Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-500081/10/Kl/Rd

Linz, 21.09.2000

VwSen-500081/10/Kl/Rd Linz, am 21. September 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Konrath, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Berufung des S , vertreten durch Rechtsanwälte, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von vom 17.2.2000, VerkGe-230.275/4-2000-Sie/St, wegen Abweisung des Antrages um Erteilung der Nachsicht von der Erbringung des Befähigungsnachweises zur Ausübung des Güterbeförderungsgewerbes (Güterfernverkehr), eingeschränkt auf das Abschleppen von Kraftfahrzeugen, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 13.9.2000 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4, 67a und 67d AVG iVm § 13 AVG und §§ 2, 3 und 5 Güterbeförderungsgesetz 1995 - GütbefG, BGBl.Nr. 593/1995 idF BGBl. I Nr. 17/1998.

Entscheidungsgründe:

1. Der Bw hat am 1.12.1999 um Nachsicht von der Erbringung des Befähigungsnachweises aufgrund hinreichender tatsächlicher Befähigung iSd § 28 Abs.1 Z2 GewO 1994 zum Zweck der Gewerbeanmeldung für das Gewerbe "Güterbeförderung, befristet auf das Abschleppen von Kraftfahrzeugen" angesucht. Der Antrag wurde damit begründet, dass er seit September 1989 im elterlichen Betrieb, S in K mit einschlägigen Arbeiten betraut sei und kaufmännische Kenntnisse durch eine Lehrabschlussprüfung als Einzelhandelskaufmann vorliegen. Weiters wurden örtliche Verhältnisse für die Nachsichtserteilung geltend gemacht, weil im Gemeindegebiet von K und in nächster Umgebung kein derartiger Betrieb etabliert ist und oft rasche Hilfe notwendig ist.

Nach Durchführung des Anhörungsverfahrens wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von vom 17.2.2000, VerkGe-230.275/4-2000-Sie/St, dem Ansuchen "um die Erteilung der Nachsicht von der Erbringung des Befähigungsnachweises zur Ausübung des Güterbeförderungsgewerbes (Güterfernverkehr), eingeschränkt auf das Abschleppen von Kraftfahrzeugen", im Grunde des § 28 Abs.1 Z2 GewO 1994 iVm § 5 Abs.4 GütbefG 1995 keine Folge gegeben. In der Begründung wurde ausgeführt, dass der Nachsichtswerber der Behörde den Nachweis einer vierjährigen fachlichen Tätigkeit im Güterbeförderungsgewerbe selbst oder Spediteursgewerbe anhand einer Versicherungszeitenbestätigung nicht nachweisen konnte und auch die entsprechende Prüfung zum Nachweis der fachlichen Eignung nicht abgelegt wurde. Der Beweis der erfolgreich abgelegten Lehrabschlussprüfung als Einzelhandelskaufmann bzw eine Arbeitsbestätigung der Fa. S und Gesellschafter konnten die Behörde keinesfalls in die Lage versetzen, anzunehmen, dass aufgrund dieser Tätigkeiten eine hinreichende tatsächliche Befähigung für das Güterbeförderungsgewerbe vorliegt.

2. In der dagegen eingebrachten Berufung wurde das Vorliegen sämtlicher Tatbestandsmerkmale des § 28 Abs.1 Z2 GewO 1994 behauptet, insbesondere sei aufgrund der Ausbildung und der bisherigen beruflichen Tätigkeit eine hinreichende tatsächliche Befähigung gegeben. Der Bw habe die Lehrabschlussprüfung als Einzelhandelskaufmann erfolgreich abgelegt und sei seit September 1989 im elterlichen Betrieb mit kaufmännischen Tätigkeiten befasst. Er verfüge daher über praktische Erfahrungen auf den in der Stellungnahme der Wirtschaftskammer vom 11.1.2000 angeführten Tätigkeitsbereichen wie Versicherungsrecht, Buchhaltung, Lohnverrechnung, Kalkulation sowie Angebots- und Rechnungswesen, Tarifvorschriften, Tarifempfehlungen und Handelsbräuche, Betriebsführung, Steuerrecht und Arbeitsrecht. Hinsichtlich spezieller Kenntnisse auf Sachgebieten des Güterfernverkehrs sei zu berücksichtigen, dass sich das Nachsichtsansuchen ausdrücklich auf das Abschleppen von Kraftfahrzeugen beschränkt. Diesbezüglich verfüge er über entsprechend langjährige praktische Erfahrung und aufgrund der erworbenen Lenkberechtigungen auch über entsprechende Kenntnisse der einzuhaltenden Rechtsvorschriften. Wie sich aber aus der Einschränkung des Antrages auf das Abschleppen von Kraftfahrzeugen ergibt, sind Kenntnisse der CMR-Vorschriften nicht erforderlich. Die Anforderungen an die tatsächliche Befähigung haben sich am Umfang des konkreten Nachsichtsansuchens zu orientieren. Wird die Nachsicht nur für eine Teiltätigkeit eines Gewerbes beantragt, ist auch die tatsächliche Befähigung im Hinblick auf die Teiltätigkeit zu überprüfen.

3. Der Landeshauptmann von als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt.

Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch die Akteneinsichtnahme sowie durch die Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 13.9.2000, zu welcher der Bw und sein Rechtsvertreter, die belangte Behörde sowie ein Vertreter der Wirtschaftskammer als Sachverständiger geladen wurden.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung berief sich der Bw auf seinen Antrag vom 1.12.1999, mit dem er lediglich um eine eingeschränkte Gewerbeausübung, nämlich Abschleppen von Kraftfahrzeugen angesucht hat. Weiters gab er an, dass nur im Umkreis von 65 km vom Standort, also in der nächsten Umgebung, Fahrzeuge abgeschleppt werden sollen. Schließlich verfügt er über ein Abschleppfahrzeug von 1,5t Nutzlast, mit welchem er die Abschleppung von Kraftfahrzeugen durchführen möchte. Er möchte daher das Güterbeförderungsgewerbe im Güternahverkehr ausüben. Eine grenzüberschreitende Güterbeförderung ist von ihm nicht beabsichtigt. Die von der Behörde erster Instanz nachträglich erfolgte Korrektur seines Antrages auf das Güterbeförderungsgewerbe (Güterfernverkehr) ist nicht antragsgemäß. Antragsgemäß möchte der Bw das Abschleppen von Kraftfahrzeugen mit dem Abschleppfahrzeug von 1,5t Nutzlast zur Werkstätte durchführen, so wie es bisher schon im Werksverkehr ausgeübt wurde.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 2 Güterbeförderungsgesetz 1995 darf die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen nur aufgrund einer Konzession ausgeübt werden, sofern dieses Bundesgesetz nichts anderes bestimmt. Konzessionen dürfen nur für folgende Arten der gewerbsmäßigen Güterbeförderung erteilt werden:

1) für die Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen im Nahverkehr (Güternahverkehr);

2) für die Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen im Fernverkehr (Güterfernverkehr).

Güternahverkehr liegt vor, wenn ein Gut innerhalb der Nahverkehrszone, das ist innerhalb eines Umkreises mit einem Radius von 65 km, gemessen in der Luftlinie von dem für die Ausübung des Gewerbes in Aussicht genommenen Standort oder wenn die Fahrt über die Nahverkehrszone hinausgeht, auf einer Strecke von höchstens 110 Straßenkilometern befördert wird, wobei die Be- oder Entladestelle innerhalb des Umkreises liegen muss (Stichfahrt).

Gemäß § 5 Abs.1 Z3 GütbefG darf die Konzession nur erteilt werden, wenn neben den allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung eines bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbes die fachliche Eignung (Befähigungsnachweis) vorliegt.

Der VwGH hat in ständiger Judikatur entschieden, dass bei der Beurteilung von Parteienanbringen grundsätzlich der Inhalt des Anbringens, das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes maßgebend ist. Für die Beurteilung des Charakters eines Anbringens ist sein wesentlicher Inhalt, der sich aus dem gestellten Antrag erkennen lässt und die Art des in diesem gestellten Begehrens maßgeblich. Es kommt nicht auf Bezeichnungen und zufällige Verbalformen an, sondern auf den Inhalt des Anbringens, das erkennbare oder zu erschließende Ziel eines Parteischrittes. Ist erkennbar, dass ein Antrag entgegen seinem Wortlaut auf etwas anderes abzielt, kommt es auf die erkennbare Absicht des Einschreiters an. Hat ein Anbringen einen unklaren oder einen nicht genügend bestimmten Inhalt, so hat die Behörde den Gegenstand des Anbringens von Amts wegen zu ermitteln (Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 166 mN). Weiters hat der VwGH ausgesprochen, dass bei antragsbedürftigen Verwaltungsakten es unzulässig ist, entgegen dem erklärten Willen der Partei ihrem Begehren eine Deutung zu geben, die aus dem Wortlaut des Begehrens nicht unmittelbar erschlossen werden kann, mag auch das Begehren, so wie es gestellt worden ist, von vornherein aussichtslos oder gar unzulässig sein (Hauer-Leukauf, S. 167, E9c).

Der gestellte Antrag vom 1.12.1999 bezieht sich auf das Gewerbe "Güterbeförderung, befristet auf das Abschleppen von Kraftfahrzeugen" und lässt die Art der gewerbsmäßigen Güterbeförderung, nämlich Güternahverkehr oder -fernverkehr, offen. Im Sinne der vorzitierten Judikatur des VwGH ist daher das Anbringen unklar und es wäre an der Behörde gelegen gewesen, von Amts wegen den Gegenstand des Anbringens zu ermitteln. Jedenfalls war es aber unzulässig, dem Antrag eine Deutung auf Güterfernverkehr zu geben, welche aber aus dem Wortlaut des Ansuchens nicht unmittelbar erschlossen werden kann. Vielmehr geht aus der weiteren Begründung des Antrages hervor, dass in nächster Umgebung kein Unternehmen Abschleppdienste durchführt, was eher für einen Güternahverkehr spricht.

Der Bw hat seinen Antrag nunmehr in der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung präzisiert. Danach soll das Gewerbe im Güternahverkehr, eingeschränkt auf das Abschleppen von Kraftfahrzeugen, eingeschränkt auf ein Abschleppfahrzeug mit 1,5t Nutzlast durchgeführt werden. Über einen solchen Antrag hat die belangte Behörde bislang nicht abgesprochen. Es wird daher über diesen Antrag im weiteren Rechtsgang zu entscheiden sein.

Der angefochtene Bescheid hingegen wurde ohne einen entsprechenden Antrag erlassen. Dies ist nach der Judikatur des VwGH unzulässig. Es war daher der Bescheid ersatzlos aufzuheben.

Weil es sich aber um keine Antragsänderung sondern um eine Präzisierung eines ursprünglichen Antrags handelt, war auch § 13 Abs.8 AVG bzw § 37 letzter Satz AVG nicht anzuwenden. Im Übrigen stellt die Änderung von Güterfernverkehr auf Güternahverkehr eine Änderung der Sache ihrem Wesen nach dar, sodass keine Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates in der Sache selbst zu treffen war, weil mit einer solchen Entscheidung letztlich eine Instanz übersprungen werden würde und dem Bw dadurch der Instanzenzug verkürzt werden würde.

5. Aus verfahrensökonomischen Gründen wird die belangte Behörde darauf hingewiesen, dass die Behörde in der Regel erst dann rechtsirrtumsfrei beurteilen kann, ob eine hinreichende tatsächliche Befähigung des Nachsichtswerbers im Einzelfall vorliegt, wenn sie ein entsprechendes Ermittlungsverfahren durchführt. Zur Ermittlung des danach maßgeblichen Sachverhaltes hat die Behörde allenfalls auch einen Sachverständigenbeweis - auch in Gestalt einer informativen Befragung des Nachsichtswerbers durch den Sachverständigen - aufzunehmen. Aus dem bloßen Nichtbesuch von Schulen, die für den Nachweis der vollen Befähigung erforderlich gewesen wären, allein darf die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung noch keinen negativen Schluss auf das Fehlen der tatsächlichen Befähigung bzw der fachtheoretischen Kenntnisse des Nachsichtswerbers ziehen (vgl. Grabler-Stolzlechner-Wendl, Gewerbeordnung, Kommentar, Springer Verlag, Seite 143f, mJN).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 €) zu entrichten.

Dr. Konrath

Beschlagwortung:

unklarer Antrag, Erhebung des Parteiwillens, Unzuständigkeit der Behörde

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