Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-500054/10/Schi/Ka

Linz, 03.07.1996

VwSen-500054/10/Schi/Ka Linz, am 3. Juli 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt; Berichter:

Dr. Schieferer; Beisitzer: Dr. Fragner) über die Berufung der H T GmbH (früher E P Ges.m.b.H.), Standort vertreten durch Rechtsanwalt Dr. E S, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes vom 29. Dezember 1995, VerkGe-010.109/14-1995/Sie, wegen Entzug der Konzession zum Betrieb des Mietwagengewerbes mit drei Omnibussen, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl.Nr. 471/1995.

Entscheidungsgründe:

1.1. Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 29.12.1995, VerkGe-010.109/14-1995/Sie, der "H T GmbH" (früher E P GmbH) im Standort die Konzession zum Betrieb des Mietwagengewerbes mit 3 Omnibussen gemäß § 87 Abs.1 Z2 iVm § 13 Abs.3 GewO 1994 entzogen.

1.2. Entsprechend der Zustellverfügung wurde dieser Bescheid unter Ziffer 1 an die "H T GmbH" (früher E P GmbH), zu Handen Herrn Rechtsanwalt Dr. E S, gerichtet.

2. Mit Schreiben vom 16.1.1996 hat Rechtsanwalt Dr. E S namens der H T GmbH gegen diesen Bescheid Berufung erhoben und im wesentlichen ausgeführt, daß an und für sich im gegenständlichen Fall der zuständige Rechtsvertreter Dr. W sei, weshalb der gegenständliche Bescheid nicht ordnungsgemäß zugestellt worden wäre. Außerdem hätte Dr. W in einer Stellungnahme bekanntgegeben, daß die Abweisung des Konkursverfahrens ohne nähere Prüfung der Vermögensverhältnisse erfolgt sei, daß die Gesellschaft nach wie vor tätig sei und auch über hinreichendes Vermögen verfüge.

3.1. Der Landeshauptmann von als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt, bzw. keine Berufungsvorentscheidung erlassen, weshalb nunmehr der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung über die Berufung in der vorliegenden Rechtssache zuständig ist.

3.2. Gemäß § 67a Abs.2 AVG hat der unabhängige Verwaltungssenat durch eine Kammer, die aus drei Mitgliedern besteht, zu entscheiden. Im vorliegenden Fall hat daher die nach der Geschäftsverteilung zuständige 6. Kammer des O.ö.

Verwaltungssenates zu entscheiden.

3.3. Der O.ö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Amtes der O.ö.

Landesregierung zu Zl.VerkGe-010.109/14-1995/Sie; da aus diesem Akt in Verbindung mit dem Berufungsvorbringen der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien und mit der vorliegenden Berufung im Ergebnis lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde geltend gemacht wurde; weiters in Verbindung mit dem Umstand, daß bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß die Berufung zurückzuweisen war, konnte im übrigen gemäß § 67d Abs.1 AVG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 66 Abs.4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden.

Gemäß § 10 AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet ein Rechtsanwalt oder Notar ein, so ersetzt die Berufung auf die ihm erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis (Abs.1).

Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis richten sich nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs.3 AVG von Amts wegen zu veranlassen (Abs.2).

4.2. Die Bestellung eines Vertreters wird mit der Vorlage der schriftlichen Vollmacht oder mit der mündlichen Erteilung der Vollmacht vor der Behörde dieser gegenüber wirksam (VwSlg.NF 1367 A, 7081 A). Nach dem VfGH bedarf eine Vollmacht der Annahme durch den Bevollmächtigten (VfGH 21.6.1989, B 461/89). Der Verwaltungsgerichtshof unterscheidet zwischen dem Bestehen eines Vollmachtsverhältnisses und dessen Nachweis; demnach ist ein einschreitender Bevollmächtigter zunächst auch dann zuzulassen, wenn er das Bestehen eines Vollmachtsverhältnisses nicht nachzuweisen vermag (§ 10 Abs.1 AVG). Durch eine nachträgliche Vorlage der Vollmacht können diesfalls gesetzte Verfahrenshandlungen geheilt werden (VwSlg.NF 10.641 A; VwGH 18.6.1990, Zl.90/10/0035).

Wird ein Vollmachtsverhältnis erst nach Vornahme einer Verfahrenshandlung begründet, so ist eine Sanierung nach der jüngeren Judikatur nicht möglich (VwSlg.NF 10641 A; VwGH 4.7.1989, Zl.88/08/0290).

Die Beendigung eines Bevollmächtigungsverhältnisses wird der Behörde gegenüber erst wirksam, wenn sie ihr mitgeteilt wurde (VwSlG.NF 9598 A; VwGH 25.11.1980, Zl.3219/80). Aus § 1025 ABGB leitet der VwGH aber ab, daß ein Vertreter auch nach Aufkündigung der Vollmacht unaufschiebbare Handlungen wirksam setzen kann (VwSlg. NF 11618 A).

Die Bestellung eines Vertreters bewirkt, daß die Behörde Verfahrenshandlungen gegen den Vertreter zu setzen hat; diesem ist daher im Ermittlungsverfahren Gehör zu gewähren bzw zuzustellen (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österr.

Verwaltungsverfahrensrechts, 6. Auflage, Rn. 142).

4.3. Aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich, daß das gegenständliche Entziehungsverfahren der Gewerbeberechtigung von der belangten Behörde nicht im direkten Verkehr mit der Gesellschaft durchgeführt worden war; vielmehr hat sich die belangte Behörde diesbezüglich (zur Wahrung des Parteiengehörs) der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn bedient. Letztere hat sodann (über Auftrag der belangten Behörde) der Berufungswerberin, zu Handen ihres ausgewiesenen Vertreters, Rechtsanwalt Dr. G W, L, das Ermittlungsergebnis zur Kenntnis gebracht. Die Gesellschaft hat sich auch in der diesbezüglichen abschließenden Stellungnahme vom 6.9.1994 zum Konzessionsentziehungsverfahren im Wege ihres Rechtsvertreters Dr. G W geäußert.

4.4. Der angeführte Konzessionsentziehungsbescheid vom 29.12.1995 des Landeshauptmannes von Oberösterreich wurde jedoch der "H T GmbH" (früher E P GmbH) z.Hd. Herrn Rechtsanwalt Dr. E S, zugestellt, ohne daß sich im Akt irgendein Hinweis auf ein Vollmachtsverhältnis befindet.

Dieser hat mit Schriftsatz vom 16.1.1996 gegen den Konzessionsentziehungsbescheid (vorsorglich) Berufung eingebracht und ua eine nicht ordnungsgemäße Zustellung des gegenständlichen Bescheides geltend gemacht, zumal in diesem Verfahren der "zuständige Rechtsvertreter" Rechtsanwalt Dr.

W wäre.

4.5. Im vorgelegten Verwaltungsakt befindet sich lediglich auf einem Zettel ein Vermerk folgenden Inhaltes: "Laut tel.

Unterredung mit Rechtsanwalt Dr. W, Linz, vom 21.12.1995, teilt dieser mit, daß der Bescheid bezüglich Entzug der Gewerbeberechtigung seinem Kollegen in Salzburg (Herrn Dr.

S) zugestellt werden soll, da dieser die jetzige Firma offensichtlich vertritt." Zufolge der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird die Kündigung einer Vollmacht eines Parteienvertreters der Behörde gegenüber erst wirksam, wenn sie ihr (nachweislich) mitgeteilt wird (VwGH 31.5.1989, 89/01/0104). Weiters bewirkt die Zustellung eines Bescheides an den bloß vermeintlichen Zustellungsbevollmächtigten nicht die Bescheiderlassung (VwGH 24.4.1985, 83/11/149).

4.6. Aufgrund dieser Unklarheiten hat der O.ö.

Verwaltungssenat ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durchgeführt und entsprechende Schreiben an Rechtsanwalt Dr.

G W sowie Rechtsanwalt Dr. E S und an die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn gerichtet. Während die beiden angeführten Rechtsanwälte dieses Schreiben unbeantwortet gelassen haben, hat die Bezirkshauptmannschaft Braunau mit Schreiben vom 17.5.1996, VerkGe-01-132-1994, darauf hingewiesen, daß aus den der Bezirkshauptmannschaft zur Verfügung stehenden Unterlagen nicht auf ein Vollmachtsverhältnis zwischen der H T GmbH (früher E P GmbH) und Herrn Dr. E S geschlossen werden kann und sich auch keine Aufkündigung des Vollmachtsverhältnisses zwischen der GmbH und Dr. G W ergibt.

5.1. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (24.4.1985, 83/11/0149) bewirkt die Adressierung einer Erledigung und ihre Zustellung an den bloß vermeintlichen Zustellungsbevollmächtigten nicht die Bescheiderlassung.

5.2. Unbeschadet der widersprüchlichen Judikatur des VwGH hinsichtlich der Heilungsmöglichkeit von gesetzten Verfahrenshandlungen durch nachträgliche Vorlage einer Vollmacht (vgl. oben Punkt 4.2.) wurde im vorliegenden Fall zu keinem Zeitpunkt eine Vollmacht von Rechtsanwalt Dr. E S vorgelegt bzw hat er sich selbst nie auf eine solche berufen oder sonst in irgendeiner Form geltend gemacht, sodaß jedenfalls in dem ggst. Entziehungsverfahren von einem Vollmachtsverhältnis zwischen der GmbH und Herrn Rechtsanwalt Dr. E S nicht gesprochen werden kann. Selbst der telefonische Hinweis des Rechtsanwaltes Dr. W, wonach Rechtsanwalt Dr. E S in S "offensichtlich" die jetzige Firma vertritt, kann keinesfalls ein diesbezügliches Vollmachtsverhältnis begründen.

Dazu kommt noch, daß der für ein Verfahren Bevollmächtigte nur mit dem Willen der Partei auch in einem anderen Verfahren als Bevollmächtigter angesehen werden kann (VwGH8.9.1982, 82/03/0018). Aus diesem Grund konnte auch aus dem Umstand, daß RA Dr. S die Gesellschaft im Verfahren betreffend Zurückweisung des Ansuchens vom Ausschluß von der Gewerbeausübung, welches beim O.ö. Verwaltungssenat unter Zl. VwSen-500053 anhängig war, vertreten hat, nichts gewonnen werden, zumal ein entsprechender Parteiwillen nirgends bekundet worden war.

5.3. Dies bedeutet sohin, daß der angefochtene "Bescheid" überhaupt nicht rechtswirksam erlassen worden ist und sohin keine Rechtswirkungen entfalten konnte; es war sohin insofern von einem Nichtbescheid auszugehen.

5.4. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist aber eine Berufung als unzulässig anzusehen, wenn die Prozeßvoraussetzungen zu ihrer Erhebung fehlen, dh wenn sie sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, der gar nicht als Bescheid anzusehen ist; weiters wenn die Rechtsmittellegitimation (hier: des Parteienvertreters mangels Bevollmächtigung) fehlt.

5.5. Der O.ö. Verwaltungssenat würde die Grenzen seiner (funktionellen) Zuständigkeit überschreiten, wenn er einen im Zeitpunkt der Erlassung seines Bescheides nicht (mehr) existenten Bescheid der Erstinstanz aufrechterhalten würde, anstatt die Berufung infolge Fehlens eines Anfechtungsgegenstandes als unzulässig zurückzuweisen (VwGH 9.7.1985, Zl.83/07/0227; 24.3.1987, Zl.87/05/0046). Da im übrigen bislang eine rechtswirksame Zustellung des Bescheides nicht erfolgt ist, mußte die Berufung mangels eines bekämpfbaren Bescheides als unzulässig zurückgewiesen werden (VwGH 4.7.1989, 88/05/0225).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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