Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103236/8/Br

Linz, 17.11.1995

VwSen-103236/8/Br Linz, am 17. November 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier, über die Berufung des F P, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 27. September 1995, Zl.

VerkR96-2453-1995, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 17. November 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und der Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, daß die Geldstrafe auf 700 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 18 Stunden ermäßigt wird.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr.

51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm § 19 Abs.1 und 2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 u. § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demzufolge auf 70 S. Für das Berufungsverfahren entfallen Verfahrenskosten.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Über den Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems wegen der Übertretung nach § 38 Abs.5 iVm § 38 Abs.1 lit.a und § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.000 S und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt, weil er am 9. März 1995 um 07.45 Uhr das Sattelzugfahrzeug mit dem Kennzeichen in W, L auf der Kreuzung mit der N gelenkt habe, wobei er bei rotem Licht der Verkehrsampel das Fahrzeug nicht vor der Haltelinie angehalten habe.

1.1. Die Erstbehörde stützte ihre Entscheidung auf die auf dienstlicher Wahrnehmung beruhende Stellungnahme des Meldungslegers. Dieser sei an seinen Diensteid gebunden und sei somit seinen Angaben mehr Glaube zu schenken gewesen als der Verantwortung des Berufungswerbers. Die Behörde hegte keine Veranlassung den Angaben des Meldungslegers nicht zu folgen.

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung führt der Berufungswerber aus, daß hier nicht in der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit von der ihm zur Last gelegten Übertretung ausgegangen werden könne. Die Behörde stütze sich lediglich auf die subjektiven Angaben des Meldungslegers. Er beantragt die neuerliche Vernehmung des Meldungslegers und in der Folge die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu das Vorgehen nach § 21 VStG in Form des Absehens von einer Bestrafung.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Erörterung des bisherigen Ganges des Verfahrens im Rahmen der durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung anhand des erstbehördlichen Verfahrensaktes. Ferner durch die Vernehmung des Zeugen BezInsp. L und des Berufungswerbers als Beschuldigten.

3.1. Zumal keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Da das Berufungsvorbringen sich nicht nur gegen eine unrichtige rechtliche Beurteilung, sondern auch gegen das von der Erstbehörde zugrundegelegte Beweisergebnis richtet, wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Folgender Sachverhalt ist erwiesen:

4.1. Der Berufungswerber lenkte zur fraglichen Zeit das o.a.

Sattelzugfahrzeug (ohne Auflieger) in W auf der L Straße in Richtung der durch VLSA geregelten Kreuzung mit der N. Seine Fahrgeschwindigkeit betrug etwas über 50 km/h. Er benützte dabei vorerst den rechten Fahrstreifen. Als schließlich ein vor ihm fahrender Pkw infolge der auf "Grünblinken" umschaltenden Ampel sein Fahrzeug anzuhalten begann, wechselte der Berufungswerber auf den linken Fahrstreifen und durchfuhr ohne vor der Haltelinie anzuhalten die Kreuzung. Unmittelbar vor seinem Erreichen der Haltelinie hatte die VLSA bereits auf Rotlicht umgeschaltet. Angesichts der Tatsache, daß sogar das Vorderfahrzeug vor der Kreuzung sicher anzuhalten vermochte, wäre dies wohl auch dem Berufungswerber möglich gewesen. Der Anhalteweg beträgt bei einer Fahrgeschwindigkeit von 60 km/h unter Zugrundelegung einer Verzögerungskomponente von 3,5 m/sek/2, bei einer um die Hälfte verkürzter Reaktionszeit (wegen der Grünblinkphase) und einer Bremsschwellzeit von 0,2 sek, knappe 50 Meter (davon etwa 38 Meter Bremsweg). Unter der aus dem Beweisergebnis abzuleitenden Annahme, daß der Berufungswerber vor dem Entschluß des Vorbeifahrens (Überholens) an dem vor ihm fahrenden - anhaltenden - PKW zumindest einen Sicherheitsabstand von 20 Meter eingehalten hätte (lt. Meldungsleger betrug der Abstand 50 Meter), wäre vor der Kreuzung ein sicheres und rechtzeitiges Anhalten zum Zeitpunkt der entsprechenden Entscheidung des Vorderfahrzeuges wohl umsomehr auch ihm möglich gewesen. Ihm stand zusätzlich noch die gesamte Gelbphase zur Disposition.

4.2. Das Beweisverfahren hat in der Aussage des Zeugen BezInsp. L in schlüssiger Weise ergeben, daß der Berufungswerber offenbar das Anhalten des vor ihm fahrenden Pkw's übersehen gehabt haben könnte und er sich dadurch zum Entschluß sein Fahrzeug zu beschleunigen und nach dem Wechsel des Fahrstreifens nach links zum Durchfahren der Kreuzung entschieden haben könnte. Der Zeuge gab glaubwürdig und überzeugend an, daß er aus einer Entfernung von bloß wenigen Metern auf die Lichtanlage sehen konnte. Kurz vor Erreichen der Haltelinie durch das Fahrzeug des Berufungswerbers habe er das Umschalten auf "ROT" wahrnehmen können. Er hatte somit das Geschehen an der Kreuzung im Auge gehabt und kann daher kein Anlaß für Zweifel daran gelegen sein, daß er im Hinblick auf seine Wahrnehmung einen derartigen Irrtum unterlegen wäre, das Fahrverhalten des Sattelkraftfahrzeuges völlig falsch beurteilt zu haben oder einer Sinnestäuschung unterlegen zu sein. Seine Angaben vermochten somit im Rahmen des Beweisverfahrens nicht erschüttert werden. Der Zeuge wirkte in jede Richtung hin glaubwürdig und war in seinem Vorbringen überzeugend. Selbst der Berufungswerber rückte es im Zuge der Verhandlung in den Bereich des Denkbaren, daß er vielleicht bei Gelblicht in die Kreuzung eingefahren sein könnte. Geht man nun davon aus, daß sich die Beobachtung des Berufungswerbers zum Zeitpunkt des Umschaltens auf "ROT" auf den hinteren Bereich des Fahrzeuges reduzierte, so ist durchaus nachvollziehbar, daß der Berufungswerber das Rotlicht vom Führerhaus aus nicht mehr erkennen konnte. Schließlich ist angesichts des Umstandes des Vorbeifahrens an einem anhaltenden Fahrzeug zusätzlich noch die Angabe des Meldungslegers belegt, zumal es grundsätzlich den Erfahrungen entspricht, daß ein Fahrzeuglenker nicht bereits bei Grünlicht anhält, womit zwingend abgeleitet werden kann, daß einem vorerst hinten nachfahrenden Fahrzeug ein rechtzeitiges Anhalten vor der Kreuzung umsomehr möglich gewesen sein müßte.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Nach § 38 Abs.1 gilt gelbes nicht blinkendes Licht unbeschadet der Vorschriften des § 53 Z. 10a über das Einbiegen der Straßenbahn bei gelbem Licht als Zeichen für "Halt".

Bei diesem Zeichen haben die Lenker herannahender Fahrzeuge unbeschadet der Bestimmungen des Abs.7 (Spurensignal -Richtungspfeil) anzuhalten:

a) wenn eine Haltelinie vorhanden ist, vor der Haltelinie; Nach Abs.5 leg.cit. gilt rotes Licht als Zeichen für "Halt".

Bei diesem Zeichen haben die Lenker von Fahrzeugen unbeschadet der Bestimmungen des Abs.7 und des § 53 Z. 10a an den im Abs.1 bezeichneten Stellen anzuhalten.

Das vom Berufungswerber gesetzte Verhalten ist dieser Gesetzesbestimmung zu subsumieren und nach § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 ist hiefür eine Geldstrafe bis 10.000 S vorgesehen.

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Der Berufungswerber ist, obwohl er als Berufskraftfahrer viel intensiver, als es dem Durchschnitt entspricht, am Straßenverkehr teilnimmt, bislang völlig unbescholten geblieben. Daraus ist abzuleiten, daß er sich mit den gesetzlich geschützten Werten durchaus identifiziert und sich im Straßenverkehr gerecht verhält. In conkreto lag offenbar ein verspätetes Erkennen des Anhaltens des Vordermannes vor, sodaß der Entschluß, die Kreuzung zu durchfahren - um allenfalls einen Auffahrunfall zu vermeiden - aus der Sicht des Berufungswerbers durchaus indiziert gewesen sein mag. Das bedeutet, daß hier bloß von einer fahrlässigen und nicht - wie es bei derartigen Übertretungen die Regel ist - von einer vorsätzlichen Begehungsweise auszugehen ist. Der Berufungswerber machte im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung einen soliden Eindruck, sodaß hier noch mit einer geringeren Bestrafung das Auslangen gefunden werden konnte. Auch diese Strafe scheint geeignet, den Tatunwert, welcher von einer derartigen Übertretung grundsätzlich und durch das höhere Gefährdungspotential eines Schwerfahrzeuges im besonderen ausgeht, zu verdeutlichen und für künftighin die Aufmerksamkeit des Berufungswerbers entsprechend zu schärfen.

Zumal im Rahmen der Berufungsverhandlung zusätzlich strafmildernde Umstände hervortraten, konnte die an sich schon geringe Strafe doch noch geringfügig reduziert werden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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