Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103307/2/Br

Linz, 23.11.1995

VwSen-103307/2/Br Linz, am 23. November 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier, über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung der Frau D P, B 82, G, vertreten durch die Rechtsanwälte Dres. W. u. M. R, H, betreffend das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems, vom 2. Oktober 1995, Zl.: VerkR96-359-1995, wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe F o l g e gegeben, daß die Geldstrafe auf 4.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 90 Stunden ermäßigt wird.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr.51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm § 19 Abs.1 und 2, § 24 und § 51 Abs.1 § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 620/1995 - VStG.

II. Für das erstinstanzliche Verfahren ermäßigen sich die Kosten demnach auf 400 S. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems hat mit dem Straferkenntnis vom 2. Oktober 1995, Zl.: VerkR96-359-1995, wegen der Übertretungen nach § 52 lit.a Z10 lit.a StVO 1960 über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 5.000 S und für den Nichteinbringungsfall fünf Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil sie am 14. November 1994 um 09.28 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen auf der P im Gemeindegebiet von R, Strkm. 83,160 in Richtung L gelenkt und die durch Vorschriftszeichen kundgemachte erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h dadurch mißachtet habe, daß sie die erlaubte Höchstgeschwindigkeit um 57 km/h überschritt.

1.1. Begründend hat die Erstbehörde zur Frage der Strafzumessung im wesentlichen ausgeführt, daß gerade eine derart hohe Fahrgeschwindigkeit immer wieder die Ursache für schwere Verkehrsunfälle sei. Es handle sich hier um eine schwere Verwaltungsübertretung. Diese Übertretung sei demnach mit entsprechender Strenge zu ahnden gewesen.

Mildernd sei die Geständigkeit der Berufungswerberin, erschwerend jedoch das hohe Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung gewesen.

2. Die Berufungswerberin führte in ihrer durch ihre ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung folgendes aus:

"Gegen das umseits näher bezeichnete Straferkenntnis, welches meinen Rechtsanwälten am 4. 10. 1995 zugestellt wurde erhebe ich fristgerecht B E R U F U N G an die zuständige Oberbehörde (gemeint wohl Berufungsbehörde; ein UVS ist keine Oberbehörde).

Zum Sachverhalt selbst verweise ich auf meine Stellungnahme vom 23.8.1995, die ich ausdrücklich aufrecht erhalte und wiederhole ich auch die diesbezüglichen Ausführungen. Ich bin der Meinung, daß es sich hier um ein einmaliges Versehen meinerseits handelt bzw. um das Übersehen einer Geschwindigkeitsbeschränkungstafel, wobei ich mir bis heute nicht erklären kann wie dies geschehen konnte. Ich verweise auch nochmals darauf, daß keine Gefahrensituation geschaffen wurde, und daß ich mit dem Fahrzeug völlig allein auf dem betreffenden Autobahnstück unterwegs war, wie sich dies auch aus dem Radarbild eindeutig ergibt. Da ich die Geschwindigkeitsbeschränkungstafel nicht gesehen habe, kann mir auch der Umfang der Geschwindigkeitsüberschreitung nicht gesondert vorgeworfen werden. Wie sich aus dem Radarlichtbild ergibt, handelt es sich um eine völlig gerade und übersichtliche und breite Autobahnstrecke, sodaß ich eben davon ausgegangen bin, daß eine Geschwindigkeit von 130 km/h zulässig ist. Diese Geschwindigkeit habe ich nicht ausgeschöpft, sondern eine Geschwindigkeit im Bereich von 110 bis 120 km/h eingehalten, also deutlich unter dem auf Autobahnen erlaubten Geschwindigkeitslimit. Ich kann heute natürlich auch nicht sagen ob die Tafeln allenfalls damals verstellt waren oder verdeckt waren oder allenfalls beschädigt waren. Ich kann diesbezüglich allerdings auch keinen konkreten Beweis erbringen, wobei ich allerdings darauf verweise, daß sich aus dem Radarlichtbild selbst keine Geschwindigkeitsbeschränkungstafel ersehen läßt. Im Hinblick auf den Inhalt der Anzeige habe ich jedoch den Sachverhalt als richtig zugegeben und beantrage ich auch mit dieser Berufung keine Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens, sondern angemessene Herabsetzung der verhängten Geldstrafe. Dabei wäre auch meine verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit zu berücksichtigen und meine geständige Verantwortung und Schuldeinsicht und die Höhe meines Einkommens.

Unter Berücksichtigung all dieser Umstände scheint eine Geldstrafe in der Größenordnung von S 1.000,-- angemessen, nicht jedoch darüber.

Ich stelle daher zusammengefaßt den A N T R A G Die zuständige Oberbehörde wolle meiner Berufung Folge geben und das bekämpfte Straferkenntnis dahingehend abändern, daß die verhängte Geldstrafe entsprechend reduziert wird bzw.

angemessen herabgesetzt wird.

Auf die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung vor dem UVS wird ausdrücklich verzichtet.

G, 18.10.1995 D P" 3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war angesichts der nur gegen das Ausmaß der verhängten Strafe gerichteten Berufung sowie des gesonderten Verzichtes nicht erforderlich (§ 51e Abs.2 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems, Zl.: VerkR96-359-1995. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt in ausreichender und schlüssiger Weise.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat folgendes erwogen:

5.1. Vorweg ist festzustellen, daß es für eine derart eklatante Geschwindigkeitsüberschreitung objektiv grundsätzlich keine wie immer geartete Rechtfertigung bzw.

Entschuldigung gibt. Der Raserei auf den Straßen und der damit einhergehenden Gefahrenpotenzierung ist mit spürbaren Strafen zu begegnen. Auch general- und spezialpräventive Gründe erfordern eine strenge Bestrafung (vgl. auch VwGH 18.

September 1991, Zlen. 91/03/0043, 91/03/0250). Ein Fahrzeuglenker kann sich nicht schuldmildernd auf ein "Übersehen eines Verkehrszeichens" berufen. Es ist amtsbekannt, daß dieses Verkehrszeichen gut sichtbar aufgestellt ist.

5.2. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Konkret wird zur Strafzumessung ausgeführt, daß, wie auch die Erstbehörde zutreffend ausführte, der Tatunwert derartiger Übertretungen hoch ist und insbesondere darin liegt, daß mit dem Überschreiten der erlaubten Höchstgeschwindigkeiten erwiesenermaßen eine erhebliche Gefahrenpotenzierung und somit erhöhte Unfallsneigung ausgeht. Diese gründet beispielsweise darin, daß bei der von der Berufungswerberin getätigten Geschwindigkeitsüberschreitung der Anhalteweg um über 77 Meter verlängert gewesen wäre. Während dieser bei Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h bei einer starken Bremsung (= 6,5 m/sek/2, einer Sekunde Reaktionszeit und 0,2 Sekunden Bremsschwellzeit) etwas über 39 Meter beträgt, liegt dieser bei der von der Berufungswerberin gefahrenen Geschwindigkeit unter diesen Bedingungen bei über 117 Metern. Jene Stelle, wo ein Fahrzeug bei der Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit zum Stillstand gelangt, wird bei der von der Berufungswerberin gefahrenen Geschwindigkeit noch mit 84 km/h passiert. (Berechnung mittels "EVU-Unfallsrekonstruktionsprogramm v. Prof. Dr. Gratzer).

Diesem Ergebnis liegt zugunsten der Berufungswerberin schon die Berücksichtigung einer Verkehrsfehlergrenze von 6 km/h zugrunde. Immerhin darf jedermann darauf vertrauen, daß andere Verkehrsteilnehmer die Vorschriften des Straßenverkehrs einhalten (Vertrauensgrundsatz). Wenn andere Verkehrsteilnehmer demzufolge ihr Verhalten entsprechend einrichten ist es nur unschwer nachvollziehbar, daß es bei Geschwindigkeitsüberschreitungen leicht zu nicht mehr beherrschbaren Konstellationen kommen kann, selbst wenn diese vom Schnellfahrer nicht unmittelbar herbeigeführt wurden. Dies sind eben dann jene Verkehrsunfälle die sich nicht zugetragen hätten, wären die Vorschriften eingehalten worden; die Unfallskausalität liegt (auch) in einer derartigen Schutznormverletzung begründet.

6.2. Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung auf Autobahnen im Ausmaß von 50 km/h hat etwa auch der Verwaltungsgerichtshof eine Strafe in der Höhe von 4.000 S als durchaus angemessen erachtet. Selbst wenn sonst keine nachteiligen Folgen mit der Übertretung verbunden gewesen sind (VwGH 91/03/0014, 13.2.1991). Demnach scheint hier die Verhängung einer empfindlichen Strafe insbesondere aus generalpräventiven Überlegungen indiziert. Bei der Ausschöpfung des Strafrahmens im Ausmaß von 40% wird durchaus noch mit Augenmaß vorgegangen.

6.2.1. Der Berufungswerberin ist jedoch ihre relative Unbescholtenheit trotzdem noch als Milderungsgrund zugutezuhalten. Eine einzige Bestrafung wegen der Übertretung nach § 24 Abs.1 lit.n im Jahre 1992 läßt durchaus noch den Schluß zu, daß die Berufungswerberin sich grundsätzlich mit den Werten des Straßenverkehrs verbunden erachtet.

6.3. In dem von der Berufungswerberin beantragten Ausmaß war angesichts des hohen Unwertgehaltes der Übertretung der Berufung der Erfolg jedoch zu versagen. Insbesondere kann darin nicht gefolgt werden, daß es für die Strafzumessung von Bedeutung wäre, inwieweit auf dem Radarbild ein weiteres Fahrzeug sichtbar ist oder nicht. Die Geschwindigkeitsüberschreitung wirkt doch nicht bloß auf den Moment der Messung.

6.4. Die Berufungswerberin wird an dieser Stelle auf die Möglichkeit der Stellung eines Ratenansuchens bei der Erstbehörde hingewiesen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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