5. August 2003, ca. gegen 14.30 Uhr, wegen des Verdachts auf Übertretung nach § 1 Abs.3 FSG der Schlüssel zu seinem PKW abgenommen worden. Da der Beschwerdeführer wenig später ein weiteres Mal wegen Übertretung gemäß § 1 Abs.3 FSG betreten worden sei, sei ihm auch der zweite Fahrzeugschlüssel abgenommen worden und der versperrte PKW sei auf einem Parkplatz verblieben. Gegen 18.30 Uhr sei der Beschwerdeführer zusammen mit seiner Nichte, Frau S A, im Wachzimmer Steyr-Tomitzstraße vorstellig geworden. Beide Fahrzeugschlüssel seien daraufhin Frau A ausgehändigt worden.

In Begleitung des Beschwerdeführers habe sich Frau A zu dessen Fahrzeug begeben und dort festgestellt, dass eine technische Sperre angebracht worden sei, sodass sie trotz vorhandenen Fahrzeugschlüssels und der ihr vom Beschwerdeführer eingeräumten Befugnis, das Fahrzeug für ihre Zwecke zu benützen, dieses nicht in Betrieb nehmen habe können, sodass sie sich um ein Ersatzfahrzeug habe umsehen müssen.

Frau A habe daher dem Beschwerdeführer die Fahrzeugschlüssel wieder ausgehändigt. Da am Morgen des 6. August 2003 noch immer die technische Sperre über das Lenkrad angebracht gewesen sei, habe der Beschwerdeführer einen Rechtsanwalt aufgesucht, der per Telefax vom 6. August 2003 die unverzügliche Aufhebung der technischen Sperre beantragt habe.

In dieser Eingabe sei darauf hingewiesen worden, dass während der Bürozeiten des Vertreters des Beschwerdeführers ein Fahrzeugschlüssel zur leichteren Aufhebung der ungesetzlich angebrachten technischen Sperre abgeholt werden könne. In der Kanzlei des Beschwerdeführervertreters sei gegen 16.00 Uhr auch ein Anruf der BPD Steyr eingelangt, wobei seitens des Beschwerdeführervertreters mitgeteilt worden sei, dass der Fahrzeugschlüssel bis ca. 16.30 Uhr und sodann erst am darauf folgenden Morgen, ab 8.00 Uhr abgeholt werden könne. In der Folge sei der Beschwerdeführer verständigt worden, der dann auch mit Frau A zum Fahrzeug gekommen sei und es sei dann tatsächlich auch die technische Sperre aufgehoben worden.

Die längere Nichtentfernung der Lenkradsperre sei beabsichtigt gewesen und stelle eine repressive und daher ungesetzliche Maßnahme dar.

Der Beschwerdeführer habe nicht vermuten können, dass in seiner Abwesenheit von den Beamten in das Fahrzeug widerrechtlich eingedrungen und eine Lenkradsperre angebracht werde.

Es sei völlig unverständlich, dass ein bei Amtshandlungen mit dem Beschwerdeführer sensibilisierter Beamter beim Ausfolgen der Fahrzeugschlüssel an Frau A keine Kenntnis von der angebrachten Lenkradsperre gehabt habe, seien doch derartige Maßnahmen entsprechend zu dokumentieren, sodass auch ein allfälliges Informationsdefizit auf die belangte Behörde zurückfallen würde.

Das Vorbringen vom 21. Oktober 2003, wonach der Sperrstock innerhalb weniger Minuten hätte entfernt werden können, werde bezweifelt, zumal von der Absendung des entsprechenden Aufhebungsantrages per Telefax bis zur tatsächlichen Aufhebung noch rund 5 Stunden verstrichen seien. Zutreffend sei es aber, dass die Sekretärin des Beschwerdeführervertreters kurz nach 16.00 Uhr von der belangten Behörde telefonische kontaktiert worden sei und auf die Abholmöglichkeit der Fahrzeugschlüssel bis ca. 16.30 Uhr hingewiesen worden sei.

 

1.2. Zur Beschwerde zur Festnahme zum Strafantritt für Ersatzfreiheitsstrafen (S4578/ST/02, S5364/ST/02, S5545/ST/02, S6649/ST/02, S8811/ST/02 und S2437/ST/03 je BPD Steyr) und zu seiner Anhaltung im Polizeianhaltezentrum Steyr wurde im Wesentlichen begründend ausgeführt, es sei unstrittig, dass die zu den angeführten Geschäftszahlen verhängten Geldstrafen rechtskräftig seien. Zutreffend sei weiters, dass dem Beschwerdeführer am 15. Mai 2003, als er im Polizeianhaltezentrum angehalten worden sei, Aufforderungen ausgefolgt worden seien bzw. am 20. Mai 2003 das Aufforderungsschreiben zu S2437/ST/03 zugestellt worden sei. Diese und andere offene Geldstrafen seien auch Thema einer Vorsprache des Beschwerdeführers bei der BPD Steyr gewesen, welche - soweit erinnerlich - Ende Mai stattgefunden habe. Dort habe der Beschwerdeführer ein Ratenzahlungsansuchen gestellt und dieses auch zugesichert erhalten (es wurde ein bestehendes von 100 Euro auf 200 Euro monatlich ab Juli 2003 erhöht). Mangels anderslautender Mitteilung habe der Beschwerdeführer sein Ratenzahlungsgesuch als bewilligt angesehen und auch die mit 200 Euro vereinbarte Julirate zeitgerecht bezahlt. Auch bei der Begegnung des Beschwerdeführers mit dem Vertreter der belangten Behörde sei ein Termin am 26. oder 28. August vereinbart worden, bei dem angesichts der bestehenden Beschäftigung des Beschwerdeführers eine Regelung der offenen Strafen hätte getroffen werden sollen. Die zwangsweise Vorführung zum Strafantritt am 6. August 2003 sei für den Beschwerdeführer überraschend gekommen, zumal seiner Meinung nach auch keine rückständigen Raten ausgehaftet seien.

Sonstige Eintreibungsmaßnahmen der Behörde betreffend die offenen Geldstrafen seien dem Beschwerdeführer nicht bekannt geworden; er erziele ein regelmäßiges Einkommen, somit sei weder eine Uneinbringlichkeit gegeben noch würden ausreichend Gründe für deren Annahme vorliegen. Die Voraussetzungen für die Vollziehung der Ersatzfreiheitsstrafe sei nicht vorgelegen, deshalb sei die Vorführung zum Strafantritt und deren Verbüßung ungesetzlich.

Mit der Anordnung des Strafvollzugs von Ersatzfreiheitsstrafen im Ausmaß von knapp unter der in § 54 Abs.3 VStG genannten sechs Wochen würde überdies eine den Intentionen des Gesetzgebers zuwider laufende Ermessensüberschreitung vorliegen.

 

1.3. Abschließend wurde auf die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung seitens des Beschwerdeführers verzichtet.

 

1.4. Die Gegenschrift des Polizeidirektors als Vertreter der belangten Behörde der Bundespolizeidirektion Steyr, vom 14. August 2003 wurde ergänzt durch einen Nachtrag vom 11. September 2003, eine Stellungnahme vom 21. Oktober 2003 und die Aufstellung der Strafverbüßung der Ersatzfreiheitsstrafen vom 6. August bis 17. September 2003 sowie eine Aufstellung der geleisteten Zahlungen und der noch offenen Strafen und Verfahrenskosten. Diesem Schreiben ist auch ein Haftbericht und ein Bericht über einen Teilstrafvollzug vom 16. Juni 2003 angeschlossen. Darüber hinaus wurden von der BPD Steyr folgende Akten bzw. Aktenteile, die den Beschwerdeführer betreffen, in Kopie vorgelegt:

Bescheid d. BPD Steyr v. 20.08.2001, Zl. 00952/VA/F/2001,

II/1571/03, S 8154/ST/01, S 9027/ST/01, S 9538/ST/01, S 185/ST/02, S 341/ST/02, S 1903/ST/02, S 3853/ST/02, S 4578/ST/02, S 5364/ST/02, S 5545/ST/02,
S 6649/ST/02, S 8811/ST/02, S 470/ST/03, S 1303/ST/03, S 2437/ST/03,
S 2446/ST/03, S 3850/ST/03, S 5254/ST/03, S 5550/ST/03, S 5705/ST/03,
S 6135/ST/03, S 6136/ST/03, S 7043/ST/03, S 7042/ST/03, S 7039/ST/03
S 7041/ST/03.

1.5. Begründend wurde von der belangten Behörde hinsichtlich der Maßnahme des Anbringens einer technischen Lenkradsperre am 5. August 2003 bzw. deren Aufrechterhaltung über 18.30 Uhr hinaus im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer sei nicht in Besitz einer Berechtigung, die ihn zum Lenken von Kfz u.a. der Klasse B berechtigen würde. Aufgrund wiederholter Feststellungen der Übertretung der gesetzlichen Bestimmung des § 1 Abs.3 des FSG 1995 idgF am
5. August 2003 innerhalb sehr kurzer Zeit (13 Minuten) sei dem Beschwerdeführer durch Beamte des Wachzimmers Tomitzstraße am 5. August 2003 nach 14.23 Uhr aufgrund der gesetzlichen Bestimmung des § 38 FSG eine sogenannte Lenkradsperre als "technische Sperre" angebracht worden.

Diese Maßnahme sei insofern als sichernde Sofortmaßnahme im Sinn der Verkehrssicherheit unabdingbar erforderlich gewesen, da sich der Beschwerdeführer trotz der Maßnahme des kurz zuvor abgenommenen Fahrzeugschlüssels nicht davon abhalten habe lassen, sein Kfz unmittelbar nach Beendigung der Amtshandlung neuerlich in Betrieb zu nehmen und auf öffentlicher Verkehrsfläche zu lenken. Seine Intention - trotz fehlender Lenkberechtigung und trotz bereits verhängter Zwangsmaßnahmen - weiterhin Kfz lenken zu wollen und sich auch nicht von der Polizei davon abhalten zu lassen, habe der Beschwerdeführer gegenüber den einschreitenden Beamten deutlich zum Ausdruck gebracht. Ergänzend sei dazu anzuführen, dass der Beschwerdeführer als gänzlich uneinsichtiger und ganz offensichtlich auch unbelehrbarer "Schwarzfahrer" wiederholt auffällig geworden sei. Der Beschwerdeführer habe gegenüber Beamten der belangten Behörde ganz unmissverständlich erklärt, dass er jederzeit Willens und auch in der Lage sei, neuerlich einschlägige Gesetzesübertretungen zu begehen.

Von Beamten der BPD Steyr seien alleine im Juli und August 2003 fünf derartige Vorfälle bearbeitet und zur Anzeige gebracht worden.

Herr N sei mit seiner Nichte, Frau A, am 5. August 2003 zwischen 18.30 Uhr und 18.45 Uhr in das Wachzimmer Tomitzstraße gekommen. Um diese Zeit sei gerade die Ablöse zwischen den vom Dienst abtretenden und den den Nachtdienst antretenden Sicherheitswachebeamten im Gange gewesen bzw. diese Ablöse sei zum Teil schon abgeschlossen gewesen. Ein Beamter jener Funkstreifenbesatzung, die am Nachmittag die Amtshandlung mit Herrn N vorgenommen hatte, sei zu diesem Zeitpunkt nicht im Wachzimmer anwesend gewesen. Obwohl Herr N mit Sicherheit gewusst habe, dass am Fahrzeug auch ein Sperrstock angebracht gewesen sei, seien von ihm lediglich die Fahrzeugschlüssel verlangt worden. Auch unter der Annahme, dass Herr N sich zum Zeitpunkt der Abholung der Fahrzeugschlüssel im Wachzimmer an den Sperrstock nicht mehr habe erinnern können, hätte es beim Eintreffen beim Fahrzeug durch Frau A nur eines Anrufes bei der Polizei bedurft, um innerhalb weniger Minuten die Entfernung durch die Funkstreifenbesatzung veranlassen zu können. Die BPD Steyr sei jedoch erst am 6. Oktober 2003 (gemeint ist wohl 6. August 2003) durch das Fax-Schreiben des Vertreters des Beschwerdeführers darauf aufmerksam gemacht worden, dass der polizeieigene Sperrstock noch am Fahrzeug des Herrn N angebracht gewesen sei. Es seien dann zahlreiche Versuche unternommen worden, Herrn N oder Frau A zu erreichen, unter anderem sei um 16.03 Uhr auch eine Kontaktaufnahme mit Frau G von der Kanzlei von Rechtsanwalt Dr. K erfolgt.

Die Ursachen für die verzögerte Abnahme des Sperrstockes würden einerseits in einem unmittelbar bei der Dienstübernahme /-übergabe liegenden Informationsdefizit liegen, andererseits aber auch in einem Kommunikationsmangel, der vom Beschwerdeführer leicht behoben hätte werden können - so wäre der Sperrstock innerhalb weniger Minuten noch am Abend des 5. August 2003 entfernt worden.

 

1.6. Zum Beschwerdevorbringen hinsichtlich der Festnahme des Beschwerdeführers vom 6. August 2003 zwecks Strafantritt von Ersatzfreiheitsstrafen wurde von der belangten Behörde im Wesentlichen ausgeführt, sie sei der Ansicht, dass es sich bei dieser Vollzugsmaßnahme um eine gesetzlich begründete Vollzugsmaßnahme im Rahmen des Strafvollzugs (III. Teil des VStG - §§ 53 ff VStG) handle, welche einer "Maßnahmenbeschwerde" im Sinn des § 67a Abs.1 Z2 AVG bzw. Art. 129a Abs.1 Z2 B-VG nicht zugänglich sei.

Dem Beschwerdeführer seien nachweislich Aufforderungen zum Antritt der Ersatzarreststrafen zugestellt worden, die Vorführungsbefehle seien dem Beschwerdeführer auf der Dienststelle zur Kenntnis gebracht worden wonach eine Begleichung der ausstehenden Geldstrafen grundsätzlich noch möglich gewesen wäre.

Ein "mündliches Ratenzahlungsgesuch" des Beschwerdeführers mit dem aus dem Beschwerdeschreiben hervorgehenden Inhalt könne von der belangten Behörde nicht nachvollzogen werden. Es entspräche zwar den Tatsachen, dass mit dem Beschwerdeführer Ende Mai dieses Jahres im Rahmen eines mündlichen Gesprächs versucht worden sei, - im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten - eine Lösung dahingehend zu Stande zu bringen, einen Abbau der angehäuften Geld- und Freiheitsstrafen in einem vertretbaren Zeitraum unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer angegebenen, jedoch nicht nachgewiesenen wirtschaftlichen Möglichkeiten zu erzielen, er sei jedoch bereits damals ausdrücklich auf den Umstand hingewiesen worden, dass diese mündliche Vereinbarung nur unter der Voraussetzung haltbar sei, dass keine neuen (einschlägigen) Verfahren anfallen würden, da sich dadurch die aushaftenden Geld- und Freiheitsstrafen merklich erhöhen würden und somit die getroffene Vereinbarung zwecklos sei. Dem Beschwerdeführer sei auch ausdrücklich mitgeteilt worden, dass im Falle neuerlicher (einschlägiger) Vorfälle jedenfalls der Vollzug von Ersatzarreststrafen angeordnet werden müsse. Ein Teilzahlungsbescheid sei von der belangten Behörde jedenfalls nicht erlassen worden. Mittlerweile sei der Beschwerdeführer jedoch fünfmal innerhalb kürzester Zeit erneut einschlägig straffällig geworden, wodurch sich die aushaftende Geldsumme auf mehr als 14.000 Euro und das Gesamtausmaß der Freiheitsstrafen auf mehrere Monate belaufen würde.

Seit September des Vorjahres habe sich die Eintreibung von Strafgeldern durch gerichtliche Exekution mangels verwertbaren Vermögens als aussichtslos erwiesen, ein Exekutionsversuch, auch vom Gerichtsvollzieher, habe eingestellt werden müssen und ein dem Gericht dargelegtes Vermögensverzeichnis habe kein verwertbares Einkommen ausgewiesen. Angaben hinsichtlich seines derzeitigen Einkommens habe der Beschwerdeführer gegenüber der Behörde verweigert bzw. angegeben, dass er dies "selbst nicht wisse". Erst anlässlich einer Verhandlung vor dem Unabhängigen Verhandlungssenat des Landes Oberösterreich am 29. Juli 2003 habe der Beschwerdeführer gegenüber dem Senat eine (nicht nachgewiesene) Summe seines Einkommens angegeben. Es seien daher die erforderlichen Schritte zur Einleitung des Vollzugs von Freiheitsstrafen im Sinn des § 53b VStG unter Beachtung des § 2 VVG durch die belangte Behörde - insbesondere nach den Vorfällen vom 5. August 2003 (wiederholter Verstoß gegen §1 Abs.3 FSG) - jedenfalls zu veranlassen gewesen.

 

1.7. Es wird daher die Abweisung der gegenständlichen Beschwerden, sowie im Falle des Obsiegens, der Zuspruch des Ersatzes gemäß der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003 beantragt.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Maßnahmenbeschwerden vom 12. August 2003, die durch die Stellungnahme vom 19. November 2003 und die Urkundenvorlage vom 19. Dezember 2003 ergänzt wurden, in die der Gegenschrift angeschlossenen Verwaltungsakte der BPD Steyr (Akteninhalt siehe 1.4.), die Ergänzungen der Gegenschrift vom
11. September 2003 und vom 21. Oktober 2003, die Zusammenfassung der Strafverbüßung der Ersatzfreiheitsstrafen vom 6. August bis 17. September 2003, der geleisteten Zahlungen, der noch offenen Strafen und Verfahrenskosten und in den Haftbericht; da sich bereits aus diesen Schrift- und Aktenstücken der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und der Beschwerdeführer überdies auf eine mündliche Verhandlung ausdrücklich verzichtet hatte, konnte gemäß § 67d Abs.2 Z3 AVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß Art. 129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z2 AVG erkennen die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu seien.

 

Gemäß § 38 Abs.1 FSG sind Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Straßenaufsicht berechtigt, Personen am Lenken oder an der Inbetriebnahme eines Fahrzeuges zu hindern, wenn diese hiedurch unter anderem eine Übertretung des
§ 1 Abs.3 leg.cit. (Lenken ohne gültige Lenkberechtigung für die betreffende Klasse) begehen oder begehen würden.

Gemäß §38 Abs.2 FSG sind zu diesem Zweck, je nach Lage des Falls und Art des Fahrzeuges oder der Beladung, Zwangsmaßnahmen, wie etwa Abnahme der Fahrzeugschlüssel, Absperren oder Einstellen des Fahrzeuges, Anbringen von technischen Sperren und dergleichen anzuwenden. Solche Zwangsmaßnahmen sind unverzüglich aufzuheben, wenn der Grund für ihre Anwendung weggefallen ist oder wenn eine andere Person, bei der keine Hinderungsgründe gegeben sind, beabsichtigt, das Fahrzeug in Betrieb zu nehmen und zu lenken.

 

Gemäß Art. 5 Abs.1 MRK hat jedermann ein Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Sicherheit darf einem Menschen nur in den angeführten Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden.

 

Gemäß Art. 1 Abs. 1 Bundesverfassungsgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit (PersFRG) BGBl. Nr. 684/1988, hat jedermann das Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit).

 

Gemäß Art. 3 Abs. 2 leg.cit. darf die Verhängung einer Freiheitsstrafe und die Festsetzung von Ersatzfreiheitsstrafen durch Verwaltungsbehörden vorgesehen werden, wenn das Ausmaß des angedrohten Freiheitsentzuges je sechs Wochen, soweit die Entscheidung einer unabhängigen Behörde obliegt, je drei Monate nicht übersteigt.

 

Gemäß § 53b Abs.1 VStG ist ein Bestrafter auf freiem Fuß, der die Strafe nicht sofort antritt, aufzufordern, die Freiheitsstrafe binnen einer bestimmten, angemessenen Frist anzutreten.

 

Gemäß Abs.2 leg.cit. ist der Bestrafte zwangsweise vorzuführen, wenn er der Aufforderung zum Strafantritt nicht nachkommt. Dies ist ohne vorherige Aufforderung sofort zu veranlassen, wenn die begründete Sorge besteht, dass er sich durch Flucht dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen werde.

 

Nach § 54b Abs.2 VStG ist die dem ausstehenden Betrag entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen, soweit eine Geldstrafe uneinbringlich ist oder dies mit Grund anzunehmen ist. Der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe hat zu unterbleiben, soweit die ausstehende Geldstrafe erlegt wird. Darauf ist in der Aufforderung zum Strafantritt hinzuweisen.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall ist es als erwiesen anzunehmen, dass Herr Gerhard N am 5. August 2003 wiederholt beim Lenken seines PKW auf öffentlicher Verkehrsfläche trotz fehlender Lenkberechtigung angehalten wurde. Aus diesem Grund wurde durch Beamte der BPD Steyr eine sogenannte "Lenkradsperre" als technische Sperre im Sinn des § 38 Abs.1 Z1 iVm Abs.2 FSG am Pkw des Beschwerdeführers angebracht. Es erscheint auch glaubwürdig, dass der Beschwerdeführer deutlich zum Ausdruck gebracht hat, sich auch weiterhin nicht gesetzeskonform verhalten zu wollen. Zwischen 18.30 Uhr und 18.45 Uhr ist der Beschwerdeführer am Abend des 5. August 2003 mit seiner Nichte Frau A in das Wachzimmer Tomitzstraße gekommen um die Fahrzeugschlüssel seines PKW`s abzuholen und gab an, sein Fahrzeug Frau A zur Verfügung stellen zu wollen. An Frau A wurden nur die Fahrzeugschlüssel ausgefolgt, die technische Sperre (Lenkradsperre) wurde jedoch nicht beseitigt. Am 6. August 2003 wurde die BPD Steyr durch ein Fax-Schreiben vom rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers darauf aufmerksam gemacht, dass der polizeieigene Sperrstock noch am Fahrzeug des Herrn N angebracht sei. Glaubwürdig ist aufgrund der übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers und der belangten Behörde, dass um 16.03 Uhr eine Kontaktaufnahme mit der Kanzlei des Vertreters des Beschwerdeführers zur Abnahme der Lenkradsperre durch Organe der Bundespolizei Steyr erfolgte und diese dann am selben Abend um ca. 19.00 Uhr entfernt wurde.

 

Der Beschwerdeführer wurde am 6. August 2003 um 19.25 Uhr zur Strafverbüßung für die Ersatzfreiheitsstrafen der rechtskräftigen Straferkenntnisse des Polizeidirektors der Bundespolizeidirektion Steyr vom 29. August 2002 Zl. S4578/ST/02, vom 28. August 2002, Zl. S5364/ST/02, vom 25. Juli 2002, Zl. S5545/ST/02, vom 20. September 2002, Zl. S6649/ST/02, vom 5. November 2002, Zl. S8811/ST/02, vom 24. April 2003, Zl. S2437/ST/03 angehalten. Die Strafverbüßung der mit Straferkenntnis des Polizeidirektors von Steyr vom 5. Juni 2003 verhängten Strafe, die mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates für Oberösterreich vom 31. Juli 2003 bestätigt wurde, wurde nicht in Beschwer gezogen und ist somit nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Die Bescheide der BPD Steyr, mit denen die jeweiligen Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafen festgesetzt wurden, wurden ordnungsgemäß (großteils durch Hinterlegung) zugestellt und sind in Rechtskraft erwachsen. Dies wird auch vom Beschwerdeführer selbst angegeben. Dem Beschwerdeführer wurden auch die Aufforderungen zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafen zugestellt und die Vorführungsbefehle zur Kenntnis gebracht. Eine Begleichung der ausstehenden Geldstrafen wäre ihm damit noch vor Strafantritt möglich gewesen. Dies wird vom Beschwerdeführer auch gar nicht bestritten. In der Folge war der Beschwerdeführer sodann ab 6. August 2003 zur Verbüßung der Ersatzfreiheitsstrafen und anschließend zur Verbüßung eines Teils der Primärarreststrafe, die mit Erkenntnis der BPD Steyr vom 5. Juni 2003, Zl. S3850/ST/03, verhängt wurde und die - wie bereits erwähnt - nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist, in Haft.

 

3.3. Die Anbringung der technischen Lenkradsperre am 5. August 2003 findet in § 38 Abs.1 iVm Abs.2 FSG ihre gesetzliche Deckung. Sie wurde auch gar nicht in Beschwer gezogen.

Der Beschwerdeführer wollte seinen PKW seiner Nichte, Frau A, bei der keine Hinderungsgründe, das Fahrzeug in Betrieb zu nehmen und zu lenken, ersichtlich sind, überlassen. Die Lenkradsperre hätte somit gleichzeitig mit der Ausfolgung der Fahrzeugschlüssel beseitigt werden müssen. Eine Aufrechterhaltung der Lenkradsperre nach Ausfolgung der Fahrzeugschlüssel, mit der die belangte Behörde ja zu Ausdruck gebracht hat, dass sie Frau A zur Inbetriebnahme und Lenkung des Fahrzeugs für geeignet hält, war von der geltenden Rechtslage nicht gedeckt und musste daher als rechtswidrig festgestellt werden. Dem steht auch nicht entgegen, dass das Unterlassen der Beseitigung der Lenkradsperre offenbar auf einen Informations- bzw. Kommunikationsfehler bei der belangten Behörde zurückzuführen ist. Ab 6. August 2003 16.03 Uhr hat sich die belangte Behörde, wie sich aus den übereinstimmenden Darstellungen ergibt, darum bemüht, die Lenkradsperre zu beseitigen. Dass die Beseitigung der Lenkradsperre erst ein paar Stunden später möglich war, ist wiederum der Sphäre des Beschwerdeführers zuzurechnen, der ja die Fahrzeugschlüssel zum Entsperren des PKW`s in Gewahrsam hatte. Der Zeitraum der widerrechtlichen Aufrechterhaltung der Lenkradsperre war somit von 5. August ca. 18.30 Uhr bis 6. August 16.03 Uhr festzulegen.

 

3.4. Vorweg wird auf das VwGH Erkenntnis vom 7. Dezember 1988 Zl. 86/03/0157 hingewiesen, wonach die Einlieferung in das Polizeigefangenenhaus und der Vollzug einer Freiheitsstrafe Akte der Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt darstellen. Die Beschwerde wegen Festnahme zum Strafantritt für Freiheitsstrafen und wegen deren Vollzug ist somit zulässig.

Der Festnahme des Beschwerdeführers am 6. August 2003 zum Strafantritt von Ersatzfreiheitsstrafen und deren Vollzug liegen rechtskräftige Bescheide der Bundespolizeidirektion Steyr und ordnungsgemäß durchgeführte Aufforderungen zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe zu Grunde. Die belangte Behörde konnte auch davon ausgehen, dass die Geldstrafen uneinbringlich sind, da sie seit September 2002 die Eintreibung von Strafgeldern durch gerichtliche Exekution betrieben und sich diese mangels verwertbaren Vermögens als aussichtslos erwiesen hat. Auch ein Exekutionsversuch des Gerichtsvollziehers musste eingestellt werden und ein dem Gericht dargelegtes Vermögensverzeichnis hat kein verwertbares Einkommen ausgewiesen. Angaben zu seinem Einkommen vor Strafantritt der Ersatzfreiheitsstrafe hat der Beschwerdeführer gegenüber der Behörde verweigert bzw. angegeben, dass er diese "selbst nicht wisse". Die anlässlich einer Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat von Oberösterreich vom 29.07.2003 angegebene Summe seines Einkommens hat er auch nicht nachgewiesen.

Aus dem vorgelegten Aktenkonvolut und der mit Fax übermittelten Aufstellung der noch offenen Strafen und Verfahrenskosten, die lediglich eine übersichtliche Zusammenfassung der vorgelegten Akten ist, ergibt sich immer noch ein Betrag an offenen Strafen von ca. 14.000 Euro.

Diesem Betrag gegenüber stehen Ratenzahlungen des Beschwerdeführers von 100 bzw. im Juli 2003 von 200 Euro zur Bezahlung der offenen Strafen.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die Vorführung zum Strafantritt sei für ihn völlig überraschend gekommen, ist entgegen zu halten, dass er von der Aufforderung zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe Kenntnis hatte. Auch die "Vereinbarung" mit einem Vertreter der belangten Behörde im Mai 2003, wonach letztere den Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafen von einem gesetzeskonformen Verhalten des Beschwerdeführers und der regelmäßigen Zahlung der vereinbarten Raten abhängig gemacht hat, steht dem nicht entgegen, da der Beschwerdeführer zwischenzeitig wiederholt einschlägig auffällig geworden ist und mit dem jederzeitigen Vollzug der bereits angeordneten Ersatzfreiheitsstrafen selbst gemäß dieser "mündlichen Vereinbarung" rechnen musste.

Die bereits seit Jahren immer wieder auftretenden einschlägigen Gesetzesübertretungen durch den Beschwerdeführer, die Nichtzahlung der dadurch entstanden Strafen, die Weigerung die Einkommensverhältnisse nachgewiesenermaßen darzulegen und die erfolglos geführten Exekutionsversuche waren eindeutige Indizien dafür, dass die in den Straferkenntnissen verhängten Geldstrafen uneinbringlich sind. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Exekutionsversuche nicht neuerlich unmittelbar vor der Vorführung zum Strafantritt stattgefunden haben. So ergibt sich aus dem Inhalt der vorgelegten Akten, dass der Beschwerdeführer seit längerer Zeit zahlungsunfähig ist und gibt es keine Indizien (außer der nicht nachgewiesenen Behauptung des Beschwerdeführers ein Einkommen zu erzielen) für eine Änderung dieser Umstände.

Die Dauer des Freiheitsentzugs insgesamt, wie auch die jeder einzelnen Strafe, liegt innerhalb des vom Gesetz vorgegebenen Rahmens.

 

In Anbetracht dessen ist es ausgeschlossen, dass der Beschwerdeführer durch den Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Schutz der persönlichen Freiheit verletzt wurde.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis waren hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Lenkradsperre dem Beschwerdeführer als obsiegende Partei (Schriftsatzaufwand) und hinsichtlich der Festnahme und Verbüßung der Ersatzfreiheitsstrafen der belangten Behörde als obsiegende Partei (Vorlage- und Schriftsatzaufwand) die im Spruch angeführten Kosten jeweils gemäß der UVS-Aufwandersatzverordnung zuzusprechen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
  2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 13 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Mag. Bergmayr-Mann

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