Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420420/4/SR/Ri

Linz, 06.05.2005

 

 

 VwSen-420420/4/SR/Ri Linz, am 6. Mai 2005

DVR.0690392
 

 

 

B E S C H L U S S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider aus Anlass der Beschwerde des Herrn W S, Dr. K Rstraße, A vom 15. April 2005 wegen behaupteter "Ungerechtigkeit der Gemeinde Zell/P." den Beschluss gefasst:

 
 

Die Beschwerde wird mangels eines tauglichen Beschwerdegegenstands als unzulässig zurückgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs 1 Z 2 AVG 1991; §§ 67c und 79a AVG 1991.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Herr Werner S (im Folgenden: Bf) brachte in der Beschwerde vom 15. April 2005 vor, dass es ihm um Gerechtigkeit in seiner Situation gehe. Der Grund der Beschwerde sei in einer "gebrochenen Scheibe des PKW 250 Mercedes" und der "Anschuldigung wegen Alkoholgenuss" zu sehen. Normalerweise sei der gegenständliche Fall eine Angelegenheit einer Versicherungsmeldung. Da von der Gemeinde Zell/P keine Meldung an die Versicherung erstattet und er wie ein Urmensch abgefertigt worden sei, ersuche er um ein "bißchen Gerechtigkeit in dieser Situation" und entweder um ein Schreiben an die Gemeinde oder um Ratschläge. Den bisherigen Schriftverkehr legte der Bf in Kopie als Anhang bei.

1.2. Die Beilage 1 stellt ein Schreiben des Bf vom 25. Februar 2005 an das Gemeindeamt Zell/P dar. Darin weist der Bf auf den Schadensfall vom 24. Februar 2005, 17.25 Uhr hin, wonach durch ein Räumfahrzeug der Gemeinde (Traktor Marke Fendt) ein Schaden (20 cm langer Riss) an der Windschutzscheibe seines Pkws mit dem Kennzeichen "..." verursacht worden sei. Der Schaden sei auf Steinschläge, bedingt durch "Niedersaußen des Schildes auf die blanke Straße" und "Schieben des Streusplittes", entstanden. Als Unfallort sei der Bereich auf der Straße "von Thomasroith kommend, nach dem Bauernhaus mit den vielen Gänsen vor der darauffolgenden Linkskurve" anzusehen. Da ein "normales" Gespräch mit dem Fahrer des Räumfahrzeuges nicht möglich gewesen sei, habe er sich schriftlich an das Gemeindeamt gewandt und um Meldung an die Versicherung ersucht. Der Vorfall sowie das Gespräch mit dem Traktorfahrer könne von der Beifahrerin Frau H F bestätigt werden.

 

1.3. Bei der Beilage 2 handelt es sich um das Antwortschreiben des Bürgermeisters der Gemeinde Zell am Pettenfirst vom 3. März 2005. Darin wird dem Bf mitgeteilt, dass der diensthabende Traktorfahrer ausführlich befragt worden sei. Dieser habe mitgeteilt, dass er an der "Pettenfirst Landesstraße" Räumdienste durchgeführt und je nach Fahrbahnverhältnissen (freie Fahrbahn bzw Eis/Schnee) mit gehobenem bzw abgesenktem Schild gefahren sei. Um Schäden am Schild bzw. an der Fahrbahn zu vermeiden, sei das Schild - wie üblich - sanft abgesenkt worden. Die Fahrgeschwindigkeit des Traktors von rund 30 km/h und das an den rechten Fahrbahnrand zeigende Schild könne keinen Steinschlag in der beschriebenen Art ausgelöst haben. Hätte ein derartiger Vorfall stattgefunden, wäre er vom Fahrer bemerkt worden. Der Fahrer habe angehalten, da er angenommen habe, dass der Bf dringend Hilfe benötigen würde. Ein vernünftiges Gespräch sei auf Grund der erkennbaren Alkoholisierung nicht möglich gewesen. Aus den genannten Gründen habe die Gemeinde Zell am Pettenfirst keine Meldung an die Versicherung erstattet.

 

1.4. Die Beilage 3 betrifft das Antwortschreiben des Bf vom 10. März 2005 an den Bürgermeister der Gemeinde Zell am Pettenfirst. U.a. stellt der Bf darin die Frage, warum die Gendarmerie nicht verständigt wurde, obwohl der Traktorfahrer von der Alkoholisierung des Bf ausgegangen sei. Anschließend führt der Bf weiter aus, dass er "weder beim Fahren noch außer dem Fahren einen Alkoholgenuß" habe und ersucht abschließend um eine Meldung an die Versicherung und um rasche Rückantwort.

 

2.1. Auf Grund der "Beschwerde" des Bf wurde mit dem Amtsleiter des Gemeindeamtes Zell am Pettenfirst Rücksprache gehalten. Dabei teilte dieser mit, dass auf Grund der Mitteilung über die Beschwerdeschrift der beim Gemeindeakt aufliegende Akt am 3. Mai 2005 an die Versicherung zur Begutachtung übermittelt worden sei. Zum behaupteten Unfallszeitpunkt habe ein Gemeindearbeiter mit einem "Gemeindefahrzeug" die Schneeräumung im gegenständlichen Straßenstück vorgenommen. Die Schadensverursachung durch eine unsachgemäße Schneeräumung sei als nicht glaubwürdig eingestuft und daher keine Schadensmeldung an die Versicherung erstattet worden.

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat auf Grund der Aktenlage festgestellt, dass sich bereits aus den vorliegenden Eingaben zur gegenständlichen Maßnahmenbeschwerde ableiten lässt, dass die Beschwerde ohne weiteres Verfahren als unzulässig zurückzuweisen ist.

 

4. In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs 1 Z 2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein (sog. Maßnahmenbeschwerde), ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes.

 

Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt setzt nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts die unmittelbare Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch voraus (vgl VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VfSlg 11935/1988; VfSlg 10319/1985; VfSlg 9931/1984 und 9813/1983). Die bloße Untätigkeit einer Behörde erfüllt diesen Begriff nicht (vgl VfSlg 9813/1983; VfSlg 9931/1984; VfSlg 10319/1985, VfSlg 11935/1988). Für die Ausübung von Zwangsgewalt ist im allgemeinen ein positives Tun begriffsnotwendig (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9461 A/1977; VfSlg 6993/1973; VfSlg 4696/1964). Dieses kann auch in einem schlüssigen Tun iSd § 863 ABGB bestehen (vgl Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, 1983, 74).

 

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer sog. Maßnahmenbeschwerde ist daher, dass gegen den Beschwerdeführer physischer Zwang ausgeübt wurde oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehles droht (vgl mwN Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht9 Rz 610).

 

Die Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts qualifizierte ein faktisches Organhandeln nur dann als Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung gegenüber einem individuell bestimmten Adressaten einseitig einen (qualifizierten) Befehl erteilte oder Zwang ausübte. Akte der Privatwirtschaftsverwaltung sind keine solchen Maßnahmen (vgl m Nachw in FN 171 Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht9 Rz 608 f; vgl weiter Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 1351, E 76 bis E 78 zu § 67a AVG ).

 

4.2. Auf Grund der Beschwerde ist zu klären, ob die belangte Behörde im Rahmen der Hoheitsverwaltung tätig geworden ist, oder ob ein Akt der Privatwirtschaftsverwaltung vorlag.

 

4.2.1. Die gegenständliche Straße stellt eine öffentliche Verkehrsfläche dar, die vom Bf zulässigerweise benützt werden durfte.

 

Liegt ein Sachverhalt vor, der unter § 1319a ABGB subsumierbar ist, dann haftet die öffentliche Hand als Straßenerhalter.

 

Die Instandhaltung einer Straße ist dem Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung zugeordnet. Die Gebietskörperschaft erfüllt hier keine andere Funktion als der verkehrssicherungspflichtige Eigentümer einer Liegenschaft. Wenn ein Gehilfe (Mitarbeiter) des Wegehalters fahrlässig handelt, dann haftet der Straßenerhalter jedenfalls immer dann, wenn grobe Fahrlässigkeit vorliegt. Zu den Instandhaltungsaufgaben des Wegehalters gehört auch die Streupflicht. Art und Ausmaß dieser Pflicht hängen vom Verkehrsbedürfnis und der Zumutbarkeit ab. Der Wegehalter ist auch dann verpflichtet, für eine gefahrlose Benützung einer Straße zu sorgen, wenn er diese während der Durchführung von Arbeiten auf der Fahrbahn offen hält.

 

Die vom Gemeindebediensteten vorgenommene Schneeräumung stellt einen Akt der Privatwirtschaftsverwaltung dar.

 

4.2.2. Wird eine Schneeräumung mit einem Kraftfahrzeug im Sinne des KFG 1967 durchgeführt und beim Betrieb dieses durch einen Unfall eine Sache beschädigt, dann wäre der hieraus entstandene Schaden gemäß den Bestimmungen des Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetzes zu ersetzen. Ein entscheidendes Charakteristikum des Unfallbegriffes ist die Plötzlichkeit eines unbeabsichtigten Ereignisses.

 

4.2.3. Schon im Hinblick darauf, dass die gegenständliche Schneeräumung der Privatwirtschaftsverwaltung zuzurechnen ist, kann die Verweigerung der Bekanntgabe des Namens des Lenkers, der möglicherweise beim Betrieb des Räumfahrzeuges den vom Bf behaupteten Schaden verursacht hat, und die Unterlassung der Meldung an die Versicherung nicht als ein Handeln im Rahmen der Hoheitsverwaltung angesehen werden. Ebenso stellt der Hinweis im Schreiben der belangten Behörde - erkennbare Alkoholisierung des Bf - keine Vorgangsweise des Bürgermeisters von Zell am Pettenfirst dar, die im Sinne der Ausführungen unter Punkt 4.1. als Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt im Rahmen der Hoheitsverwaltung gedeutet werden könnte.

 

Nach der Gesetzeslage besteht kein Zweifel, dass der Bf in seiner Beschwerdeschrift einen Sachverhalt geschildert hat, der allein der Privatwirtschafts- und nicht der Hoheitsverwaltung zuzurechnen ist.

 

4.3. Ergänzend wird festgehalten, dass dem Oö. Verwaltungssenat im Zuge des Beschwerdeverfahrens zur Kenntnis gelangt ist, dass die "belangte Behörde" den gegenständlichen Sachverhalt "ihrem Versicherungsvertreter" zur Beurteilung übermittelt hat. Sollte die Beschädigung des Kfz des Bf im Zuge der Schneeräumung durch das Räumfahrzeug erfolgt sein und dem Bf der Schaden nicht vom Versicherungsunternehmen auf Grund der hiezu abgeschlossenen Haftpflichtversicherung ersetzt werden, steht dem Bf die Beschreitung des Zivilrechtsweges frei.

 

5. Gemäß § 79a Abs. 1 AVG 1991 zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 10/2004 hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wird die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen oder vom Beschwerdeführer zurückgezogen, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei (§ 79a Abs. 3 AVG). Nach § 79a Abs. 6 AVG 1991 ist Aufwandersatz nur auf Antrag der Partei zu leisten.

 

Obwohl der Bf gemäß § 79a Abs. 3 AVG 1991 auch im Fall der Zurückweisung der Beschwerde als unterlegene Partei anzusehen ist, war der Marktgemeinde Zell am Pettenfirst als dem zuständigen Rechtsträger kein Aufwandersatz zuzusprechen, da dem belangten Bürgermeister dieser Gemeinde tatsächlich kein Aufwand entstanden ist.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Bundesstempelgebühren nach § 14 TP 5 und 6 Gebührengesetz für die Beschwerde (13 Euro) samt 3 Beilagen (10,80 Euro) in Höhe von insgesamt 23,80 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

 

Mag. Stierschneider

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