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des Landes Oberösterreich
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VwSen-500094/3/Ga/Km

Linz, 24.01.2002

VwSen-500094/3/Ga/Km Linz, am 24. Jänner 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 5. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Konrath, dem Berichter Mag. Gallnbrunner und dem Beisitzer Dr. Schön über die Berufung des F B, vertreten durch Mag. W L, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 16. November 2001, Zl. VerkGe-230.350/4-2001-Pil/Re, wegen Erteilung der Nachsicht von der Erbringung des Befähigungsnachweises zur Ausübung des Güterbeförderungsgewerbes, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben; der angefochtene Bescheid wird aufgehoben und die Nachsichtsangelegenheit zur Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an den Landeshauptmann von Oberösterreich verwiesen.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.2, § 67a Abs.1 erster Satz Z1 und Abs.1 zweiter Satz AVG.

Entscheidungsgründe:

Mit bezeichnetem Bescheid vom 16. November 2001 wurde dem Antrag des Berufungswerbers auf Erteilung der Nachsicht von der Erbringung des Befähigungs-

nachweises zur Ausübung des Güterbeförderungsgewerbes im grenzüberschreitenden Güterverkehr keine Folge gegeben.

Begründend zur abschlägigen Entscheidung über den Antrag des Nachsichts-

werbers vom 29. Mai 2001 wurde im wesentlichen ausgeführt, dass - nach durch-

geführtem Ermittlungsverfahren zum Vorliegen einer hinreichend tatsächlichen Befähigung des Nachsichtswerbers im Sinne des § 28 Abs.1 Z2 GewO; der Nach-

sichtsgrund der vollen Befähigung im Sinne des § 28 Abs.1 Z1 GewO habe von vornherein nicht angenommen werden können - der Einschreiter "keinerlei" Kennt-

nisse, Fähigkeiten und Erfahrungen in Bezug auf das angestrebte Gewerbe habe ins Treffen führen können und eine Verifizierung der tatsächlich vorhandenen Kennt-

nisse, welche für die Beurteilung des Vorliegens der für die Nachsichtserteilung erforderlichen Voraussetzungen notwendig sei, "angesichts der fehlenden Zustimmung für eine informative Befragung nicht" habe stattfinden können.

Dieses so ausgeführte, für die negative Bescheidung erkennbar wesentliche Begründungselement findet im zugleich mit der Berufung vorgelegten Verfahrensakt der belangten Behörde keine Stütze.

Nach Ausweis der Aktenlage hat die Wirtschaftskammer Oberösterreich, Fachgruppe Güterbeförderungsgewerbe, eine informelle Befragung des Nachsichtswerbers angeregt. In ihrer Stellungnahme vom 18. Juni 2001 zum Nachsichtsantrag führte die Fachgruppe aus:

"Aus den vorliegenden Unterlagen ist aus unserer Sicht wohl eine sehr umfangreiche Praxis als Lkw-Lenker ersichtlich; hinsichtlich der unternehmerischen (kaufmännisch-rechtlichen) Praxis ist der bisherige Praxisnachweis unseres Erachtens jedoch noch nicht ausreichend vorhanden, sodass wir empfehlen, dass die Behörde im Rahmen einer informellen Befragung diesen Bereich mit dem Nachsichtswerber klärt."

Daraufhin wurde der Nachsichtswerber von der belangten Behörde mit Schreiben vom 27. Juli 2001 aufgefordert, bekannt zu geben, ob er mit dieser Befragung einverstanden wäre. In seiner Antwort vom 8. August 2001 teilte der Berufungswerber mit näherer Begründung mit, dass er eine informelle Befragung im von der Fachgruppe angesprochenen Bereich nicht für notwendig erachte; im übrigen hielt der Berufungswerber seinen Nachsichtsantrag aufrecht.

Auf diese Mitteilung eingehend, verwies die belangte Behörde im Schreiben vom 28. August 2001 unter Wiedergabe einschlägiger Judikatur-Aussagen auf die verfahrensrechtliche Sinnhaftigkeit der in Rede stehenden informativen Befragung eines Nachsichtswerbers und hielt fest, dass nach ihrer Auffassung eine derartige Befragung auch in diesem Nachsichtsverfahren "zur tatsächlichen Klärung der Kennt-

nisse, Fähigkeiten und Erfahrungen im Zusammenhang mit dem angestrebten Gewerbe als unerlässlich" erscheine. Dieses Schreiben abschließend, führte die belangte Behörde noch aus:

"Sollten Sie dennoch mit einer derartigen Befragung nicht einverstanden sein, werden Sie eingeladen, dies dem Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Verkehr, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens mitzuteilen. In diesem Fall wäre Ihr Antrag möglicherweise abzuweisen, da die für eine Nachsichtserteilung notwendigen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen nicht in ausreichender Weise belegt wurden."

Weil der Berufungswerber innerhalb der gesetzten Frist - aus dogmatischer Sicht handelte es sich um eine von der Nachsichtsbehörde ausgemessene, variable Frist zur Stellungnahme im Rahmen des Parteiengehörs gemäß § 45 Abs.3 AVG - keine Äußerung abgab, schöpfte die belangte Behörde am 16. November 2001 den angefochtenen abschlägigen Bescheid, ohne ihn jedoch dem Expedit zuzuführen. Erst am 26. November 2001 wurde der angefochtene Bescheid reingeschrieben und an diesem Tag auch abgesendet; die Zustellung erfolgte am 29. November 2001 im Wege der Ersatzzustellung.

Noch vor Bescheiderlassung allerdings, nämlich am 23. November 2001, langte bei der Nachsichtsbehörde die mit 22. November 2001 datierte und eigenhändig unterfertigte Mitteilung des Nachsichtswerbers mit folgendem Inhalt ein:

"Sehr geehrter Herr P! Ich erkläre mich mit der von Ihnen vorgeschlagenen informellen Befragung einverstanden! Bitte um einen Termin."

Die Aktenlage lässt nicht erkennen, aus welchen Gründen diese Mitteilung keinerlei verfahrensrechtliche Behandlung mehr erfahren hat; die Begründung des angefochtenen - und erst drei Tage nach dem Einlangen dieser Mitteilung reingeschriebenen - Bescheides geht darauf nicht ein.

Im Ergebnis blieb ein Umstand, den die belangte Behörde selbst zum wesent-

lichen Faktor im vorliegenden Nachsichtsverfahren erklärt hatte, gänzlich ungewürdigt. Nach der ständigen Judikatur des VwGH sind jedoch Schriftsätze einer Partei, die im Rahmen des Parteiengehörs mit oder ohne Fristsetzung der Behörde bei dieser einlangen, bis zur Erlassung des Bescheides zu berücksichtigen, auch wenn der Bescheid schon vorher abgefertigt wurde.

Hat sich aber der Nachsichtswerber zu der von der Fachgruppe Güterbeförde-

rungsgewerbe zu Belangen der unternehmerischen (kaufmännisch-rechtlichen) Praxis angeregten - und von der belangten Behörde selbst als unerlässlich bezeichneten - informellen Befragung vor Erlassung des Ablehnungsbescheides ausdrücklich bereit erklärt und ist die belangte Behörde in der Begründung der Ablehnung des Nachsichtsantrages jedoch mit dem entscheidenden Gewicht davon ausgegangen, dass die Zustimmung des Nachsichtswerbers zur informellen Befragung nicht erteilt worden sei, so erweist sich der dem Oö. Verwaltungssenat in diesem Verfahren vorliegende Sachverhalt als insgesamt so mangelhaft, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch die belangte Behörde - zwecks Nachholung der informativen Befragung - unvermeidlich ist.

Deshalb war gleichzeitig die Zurückverweisung zur Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides zu verfügen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180,00 Euro (entspricht  2.476,85 S) zu entrichten.

Dr. Konrath

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