Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-500053/3/Schi/Ka

Linz, 06.03.1996

VwSen-500053/3/Schi/Ka Linz, am 6. März 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt; Berichter:

Dr. Schieferer; Beisitzer: Dr. Fragner) über die Berufung der E, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 5.12.1995, VerkGe-110.001/4-1995/Sie wegen Zurückweisung des Ansuchens um Nachsicht vom Ausschluß von der Gewerbeausübung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als der angefochtene Bescheid behoben wird; die weiteren Anträge betreffend Erteilung eines Auftrages an die erste Instanz, im Sinne des § 13 Abs.3 AVG eine Frist zur Vorlage bestimmter benötigter Urkunden zu setzen und auf die Wirkung bei Säumnis hinzuweisen, werden hingegen abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 iVm § 67a Abs.1 Z1 und Abs.2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl.Nr. 471/1995, iVm § 5 Abs.1 Z. 2 und Abs.4 des Gelegenheitsverkehrsgesetzes, BGBl.Nr.85/1952 idF BGBl.

Nr.223/1994.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Eingabe vom 6.9.1994 hat die E, um die Erteilung der Nachsicht vom Ausschluß von der Gewerbeausübung nach § 26 Abs.2 GewO 1994 (Betrieb des Mietwagengewerbes mit drei Omnibussen) angesucht. Da dem Ansuchen die für die Durchführung des Ermittlungsverfahrens erforderlichen Unterlagen nicht angeschlossen worden sind, wurde die Einschreiterin eingeladen, die für das betreffende Ansuchen erforderlichen Unterlagen dem Landeshauptmann von Oberösterreich zur Verfügung zu stellen. Dieser Einladung ist bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht nachgekommen worden. Der Landeshauptmann von als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung hat daher in erster Instanz das Ansuchen der E (nunmehr H GmbH), M, um die Erteilung der Nachsicht vom Ausschluß von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs.3 AVG iVm § 5 Abs.1 Z2 und Z4 des Gelegenheitsverkehrsgesetzes zurückgewiesen.

1.2. Begründend wurde im wesentlichen nach Zitierung des § 13 Abs.3 AVG ausgeführt, daß dem Rechtsvertreter der Einschreiterin mit Schreiben vom 23.2.1995 mitgeteilt worden sei, daß im Zusammenhang mit dem Nachsichtsantrag dem Landeshauptmann verschiedene Geschäftsunterlagen der Erna Piber GmbH vorzulegen gewesen wären. Mit Schreiben vom 12.4.1995 habe der Rechtsvertreter dem Landeshauptmann von mitgeteilt, daß die geforderten Unterlagen nicht innerhalb kurzer Zeit beschafft werden könnten, und er ersuche daher um einen Aufschub, wobei nach Vorliegen sämtlicher Unterlagen die gewünschten Urkunden unaufgefordert der Behörde übermittelt werden würden. Da die Vorlage der genannten Unterlagen bis zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides, sohin nach Ablauf von bereits fast 8 Monaten, nicht erfolgt sei, hatte die Behörde die Voraussetzungen für die Erteilung der Nachsicht nach § 26 Abs.2 GewO 1994 nicht prüfen können. In diesem Zuammenhang wurde auf die in den "allgemeinen Verfahrensvorschriften" normierte "Mitwirkepflicht" der Parteien hingewiesen. Da die Behörde somit keine Möglichkeit habe, die Voraussetzungen für die Erteilung der Nachsicht vom Ausschluß von der Gewerbeausübung genau zu prüfen, wenn die Einschreiterin an der Durchführung des erforderlichen Verfahrens nicht mitwirke, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

2.1. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Berufung eingebracht; wenn auch im Gegenstand fälschlicherweise "wegen Gewerbeentzug" angeführt wurde, so konnte doch - da in der Berufung einerseits das Geschäftszeichen eindeutig angeführt war und andererseits im Text ausdrücklich auf die Zurückweisung bezug genommen wurde - die gegenständliche Berufung dem Bescheid vom 5.12.1995, VerkGe-110.001/4-1994/Sie, des Landeshauptmannes von Oberösterreich zugeordnet werden.

2.2. Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt, daß die Zurückweisung als "ungesetzlich" angesehen werde. Denn nach § 13 Abs.3 AVG habe die Behörde dem Einschreiter die Behebung von Formgebrechen mit der Wirkung aufzutragen, daß das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist zurückgewiesen werden könne.

Im gegenständlichen Fall finde sich im Schreiben vom 23.2.1995 keine diesbezügliche Fristsetzung und auch keine Ankündigung, daß nach Ablauf irgendwelcher Zeiträume mit einer Zurückweisung vorgegangen werde. Hinsichtlich der inhaltlichen Stellungnahme sei zwar eine Frist von drei Wochen vorgesehen worden, allerdings sei das Schreiben des gefertigten Anwaltes vom 12.4.1995, mit dem um Erstreckung der Beantwortungsfrist ersucht wurde, inhaltlich nicht beantwortet worden. Das bloße Verstreichen von Zeiträumen, wenngleich sie auch angemessen gewesen sein sollten, was im Hinblick auf die Vielzahl der vorzulegenden Urkunden bestritten werde, reiche vom formellen Standpunkt nicht aus, um das Ansuchen formell zurückzuweisen. Es werde daher beantragt, den angefochtenen Bescheid als unrichtig dahingehend abzuändern, daß dieser aufgehoben und der ersten Instanz der Auftrag erteilt werde, formgültig im Sinne des § 13 Abs.3 AVG eine Frist zur Vorlage bestimmter benötigter Urkunden zu setzen und auf die entsprechende Wirkung bei Säumnis hinzuweisen.

3.1. Der Landeshauptmann von als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt, bzw. keine Berufungsvorentscheidung erlassen, weshalb nunmehr der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung über die Berufung in der vorliegenden Rechtssache zuständig ist.

3.2. Gemäß § 67a Abs.2 AVG hat der unabhängige Verwaltungssenat durch eine Kammer, die aus drei Mitgliedern besteht, zu entscheiden. Im vorliegenden Fall hat daher die nach der Geschäftseinteilung zuständige 6. Kammer des Verwaltungssenates zu entscheiden.

3.3. Der O.ö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Amtes der O.ö.

Landesregierung zu Zl.VerkGe-110.001/4-1995/Sie; da aus diesem in Verbindung mit dem Berufungsvorbringen der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien und mit der vorliegenden Berufung lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde geltend gemacht wurde bzw in Verbindung mit dem Umstand, daß bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben war und weiters, daß es sich hier lediglich um einen verfahrensrechtlichen Bescheid handelt, konnte im übrigen gemäß § 67d Abs.1 und Abs.2 AVG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 1 Abs.2 Gelegenheitsverkehrsgesetz, BGBl.Nr.85/1952, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz, BGBl.Nr.223/1994, (im folgenden: GelVG) gilt, soweit dieses Bundesgesetz nicht besondere Bestimmungen trifft, für die diesem Bundesgesetz unterliegenden Gewerbezweige (Abs.1) die Gewerbeordnung 1973 mit der Maßgabe, daß die Gewerbe nach dem Gelegenheitsverkehrsgesetz als bewilligungspflichtige gebundene Gewerbe gelten.

Gemäß § 5 Abs.1 GelVG darf die Konzession nur erteilt werden, wenn neben den allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung eines bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbes 1. die Zuverlässigkeit, 2. die finanzielle Leistungfähigkeit und 3. die fachliche Eignung (Befähigungsnachweis) vorliegen.

Zufolge § 5 Abs.4 GelVG hat die Behörde bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Betriebes darauf Bedacht zu nehmen, daß die wirtschaftliche Lage des Bewerbers, insbesondere seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse, die ordnungsgemäße Gewerbeausübung erwarten läßt. Die Prüfung der Leistungsfähigkeit des Betriebes entfällt, wenn der Rechtsträger, der gemäß § 11 Abs.3 bis Abs.6 GewO 1973 durch sechs Monate zur weiteren Gewerbeausübung aufgrund der Konzession eines anderen Rechtsträgers berechtigt ist, spätestens drei Monate vor Ablauf der im § 11 Abs.3 bis Abs.6 GewO 1973 festgelegten sechsmonatigen Frist um die Erteilung einer Konzession ansucht, die der gemäß § 11 Abs.3 bis Abs.6 GewO 1973 weiter ausgeübten vollinhaltlich entspricht.

Gemäß § 66 Abs.1 AVG hat die Berufungsbehörde notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens durch die Behörde erster Instanz durchführen zu lassen oder selbst vorzunehmen.

Ist nach Abs.2 dieses Paragraphen der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, so kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verweisen.

Außer dem in Abs. 2 erwähnten Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Gemäß § 13 Abs.3 AVG ermächtigen Formgebrechen schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr dem Einschreiter die Behebung der Formgebrechen mit der Wirkung aufzutragen, daß das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird das Formgebrechen rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

4.2. Mit dem Vorbringen, die Zurückweisung sei ungesetzlich, ist der Bw im Ergebnis im Recht.

4.2.1. Zunächst ist hier darauf hinzuweisen, daß die belangte Behörde im vorliegenden Fall zu Unrecht das Vorliegen eines Formgebrechens im Sinne des § 13 Abs.3 AVG angenommen hat. So hat der VwGH in ständiger Judikatur (zB Erk.vom 12.6.1981, 81/04/0081) ausgesprochen, daß die Unterlassung der Beibringung von Belegen, die dem Nachweis der Befähigung dienen, nicht als Formgebrechen im Sinne des § 13 Abs.3 AVG beurteilt werden kann.

In dem im Akt einliegenden Schreiben der belangten Behörde vom 23.2.1995 an den Vertreter der Bw wird ua wörtlich ausgeführt:

"In diesem Zusammenhang wird ersucht, der hs Behörde folgende Geschäftsunterlagen der Erna Piber GmbH vorzulegen:

1. Jahresabschlüsse der dem Antrag vorhergehenden letzten drei Jahre; 2. aktuelle Vermögensübersicht (Status zum gegenwärtigen Zeitpunkt) sowie genauer Prüfungsbericht eines Kreditinstitutes oder eines Wirtschaftstreuhänders oder eine Bonitätserklärung einer Bank zum Nachweis des Eigenkapitals und der Reserven, wobei diese Unterlagen nicht älter als drei Monate sein dürfen und Angaben zu folgenden fünf Posten sowie gegebenenfalls Grundbuchsauszüge enthalten müssen:

1. verfügbare Finanzmittel einschließlich Bankguthaben, Überziehungskredite und Darlehen; 2. als Sicherheit verfügbare Guthaben und Vermögensgegenstände; 3. Betriebskapital; 4. Kosten einschließlich der Erwerbskosten oder Anzahlungen für Fahrzeuge, Grundstücke und Gebäude, Anlagen und Ausrüstungen und 5. Belastungen des Betriebsvermögens insbesondere mit Pfandrechten, Pfandrechte auf Liegenschaften oder Eigentumsvorbehalte Desweiteren wäre eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des örtlich in Betracht kommenden Finanzamtes sowie eine Bestätigung des örtlich in Betracht kommenden Sozialversicherungsträgers über das Nichtvorliegen von Beitragsrückständen beizubringen." Schon allein aus diesen Ausführungen geht hervor, daß die Beibringung der geforderten Unterlagen niemals ein Formgebrechen darstellen kann, zumal der Großteil dieser Urkunden erst erstellt werden muß (vgl. insbesondere die geforderten Bankunterlagen, die nicht älter als drei Monate sein dürfen).

4.2.2. Außerdem hat der Verwaltungsgerichtshof in weiteren Entscheidungen ausgeführt, daß eine Fristsetzung gemäß § 13 Abs.3 AVG zur Behebung eines Formgebrechens einer schriftlichen Eingabe nicht dem Zweck dient, notwendige Unterlagen erst zu beschaffen, sondern dazu, bereits vorhandene Unterlagen vorzulegen (Erk. vom 31.1.1972, Zl.729/71; 17.2.1987, 86/05/0120).

4.2.3. Nur dann, wenn der Antragsteller wußte, mit welchen Unterlagen sein Ansuchen ausgestattet sein muß, dient die in einem Verbesserungsauftrag nach § 13 Abs.3 AVG eingeräumte Frist nur der Vorlage der Unterlagen, nicht aber ihrer Beschaffung (VwGH 5.11.1985, Zl.85/05/0091). Bemerkt wird, daß diese sämtlichen hier zitierten Entscheidungen bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, unter E.Nr.18a, 27 und 28a und b zu § 13 Abs.3 AVG abgedruckt sind. Die gesetzte Frist muß daher zur Vorlage und nicht zur Beschaffung der fehlenden Belege angemessen sein (VwGH 12.5.1986, Zl.86/10/0065). Die Bw hat darauf auch mit Schreiben vom 12.4.1995 entsprechend reagiert und um Fristerstreckung ersucht, weil die geforderten Unterlagen nicht innerhalb kurzer Zeit beschafft werden können bzw der Steuerberater erst mit der "Errichtung des gewünschten Status" befaßt worden ist. Daraus ergibt sich aber iS der obzitierten Judikatur eindeutig, daß es sich hier keineswegs um ein bloßes Formgebrechen im Sinne des § 13 Abs.3 AVG handelt.

4.2.4. In einem neueren Erkenntnis (4.7.1995, Zl.92/08/0015) hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß der Antragssteller die zur Feststellung des geltend gemachten Anspruches erforderlichen Urkunden und in seinen Händen befindlichen Unterlagen beizubringen hat. Diese Bestimmung regelt die den Antragsteller betreffende Mitwirkungspflicht und nicht die Form des jeweiligen Ansuchens. Die nicht erfolgte Vorlage der geforderten Unterlagen kann daher nicht als "Formgebrechen" gemäß § 13 Abs.3 AVG angesehen werden.

4.2.5. Es ist zwar der belangten Behörde einzuräumen, daß sie möglicherweise dies erkannt hat; ein Hinweis hiefür findet sich im vorletzten Absatz der Begründung, wonach "auf die in den allgemeinen Verfahrensvorschriften normierte Mitwirkepflicht der Parteien" hingewiesen wird. Allerdings hat die belangte Behörde keine Gegenschrift erstattet bzw daher auch nicht in einer solchen versucht, den angefochtenen Bescheid allenfalls umzudeuten. Andererseits ist der Spruch unter Zitierung der Rechtsgrundlage (§ 13 Abs.3 AVG), wobei der Ausdruck: "wird zurückgewiesen" sogar unterstrichen ist und auch in der Begründung insbesondere auf § 13 Abs.3 AVG bezug genommen wird insofern eindeutig, sodaß ein allfälliges Vergreifen im Ausdruck (vgl.

VwSlg.7995 A) hier wohl nicht in Frage kommen dürfte. Der unabhängige Verwaltungssenat hatte daher davon auszugehen, daß nach der klaren Formulierung im Spruch in Verbindung mit den Ausführungen in der Begründung das vorliegende Ansuchen der Bw zu Unrecht gemäß § 13 Abs.3 AVG zurückgewiesen wurde.

Denn die Behörde hat vielmehr dort, wo es ihr nicht möglich ist, von sich aus und ohne Mitwirkung der Partei tätig zu werden, der antragstellenden Partei mitzuteilen, welche Unterlagen benötigt werden und sie aufzufordern, für ihre Angaben Beweise anzubieten. Kommt der Antragsteller dem nicht nach, unterliegt die nichtgehörige Mitwirkung dann der freien Beweiswürdigung (vgl. Erk. des VwGH vom 25.1.1994, Zl.91/08/0131; 4.7.1995, 92/08/0015, sowie Oberndorfer in Tomandl, Sozialversicherungssystem S. 675, 677 und 688).

4.3. In der Regel hat die Berufungsbehörde in der Sache selbst zu entscheiden (§ 66 Abs.4 AVG). Prozeßgegenstand der Berufungsentscheidung ist daher die Verwaltungssache, die der ersten Instanz vorlag (vgl. zB VwGH 31.3.1987, Zl.84/07/0086). Die Berufungsbehörde darf sachlich nicht über "mehr" entscheiden, als Gegenstand der Entscheidung der unteren Instanz war. Hat die Unterbehörde nur prozessual entschieden, kann die Berufungsbehörde nicht meritorisch entscheiden (VfSlg.5893; VwGH 13.5.1985, Zl.84/10/0064).

Geht eine Berufungsbehörde über diese Grenzen hinaus, so verletzt sie nicht nur die Zuständigkeitsvorschrift des § 66 Abs.4 AVG, sondern auch das Grundrecht auf das Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (VwSlgNf.9673A; VfSlg.88680; Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 6. Auflage, Rn.538 und die dort zitierte Judikatur).

Denn hat die Behörde zweiter Instanz darüber zu entscheiden, ob die von der Vorinstanz ausgesprochene Zurückweisung des Parteibegehrens dem Gesetz entspricht oder ob es Aufgabe dieser Instanz gewesen wäre, über den Antrag sachlich zu entscheiden, entscheidet sie aber in der Sache selbst und entfaltet sie damit eine Tätigkeit, die ihr angesichts des im Gesetz für diesen Fall vorgesehenen zweistufigen Verfahrens nicht zukommt, so wird die sachliche Prüfung des erhobenen Anspruchs auf eine Instanz beschränkt. Der Partei ist damit eine Instanz, und zwar die Berufungsinstanz genommen (VwGH vom 17.11.1972, Zl.2381/71).

4.4. Im gegenständlichen Fall ist daher Sache des Berufungsverfahrens der angefochtene verfahrensrechtliche Bescheid. Im Sinne der dargestellten Judikatur kann daher der unabhängige Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall nicht meritorisch entscheiden, sondern vielmehr (bloß) den angefochtenen Bescheid aufheben, weil Gegenstand der Berufungsentscheidung (sohin Sache im Sinn des § 66 Abs.4 AVG) nur die Frage ist, ob die Zurückweisung zu Recht erfolgte (VwSlg.8991A; Hauer-Leukauf, Handbuch des österr.

Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, S.516 zu § 66 AVG).

5. Im übrigen waren die weiteren Berufungsanträge abzuweisen, zumal sie insofern ebenfalls auf der gleichen unrichtigen Rechtsansicht beruhen (siehe oben Pkt. 4.2.1.

bis 4.2.4.), als sie die Anwendung des § 13 Abs.3 AVG im Ergebnis bejahen.

6. Aus allen diesen Gründen war daher der vorliegenden Berufung insofern Folge zu geben und der gegenständliche Zurückweisungsbescheid aufzuheben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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