Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420386/122/BMa/Be

Linz, 12.10.2005

 

 

 

VwSen-420386/122/BMa/Be Linz, am 12. Oktober 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bergmayr-Mann über die Beschwerden des A K, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H B, wegen behaupteter Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 9. Februar 2004 durch zwei dem Sicherheitsdirektor für das Bundesland Oberösterreich zuzurechnende Beamten des Landesgendarmerie-kommandos für Oberösterreich (nunmehr Landespolizeikommando für Oberösterreich) nach der am 6. Juni 2005, 18. Juli 2005 und 12. September 2005 durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

 

  1. Soweit sich die Beschwerde gegen die Abholung am Arbeitsplatz richtet, wird diese abgewiesen und die Mitnahme des A K zu einer anschließenden Befragung als nicht rechtswidrig festgestellt.
  2.  

  3. Soweit sich sie Beschwerde gegen Misshandlungen während des Verhörs richtet, wird diese abgewiesen.
  4.  

  5. Soweit sich die Beschwerde gegen die Abnahme von Gegenständen ohne Bestätigung und grundlose Verweigerung der Wiederausfolgung des Wohnungsschlüssels (betreffend die Wohnung in der Wankmüllerhofstraße 74/2/8, 4020 Linz), des UNMIK-Ausweises und der SIM-Karte (B-Free Karte) für ein Handy richtet, wird dieser insofern Folge gegeben, als die Abnahme des Wohnungsschlüssels und die grundlose Weigerung der Wiederausfolgung desselben als rechtswidrig festgestellt wird; im Übrigen wird sie hingegen abgewiesen.
  6.  

  7. Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Sicherheitsdirektor für das Bundesland Oberösterreich) zu Spruchpunkt I. und II. 1042,70 Euro (einmal Vorlageaufwand, Schriftsatzaufwand und Verhandlungsaufwand für zwei Beschwerdepunkte) zu ersetzen.
  8.  

  9. Zu Spruchpunkt III hat weder der Bund (Verfahrenspartei: Sicherheitsdirektor für das Bundesland Oberösterreich) noch der Beschwerdeführer einen Aufwandersatz zu leisten, da jede der Parteien in diesem Spruchpunkt teilweise obsiegt hat.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: Art. 129a Abs.1 Z.2 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) iVm § 67a Abs.1 Z.2 und 67c AVG 1991; § 79a AVG iVm UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 334/2003.

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Schriftsatz vom 22. März 2004, eingelangt beim Oö. Verwaltungssenat am 24. März 2004, hat der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) eine Maßnahmenbeschwerde wegen Amtshandlungen verbunden mit der Anwendung von Gewalt, dem Einschreiten der Beamten ohne Rechtsgrundlage und der Abnahme von Gegenständen ohne Rechtsgrundlage und auch der rechtswidrigen Weigerung der Wiederausfolgung erhoben.

Im Wesentlichen wurde ausgeführt, der Bf sei von zwei Beamten in Zivil an seinem Arbeitsplatz abgeholt und zunächst zur ehelichen Wohnung in der Wankmüllerhofstraße gebracht worden. In der Folge sei er von den beiden Beamten zur BPD Linz in das Amtsgebäude Nietzschestraße 33, 4020 Linz, gebracht und dort zu einer vermuteten Scheinehe befragt worden. Als er diese Vorwürfe bestritten habe, sei einer der Beamten gegen ihn tätlich vorgegangen, wodurch er Verletzungen erlitten habe, die noch am selben Tag im UKH Linz behandelt und ärztlich bestätigt worden seien. Während der Einvernahme seien ihm unter anderem folgende Gegenstände ohne Ausfolgung einer Bestätigung abgenommen worden:

Eine Bankomatkarte der Raiffeisenbank Linz samt Bankomatcode, ein Wohnungsschlüssel betreffend die Wohnung W..straße Linz, ein UNMIK-Ausweis und eine SIM-Karte (B-Free Karte) für sein Handy.

Diese Gegenstände seien ihm nicht wieder ausgefolgt worden.

Die Vorgangsweise der Organe sei in mehrfacher Hinsicht rechtswidrig:

Staatliche Organe seien nicht berechtigt, bei Durchführung einer Vernehmung Menschen zu verletzen. Für die Abholung an seinem Arbeitsplatz und die Mitnahme zur Vernehmung fehle jede Rechtsgrundlage, da der Bf sich nicht straffällig gemacht habe und gegen ihn auch kein gerichtliches Strafverfahren anhängig gewesen sei. Ebenso fehle für die Abnahme der angeführten Gegenstände jede Rechtsgrundlage und auch die Verweigerung der Wiederausfolgung dieser Gegenstände sei ebenso gesetzwidrig wie die Nichtausstellung einer Bestätigung über die abgenommenen Gegenstände. Die Abnahme und Einbehaltung der Gegenstände habe nichts mit dem angeblichen Zweck zu tun gehabt.

Abschließend stellte der Bf den Antrag, der Unabhängige Verwaltungssenat möge die Rechtswidrigkeit der am 9. Februar 2004 durchgeführten Amtshandlung (Abholung des Bf am Arbeitsplatz, Mitnahme zur BPD Linz, Vernehmung unter Gewaltanwendung, Abnahme von Gegenständen ohne Bestätigung sowie grundlose Verweigerung der Wiederausfolgung dieser Gegenstände) feststellen.

Überdies wurde Kostenersatz im gesetzlichen Ausmaß binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution begehrt.

Der Beschwerdegegenstand wurde mit Schreiben der rechtsfreundlichen Vertretung des Bf vom 10. Mai 2005 dahingehend eingeschränkt, dass lediglich die Beschwerdepunkte

  1. Abholung des Beschwerdeführers vom Arbeitsplatz
  2. Misshandlungen während des Verhörs und
  3. Abnahme von Gegenständen ohne Bestätigung und grundlose Verweigerung der Wiederausfolgung des Wohnungsschlüssels (betreffend die Wohnung in der Wankmüllerhofstraße 74/2/8, 4020 Linz, des UNMIK-Ausweises und der SIM-Karte (B-Free-Karte) aufrecht erhalten werden.

In der mündlichen Verhandlung am 6. Juni 2005 wurde der Beschwerdegegenstand hinsichtlich der Misshandlungen dahingehend konkretisiert, dass als solche das Zuschlagen der Autotür auf der Fahrt zur Vernehmung (gemeint: und dadurch Beeinträchtigung des Bf), das Umfassen des Bf im Schwitzkasten, das Werfen des Bf auf den Boden und das Würgen des Bf angeführt wurden.

Zum Schluss der forstgesetzten mündlichen Verhandlung am 12. September 2005 wurde vom Rechtsvertreter des Bf ein Kostenverzeichnis gelegt, wonach für die Maßnahmenbeschwerde vom 22. März 2004 gemäß TP 3A 660,80 Euro und für den Verhandlungsaufwand vor dem UVS für die Verhandlungen am 6. Juni 2005, am 18. Juli 2005 und am 12. September 2005 jeweils 826 Euro zuzüglich 20 % USt, insgesamt also 4.242,34 Euro, beantragt wurden.

1.2. Mit Schreiben vom 15. April 2004 wurde der Bundespolizeidirektion Linz eine Kopie der Maßnahmenbeschwerde mit dem Ersuchen übermittelt, allenfalls vorhandene bezughabende Verwaltungsakte vorzulegen. Weiters wurde dem Polizeidirektor der BPD Linz die Möglichkeit eingeräumt, eine Gegenschrift zu erstatten. Das gleiche Schreiben wurde an die Sicherheitsdirektion für Oberösterreich gerichtet, da in der Maßnahmenbeschwerde nicht angegeben werden konnte, ob die einschreitenden Beamten der BPD Linz oder der Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich zuzurechnen sind.

1.3. In der Gegenschrift des Sicherheitsdirektors von Oberösterreich vom 27. Mai 2004 teilt die belangte Behörde mit, dass die Exekutivbeamten RI H S, GP Eferding, und RI O, GP Sierning, zur Zeit der gegenständlichen Amtshandlung der Kriminalabteilung beim Landesgendarmeriekommando für Oberösterreich im SOKO "Scheinehen", Ermittlungsbereich 11 (Menschenhandel /Schlepperei), dienstzugeteilt gewesen seien. Dieses SOKO habe Erhebungen wegen des Verdachts der Vermittlung von Scheinehen, der Schlepperei und des Menschenhandels durchgeführt und es habe konkrete Hinweise gegeben, dass M M eine Scheinehe mit dem Bf eingegangen sei.

Da der Bf nicht an der gemeinsamen Meldeadresse (mit Frau M) erreichbar gewesen sei, hätten die beiden ermittelnden Beamten diesen am 9. Februar 2003 (gemeint wohl: 2004) gegen 9.00 Uhr an seinem Arbeitsplatz aufgesucht und nach einer kurzen Befragung zur angeblichen Scheinehe im Büro des Betriebes habe sich der Bf auf freiwilliger Basis im Beisein der Ermittlungsbeamten zu der sich in der Wankmüllerhofstraße 74/2/8, 4020 Linz, befindlichen Wohnung, die er nach eigenen Angaben gemeinsam mit seiner Gattin bewohnt hätte, begeben. Von der Überprüfung der Wohnung sei Abstand genommen worden, da der Bf keinen Schlüssel für die Haustür des Mehrparteienhauses gehabt habe und die Gattin nicht zuhause gewesen sei, um die Haustüre zu öffnen.

Daraufhin seien die Beamten mit dem Beschwerdeführer als Auskunftsperson zur Bundespolizeidirektion Linz in der Nietzschestraße 33 zur niederschriftlichen Einvernahme gefahren. Zur selben Zeit sei im Nachbarbüro eine Einvernahme durchgeführt worden.

Herr K sei aufgefordert worden, den Inhalt seiner Taschen auf den Schreibtisch zu entleeren. Dieser Aufforderung sei er nachgekommen und RI S habe in der Geldbörse nach einem Ausweis gesucht.

Während der Amtshandlung sei es zu keinerlei Zwischenfällen gekommen.

Hinsichtlich der behaupteten Einbehaltung der Bankomatkarte mit Code und der Abhebung vom Konto wurde auf Dienstberichte verwiesen.

Eine Anzeige wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs gegen die oben bezeichneten Beamten sei nach eingehender Prüfung durch die Staatsanwaltschaft Linz gemäß § 90 Abs.1 StPO zurückgelegt bzw. eingestellt worden.

Der Bf sei wegen des Verdachts der Verleumdung zur Anzeige gebracht worden.

Wie sich aus dem Sachverhalt ergebe, sei keine rechtswidrige Abholung vom Arbeitsplatz des Bf und Mitnahme zur Vernehmung erfolgt, da der Beschwerdeführer dieser Aufforderung freiwillig nachgekommen sei und in einer niederschriftlichen Einvernahme auch angegeben habe, dies sei für ihn selbstverständlich. Auch die Vorwürfe der Misshandlungen seien haltlos; so habe der Bf angegeben, in den Schwitzkasten genommen und auf den Hinterkopf geschlagen worden zu sein, nach seiner Rückkehr zur Arbeitsstätte hätten aber Frau R K und deren Sekretärin, S S, welche im Stiegenhaus des Büros gewesen seien, keinerlei Verletzungen wahrgenommen.

Der Betriebsleiter, J H, und der Arbeitskollege A K hätten bestätigt, dass der Bf offenbar ganz frische Würgemale und Rötungen am Hals gehabt habe. Auch der Rechtsanwalt des Bf, Mag. Dr. B, habe angegeben, er habe am 9. Februar 2004 gegen 18.00 Uhr Würgemale und rote Druckstellen am Hals seines Mandanten gesehen habe. Verletzungen links und rechts des Kehlkopfes seien auch von M M, der Gattin des Bf, wahrgenommen worden.

Die Personen, die sich zur Zeit der angeblichen Misshandlung ebenfalls aufgrund einer Einvernahme im Nachbarbüro befunden hätten, hätten angegeben, nichts Verdächtiges aus dem Nachbarbüro wahrgenommen zu haben.

Nach Rückkehr an seine Arbeitsstätte habe sich der Beschwerdeführer alleine im Umkleideraum und auf einem etwa vier Minuten langen Weg zum Arbeitsplatz befunden. Erst am Arbeitsplatz seien die Verletzungen von den Arbeitskollegen wahrgenommen worden.

Aufgrund der Divergenzen zwischen der anlässlich seiner Einvernahme am 1. März 2004 demonstrierten Misshandlung (Schwitzkasten) und der von den Zeugen festgestellten Verletzungen (Würgemale, Fingerabdrücke) sowie auch der Tatsache, dass laut Zeugen beim Bf unmittelbar, nachdem er zur Arbeitsstätte zurückgebracht worden wäre, keine sichtbaren Verletzungen wahrgenommen worden seien, jedoch am Arbeitplatz frische Würgemale feststellbar gewesen seien, erscheine der Misshandlungsvorwurf unglaubwürdig.

Als Kosten wurde ein Vorlageaufwand von 51,50 Euro und ein Schriftsatzaufwand von 220,30 Euro beantragt; anlässlich der mündlichen Verhandlung wurde der Antrag auf Kostenersatz für den Verhandlungsaufwand erweitert.

2. Aufgrund des anhängigen Gerichtsverfahrens wurde mit Beschluss vom 5. Juli 2004 das gegenständliche Beschwerdeverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer vor dem Bezirksgericht Linz zur Zl. 18U251/04s ausgesetzt. Mit Schreiben des Bezirksgerichts Linz vom 15. März 2005 erfolgte eine Benachrichtigung von der Beendigung des Strafverfahrens und der Gerichtsakt langte am 26. April 2005 beim Unabhängigen Verwaltungssenat ein.

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich, der vom Bundesministerium für Inneres mit Schreiben vom 7. Mai 2004, Zl. 85.700/158-BIA/04, an diese übermittelt wurde, durch Einsichtnahme in den Akt des Bezirksgerichtes Linz, 18U251/04S, in das Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenats vom 3. Dezember 2004, Zl. 420385/37/SR/Ri, in dem ein Parallelverfahren abgehandelt worden war, und in den Akt des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich - Kriminalabteilung, Zl. GZ - P 52/214/03, der mit Schreiben vom 16. Juni 2005 dem Oö. Verwaltungssenat vorgelegt wurde, sowie durch Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 6. Juni 2005, die am 18. Juli 2005 und am 12. September 2005 fortgesetzt wurde. Zu dieser Verhandlung sind der Beschwerdeführer in Begleitung seiner rechtsfreundlichen Vertretung, Dr. B bzw. Mag. S, der Vertreter der belangten Behörde, Mag. Dr. XX, die gerichtlich beeidete Dolmetscherin für albanische Sprache, XX, und der gerichtsmedizinische Sachverständige, XX, erschienen. Als Zeugen wurden A K, R K, Siliva S, GI XX, RI O S, RI XX, RI H S, J H, M M, Regina M und RA Dr. B vernommen.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Aufgrund der aktenkundigen Beweislage und der durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung geht das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates von folgendem erwiesenen Sachverhalt aus:

4.1.1. Am 9. Februar 2004 gegen 9.00 Uhr wurde A K von den Gendarmeriebeamten RI S und RI S an seiner Arbeitsstätte aufgefordert, mit den Beamten mitzugehen und ihnen zu zeigen, wo er wohne. Der Bf kam dieser Aufforderung freiwillig nach. Die Beamten sind mit dem Bf zur Wohnung in der Wankmüllerhofstraße 74/2/8, 4020 Linz, gefahren, sind dort ausgestiegen, haben aber die Wohnung nicht besichtigt. Der Bf wurde von den Kripobeamten aufgefordert, zur Einvernahme in die Nietzschestraße 33, 4020 Linz, mitzufahren. Auch dieser Aufforderung ist der Bf freiwillig nachgekommen.

Es kann nicht festgestellt werden, dass einer der Beamten beim Einsteigen des A K in das Polizeiauto diesem die Türe gegen den linken Oberschenkel geschlagen hat, sodass dieser starke Schmerzen erlitten hat, und die Stelle, an der die Tür ihn am Oberschenkel getroffen hat, eine Schwellung und blaue Flecken aufgewiesen hat.

Während der Vernehmung war die Türe des Vernehmungszimmers die ganze Zeit über geöffnet, zuerst zur Gänze, dann lediglich nur mehr einen Spalt breit. Die Art und Intensität allfällig stattgefundener Misshandlungen während der Vernehmung kann nicht festgestellt werden.

Ebenso kann nicht festgestellt werden, dass die beiden Kripobeamten oder einer der Beamten den Bf bei der Abholung vom Arbeitsplatz, vor dessen Wohnung oder während der Vernehmung angeschrieen hätten.

Nachdem sich A K im Vernehmungszimmer niedergesetzt hatte, wurde er aufgefordert, alles was er in den Taschen hat, auf einen Tisch zu legen. Dieser Aufforderung ist der Bf freiwillig nachgekommen. Es kann nicht festgestellt werden, dass der UNMIK-Ausweis und die SIM-Karte (B-Free-Karte) für ein Handy nicht wieder ausgefolgt wurden.

Der Wohnungsschlüssel des Bf für die Wohnung in der Wankmüllerhofstraße wurde dem Bf von seiner Gattin aufgrund des Eingehens einer Scheinehe zum Zwecke des Vorweisens bei fremdenpolizeilichen Kontrollen übergeben. Während der Amtshandlung wurde dieser von den einschreitenden Organen abgenommen und dem Bf nicht wieder ausgefolgt.

Um ca. 11.00 Uhr wurde der Bf von RI S wieder an seinen Arbeitsplatz zurückgebracht.

4.1.2. Der festgestellte Sachverhalt wurde aus der Schilderung des Bw, dem Akteninhalt, den Zeugenaussagen sowie Befund und Gutachten des gerichtsmedizinischen Sachverständigen abgeleitet, wobei die Zeugenaussagen teilweise widersprüchlich waren und dem sich selbst widersprechenden Vorbringen des Bw teilweise entgegengestanden sind.

4.1.3. Die Schilderung der Abholung vom Arbeitsplatz des Bw, wonach dieser angab, er sei der Aufforderung der Beamten freiwillig nachgekommen, für ihn sei das selbstverständlich gewesen (Seite 4 der Verhandlungsschrift vom 6. Juni 2005), ist glaubwürdig und steht auch nicht in Widerspruch zu der Zeugenaussage der R K (Seite 3 und 4 der Verhandlungsschrift vom 18. Juli 2005), welche davon sprach, nicht den Eindruck gehabt zu haben, dass Herr K unfreiwillig oder unter Zwang mit den Beamten mitgegangen sei. Die Zeugin gab auch an, dass die Aussage des Bf, wonach im Büro der Chefin mit ihm geschrieen worden sei, nicht stimme, denn die Tür zum Nebenbüro, wo sie sich befunden habe, sei offen gewesen und dies wäre mit Sicherheit von ihr gehört worden.

Auch die Zeugin S gab dazu an, sie habe nicht gehört, dass geschrieen worden sei, als die Beamten im Büro mit dem Bf gesprochen hätten; für sie habe es keine Hinweise gegeben, das Herr K nicht freiwillig mit den Beamten mitgegangen sei (Seite 8 der Verhandlungsschrift vom 6. Juni 2005).

Der Zeuge RI O S, der bei dieser Amtshandlung als einschreitender Beamter tätig war, hat in Übereinstimmung mit den vorgenannten Zeugenaussagen dargelegt, dass bei der Abholung nicht mit dem Bf geschimpft oder geschrieen worden sei, es seien ja in der Firma noch andere Leute anwesend gewesen, und er wisse nicht, ob die Tür ins danebenliegende Büro offen gewesen sei; die Beamten hätten auch gar keinen Grund zum Schimpfen gehabt (Seite 10 der Verhandlungsschrift vom 6. Juni 2005). Sein Kollege RI S hat bei seiner Aussage zu diesem Punkt einen unglaubwürdigen Eindruck hinterlassen, indem er angab, sich an die Abholung vom Arbeitsplatz des Herrn K nicht mehr erinnern zu können.

Die Aussagen der Zeugen zur Abholung des Bf vom Arbeitsplatz ergeben übereinstimmend mit der Aussage des Bf selbst, dass keinerlei Zwangsmittel von den einschreitenden Beamten angewandt wurden und der Bf dieser Aufforderung widerspruchslos nachgekommen ist.

4.1.4. Hinsichtlich der Angabe der Misshandlungen durch das Zuschlagen der Autotür auf der Fahrt zur Vernehmung steht die Schilderung des Bf und dessen Demonstration in der Verhandlung vom 6. Juni 2005 (Seite 4 und 5 der Verhandlungsschrift) in Widerspruch zu seiner sich aus dem Gerichtsakt ergebenden Krankengeschichte und den im UKH aufgenommenen Diagnosen (Gutachten des Gerichtsmediziners, Seite 6 der Verhandlungsschrift vom 6. Juni 2005). Dadurch, dass sich die Angaben des Bf über die Zufügung der Verletzung durch Zuschlagen der Autotür in der Wankmüllerhofstraße selbst widersprechen und sich in der Krankengeschichte für eine Verletzung am linken Oberschenkel, außen, oberhalb des Kniegelenks, kein Hinweis findet, kann eine Misshandlung nicht objektiviert werden. Diesbezüglich ist der Zeugenaussagen von RI S, wonach es zu keinen Vorkommnissen gekommen sei (Seite 11 der Verhandlungsschrift vom 6. Juli 2005) in diesem Zusammenhang zu folgen.

4.1.5. Der Bf gab hinsichtlich seiner angeblichen Misshandlungen weiters an, er sei von RI S mit der rechten Hand am Hals umfasst und zu Boden gedrückt worden, er sei sich ziemlich sicher, dass dieser ihn mit dem rechten Arm umfasst hätte. Er sei im Stehen mit dem Arm gewürgt und dann zu Boden geworfen worden. Der Beamte sei gekniet, er wisse aber nicht mehr ob neben oder über ihm. Der Arm des Beamten habe seinen Hals so umfasst, dass der Ellbogen an der Halsvorderseite gewesen sei. Er sei auch mit der Hand gewürgt worden. Dazu könne er aber keine genauen Angaben mehr machen. Er sei auch der Meinung, dass er 15 bis 20 Minuten bewusstlos gewesen sei. Dadurch, dass er am Boden gelegen sei, sei er schwindelig geworden; er habe das Gefühl, dass er sein Bewusstsein verloren gehabt habe.

Nachdem ihm vorgehalten worden war, dass er bei seinen Vernehmungen am

1. März 2004 in St. Georgen an der Gusen und am 24. Februar 2004 in Linz angegeben habe, geschlagen worden zu sein, stellte er in der Verhandlung vom 6. Juni 2005 (Seite 5 der Verhandlungsschrift) klar, dass diese Misshandlungen, nämlich das Nehmen in den Schwitzkasten und das zu Boden Werfen, für ihn "Schläge" gewesen seien. Anlässlich der Verhandlung konnte sich der Beschwerdeführer nicht mehr daran erinnern, dass er im UKH auch Schmerzen in der rechten Beckenregion angeführt hatte. Über Befragen des medizinischen Sachverständigen hinsichtlich der von ihm angegeben Blutergüsse im Hals- und Kinnbereich (Niederschrift des BM.I vom 1. März 2004, Seite 3) gab der Bf an, dass Verletzungen nur im Halsbereich gemeint sein konnten.

Überdies führte der Bf aus, er sei, als er zu Boden geworfen worden sei, mit der rechten Seite des Kopfes auf dem Boden aufgeschlagen. Am Boden sei er "nur" festgehalten und gewürgt worden (Seite 6 der Verhandlungsschrift vom 6. Juni 2005).

Der Sachverständige für Gerichtsmedizin legte dar, dass bei der Untersuchung im UKH Linz am 9. Februar 2004 um 19.50 Uhr nur eine ein mal ein Zentimeter messende Schürfung in der Nähe des linken Mundwinkels und eine Schürfung an der linken Halsseite, wobei die letztgenannte Verletzung im detaillierten Befund als kreisrunde dem Hemdknopf entsprechende Druckstelle beschrieben wurde, festgestellt worden sei. Es sei offensichtlich der Eindruck des Untersuchers gewesen, die Veränderung an der linken Halsseite mit einem Hemdknopf in Verbindung zu bringen. Alle übrigen Diagnosen, welche in der Krankengeschichte aufscheinen, würden eines objektiven Befundes entbehren.

Die Druckstelle sei im Befund zwar als "Druckstelle" beschrieben, scheine aber in der Auflistung der Diagnosen als Abschürfung auf. Wie sich die Verletzung tatsächlich präsentiert habe, könne nicht mit Sicherheit gesagt werden. Unter der theoretischen Annahme, dass ein Druck wie vom Bf dargestellt erfolgt sei, könnte ein Hemdknopf den beschriebenen Befund erklären, dies allerdings unter der Voraussetzung, dass die Knopfleiste umgeschlagen gewesen sei, also der Knopf direkt an der Haut aufgelegen sei und eine beträchtliche Druckwirkung zur Entfaltung gekommen sei. Es fehle im konkreten Fall eine exakte Beschreibung der Größe und auch der LokAsation der Veränderung an der linken Halsseite. Eine massive Gewalteinwirkung gegen den Hals oder den Schädel mit daraus resultierender Bewusstlosigkeit lasse sich mit keinem der Befunde ergründen, auch nicht unter Beachtung der heutigen Aussage von Herrn K, wonach er mit dem Kopf am Boden aufgeschlagen sei. Eine diesbezügliche Verletzung am Kopf sei nicht beschrieben und die Abschürfung am linken Mundwinkel müsse anderer Ursache sein.

Zu den sonstigen Diskrepanzen bezüglich der angeblich von Zeugen beobachteten Verletzungen und objektiver Verletzungsbefunde hielt der Sachverständige für Gerichtsmedizin fest, dass klassische Zeichen eines Würgens mit Hämatomen im Halsbereich befundmäßig nicht festzustellen gewesen seien. Wenn es Rötungen am Hals gegeben habe, so sei darin keine Verletzung zu sehen; unter einer Rötung verstehe man eine vermehrte Blutfülle der feinen Blutgefässe der Haut, dies könne durch mechanische Reizung erklärt werden wie z.B. durch Reiben oder, was allgemein bekannt sein dürfte; ein Schlag, eine Ohrfeige, pflege eine flüchtige Rötung an der betroffenen Stelle herbeizuführen.

Es stehe fest, das im UKH Linz nur die bereits beschriebenen Veränderungen an der linken Halsseite festgestellt worden seien. Wenn z.B. ein Zeuge (Adem K) am 16. März 2004 rechts und links des Kehlkopfes Fingerabdrücke beschreibe, welche zuerst rot gewesen seien und sich dann dunkel verfärbt hätten (in der Mehrzahl), könnte man dahinter Hämatome vermuten, also Blutergüsse, wie sie jedoch letztlich im Unfallkrankenhaus Linz nicht festgestellt worden seien, obgleich, wenn sie vorhanden gewesen wären, diese festgestellt hätten werden können oder müssen.

Zur Dauer der Bewusstlosigkeit führte der gerichtsmedizinische Sachverständige an, dass, sollte eine solche tatsächlich vorgelegen sein, er es für unmöglich halte, dass der Betroffene retrospektiv die Dauer abzuschätzen vermag, es sei denn, es gebe bestimmte Ereignisse vor und nach dem traumatischen Ereignis, welche zeitlich punktuell feststehen und aus dieser Sicht retrospektiv eine Einschätzung erlauben würden.

Zu einer etwaigen Selbstbeifügung der Druckstelle am linken Halsbereich bestehe grundsätzlich die Möglichkeit, ob es jedoch so gewesen sei, dass Herr K durch Reiben oder Druck die gesichteten oder beschriebenen Veränderungen verursacht habe, könne aus medizinischer Sicht nicht entschieden werden. Eine flüchtige Rötung als Folge einer mechanischen Irritation (keine Verletzung) klinge erfahrungsgemäß innerhalb von Minuten bis maximal vielleicht einer Stunde wieder ab.

Diese sachverständige Beurteilung legt dar, dass Schilderungen der Misshandlungen durch den Bf ebenso wie die Aussagen von Zeugen zu den Würgemalen des Bf medizinisch nicht nachvollziehbar sind und eine etwaige Selbstzufügung der (diagnostizierten) Abschürfung am linken Halsbereich nicht ausgeschlossen werden kann. Die ebenfalls diagnostizierte Abschürfung am linken Mundwinkel kann mit der Schilderung der Misshandlungen durch den Bf nicht begründet werden. Der Bf selbst gab an, dass er "nur" Verletzungen im Halsbereich gemeint habe (siehe Seite 8 dieses Erkenntnisses).

Anlässlich der Rückkunft des Bf an den Arbeitsplatz wurden (mögliche) Verletzungen weder durch die Zeugin S S noch durch seine Chefin, Frau K, wahrgenommen. Dies vermag weder die Angaben des Bf zu bestätigen noch jene des Zeugen S, der angab, es habe bei der Vernehmung selbst keine Misshandlungen gegeben (Seite 11 der Verhandlungsschrift vom 6. Juni 2005). Die Zeugin S S ist nämlich kurzsichtig; sie hat den Bf nur im Vorbeigehen wahrgenommen und auch nicht auf allfällige Verletzungen geachtet. Die Zeugin K gab an, sie habe den Bf bei seiner Rückkehr an den Arbeitsplatz gar nicht gesehen. Auch als sie Herrn K zu Mittag begegnet sei, als er bereits wieder an seinem Arbeitsplatz tätig war, habe sie keine Veränderungen gesehen. Sie habe auch nicht auf Verletzungen geachtet und nur einen Blickkontakt zum Bf gehabt.

Ein verändertes Verhalten wäre keiner der beiden Zeuginnen aufgefallen, da sie keinen so intensiven Kontakt zum Bf an seinem Arbeitsplatz haben.

Die diesbezügliche Aussage des Zeugen RI S "ob ich mich daran erinnern kann, falls es zu Misshandlungen gekommen wäre, weiß ich nicht, das war nie der Fall, daher kann ich nicht davon ausgehen," bringt klar zum Ausdruck, dass der Zeuge es bei seiner Vernehmung konsequent vermieden hat, Angaben zu den gestellten Fragen zu der Amtshandlung am 9. Februar 2004 zu machen und sich immer wieder auf seine fehlende Erinnerung zu den Vorkommnissen berufen hat (Seite 13 der Verhandlungsschrift vom 6. Juni 2005).

Glaubwürdig hingegen ist die Aussage des Zeugen S, dass er üblicherweise mit einem Leiberl und einem Pullover, auch im Dienst, bekleidet war. Zur Zeit, als er in der Sonderkommission eingesetzt war, hat er immer in Zivil gearbeitet und keine Uniform getragen. Seine Uhr trägt er generell auf der rechten Hand.

Diese Besonderheit des Tragens der Uhr am rechten Handgelenk könnte die Schilderung des Bf, wonach er mit der rechten Hand gewürgt worden sei, stützen. So könnte es durch den Druck mit der Uhr gegen die linke Halsseite zu der vom gerichtsmedizinischen Sachverständen beschriebenen Abschürfung gekommen sein.

Allerdings hat der Bf in seiner Aussage vor dem BM.I am 2. März 2004 angegeben und dies auch demonstriert, mit der linken Hand in den Schwitzkasten genommen und mit der rechten flachen Hand auf seinen Hinterkopf geschlagen worden zu sein. Über Vorhalt dieser Diskrepanz gab der Bf an, es sei möglich, dass er sich am 2. März 2004, obwohl die Aussage zu einem Zeitpunkt gemacht wurde, der bezogen auf die Tat am 9. Februar 2004 nicht so lange zurückliegt wie jener der Verhandlung, geirrt hat. Erklärend gab er dazu an, "sobald ich mit Polizisten etwas zu tun habe, kann ich Irrtümer nicht ausschließen, da ich mich vor ihnen fürchte".

Der zeugenschaftlich vernommene Rechtsvertreter des Bf, der anlässlich der Demonstration, die im Aktenvermerk des BM.I vom 2. März 2004 geschildert ist, anwesend war, konnte sich nur mehr darin erinnern, dass er bei dieser Demonstration anwesend gewesen war, er konnte aber nicht mehr angeben, mit welcher Hand der Bf den Schwitzkasten demonstriert hatte.

Die Angaben des Bf widersprechen sich in diesem entscheidungswesentlichen Punkt auch hinsichtlich der Schläge mit der rechten Hand auf den Hinterkopf, gab doch der Bf in der mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat an, gar nicht geschlagen worden zu sein.

Der Rechtsanwalt, der am 9. Februar 2004 von seinem Klienten kontaktiert wurde, zitierte anlässlich seiner Vernehmung handschriftliche Notizen, die er aufgrund des Erscheinens seines Klienten in seiner Kanzlei am 9. Februar 2004 angefertigt hatte. Danach hatte er auf einem Zettel notiert, der Bf sei von einem Beamten zu Boden geworfen worden, der Beamte habe sich auf ihn draufgesetzt und zumindest sechsmal auf seinen Hinterkopf geschlagen. Sein Klient habe auch angegeben, er hätte starke Kopfschmerzen. Über den genauen Ablauf des zu Boden Werfens und des Draufsetzens konnte der Anwalt aber keine Angaben machen. Ihm sei es nur darum gegangen, dass der Bf möglichst rasch ärztlich versorgt werde (Seite 4 der Verhandlungsschrift vom 12. September 2005). Auch diese Aufzeichnung des Rechtsanwalts (die aufgrund der Schilderung des Bf angefertigt wurde) steht in Wiederspruch zur Aussage des Bf in der mündlichen Verhandlung vom 6. Juni 2005 (Verhandlungsschrift Seite 5), dass für ihn "Schläge" das Nehmen in den Schwitzkasten und das zu Boden Werfen waren. Überdies gab er an, der Beamte sei, nachdem er ihn zu Boden geworfen habe, gekniet, er wisse aber nicht mehr, ob neben oder über ihm.

Der Zeuge A K, ein Arbeitskollege des Bf, der diesen unmittelbar nach seiner Rückkehr gesehen hat, gab an, dass der Bf am Hals "komplett rot" gewesen sei und auf der Wange, ob auf der rechten oder linken, wisse er nicht mehr, einen blauen Fleck gehabt habe (Seite 9 der Verhandlungsschrift vom 6. Juni 2005). Die Rötung sei eine flächige gewesen und punktuelle Abdrücke seien nicht sichtbar gewesen. Nachdem ihm seine Aussage vom 2. März 2004 vor dem BM.I in St. Valentin (Seite 2) vorgehalten worden war, wonach Würgemale und rote Druckstellen am Hals sichtbar gewesen seien, konnte er sich daran nicht mehr erinnern.

Ob die Rötung nach einer halben Stunde oder Stunde noch vorhanden war, konnte der Zeuge nicht mehr angeben (Verhandlungsschrift vom 6. Juni 2005, Seite 9).

Die diesbezügliche Aussage des Zeugen K vermag aufgrund ihrer Widersprüchlichkeit zu früheren Aussagen und des fehlenden Erinnerungsvermögens des Zeugen nach Vorhalt dieser keinen Beitrag zur Wahrheitsfindung zu leisten.

Verletzungen wurden auch von der Zeugin M M wahrgenommen, die, als sie sich bei einem Krankenhausbesuch befand, vom Beschwerdeführer kontaktiert wurde. In der Verhandlung am 12. September 2005 konkretisierte sie ihre Aussage, die auf Seite 2 im AV des BM.I vom 4. März 2003 festgehalten wurde, und ihre Aussage am 9. März 2004 in St. Valentin vor dem BM.I dahingehend, dass sie unter "Fingerabdrücken" längliche Streifen verstehe, wie sie der am Hals aufgelegten Hand (den aufgelegten Fingern) entsprächen, das heiße, sie habe keine punktuellen Rötungen, sondern eher Streifen als Verletzungen am Hals des Beschwerdeführers wahrgenommen. Die Zeugin konnte sich nicht mehr daran erinnern, dass der Bf über Kopfschmerzen, sondern nur mehr daran, dass er über Schmerzen im Fuß, auf der linken Seite, geklagt habe.

Die Zeugin vermittelte in der mündlichen Verhandlung einen glaubwürdigen Eindruck. Ihre Scheinehe zum Bf wurde gelöst und sie steht zu diesem offenbar in keiner Nahebeziehung mehr.

Der Zeuge H hatte in der mündlichen Verhandlung am 12. September 2005 (Seite 6 der Verhandlungsschrift) angegeben, er habe Rötungen im Halsbereich gesehen, diesem aber keine Bedeutung geschenkt. Für ihn habe es den Anschein gehabt, dass der Bf nicht wirklich verletzt gewesen sei. Die Rötung am Hals habe er von einer Entfernung von ca. einem Meter wahrgenommen. Er konnte sich aber nicht mehr daran erinnern, ob die Rötung eine bloße Hautirritation wie vom Rasieren, oder eine größere Verletzung gewesen sei.

Aus den Aussagen dieser beiden Zeugen, die die Verletzungen des Bf nach seiner Rückkehr an den Arbeitsplatz und bevor er sich zu seinem Rechtsanwalt begeben hat, wahrgenommen hatten, geht nicht hervor, dass diese eine Abschürfung auf der linken Halsseite wahrgenommen hätten, es wurden "lediglich" flächige Rötungen in Streifenform beschrieben.

Von den Zeugen, die mit dem Bf wenige Stunden nach seinen angeblichen Misshandlungen in Kontakt gestanden sind, wurde übereinstimmend angegeben, dass dieser eingeschüchtert und in einem schlechten psychischem Zustand gewesen sei (A K - Seite 9 der Verhandlungsschrift vom 6. Juni 2005, M M - Seite 9 der Verhandlungsschrift vom 12. September 2005: "Er war ganz fertig rundum mit der Welt", Dr. B - Seite 5 der Verhandlungsschrift vom 12. September 2005: "Der Bf war an diesem Tag vollkommen fertig und hat mir auch erzählt, dass er in der Früh mit dem Flugzeug aus dem Kosovo gekommen, ohne geschlafen zu haben in die Arbeit gegangen sei und danach von den Beamten wie geschildert behandelt worden sei.")

Auch in der mündlichen Verhandlung wirkte der Bf bei seinen Aussagen sehr nervös und (über Vorhalt seiner teilweise widersprechenden Aussagen) völlig zerfahren.

In diesem Zusammenhang ist die Aussage seines früheren Vorgesetzten, J H, beachtlich, der angab, dass der Bf nach seiner Rückkehr an den Arbeitsplatz sehr aufgeregt gewesen sei, aber nicht besonders leidend gewirkt habe. Die ganze Angelegenheit sei in der Firma gleich aufgewiegelt worden und es seien einige Kollegen zusammengelaufen.

Dem Bf wird vom erkennenden Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenats zwar zugestanden, dass er bei seinen Aussagen immer wieder versucht hat, die Wahrheit anzugeben, diese seine subjektive Wahrheit wurde aber in verschiedenen Vernehmungen immer wieder von ihm abweichend dargestellt. Hinsichtlich der Zufügung der Misshandlungen und Verletzungen wurden vom Bf mehrere Varianten geschildert (siehe oben). Beachtlich ist, dass der Bf (Seite 5 der Verhandlungsschrift vom 6. Juni 2005) selbst angegeben hat, die Tür sei bei seiner Vernehmung (und damit auch bei den angeblichen Misshandlungen) immer offen gestanden, zuerst ganz und dann nur mehr einen Spalt weit. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass im Nebenzimmer des Raumes, in dem der Bf befragt und angeblich misshandelt wurde, zur gleichen Zeit eine Vernehmung stattgefunden hat und der dort vernehmende Beamte angab, er hätte es vermutlich gemerkt, wenn es im Nebenzimmer Vorfälle gegeben hätte, er könne sich aber nicht mehr daran erinnern (DI Laher, Seite 10 der Verhandlungsschrift vom 6. Juni 205). Es ist dem Bf zwar zuzugestehen, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass es tatsächlich zu Übergriffen (welcher Art auch immer) seitens eines amtshandelnden Kripobeamten gekommen ist, die Art und Intensität dieser Übergriffe konnte aber, vor allem wegen der sich widersprechenden Aussagen des Bf selbst, nicht festgestellt werden.

In diesem Zusammenhang ist auch beachtlich, dass der zeugenschaftlich vernommene Kripobeamte, dem die Misshandlungen zur Last gelegt wurden, konsequente Erinnerungslücken angab und auf diese Weise der Verdacht gestärkt wurde, dass er in dieser Angelegenheit nicht vollkommen korrekt gehandelt hat.

Da der Tathergang trotz Einvernahme zahlreicher Zeugen nicht erwiesen werden und damit die Art und Intensität allfälliger Übergriffe nicht geklärt werden konnte, konnte im Zweifel nicht festgestellt werden, dass am 9. Februar 2005 zwischen 9.00 und 11.00 Uhr, bei der Fahrt zur Vernehmung und bei der Vernehmung selbst, Misshandlungen stattgefunden haben.

4.1.6. Auch dafür, dass die Kripobeamten den Bf bei der Abholung am Arbeitsplatz vor dessen Wohnung oder während der Vernehmung angeschrieen hätten, ergeben sich - außer den Angaben des Bf - keine Indizien. So hat es diesbezüglich sogar gegenteilige Aussagen der Zeugin K und der Büroangestellten S anlässlich der Abholung am Arbeitsplatz gegeben. Bei dem Aufenthalt vor der Wohnung in der Wankmüllerhofstraße ist es unwahrscheinlich, dass Beamte, die sich nicht in einem abgeschlossenen Raum befinden, mit einer Person herumschreien, da dies von Passanten wahrgenommen werden hätte können. Während der Vernehmung des Bf in der Nietzschestraße ist - wie er selbst angab - die Türe des Vernehmungszimmers offengestanden. Auch in diesem Fall hätten die Beamten, wenn sie mit dem Bf geschrieben hätten, damit rechnen müssen, dass dies von ihren Kollegen wahrgenommen wird.

Damit konnte den diesbezüglichen Angaben des Bf, auch wenn ihm zugestanden wird, dass er die Konversation mit den Beamten subjektiv als ungebührlich empfunden haben mag, nicht gefolgt werden.

4.1.7. Hinsichtlich des Verbleibens des UNMIK-Ausweises und der SIM-Karte (B-free-Karte) für das Handy des Bf haben sich durch die Aussagen in der mündlichen Verhandlung keine Anhaltspunkte ergeben. Auch diesbezüglich liegen zum Teil gegensätzliche Angaben vor, die auch über Vorhalt nicht aufgeklärt werden konnten. So gab die Zeugin M M, Seite 8 der Verhandlungsschrift vom 12. September 2005, hinsichtlich des Verschwindens von Gegenständen über Vorhalt ihrer Aussage anlässlich ihrer Vernehmung durch das BM.I vom 9. März 2004 in St. Valentin an, dass bereits im Krankenhaus (als der Bf am 9. Februar 2004 sich an seine Gattin wandte um zu klären, was er in der Folge tun solle) "verlautbart" worden sei, dass dem Bf etwas weggenommen worden sei, "er muss es wiederbekommen haben, ich kann nicht mehr angeben, wer das gesagt hat."

Das Verschwinden und der Verbleib dieser Gegenstände konnte nicht geklärt werden, sodass die Abnahme und widerrechtliche Einbehaltung dieser im Zweifel nicht festgestellt werden konnte.

4.1.8. Hinsichtlich des abgenommenen Wohnungsschlüssels für die Wankmüllerhofstraße 74/2/8 wurde im Gegensatz zu dem Verbleib der anderen Gegenstände von den amtshandelnden Kripobeamten O S (Seite 2) und H S (Seite 5) bereits anlässlich ihrer Vernehmung vor dem BM. I am 1.3.2004 in St. Valentin angegeben, der Wohnungsschlüssel sei von RI S bereits bei der Nachschau vor der versperrten Wohnung vom Bund des Beschwerdeführers genommen worden, da ihn seine Frau habe zurückhaben wollen. Dazu wurde weiters angegeben, der Schlüssel sei derzeit auf der Dienststelle, Bestätigung sei keine ausgestellt worden, es bestehe aber ein Aktenvermerk darüber. In der Folge wurde vom Unabhängigen Verwaltungssenat der genannte Akt (GZ - P52/214/03) vom LGK (nunmehr LPK) beigeschafft und festgestellt, dass sich der Aktenvermerk über die Abnahme des Wohnungsschlüssels nicht im Akt befindet. Der Akteninhalt ist mit Einlageblättern durchnumeriert und die Abteilung 18 dieses Aktes ist leer.

Damit konfrontiert gab der Zeuge S an, dass er nichts sagen könne, er wisse es wirklich nicht (Seite 6 der Verhandlungsschrift vom 18. Juli 2005). Anlässlich der mündlichen Verhandlung am 12. September 2005 wurde von der Zeugin M M auf Seite 8 der Verhandlungsschrift angegeben, dass sie von den Kripobeamten wegen des Wohnungsschlüssels wiederholt angerufen worden sei. Den letzten Kontakt wegen des fehlenden Schlüssels, den sie dem Beschwerdeführer übergeben hatte, als sie die Scheinehe mit diesem eingegangen war, damit dieser ihn bei fremdenpolizeilichen Kontrollen vorweisen könne, sei vor zwei bis drei Monaten gewesen. In diesem Telefonat habe RI S sie gefragt, ob sie den Schlüssel zurückbekommen habe. Er habe ihr auch mitgeteilt, dass irgendjemand ihr den Schlüssel überbringen hätte sollen (Seite 8 der Verhandlungsschrift vom 12.9.2005). Auf Seite 9 der Verhandlungsschrift vom 12. September 2005 wurde von Frau M M ausgeführt, sie habe am 4. März 2004 in der Kanzlei des Dr. B angerufen, da sie andauernd Anrufe des H S bekommen habe, weil ihr jemand den Schlüssel zurückgeben wolle. Sie habe diesbezüglich auch eine SMS bekommen, diese aber gelöscht. Ihr sei von einem Mitarbeiter des Dr. B mitgeteilt worden, dass die Angelegenheit geregelt werde, und sie habe dann keine weiteren Anrufe mehr bekommen. Erst vor ein paar Monaten sei sie wegen des Schlüssels wieder kontaktiert worden; den Schlüssel habe sie aber niemals zurückbekommen. Über Vorhalt der Aussage des O S vor dem BM. I am 1. März 2004 in St.Valentin, Seite 2, wonach S sie kontaktiert habe und sie diesem mitgeteilt habe, dass ihr "Gatte" keinen Schlüssel für die Haustür des Miethauses habe, im Übrigen solle der Bf den Beamten den Schlüssel zur Wohnung vorerst übergeben und sie würde den Schlüssel von den Beamten abholen, da ihr Mann sowieso nicht in der Wohnung wohne, hat die Zeugin angegeben, dass ein derartiges Telefonat sicher nicht stattgefunden habe. Sie hat dies dahingehend präzisiert, dass sie möglicherweise angerufen worden sei, aber die Aussage mit dem Schlüssel stimme sicher nicht.

Die Zeugin hat durch ihr schlichtes Auftreten in der Verhandlung einen sehr glaubwürdigen Eindruck hinterlassen, sodass ihrer Aussage, die weder von positiven noch negativen Emotionen gegenüber dem Beschwerdeführer gekennzeichnet war, eine besondere Beweiskraft beigemessen werden kann.

Die Schilderung der Zeugin deckt sich auch mit dem vom Rechtsanwalt des Beschwerdeführers vorgelegten Aktenvermerk vom 4. März 2004, in dem festgehalten wurde, dass andauernd Anrufe des Kripobeamten (H), der ihr den Schlüssel der Wohnung, den er Herrn K abgenommen hat, zurückgeben will, eingingen (Beilage zur Verhandlungsschrift vom 12. September 2005).

 

Es kann dahin gestellt bleiben, ob der genaue Hergang der Abnahme des Wohnungsschlüssels der Version der Beamten S und S (jeweils Aussage vor dem BM. I am 1.3.2004) oder der Aussage des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung, wonach ihm der Schlüssel, nachdem er ihn auf einen Tisch gelegt hatte, nicht mehr zurückgegeben wurde, entspricht. Auf Grund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung steht fest, dass der Schlüssel während der Amtshandlung am 9. Februar 2004 zwischen 9.00 und 11.00 Uhr dem Beschwerdeführer abgenommen wurde und dem Bf nicht mehr ausgefolgt wurde. In der Folge wurde versucht, diesen an Frau M M weiterzuleiten.

 

4.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

4.2.1. Gemäß Art.129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z2 AVG erkennen die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein (sog. Maßnahmenbeschwerde), ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes.

Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt setzt nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts die unmittelbare Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch voraus (vgl VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VfSlg 11935/1988; VfSlg 10319/1985; VfSlg 9931/1984 und 9813/1983). Die bloße Untätigkeit einer Behörde erfüllt diesen Begriff nicht (vgl VfSlg 9813/1983; VfSlg 9931/1984; VfSlg 10319/1985, VfSlg 11935/1988). Für die Ausübung von Zwangsgewalt ist ein positives Tun begriffsnotwendig (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9461 A/1977; VfSlg 6993/1973; VfSlg 4696/1964). Dieses kann auch in einem schlüssigen Tun iSd § 863 ABGB bestehen (vgl Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, 1983, 74).

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer sog. Maßnahmenbeschwerde ist daher, dass gegen den Beschwerdeführer physischer Zwang ausgeübt wurde oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehles droht (vgl mwN Walter/Mayer, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 8. A, 1996, Rz 610).

Da unbestritten kein richterlicher Befehl vorlag, erfolgte das Einschreiten der Gendarmen selbständig. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 6.10.1999, 99/01/0120) ausgeführt hat, ist in einem solchen Fall das auf eigener Willensbildung beruhende Organverhalten der Verwaltung zuzurechnen.

4.2.2. Gemäß Art. 5 Abs.1 MRK hat jedermann ein Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Sicherheit darf einem Menschen nur in den in lit. a. bis f. angeführten Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden.

 

Gemäß Art. 1 Abs.1 Bundesverfassungsgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit (PersFrG) BGBl. Nr. 684/1988 hat jedermann das Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit).

 

Wie sich aus den Feststellungen ergibt, hat sich der Beschwerdeführer freiwillig (dies wurde jedenfalls nach außen hin dargestellt) über Aufforderung der Beamten zu seiner Wohnung und zur nachfolgenden Vernehmung in der Nietzschestraße begeben. Physischer Zwang wurde bei der Aufforderung mitzukommen durch die Gendarmeriebeamten nicht angewandt. Ebenso wenig wurde eine Drohung, dass die Ausübung physischen Zwangs, bei Weigerung mitzukommen, folgen werde, ausgesprochen.

Im konkreten Fall ist daher nicht davon auszugehen, dass in diesem ersten Beschwerdepunkt der Beschwerdeführer in seinem Recht auf persönliche Freiheit beeinträchtigt war.

 

4.2.3. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung unterworfen werden.

 

Die Bestimmung schützt vor Amtshandlungen, denen "eine, die Menschenwürde beeinträchtigende, gröbliche Missachtung des Betroffenen als Person innewohnt (VfSlg 10.546, 11.087, 13.154, 13.708). Im Hinblick auf Art. 3 EMRK beurteilt die Judikatur Amtshandlungen stets nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Eine Rechtsverletzung liegt dann vor, wenn eine Maßnahme auf Grund des Gesamtbildes des behördlichen Einschreitens angesichts der konkreten Umstände als unangemessen anzusehen ist (VfSlg 9298, 10.018; EGMR 25.4.1978 Tyrer, EuGRZ 1979, 162; 25.2.1982 Campell und Cosans, EuGRZ 1982, 153 und EGMR 22.3.1993 Klaas, ÖJZ 1994, 348). Eine an sich konventionswidrige Maßnahme (z.B. Fesselung, Schieben, Stoßen) kann dann zulässig sein, wenn dies zur Überwindung eines Widerstandes oder zum Schutz der einschreitenden Beamten erforderlich ist. Eine Verabreichung von Ohrfeigen ist "betont erniedrigend" und wird wohl nie angemessen sein (VfSlg 8296, 10.018). Eine Misshandlung wird nur dann als Eingriff quAfiziert, wenn sie ein Mindestmaß an Schwere erreicht (EGMR 25.4.1978 Tyrer, EuGRZ 1979, 162; 27.8.1992 Tomasi, ÖJZ 1993, 137).

 

Die Anwendung von Körperkraft kann gegen Art 3 EMRK verstoßen. Der Verfassungsgerichtshof hat dies für Ohrfeigen (VfSlg 8.296/1978, 10.052/1984), Fußtritte (VfSlg 10.250/1984, 11.095/1986, 11.144/1986, 11.230/1987, 11.687/1988), Schläge (VfSlg 8.645/1979, 10.250/1984, 11.096/1986, 11.170/1986, 11.328/1987, 11.421/1987, 12.603/1991) mehrfach ausgesprochen. Eine den Rechtsgrundsätzen des Waffengebrauchsgesetz 1969 entsprechende verhältnismäßige und maßhaltende Zwangsausübung verstößt nicht gegen Art 3 EMRK (vgl VfSlg 9.298/1981, 10.250/1984, 10.321/1985, 10427/1985, 11.809/1988; 12.271/1990). Auch die Anwendung von Körperkraft ist daher nur dann gesetzmäßig, wenn die Zwangsausübung "notwendig und maßhaltend" ist (vgl Hauer/Keplinger, Sicherheitspolizeigesetz Kommentar2, 927, Anm B.1.).

 

Eine physische Zwangsmaßnahme verstößt nur dann auch gegen Art.3 EMRK, wenn quAfizierend eine "gröbliche Missachtung des Betroffenen als Person" hinzutritt (vgl. Nachweise bei Mayer, B-VG3, 587ff, I.1., I.2. und II.1. und II.2. zu Art.3 EMRK).

 

Im konkreten Fall kann, vor allem aufgrund der schlechten psychischen Verfassung des Bf nach seiner angeblichen Misshandlung, zwar nicht ausgeschlossen werden, dass es zu Vorfällen während der Vernehmung des Beschwerdeführers gekommen ist, die gegen den Grundsatz der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Zwangsausübung bei der Befragung des Beschwerdeführers als Auskunftsperson verstoßen, es konnte aber weder der tatsächliche Tatverlauf noch die Intensität der möglicherweise stattgefundenen Einwirkung auf den Beschwerdeführer eruiert werden, da dieser auch während des durchgeführten Beweisverfahrens verschiedene Versionen von Misshandlungen geschildert hat. Da nicht festgestellt werden konnte, was sich nun tatsächlich zugetragen hat, konnte auch im Zweifel für die beschuldigten Organe nicht festgestellt werden, dass es tatsächlich Übergriffe seitens der vernehmenden Beamten gegen den Beschwerdeführer gegeben hat.

 

4.2.4. Gem. Art 8 Abs.1 MRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

Gem. Art 5 StGG ist Eigentum unverletzlich. Eine Enteignung gegen den Willen des Eigentümers kann nur in den Fällen und derart eintreten, welche das Gesetz bestimmt.

Gem. Artikel 1 des 1. ZP MRK hat jede natürliche oder juristische Person ein Recht auf Achtung ihres Eigentums. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn, dass das öffentliche Interesse es verlangt, und nur unter den durch Gesetz und durch die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts vorgesehenen Bedingungen.

Gemäß § 353 AGBG ist alles, was jemandem zugehört, alle seine körperlichen und unkörperlichen Sachen, sein Eigentum.

Der verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff wird seit jeher weit verstanden (§353 ABGB); er umfasst nach ständiger Judikatur jedes vermögenswerte Privatrecht (vgl. Mayer, B-VG (2002) Art 5 StGG II.1.;

Aus der Judikatur zu Art1 des 1 ZP MRK ist ableitbar, dass auch der Besitz von Gegenständen ein Schutzgegenstand dieses Rechts sein kann (Frowein/Peukert, EMRK-Kommentar2 Art1 des 1 ZP RN 7). Es ist vom Bf grundsätzlich nachzuweisen, dass er der rechtmäßige Inhaber eines "wohlerworbenen, vermögenswerten Rechts ist und zu dessen Ausübung befugt ist (a.a.O. RN 4).

 

Hinsichtlich der Abnahme des UNMIK-Ausweises und der SIM-Karte (B-Free Karte) für ein Handy haben sich außer den Angaben des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren keine Anhaltspunkte ergeben. Bezüglich dieser beiden Gegenstände konnte daher im Zweifelsfall der Beschwerde nicht Folge gegeben werden.

Hinsichtlich des Wohnungsschlüssels betreffend die Wohnung in der Wankmüllerhofstraße 74/2/8, 4020 Linz, hat es bereits bei den Vernehmungen durch das BM.I Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Schlüssel der Gewahrsame des Beschwerdeführers entzogen wurde.

Die mündliche Verhandlung hat eindeutig zutage gebracht, dass der Wohnungsschlüssel dem Beschwerdeführer abgenommen und nicht mehr ausgefolgt wurde. Unerheblich dabei ist, auf welche Weise, ob vor seiner Wohnung, wie von amthandelnden Organen selbst geschildert, oder bei der Vernehmung, gemäß der Schilderung des Beschwerdeführers, die Abnahme des Wohnungsschlüssels erfolgt ist.

Ein Wohnungsschlüssel ist eine körperliche Sache im Sinne der Bestimmung des §353 ABGB, dessen Wert sich durch seine Wiederbeschaffung bestimmt und dessen rechtmäßiger Inhaber ein Wohnungsrecht nutzen kann.

Der Bf war im konkreten Fall rechtmäßiger Besitzer des Wohnungsschlüssels, der ihm von seiner Gattin, aufgrund des Eingehens einer Scheinehe zum Zwecke des Vorweisens bei fremdenpolizeilichen Kontrollen, übergeben wurde.

Zu Wohnzwecken war dieser Wohnungsschlüssel nicht bestimmt und wurde vom Bf auch nicht dafür genutzt.

Das verfassungsrechtlich geschützte Wohn- oder Eigentumsrecht des Bf konnte im konkreten Fall, da mit dem Schlüssel kein Wohnungsrecht verbunden war, nicht beeinträchtigt werden, denn die Verwendung des Wohnungsschlüssels zum Vortäuschen einer Scheinehe ist kein schützenswertes Gut.

Ein Vermögensschaden ist dem Bf durch die Schlüsselwegnahme, da er nur Besitzer desselben war, nicht entstanden. Ein solcher hätte allenfalls durch die Gattin des Bf, die den Schlüssel anfertigen hat lassen, geltend gemacht werden können.

Zur Erhebung der Maßnahmenbeschwerde wegen Verletzung in seinem verfassungsgemäß gewährleisteten Eigentumsrechts durch die Wegnahme des Wohnungsschlüssels war der Bf daher im konkreten Fall als dessen (bloßer) Besitzer nicht legitimiert. Von der Eigentümerin wurde eine Beschwerde nicht erhoben.

 

4.2.5. Nach § 88 Abs 1 Sicherheitspolizeigesetz (im Folgenden: SPG), BGBl. Nr. 566/1991 zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 151/2004, erkennen die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Menschen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer sicherheitsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden zu sein (Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes regelt § 88 Abs 1 SPG kein selbständiges Rechtsinstitut, sondern nur einen Fall der im Art 129a Z 2 B-VG iVm

§ 67a Abs 1 Z 2 AVG allgemein vorgesehenen Maßnahmenbeschwerde (vgl VwGH 24.02.1995, Zl. 94/02/0500; VwGH 16.02.2000, Zl. 99/01/0339).

 

Die Sicherheitsverwaltung obliegt nach § 2 Abs 1 SPG den Sicherheitsbehörden.

 

Die Sicherheitsverwaltung besteht nach § 2 Abs 2 SPG aus der Sicherheitspolizei, dem Pass- und dem Meldewesen, der Fremdenpolizei, der Überwachung des Eintrittes in das Bundesgebiet und des Austrittes aus ihm, dem Waffen-, Munitions-, Schieß- und Sprengmittelwesen sowie aus dem Pressewesen und den Vereins- und Versammlungsangelegenheiten.

 

Die Ermittlungen erfolgten im konkreten Fall wegen vermuteter Scheinehe und damit im Rahmen der Sicherheitsverwaltung.

 

Gemäß § 88 Abs 2 SPG erkennen die Unabhängigen Verwaltungssenate außerdem über Beschwerden von Menschen, die behaupten, auf andere Weise durch die Besorgung der Sicherheitsverwaltung in ihren Rechten verletzt worden zu sein, sofern dies nicht in Form eines Bescheides erfolgt ist.

Mit § 88 Abs 2 SPG sollte demnach "auch das "schlichte Polizeihandeln", sofern es in Rechte eingreift, beim unabhängigen Verwaltungssenat einklagbar" (so 148 BlgNR, 18. GP, 53) gemacht und der Klärung der Frage, ob einer bestimmten polizeilichen Maßnahme die Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zugrunde liegt, die Bedeutung genommen werden (VfSlg. 14.887/1997).

Sohin kann der Bf, als von einer Amtshandlung im Zuge der Sicherheitsverwaltung betroffene Person, die Abnahme des Wohnungsschlüssels und dessen widerrechtliche Einbehaltung prinzipiell nach § 88 Abs 2 SPG mit Beschwerde vor dem UVS bekämpfen. Dies ist vor allem auch deshalb bedeutsam, weil der konkrete Tathergang der Schlüsselabnahme nicht geklärt werden konnte und nur die Wegnahme des Wohnungsschlüssels und die grundlose Nichtausfolgung desselben festgestellt werden konnte.

§ 42 SPG ermächtigt Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes Sachen sicherzustellen,

  1. wenn dies bei gefährlichen Angriffen dazu dient, eine (weitere) Bedrohung des Lebens, der Gesundheit, der Freiheit oder des Eigentums von Menschen zu verhindern;
  2. die sich in der Gewahrsame eines Festgenommenen befinden und besonders geeignet sind, während dessen Anhaltung a) seine eigene oder die körperliche Sicherheit anderer unmittelbar zu gefährden oder b) ihm die Flucht zu ermöglichen oder zu erleichtern;
  3. denen unbefugte Beschädigung oder Wegnahme droht, sofern der Eigentümer oder rechtmäßige Besitzer nicht in der Lage ist, selbst für ihren Schutz zu sorgen;
  4. die von ihnen aufgefunden werden und sich in niemandes Gewahrsame befinden.

 

Jedermann hat gem. § 87 SPG Anspruch darauf, dass ihm gegenüber sicherheitspolizeiliche Maßnahmen nur in den Fällen und der Art ausgeübt werden, die dieses Bundesgesetz vorsieht.

Das Einschreiten der Organe im Rahmen der Fremdenpolizei beinhaltet sicherheitspolizeiliche Komponenten, da die Sicherstellung von Gegenständen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit dient.

Damit ist § 42 SPG als Maßstab zur Prüfung des gegenständlichen Organhandelns, der Abnahme und Einbehaltung des Wohnungsschlüssels heranzuziehen; es ist aber aus dieser Gesetzesstelle keine Ermächtigung zur Abnahme des Wohnungsschlüssels im konkreten Fall ableitbar.

Damit ist der Bf in seinem einfachgesetzlichen Recht, das ihm durch § 87 SPG eingeräumt wurde, verletzt.

Im Ergebnis war der Beschwerde damit in diesem Punkt Folge zu geben.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war hinsichtlich der Abholung am Arbeitsplatz und der in Beschwer gezogenen Misshandlungen der belangten Behörde nach § 79a Abs.3 AVG als obsiegende Partei Kosten in Höhe von 1042,70 Euro (einmal Vorlageaufwand, Schriftsatzaufwand und Verhandlungsaufwand für zwei Beschwerdepunkte) zuzusprechen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bergmayr-Mann

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