Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520034/2/Bi/Be

Linz, 26.11.2002

VwSen-520034/2/Bi/Be Linz, am 26. November 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn W, vom 21. Oktober 2002 gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 17. Oktober 2002, FE-1349/2002, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und 67a AVG iVm §§ 3 Abs.1 Z3 und 8 Abs.3 Z4 FSG, BGBl.I Nr.120/1997 idF BGBl.I Nr.81/2002

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) die von der BPD Linz am 19. Oktober 1998, F-6387/98, für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung gemäß § 24 Abs.1 FSG ab Verkündung des Bescheides mangels gesundheitlicher Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen "bis zur behördlichen Feststellung, dass er wieder geeignet sei," entzogen.

Einer Berufung wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung versagt.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte durch mündliche Verkündung am
17. Oktober 2002.

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG).

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er habe am 9. Juli 2002 eine verkehrspsychologische Untersuchung "angeblich nicht ganz bestanden", was er zur Kenntnis nehmen müsse. Die Polizeiärztin habe bei ihm einen zu hohen Blutdruck festgestellt, was nicht stimme, und ihm gesagt, er solle zu einem anderen Psychologen gehen. Das diesbezügliche Gutachten liege im Akt. Er habe erwartet, am 3. September 2002 seinen Führerschein ausgefolgt zu erhalten, weil seine Leberwerte in Ordnung seien, weil er wirklich nichts trinke. Die Ärztin habe ihm gesagt, wenn er noch eine Nachschulung mache und die Leberwerte in Ordnung seien, bekomme er den Führerschein. Beim Infar-Institut habe er 5 Wochen lang eine Sitzung gemacht; der Lebertest sei in Ordnung gewesen. Er sei bis 9. Oktober 2002 beim Verkehrspsychologen gewesen, die Polizeiärztin habe aber schon am 30. September 2002 ihren Bericht, dass er untauglich sei, verfasst, obwohl sie ihm am 9. September 2002 zugesagt habe, er solle das machen, dann "passe es". Da könne etwas nicht stimmen. Er könne sich leider keinen Anwalt leisten, weil er wegen des FS-Verlustes nicht mehr voll arbeiten könne. Er bitte um sofortige Ausfolgung seines Führerscheines, da er schon lange abstinent sei. Er sei auch bereit 2-3mal jährlich die Leberwerte zu belegen, damit man sehe, dass er nichts trinke.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Bw - nach mehreren Entziehungen der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit infolge Alkohol, zuletzt auf drei Jahre - im Jahr 1998 die Lenkberechtigung der Klasse B neu erworben hat. Diese wurde ihm wegen Lenkens eines Kfz am 3. November 2001 in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (1,08 mg/l AAG) mit Mandatsbescheid der Erstinstanz vom 8. November 2001, FE-1175/2001, für die Dauer von sechs Monaten, gerechnet ab 3. November 2001, entzogen, ein Verhaltenstraining angeordnet und er aufgefordert, ein vom Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 FSG über seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kfz beizubringen. Wegen Lenkens eines Kfz ohne gültige Lenkberechtigung am 27. November 2001 wurde mit Bescheid der Erstinstanz vom 19. Dezember 2001, FE-1175/2001, der Mandatsbescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die Entzugszeit auf 12 Monate, gerechnet ab 3. November 2001, verlängert wurde, die Anordnung der Absolvierung eines Verhaltenstrainings und die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens bestätigt und einer Berufung die aufschiebende Wirkung versagt wurde.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oö. vom 15. Februar 2002, VerkR-394.452/2-2002-Ap/Sei, wurde der Berufung insofern stattgegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung auf 10 Monate, dh bis 3. September 2002, herabgesetzt wurde. Die übrigen Spruchpunkte wurden bestätigt.

Laut Bestätigung der INFAR-Geschäftsstelle Oö. hat der Bw einen Nachschulungskurs gemäß § 26 Abs.8 FSG mit 20. März 2002 ordnungsgemäß absolviert. Am
12. August 2002 beantragte der Bw die Wiederausfolgung seines Führerscheines bei der Erstinstanz.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde dem Bw die Lenkberechtigung mangels gesundheitlicher Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen bis zur behördlichen Feststellung der gesundheitlichen Eignung entzogen.

Grundlage dafür waren laut Akteninhalt die negative Stellungnahme gemäß § 17 FSG-GV der verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle INFAR, Linz, vom
11. Juli 2002, die fachärztliche Stellungnahme Dris L, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie in Linz, vom 2. September 2002, der im Labor Dr. Konrad Rocchetti, Linz, am 31. Juli 2002 festgestellte überhöhte MCV-Wert, die Bestätigung Dris F vom 5. August 2002 über den GOT-, GPT- und GGT-Wert, und darauf basierend das ausführlich begründete amtsärztliche Gutachten gemäß § 8 Abs.2 FSG der Polizeiärztin Dr. Pfleger de Comtes vom 30. September 2002, wonach der Bw als zum Lenken von Kraftfahrzeugen "nicht geeignet" befunden wurde.

Die Polizeiärztin hat ausgeführt, der Bw sei derzeit aus amtsärztlicher Sicht nicht geeignet, Kraftfahrzeuge zu lenken, und als Grundlage für die Nichteignung die negative Beurteilung des Verkehrspsychologen bezeichnet. Trotz lückenhafter und unwahrer beschönigender Angaben des Bw zu seiner Verkehrsvorgeschichte reichten die objektivierten Persönlichkeitsvoraussetzungen nicht aus, die Einschränkungen im Persönlichkeitsbereich zu kompensieren. Bei zugrundeliegender Alkoholkrankheit könne derzeit trotz nachweislicher weitgehender Alkoholkarenz ein neuerlicher Kontrollverlust bezüglich "drink and drive" nicht ausgeschlossen werden. Der Alkoholisierungsgrad zum Zeitpunkt des Letztdeliktes von 1,08 mg/l AAG sei beträchtlich. Vorgeschlagen wird ein Wiederansuchen nach Absolvieren einer Verkehrstherapie (verlängerte Nachschulung), belegter Alkoholabstinenz über mindestens vier Monate durch Vorlage entsprechender Laborbefunde (MCV, LFP; CDT) und einer schriftlichen Bestätigung über die regelmäßige Inanspruchnahme einer Alkoholnachsorge an einer dafür vorgesehenen Einrichtung oder durch einen dafür ausgebildeten Facharzt oder Psychotherapeuten.

Dieses amtsärztliche Gutachten hat die Erstinstanz als Grundlage für den angefochtenen Bescheid herangezogen.

Laut der vom Bw vorgelegten Bestätigung der INFAR-Landesstelle Oö. vom 9.10.2002 hat er eine Verkehrstherapie samt Lebensstilanalyse in 5 Einzelsitzungen von 11.9.2002 bis 9.10.2002 ordnungsgemäß absolviert. Seine Leberwerte haben sich laut Befund (Labor Dr. Rocchetti) vom 9.10.2002 gegenüber der Untersuchung vom Juli 2002 insofern gebessert, als der MCV-Wert mit 98,5 im Normbereich liegt. Laut ebenfalls vorgelegter Bestätigung Dris F vom 16.10.2002 liegen die Werte GOT (6,0), GPT (9,0) und GGT (11,7) und CD Tect (2,0 %) im Normbereich.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken.

Gemäß § 8 Abs.3 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend auszusprechen "geeignet", "bedingt geeignet", "beschränkt geeignet" oder "nicht geeignet". Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund ... 4. zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nicht geeignet, so hat das Gutachten "nicht geeignet" für die entsprechenden Klassen zu lauten.

Gemäß § 3 Abs.1 Z1 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung (FSG-GV), BGBl. II Nr.322/1997 idgF gilt ua als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt.

Gemäß § 5 Abs.1 Z4 lit.a FSG-GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen hinreichend gesund eine Person, bei der keine Alkoholabhängigkeit festgestellt wurde.

Gemäß § 14 Abs.1 FSG-GV darf Personen, die von Alkohol abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht auf Alkoholabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen. Gemäß § 14 Abs.2 FSG-GV haben Lenker von Kraftfahrzeugen, bei denen ein Alkoholgehalt des Blutes von 1,6 %o oder mehr oder der Atemluft von 0,8 mg/l oder mehr festgestellt wurde, ihre psychologische Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen durch eine verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen.

Auf Grund des beim Bw beim Vorfall vom 3.11.2001 festgestellten niedrigsten Atemalkoholwertes von 1,08 mg/l (entspricht 2,16 %o BAG) war gemäß § 14 Abs.1 FSG-GV die Beibringung einer positiven verkehrspsychologischen Stellungnahme erforderlich. Die schlüssig und aus den einzelnen Testergebnissen nachvollziehbar begründete Stellungnahme der verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle INFAR vom 11. Juli 2002 lautet jedoch auf "nicht geeignet", sodass der Bw die gemäß § 14 FSG-GV vorgeschriebene Voraussetzung nicht erfüllt.

Gemäß § 18 Abs.5 FSG-GV ist jede verkehrspsychologische Untersuchung unverzüglich unter gleichzeitiger Übermittlung der verkehrspsychologischen Stellungnahme der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich der Untersuchte seinen Hauptwohnsitz hat, zu melden. Eine weitere verkehrspsychologische Untersuchung derselben Person innerhalb eines Zeitraumes von zwölf Monaten nach der erstmaligen Untersuchung darf nur auf ausdrückliche Anordnung der Behörde erfolgen.

Daraus folgt für den gegenständlichen Fall, dass sich der Bw einer neuerlichen verkehrspsychologischen Untersuchung erst wieder im Sommer 2003 unterziehen darf; es sei denn, eine solche wird von der Behörde ausdrücklich früher angeordnet, wenn die im amtsärztlichen Gutachten angeführten Bedingungen erfüllt sind.

Die Argumente des Bw im Hinblick auf die - gegenüber Juli 2002 im Oktober 2002 besseren, im Normbereich liegenden - MCV-, GOT-, GPT-, GGT- und CD Tect-Werte, die zeitliche Diskrepanz zwischen Beendigung der Nachschulung (Verkehrstherapie) und dem Datum des amtsärztlichen Gutachtens und der befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme Dris L sowie die damit verbundenen Kosten sind zwar verständlich, zumal jede dieser Maßnahmen nicht geringe Kosten verursacht; gehen jedoch im Hinblick auf das für den Bw ungünstige Ergebnis der gesetzlich vorgeschriebenen und damit unbedingt erforderlichen verkehrspsychologischen Untersuchung ins Leere. Dem Bw bleibt außer der regelmäßigen Feststellung seiner Leberwerte über den von der Polizeiärztin genannten Zeitraum von jedenfalls vier Monaten und der nachvollziehbaren Inanspruchnahme der Alkoholnachsorge - die im amtsärztlichen Gutachten angeführte Verkehrstherapie wurde bereits absolviert und die psychiatrische Facharzt-Stellungnahme liegt ebenfalls vor - die Möglichkeit, sich ehestmöglich einer neuerlichen verkehrspsychologischen Untersuchung zu unterziehen und diesbezüglich eine positive Stellungnahme vorzulegen.

Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung war auf Grund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug geboten und daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung:

bei AAG von über 0,8 mg/l (Bw hatte 1,08 mg/l) ist verkehrspsychologische Untersuchung erforderlich - Abweisung

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