Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-500116/2/Kl/Pe

Linz, 03.10.2005

 

 

 

VwSen-500116/2/Kl/Pe Linz, am 3. Oktober 2005

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine IX. Kammer (Vorsitzender: Mag. Dr. Steiner, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzerin: Mag. Bismaier) über die Berufung des Herrn C W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M Z, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 9.6.2005, VerkGe-300.942/2-2005-Kö, betreffend die Ausstellung einer EU-Gemeinschaftslizenz für den Güterkraftverkehr zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass dem Ansuchen des Herrn C W, um Ausstellung einer EU-Gemeinschaftslizenz für den Güterkraftverkehr für ein (1) Kraftfahrzeug stattgegeben wird.

 

II. Der Berufungswerber hat eine Bundesverwaltungsabgabe in der Höhe von 6,50 Euro binnen 14 Tagen ab Rechtskraft dieses Bescheides bei sonstiger Exekution zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 1, 2, 4 Abs.1 Z2, 7 und 20 Abs.2 und 7 Güterbeförderungsgesetz 1995 - GütbefG, BGBl. Nr. 593/1995 idF BGBl. I Nr. 32/2002, §§ 94 Z63 und 375 Abs.4 Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994 idgF sowie §§ 407 und 412 HGB und Art. 1, 2, 3, 8 und 9 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92.

zu II.: § 78 AVG iVm §§ 1 und 4 und TP1 der Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983 - BVwAbgV, BGBl. Nr. 24/1983 idF BGBl. II Nr. 103/2005.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 28.4.2005 wurde vom Berufungswerber der Antrag auf Ausstellung einer EU-Gemeinschaftslizenz für den Güterkraftverkehr für ein Kraftfahrzeug gestellt.

Mit nunmehr angefochtenem Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 9.6.2005, VerkGe-300.942/2-2005-Kö, wurde dem Ansuchen des Berufungswerbers keine Folge gegeben. Dies wurde im Wesentlichen unter Bezugnahme auf § 37 Kraftfahrgesetz 1967 und § 7a Abs.2 Zulassungsstellenverordnung sowie § 170 Abs.1 GewO 1994 damit begründet, dass der Berufungswerber nicht über eine Konzession zur Ausübung des Güterbeförderungsgewerbes im grenzüberschreitenden Güterverkehr, wohl aber über das Gewerbe "Spediteure einschließlich der Transportagenten" verfügt. Er dürfe daher nur die in § 170 GewO 1994 geregelten Arten der Beförderung durchführen. Auch kann eine Zulassung des Kraftfahrzeuges "zur Verwendung für die gewerbsmäßige Beförderung bestimmt" mangels einer Bestätigung der zuständigen gesetzlichen Interessensvertretung nicht erfolgen, sondern nur eine Zulassung des Kraftfahrzeuges unter der besonderen Verwendungsbestimmung 23 "zur Verwendung bei Spediteuren bestimmt". Es ist daher ein Spediteur gemäß den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft und den österreichischen Rechtsvorschriften über den Zugang zum Beruf des Verkehrsunternehmers zur Durchführung des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs nicht berechtigt.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und in dieser die Ausstellung einer EU-Gemeinschaftslizenz für den Güterkraftverkehr für ein Kraftfahrzeug beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass der Einschreiter über eine Konzession für das Gewerbe "Spediteure einschließlich der Transportagenten" verfügt, und gemäß der Bestimmung des § 4 Abs.1 Z2 GütbefG eine Konzession oder die Anmeldung eines besonderen Gewerbes nicht erforderlich ist. Hier sind sowohl der innerstaatliche Güterverkehr als auch der grenzüberschreitende Güterverkehr miterfasst. Es lässt sich dem GütbefG in seiner Gesamtheit nicht entnehmen, dass Spediteure nur zum innerstaatlichen Güterverkehr berechtigt sind. Auch die angeführten Bestimmungen über die Verwendung der Fahrzeuge ändern daran nichts. Spediteure müssen über keine eigenen Fahrzeuge verfügen, sie können auch im eigenen Namen Fahrzeuge anmieten. Der Berufungswerber ist in Österreich rechtmäßig niedergelassen und daher zum grenzüberschreitenden Güterverkehr berechtigt.

 

3. Der Landeshauptmann von Oberösterreich als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Akt vorgelegt.

 

Gemäß § 20 Abs.2 und Abs.7 GütbefG ist der Unabhängige Verwaltungssenat zuständig, der gemäß § 67a Abs.1 Satz 3 AVG durch eine Kammer, die aus drei Mitgliedern besteht, zu entscheiden hat.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Weil bereits aus der Aktenlage feststeht, dass die Berufung Erfolg hatte und im Übrigen eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt wurde, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 67d Abs.2 AVG entfallen.

 

Aus dem im erstbehördlichen Akt befindlichen Gewerberegisterauszug ist zu entnehmen, dass der Berufungswerber im Besitz einer aufrechten Gewerbeberechtigung für das reglementierte Gewerbe "Spediteure einschließlich der Transportagenten" mit Wirksamkeit vom 18.4.2005 für den Standort ist.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 1 Abs.1 GütbefG 1995 gilt dieses Bundesgesetz für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen des Straßenverkehrs durch Beförderungsunternehmen und für den Werkverkehr mit solchen Kraftfahrzeugen.

 

Gemäß § 1 Abs.3 leg.cit gilt, soweit dieses Bundesgesetz nicht besondere Bestimmungen trifft, für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen die Gewerbeordnung 1994, mit der Maßgabe, dass das Güterbeförderungsgewerbe als bewilligungspflichtiges gebundenes Gewerbe gilt.

 

Gemäß § 2 Abs.1 leg.cit. darf die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen nur aufgrund einer Konzession ausgeübt werden, sofern dieses Bundesgesetz nichts anders bestimmt (§ 4).

 

Gemäß § 7 Abs.1 leg.cit. ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 sind.

 

EG-Gemeinschaftslizenzen gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates werden vom Landeshauptmann ausgestellt (§ 20 Abs.2 zweiter Satz leg.cit.).

 

5.2. Schon aus den Erwägungsgründen zur Verordnung (EWG) Nr. 881/92 ist zu entnehmen: "Die Schaffung einer gemeinsamen Verkehrspolitik erfordert u.a. die Aufstellung gemeinsamer Regeln für den Marktzugang im grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr im Gebiet der Gemeinschaft... Hinsichtlich der Durchführungsbestimmungen zur Zugangsregelung erscheint es zweckmäßig, die Ausübung des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs von einer nicht kontingentierten gemeinschaftlichen Transportlizenz abhängig zu machen... Im Rahmen der mit dieser Verordnung eingeführten neuen Marktorganisation empfiehlt es sich, bestimmte Beförderungen aufgrund ihrer besonderen Eigenart auch in Zukunft von der Regelung über die Gemeinschaftslizenz und anderen Beförderungsgenehmigungen auszunehmen. Außerdem sind die Bedingungen für die Erteilung und den Entzug dieser Lizenzen sowie die von ihnen betroffenen Beförderungen, die Geltungsdauer und die Einzelheiten ihrer Verwendung zu bestimmen."

Art.1 Abs.1 der zitierten Verordnung bestimmt, dass diese Verordnung für den grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr auf den im Gebiet der Gemeinschaft zurückgelegten Wegstrecken gilt. Art.2 der Verordnung definiert den grenzüberschreitenden Verkehr. Art.3 der Verordnung bestimmt, dass der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz unterliegt. Die Gemeinschaftslizenz wird von einem Mitgliedstaat gemäß den Art.5 und 7 jedem gewerblichen Güterkraftverkehrsunternehmer erteilt, der in einem Mitgliedstaat gemäß dessen Rechtsvorschriften niedergelassen ist und in diesem Mitgliedstaat gemäß den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft und dieses Mitgliedstaates über den Zugang zum Beruf des Verkehrsunternehmers zur Durchführung des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs berechtigt ist.

Gemäß Art.8 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idF Verordnung (EG) Nr. 484/2002 lehnen die zuständigen Behörden des Niederlassungsmitgliedstaates die Erteilung oder Erneuerung der Gemeinschaftslizenz durch eine mit Gründen versehene Entscheidung ab, wenn die in Art.3 Abs.2 bzw. Abs.3 genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Die Mitgliedstaaten garantieren, dass jeder, der eine Gemeinschaftslizenz beantragt oder besitzt, gegen die Entscheidung der zuständigen Behörden des Niederlassungsmitgliedstaates, durch die ihm die Lizenz verweigert oder entzogen wird, Berufung einlegen kann (Art.9 Abs.1 der Verordnung).

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat (Art.15 der Verordnung).

 

Entscheidende Rechtsfrage - die von der belangten Behörde negativ entscheiden wurde - ist daher, ob der Berufungswerber nach den im Staat des Standortes des Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt ist (vgl. § 7 Abs.1 Einleitungssatz GütbefG) bzw. im Niederlassungsmitgliedstaat gemäß den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft und dieses Mitgliedstaats über den Zugang zum Beruf des Verkehrsunternehmers zur Durchführung des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs berechtigt ist (Art.3 Abs.2 Unterabs.2 der Verordnung [EWG] Nr. 881/92).

Entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Rechtsauffassung ist dies zu bejahen.

Gemäß § 2 Abs.1 und § 4 Abs.1 Z2 GütbefG bedarf der Spediteur gemäß § 124 Z19 GewO 1994 keiner Konzession nach dem GütbefG. (Dieser zitierten Bestimmung entspricht nunmehr die Bestimmung des § 94 Z63 GewO 1994.) Gemäß § 375 Abs.4 GewO 1994 gelten bis zu einer entsprechenden Neuregelung im Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 und im GütbefG 1995 die Bestimmungen der GewO 1994 idF vor dem In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 111/2002 weiter.

 

Gemäß § 124 Z15 GewO 1994 gehören die Spediteure einschließlich der Transportagenten zu den nicht bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerben.

 

Gemäß § 170 Abs.1 GewO 1994 sind die Spediteure einschließlich der Transportagenten zu den in Z1 bis 3 näher angeführten Leistungen "auch" berechtigt. Neben diesen angeführten Rechten der Spediteure befinden sich die Regelungen über die Spediteure im HGB.

§§ 407ff HGB regeln das Speditionsgeschäft. § 407 Abs.1 HGB ist Spediteur, wer es gewerbsmäßig übernimmt, Güterversendungen durch Frachtführer oder durch Verfrachter von Seeschiffen für Rechnung eines anderen (des Versenders) im eigenen Namen zu besorgen.

Gemäß § 412 HGB ist der Spediteur befugt, wenn nicht ein anderes bestimmt ist, die Beförderung des Gutes selbst auszuführen. Macht er von dieser Befugnis Gebrauch, so hat er zugleich die Rechte und Pflichten eines Frachtführers oder Verfrachters. Dazu führt Heinz Krejci, Grundriss des Handelsrechtes, Manz Verlag, Seite 409ff, aus: "Die Zunahme des Wahrenverkehrs, insbesondere auch des internationalen, verschafft dem Speditionsgeschäft eine zentrale Bedeutung im Wirtschaftsleben. Meist wird das Speditionsgeschäft nicht isoliert betrieben, sondern gemeinsam mit dem Lager- und Frachtgeschäft. Die großen Speditionsfirmen sind also in der Regel zugleich auch Lagerhalter und Frächter. ... Der Spediteur organisiert demnach die Güterbeförderung, während der Frachtführer sie ausführt. Der Spediteur selbst befördert grundsätzlich keine Güter, kann freilich überdies Frachtführer sein und in den von ihm zu schließenden Frachtvertrag selbst eintreten."

Zur Abgrenzung des Spediteurs gegenüber dem Frachtführer wird weiters ausgeführt, dass man diesbezüglich in der Praxis mitunter auf erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten stößt, weil Spediteure oft nicht nur Organisationsaufgaben übernehmen. Im Zweifel entscheidet das Gesamtbild der für den einen oder anderen Vertrag sprechenden Elemente.

 

Es ist daher auch der mit Gewerbeberechtigung nach der GewO ausgestattete Spediteur gemäß §§ 407 und 412 HGB zur Durchführung des gewerblichen grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs berechtigt. Er unterliegt daher gemäß § 1 Abs.1 GütbefG den Bestimmungen des GütbefG (mit Ausnahme der Konzessionspflicht nach dem GütbefG aufgrund der bereits zitierten Ausnahmeregelung). Es ist daher der Berufungswerber auch nach den im Staat des Standortes des Unternehmens (hier Österreich) geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt (vgl. § 7 Abs.1 Einleitungssatz GütbefG) und bedarf daher für den Verkehr über die Grenze einer Gemeinschaftslizenz. Diese Anforderung deckt sich im Übrigen auch mit Art.3 Abs.1 und Abs.2 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92. Eine Ausnahmeregelung für eine Befreiung von der Gemeinschaftslizenz gemäß Anhang II zur Verordnung (EWG) Nr. 881/92 ist für Spediteure nicht vorgesehen. Weil daher die Voraussetzungen für die Ausstellung einer Gemeinschaftslizenz vorliegen, war dem Ansuchen des Berufungswerbers stattzugeben und es ist die Gemeinschaftslizenz zu erteilen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und die Gemeinschaftslizenz zu erteilen war, war eine Verwaltungsabgabe gemäß § 1 und § 4 iVm Tarifpost 1 der Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983 - BVwAbgV vorzuschreiben.

 

7. Für den gegenständlichen Antrag sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Wolfgang Steiner

 

 

 

Beschlagwortung:

Spediteur, internationale Güterbeförderung, Gemeinschaftslizenz

Beachte:

vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben;

VwGH vom 15.11.2007, Zl.: 2005/03/0233-10

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