Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520044/5/Br/Pe

Linz, 29.11.2002

VwSen-520044/5/Br/Pe Linz, am 29. November 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn EP, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 11.10.2002, FE-1192/2002, mit dem ihm die Lenkberechtigung für die Klasse B wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit in Abänderung des Mandatsbescheides in diesem Punkt für die Dauer von 15 Monaten, gerechnet ab Zustellung des erstinstanzlichen Mandatsbescheides (11.9.2002), entzogen, und einer Berufung gegen diesen Bescheid gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, nach der am 26. November 2002 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung auf 10 (zehn) Monate, gerechnet nun mehr ab Abnahme des Führerscheins (am 2.9.2002), festgesetzt wird. Für diese Dauer darf dem Berufungswerber auch keine (neue) Lenkberechtigung erteilt werden. Die Entziehungsdauer endet jedoch nicht vor der Befolgung der im Mandatsbescheid ausgesprochenen Anordnung.

Sowohl die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung als auch die übrigen getroffenen behördlichen Anordnungen bleiben - mangels dagegen erhobener Berufung - aufrecht.

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 Abs.1 Z1 u. Abs.3, 25 Abs.1 und 25 Abs.3, § 29 Abs.4 iVm §§ 7 Abs.1 Z1 u. Abs.3 Z1 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2002 und BGBl. I Nr. 81/2002 Führerscheingesetz - FSG;

§ 67d Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 117/2002

Entscheidungsgründe:

1. Der oben genannte Bescheid wurde auf §§ 7 Abs.1 u. Abs.3 Z1 u. Abs.5, 24 und 26 FSG gestützt, wobei als Sachverhalt die Verursachung eines Verkehrsunfalls (Parkschaden), der nicht ohne unnötigen Aufschub der nächsten Polizeidienststelle gemeldet wurde und Missachtung des Rotlichtes einer Verkehrlichtsignalanlage und letztlich die Verweigerung der Atemluftuntersuchung zu Grunde gelegt wurde.

Als zusätzliche Wertung einer die Verkehrsunzuverlässigkeit bestimmenden Tatsachen wurden Alkofahrten im Jahr 1993 und 1995 herangezogen.

2. Gemäß § 35 Abs.1 zweiter Satz FSG i.d.F. des Verwaltungsreformgesetzes, BGBl.I/65/2002, entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern über Berufungen gegen Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörde oder Bundespolizeibehörde.

Gemäß § 43 Abs.11 FSG i.d.F. des Verwaltungsreformgesetzes besteht die Zuständigkeit der Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern dann, wenn das Verfahren am 1. August 2002 oder danach anhängig wurde.

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich zur Entscheidung über die Berufung gegen den in der Präambel zitierten Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz ist daher gegeben.

2.1. Zur Anwendung gelangt die Rechtslage nach der 5. Führerscheingesetz-Novelle, BGBl. I Nr. 81/2002 (§ 43 Abs.12 leg.cit.) die am 1. Oktober 2002 ohne Übergangsbestimmungen in Kraft getreten ist.

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat hier die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung als erforderlich erachtet und demnach eine solche am 26. November 2002 durchgeführt (§ 67d Abs.1 AVG). Der Vertreter der Behörde erster Instanz konnte entschuldigt aus terminlichen Gründen daran nicht teilnehmen.

Beweis erhoben wurde durch Verlesung des Verfahrensaktes und der beigeschafften Vorakte, sowie der Bestätigung des Dienstgebers des Berufungswerbers über dessen Verwendung und Dienstbeurteilung. Ebenfalls wurde der Berufungswerber als Verfahrenspartei zum Verfahrensgegenstand befragt.

4. Zur Sache:

4.1. Der Berufungswerber lenkte am 2. September 2002 um 22.30 Uhr seinen Pkw von der ca. 700 bis 800 m von seiner Wohnadresse entfernt gelegenen Haiderstraße Nr. 2. Dort beschädigte er laut den Angaben eines Taxilenkers vorerst offenbar beim Ausparken ein abgestelltes Fahrzeug, was von ihm laut seiner Verantwortung nicht wahrgenommen wurde. Ebenfalls soll er laut Mitteilung der o.a. Auskunftsperson, welche angesichts des wahrgenommenen Parkschadens per Handy die Polizei verständigte und folglich dem Berufungswerber nachfuhr, das Rotlicht einer Verkehrslichtsignalanlage nicht beachtet haben. Bereits zwei Minuten nach dem Parkschaden konnte der Berufungswerber von einer Funkstreifenbesatzung nächst dem Räderlerweg Nr. 58 angehalten und auf Grund von Alkoholisierungssymptomen zu einem Atemlufttest aufgefordert werden. Diesen verweigerte er um 22.42 Uhr mit dem Hinweis vom Mittagessen bis zur Anhaltung drei Halbe und zu Mittag ein Seidel Bier getrunken zu haben. Der Berufungswerber wiegt 100 kg und ist 1,88 m groß.

Die Tatvorwürfe hinsichtlich der vermeintlich unterbliebenen Unfallmeldung ohne unnötigen Aufschub und der vom Augenzeugen angeblich beobachteten Missachtung des Rotlichtes der Lichtanlage erwuchsen in Rechtskraft. Den Tatbestand nach § 4 Abs.5 StVO vermag der Unabhängige Verwaltungssenat im Rahmen dieses Verfahrens jedoch nicht als zu wertendes Faktum anerkennen, da von einer verspäteten Meldung bei einer Anhaltung bereits innerhalb von zwei Minuten nach dem Ereignis wohl nie die Rede sein könnte.

4.2. Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurden vorerst die Vorakte betreffend zweier Alkofälle aus dem Jahr 1993 und 1995 verlesen (Zlen: FE-1306/93 und 1304/95). Diesen Verfahren lagen hohe Alkoholisierungsgrade (1,32 u. 1,26 mg/l) zu Grunde. Der Berufungswerber erklärt dies mit seinen damaligen privaten Problemen, welche zwischenzeitig ausgeräumt wären.

Den gegenständlichen Vorfall schildert er glaubhaft dahingehend, dass er zum Mittagessen ein Seidel Bier und nach Dienstschluss drei halbe Bier konsumierte. Auf der Heimfahrt bemerkte er weder den angeblich verursachten Parkschaden noch die vom nachfahrenden Taxilenker angeblich wahrgenommene Missachtung des Rotlichtes der Verkehrsampel. Der an seinem Fahrzeug festgestellte Schaden sei bereits vor diesem angeblichen Vorfall vorhanden gewesen.

Die Verweigerung der Atemluftuntersuchung erklärte der Berufungswerber mit einem verfehlten Rechtsverständnis hinsichtlich der Weigerungsfolgen. Er sei müde und über den Umstand einer abermals möglichen Alkoholisierung verzweifelt gewesen. Aus diesem Grund verweigerte er den Alkotest. In diesem Zusammenhang verweist er zutreffend auf die Darstellung des Meldungslegers in der Anzeige, wonach seine Sprache deutlich und sein Gang als sicher beschrieben wird. In diesem Zusammenhang erscheint auch die von Anfang an gleichlautend dargestellte Trinkverantwortung glaubwürdig, sodass von einer hochgradigen (über 1,6 Promille liegenden) Alkoholisierung offenbar nicht auszugehen ist.

Im Rahmen der Berufungsverhandlung legt der Berufungswerber auch noch dar, dass er seit diesem Vorfall überhaupt keinen Alkohol mehr konsumiert habe und er sich der Tragweite seines Fehlverhaltens vollumfänglich bewusst ist. Er bringt in überzeugender Weise seine Bereitschaft sich im Zusammenhang mit dem Lenken eines Fahrzeuges vom Alkohol fern zu halten zum Ausdruck. Hinsichtlich der begleitenden Maßnahmen hätte er sich bereits hinsichtlich einer Terminkoordination mit einer entsprechenden Stelle in Verbindung gesetzt. Er legt eine auf "überdurchschnittliche Leistung" lautende Dienstbeschreibung des Dienstgebers vor, welche ihm im Beurteilungsjahr einen überdurchschnittlichen Arbeitserfolg und bürgernahe Umgangsformen bescheinigt. Dies bei entschiedenem - und wenn notwendig mit der erforderlichen Härte getätigten - Einschreiten als Vollstrecker der Finanzverwaltung.

Der Unabhängige Verwaltungssenat geht auf Grund des Beweisergebnisses, insbesondere das objektiv vom Meldungsleger festgestellte Faktum weitgehend fehlender Indizien für eine schwerwiegende Alkoholisierung davon aus, dass somit nur von einem geringerwertigen negativen Wertungskriterium seiner Sinnesart ausgegangen werden kann, was die Prognose der fehlenden Verkehrszuverlässigkeit in erheblich kürzerer Zeitdauer zulässt.

Eine Verweigerung des Alkotests weist zwar grundsätzlich dieselbe Verwerflichkeit auf wie eine erwiesene Alkoholbeeinträchtigung, weil durch die Verweigerung die Feststellung des Grades der Alkoholbeeinträchtigung vereitelt wird. Im Rahmen der Wertung gemäß § 7 Abs.5 FSG 1997 ist ein positiver Nachweis, nicht als durch Alkohol beeinträchtigt gewesen zu sein, - oder wie hier zumindest mit Sicherheit den Wert von 1,6 mg/l nicht überschreitend - sehr wohl von Bedeutung (VwGH 14.3.2000, 99/11/0075, mit Hinweis auf VwGH 19.3.1997, 96/11/0336, VwGH 18.11.1997, 97/11/0158, VwGH 24.3.1999, 98/11/0009, und VwGH 24.8.1999, 99/11/0138). In jenen (Ausnahmsfällen) Fällen, in denen nachträglich ein einwandfreier Nachweis gelingt, nicht - bzw. hier nicht in diesem schwerwiegenden Umfang - durch Alkohol beeinträchtigt gewesen zu sein, ist auch die Sinnesart iSd § 7 Abs.1 FSG 1997 und die daraus abzuleitende Prognose für die fehlende Verkehrszuverlässigkeit weniger negativ zu bewerten. Die oben zitierte Judikatur muss naturgemäß auch auf eine erwiesene geringere Alkoholisierung anwendbar sein, die jedoch wegen einer Verweigerung nicht festgestellt werden konnte. Als zusätzlich negatives Wertungskriterium ist hier, ob der diesbezüglich erfolgten rechtskräftigen Bestrafung, auch die auf nicht amtlicher Wahrnehmung beruhende sonstige Verwaltungsübertretung (Rotlicht). Nicht in die Wertung wird der offenbar verfehlte Schuldspruch wegen Übertretung des § 4 Abs.5 StVO einbezogen, zumal, wie oben bereits ausgeführt, nach einer Zeitspanne von zwei Minuten vor der Anhaltung durch eine Funkstreifenbesatzung nicht die Rede davon sein kann, diesen Vorfall nicht ohne unnötigen Aufschub der Polizei gemeldet gehabt zu haben.

Für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, aber auch die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend. Die früheren Alkoholdelikte liegen sieben bzw. neun Jahre zurück.

Da hier einerseits von einer Verwerflichkeit des Tatverhaltens iSd Gefährdung der Verkehrssicherheit in nur geringem Umfang, als es sich offenbar aus dem Beweisergebnis der Behörde erster Instanz ergab, auszugehen ist und darüber hinaus die Dauer des Zurückliegens der in die Wertung noch einzubeziehenden Tatsachen betreffend die Alkofahrten im Jahr 1993 und 1995 schon sehr lange zurückliegt, kann hier von einer erheblich günstigeren zeitlichen Prognose für das Wiedererlangen der Verkehrszuverlässigkeit ausgegangen werden.

Im Hinblick auf das Vorbringen des Berufungswerbers sowie die hg. ergänzend erhobenen Tatsachen und deren Würdigung wird die Entzugsdauer auf 10 Monate, gerechnet ab Abnahme des Führerscheins (= 2. September 2002) herab- bzw. festgesetzt, weil erwartet werden kann, dass die Verkehrszuverlässigkeit des Berufungswerbers nach Ablauf dieser Entziehungsfrist und nach Absolvierung der begleitenden Maßnahmen und Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens wiederhergestellt ist.

4.3. Auf die übrigen erstinstanzlichen Aussprüche braucht angesichts deren Rechtskraft hier nicht eingegangen werden. Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung:

Wertung und Tatsachen; Zeitdauer

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