Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520079/2/Br/Pe

Linz, 03.01.2003

 

 

 VwSen-520079/2/Br/Pe Linz, am 3. Jänner 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn MR, vertreten durch Mag. Dr. AM, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 4. Dezember 2002, Zl. Fe-1120/2002, zu Recht:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4, 64 Abs.2 AVG, BGBl.I Nr. 117/2002 iVm § 7 Abs.1 und Abs.3 Z12 FSG idF BGBl.I Nr.81/2002;

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem in der Präambel bezeichneten Bescheid wurde dem Berufungswerber die genannte Lenkberechtigung für die Klasse A u. B wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit ab Verkündung des Bescheides am 4.12.2002 für die Dauer von acht Monaten entzogen. Gleichzeitig wurde für diesen Zeitraum das Lenken eines Motorfahrrades, eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder eines Invalidenkraftfahrzeuges verboten. Gestützt wurde diese Entscheidung auf bzw. zitiert wurden die §§ 7, 24, 25, 29, 32 FSG und § 64 Abs.2 AVG.

 

2. Die Behörde erster Instanz begründete ihre Entscheidung wie folgt:

"Gem. § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung ( § 3 Abs. 1 Z2 bis 4 ) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen. Diese Voraussetzungen sind: Verkehrszuverlässigkeit, gesundheitliche Eignung und fachliche Befähigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen.

 

Gem. § 32 Abs.1 FSG ist Personen, die nicht im Sinne von § 7 FSG verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken unter Anwendung der §§ 24 Abs. 3 und 4, 25, 26 und 29 FSG entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten.

 

Gem. § 7 Abs. 1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1 . die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gem. § 7 Abs.3 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand:

eine strafbare Handlung gemäß §§ 28 Abs.2 bis 5 oder 31 Abs.2 Suchtmittelgesetz - SMG, BGBl. I Nr. 112/1997, begangen hat.

 

Gem. § 7 Abs. 4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.
 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

 

Sie wurden beim LG Linz, mit Urteil vom 5.12.2001 unter der Zahl 22HvI027/Olx - 93 wegen des Vebrechens nach § 28 Abs. 2 4. Fall, Abs. 3 1. Fall und Abs. 4 Z.3 SMG, § 12 2.Fall StGB und § 15 Abs. 1 StGB sowie wegen des Vergehens nach § 28 Abs. 1 SMG, § 12 3.Fall StGB und § 27 Abs. 11. und 2. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren (davon 16 Monate bedingt auf 3 Jahre) verurteilt. Der Berufung gegen das genannte Urteil an das Oberlandesgericht Linz wurde unter der Zahl 8Bs127/02 am 4.6.2002 keine Folge gegeben. Das Urteil ist daher rechtskräftig.

 

Dem Urteilsspruch zufolge haben Sie Suchtgift in einer großen Menge gewerbsmäßig in Verkehr gesetzt bzw. andere zum Inverkehrsetzen zu bestimmen versucht, wobei Sie die Taten in Beziehung auf eine zumindest das 25fache der Grenzmenge (§ 28 Abs. 6 SMG) ausmachende Suchtgiftmenge begangen haben und dadurch teilweise 5 minderjährigen Personen den Gebrauch eines Suchtgiftes ermöglichten, wobei Sie selbst bereits volljährig und mehr als 2 Jahre älter als die Minderjährigen waren, indem Sie in zahlreichen Angriffen in der Zeit von Februar 2000 bis Jänner 2001 eine Gesamtmenge von 15491 bis 16449 Ecstasy-Tabletten, mindestens 52 Gramm Speed, 590 LSD-Trips und 1200 bis 1300 Gramm Cannabiskraut an zahlreiche Personen verkauften bzw. zum kommissionsweisen Verkauf übergaben oder andere zur Übergabe zu bestimmen versuchten. Weiters haben Sie von etwa Feb. 2000 bis Juni 2000 andere Personen bei Suchtgiftbeschaffungsfahrten nach Wien begleitet, psychisch unterstütz und Chauffeurdienste geleistet, sodaß weitere Suchtgifte in einer großen Menge, nämlich weitere mindestens 16784 Ecstasy-Tabletten, 70 Gramm Speed und 100 LSD-Trips mit dem Vorsatz erworben wurden, daß es in Verkehr gesetzt werde. Sie haben auch unbekannte Mengen Ecstasy-Tabletten, LSD-Trips, Speed, Kokain und Cannabiskraut erworben und bis zum Eigenkonsum besessen.

 

Aufgrund dieser verurteilten Tathandlungen ist auf eine Sinnesart zu schließen, daß Sie beim Lenken von KFZ sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von KFZ gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen werden. Gerade beim handeln mit Suchgiften sind die erleichternden Umstände, die das Lenken von KFZ bieten, typisch. Die Tathandlungen sind als besonders verwerflich zu qualifizieren, nehmen Sie doch damit in Kauf, daß eine große Zahl von Menschen gesundheitlich gefährdet wird. Die Verwerflichkeit ist umso schwerer zu werten, wenn Suchtmittel auch an Minderjährige weitergegeben werden, wie aus der Urteilsbegründung ersichtlich ist. Sie sind daher keinesfalls verkehrzuverlässig. Sie seit der Tathandlung verstrichene Zeit kann derzeit für das Aufleben der Verkehrszuverlässigkeit nicht ausschlaggebend sein. Auch wenn Sie sich in dieser Zeit wohl verhalten haben, ist dies in Anbetracht des laufenden Verfahrens von untergeordneter Bedeutung. Sie waren seit 4.8.2001 bis zum 11.11.2002 nicht im Besitze der Lenkberchtigung (der Führerschein befindet sich nach wie vor bei der Behörde). Die Lenkberechtigung wurde Ihnen mit Bescheid der BH Perg, vom 31.7.2001 (Zahl VerkR20-1159-1198) gem. § 26 Abs.5 FSG entzogen, weil Sie der Aufforderung ein amtsärztliches Gutachten über Ihre gesundheitliche Eignung zum Lenken von KFZ nicht binnen 4 Monaten Folge geleistet haben. Am 11.11.2002 wurde allerdings beim Amtsarzt der BPD Linz ein solches Gutachen erstellt, welches Sie vom gesundheitlichen Standpunkt aus für befristet geeignet unter Einhaltung von Auflagen erklärt. Da Sie jedoch derzeit die Eignungvoraussetzung Verkehrszuverlässigkeit' noch nicht erfüllen, war die Lenkberechtigung zu entziehen. Unter Berücksichtigung der Umstände der verurteilten Tathandlungen sowie der faktischen Entziehung seit Aug. 2001 ist davon auszugehen, daß die Verkehrszuverlässigkeit nach Ablauf von weitern 8 Monaten wieder erlangt werden wird. Nicht verkehrszuverlässige Lenker von Kraftfahrzeugen stellen eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer dar. Sie sind daher sofort von der Teilnahme am Straßenverkehr als Fahrzeuglenker auszuschließen. Insofern besteht Gefahr im Verzug und war eine Berufung die Aufschiebende Wirkung zu versagen."
 

2.1. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung:

"In umseits bezeichneter Rechtssache erhebt der Einschreiter gegen den Bescheid vom 04.12. 2002 binnen offener Frist das ordentliche Rechtsmittel der
 

BERUFUNG
 
und begründet dieses wie folgt:
 
 
 
 


I.
Nichtigkeit
 

Entgegen der Feststellung der Erstbehörde ergibt sich aus der Verurteilung vom 05. 12. 2001 bzw. 04. 06. 2002 - rechtskräftig am gleichen Tag - keinesfalls, dass der Einschreiter verkehrsunzuverlässig ist. Seit der Verurteilung bzw. Abnahme der Lenkerberechtigung ist bereits ein geraumer Zeitraum vergangen. Da die Erstverurteilung bereits am 05. 12. 2001 geschah, liegt eine von der Behörde zu vertretende Verzögerung im Ausmaß von über 12 Monaten vor. Sohin ist die nunmehrige Entziehung der Lenkerberechtigung als nichtig anzusehen, zumal eine Behörde mit der Verfolgung nicht beliebig lang warten kann und nach außen erkennbare Verfolgungshandlungen innerhalb genau im Gesetz beschriebener Zeiten setzen muss. Diese Frist ist im angefochtenen Verfahren bei weitem überschritten worden und hätte sohin keine Entziehung mehr stattfinden dürfen.

 
Richtig ist, dass gemäß § 7 Abs. 3 FSG eine Verurteilung gemäß § 28 SMG eine
bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 1 FSG ist.
 

Keinesfalls hat die Erstbehörde jedoch einen Führerscheinentzug im Rahmen einer Ermessensentscheidung zu treffen. Gemäß dem Legalitätsprinzip ist die Behörde verpflichtet ihre Entscheidungen in Form einer Rechtsentscheidung zu fällen und muss auf die Gesamtumstände des Falles eingegangen werden.

 

De facto wurde dem Einschreiter bereits am 04. 08. 2001 die Lenkerberechtigung entzogen und lag diese bis 11.11. 2002 sohin 15 Monate bei der Behörde. Diese Form des kalten Entzuges muss jedenfalls in den nun neuerlichen angeordneten Entzug eingerechnet werden. Auch diesbezüglich liegt eine Nichtigkeit vor und ist schon alleine aus diesen Gründen der angefochtene Bescheid aufzuheben.

 


II. Mangelhaftigkeit des Verfahrens

 

Wie oben bereits beschrieben, ist bereits seit 04. 08. 2001 der Führerschein bei der Behörde ausliegend. Eine nunmehrige Entziehung von weiteren 8 Monaten würde bedeuten, dass der Führerschein für insgesamt 32 Monate entzogen werden solle.

 

Gemessen an den Voraussetzungen für eine Entziehung in diesem konkreten Fall steht diese lange Entziehungsdauer außerhalb jeglicher objektiver Entscheidungskriterien. Der Einschreiter wurde auch vom Erstgericht äußerst milde verurteilt, weil die ihm vorgeworfenen Taten und vor allem sein Lebensgeständnis und die Tatsache, dass aufgrund seines Geständnisses zahlreiche andere Dealer ihrer gerechten Strafe zugeführt werden konnten, das Hohe Gericht davon überzeugten, dass eine äußerst milde Bestrafung tat- und schuldangemessen ist. Sohin steht es der Erstbehörde

 

keinesfalls zu die Tathandlung trotz der Tatsache, dass die Erstbehörde keine unmittelbare zeugenschaftliche Einvernahme machen konnte und somit lediglich die Eindrücke der Protokolle aufnahm, ein härteres Bild der Taten zu zeichnen als das Strafgericht. Die besondere Verwerflichkeit, die die Erstbehörde mehrmals im angefochtenem Bescheid zitiert, findet sich nicht im Urteil des Strafgerichtes. Sohin gehen die Feststellungen der Erstbehörde trotz fehlender Unmittelbarkeit weiter als die der Strafbehörde.

 

Desweiteren ist der Einschreiter nunmehr bereits seit 11.11.2002, ohne dass in hiervon ein Verschulden trifft nicht im Besitz seines Führerscheines. Die sich somit absolut ergebende Entzugsdauer ist wesentlich über der Anzusetzenden die, wenn überhaupt, über den Einschreiter hätte verhängt werden dürfen.

 

Mit Erkenntnis des VwGH Zl: 2001/11/0342-6 hat der Verwaltungsgerichtshof unter Vorsitz de-. werten Dr. W aufgrund einer vom Vertreter des Einschreiters erhobenen Beschwerde auch entschieden, dass ein Entzug nach sehr langer Zeit nicht mehr gerechtfertigt ist. Im oben zitierten Verfahren wurde deshalb der Bescheid der Berufungsbehörde aufgehoben und läuft nunmehr ein Amtshaftungsverfahren.

 

Auch in diesem Fall kann wohl nicht mehr davon ausgegangen werden, dass der Einschreiter verkehrsunzuverlässig ist, wenn die Erstbehörde über ein Jahr nicht diesbezüglich mit einer Entziehung vorgeht sondern erst nach weit über einem Jahr einen dementsprechenden Bescheid erlässt. In der Zwischenzeit war der Einschreiter vollkommen rechtstreu und hat sich wohl verhalten. Dies ist sehrwohl von entscheidender Bedeutung, zumal für den Einschreiter das Verfahren mit Entscheidung der Berufung vor nunmehr 7 Monaten entschieden war und somit für den Einschreiter kein offenes Verfahren mehr bestand. Auch diesbezüglich liegt eine Unrichtigkeit des Erstbescheides vor, da das Wohlverhalten nur dann als berechnend angelastet werden kann, wenn aus Sicht des Betroffenen ein offenes Verfahren im Raum schwebt, gerade dies ist jedoch beim Einschreiter nicht der Fall.

 
Sohin hätte die Erstbehörde erkennen müssen, dass ein Führerscheinentzug in dieser
Sache nicht mehr ausgesprochen hätte werden dürfen.
 
Aus all diesen Gründen wird gestellt der
 


BERUFUNGSANTRAG

 

Den angefochtenen Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz zu Fe- 1 120/2002 vom 04.12. 2002 aufzuheben;
in eventu die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung und Verfahrensergänzung der ersten Instanz zurückzuverweisen;
in eventu die Entzugsdauer auf das Mindestmass herabzusetzen.
Linz, 16. 12. 2002 MR"

 

 

3. Der Verfahrensakt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hat demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2.Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier unterbleiben (§ 67d Abs.2 Z1 letzter Satz AVG).

 

3.1. Dem vorgelegten Verwaltungsakt ist einleitend eine Verfahrensabtretung vom 19. Februar 2001 durch die Bezirkshauptmannschaft Melk an die Bezirkshauptmannschaft Perg mit einer Anzeige gegen den Berufungswerber an die Staatsanwaltschaft St. Pölten wegen Vergehens nach dem Suchtmittelgesetz zu Grunde liegend.

Am 26. März 2002 wurde der Berufungswerber von der Bezirkshauptmannschaft Perg bescheidmäßig zur Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens binnen vier Monaten aufgefordert (AS 12). Mit dem Bescheid vom 31.7.2001, Zl. VerkR20-1159-"1998" (richtig wohl 2001) wurde hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Lenkberechtigung wegen fehlender gesundheitlicher Eignung der Entzug ausgesprochen. Die Aktenseiten 18 bis 84 beinhalten das kriminalpolizeiliche Ermittlungsergebnis nach dem Suchtmittelgesetz. Am 3. August 2001 wurde dem Berufungswerber der Entzugsbescheid durch Organe des Gendarmeriepostens Grein a.d. Donau zugestellt und gleichzeitig der Führerschein abgenommen (Bericht AS 85). Mit Schreiben vom 22. Oktober 2001 wurde anlässlich der Wohnsitzbegründung des Berufungswerbers in das Verfahren von der Bezirkshauptmannschaft Perg zuständigkeitshalber der Bundespolizeidirektion Linz abgetreten (AS 88). Am 18. September 2002 übermittelte die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung der Bundespolizeidirektion Linz den Ausgang des gerichtlichen Strafverfahrens gegen den Berufungswerber, wegen der Begehung zahlreicher gerichtlich strafbarer Handlungen nach dem Suchtmittelgesetz (AS 94). Der Berufungswerber wurde u.a. Mittätern hierfür zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, wobei 16 Monate unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden, verurteilt.

Im Akt erliegt ferner ein amtsärztliches Gutachten vom 11.11.2002 (AS 97). Ferner ein Atemluftmessstreifen vom 14.11.2002 und ein nicht datierter klinischer Befund (AS 102 und 103), ein Laborbefund der Oö. Landesnervenklinik Wagner-Jauregg vom 17.11.2000 (AS 104), ein Laborbefund des Labors Rocchetti vom 30.9.2002 (AS 105). Eine Seite, eine an den polizeiärztlichen Dienst der Bundespolizeidirektion Linz gerichtete und undatierte Blutbildbestimmung, betreffend den Berufungswerber vom Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern (AS 106), ein psychiatrisches Gutachten von Dr. CZ vom 28. September 2002 (AS 108 bis 111) und eine verkehrspsychologische Stellungnahme der verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle INFAR nach § 17 FSG-GV vom 24. Oktober 2002 (AS 114 bis 123). Abschließend ist ein Berufungsurteil des OLG Linz beigeschlossen indem der o.a. Strafausspruch gegen den Berufungswerber bestätigt wurde (AS 126 bis 134).

3.2. Im Akt findet sich weder ein Antrag auf Wiedererteilung der Lenkberechtigung noch lässt sich nachvollziehen, ob und bejahendenfalls ab welchem Zeitpunkt die hier verfahrensgegenständliche von der Bezirkshauptmannschaft Perg aus gesundheitlichen Gründen entzogene Lenkberechtigung wieder erteilt worden wäre. Ein in der Berufung mit 11.11.2002 angedeuteter Zeitpunkt eines Vorganges um die entzogene oder nach Wiedererteilung abermals entzogene Lenkberechtigung lässt sich aus dem Akt nicht entnehmen. Auch aus der offenbar mit dem Berufungswerber am 4. Dezember 2002 "aufgenommenen Niederschrift", welcher sich eine Äußerung des Berufungswerbers nicht entnehmen lässt, sondern lediglich den Entzugsbescheid zum Gegenstand hat, erhellt die Entscheidungsgrundlage für den hier angefochtenen Bescheid ebenfalls nicht. Mit Blick darauf erweist sich die formalrechtliche Grundlage für den hier angefochtenen Bescheid als unklar, da allenfalls eine noch nicht (wieder-) erteilte Lenkberechtigung nicht entzogen werden könnte.

4. Unstrittig ist, dass dem Berufungswerber eingangs wegen fehlender gesundheitlicher Eignung am 31.7.2001 die Lenkberechtigung entzogen wurde. Dies, weil er, der per Bescheid getätigten Aufforderung vom 26.3.2001 innerhalb von vier Monaten keine Folge leistete. Aus den medizinischen Gutachten geht hervor, dass der die Untersuchungsanordnung auslösende Entzug der Lenkberechtigung eine Alko- und/oder Suchtmittel- in Verbindung mit einer Unfallfahrt zur Grundlage hatte.

Unstrittig ist ferner, dass der Berufungswerber wegen im Zeitraum von Februar 2000 bis Jänner 2001 begangener Verbrechtenstatbestände nach dem Suchtmittelgesetz rechtskräftig zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Der Anteil der unbedingt ausgesprochenen Freiheitsstrafe im Umfang von acht Monaten wurde offenbar bereits verbüßt.

Die fachmedizinischen Gutachten und die verkehrspsychologische Stellungnahme gelangen zur nachfolgend dargestellten Schlussfolgerung. Diese werden in zeitlicher Reiheinfolge auszugsweise und sinngemäß wiedergegeben.

  1. Psychiatrisches Gutachten v. 28.9.2002:

"Der Berufungswerber kam bereits in sehr jungen Jahren mit Alkohol in Kontakt. Im Trinkverhalten beschrieb er einen Kontrollverlust und Intoxikationen mit "Black-Outs". Seit einem Entzug der Lenkberechtigung im August 1999 trinkt der Berufungswerber nur mehr zu bestimmten Gelegenheiten, wobei ein Kontrollverlust weiterhin angegeben wird. Der Kontrollverlust sei eines der Symptome, die auf ein Abhängigkeitssyndrom hinweisen. Daraus schließt die Gutachterin, dass bei Fehlen anderer Symptome in Hinblick auf das bisherige Trinkverhalten des Berufungswerbers jedenfalls auf eine hochgradige Alkoholgefährdung auszugehen wäre. Von Beginn des Jahres 2000 bis Jänner 2001 habe der Berufungswerber regelmäßig Amphetamine und Cannabis genommen. Hierfür wurde er gerichtlich verurteilt. Seit Jänner 2001 gebe er Abstinenz an. Er besuche nach Leistung des Militärdiensts nun die Abendschule und wolle die HTL-Matura nachholen. Er habe laut Gutachterin klare berufliche Vorstellungen und besitze den Ehrgeiz seine Ziele auch zu realisieren. Alkohol und Drogen sehe er als Hindernis zur Erreichung dieser Ziele.

Die Fachärztin gelangt in der abschließenden Stellungnahme zur Auffassung, dass beim Berufungswerber das Lenken von Kraftfahrzeugen und folgenden Voraussetzungen befürwortet werden könne:

 

  1. Zusammenfassende Stellungnahme der Verkehrspsychologischen Untersuchung vom 10.10.2002:

"Herr MR, geb. am , bot den Befund einer überdurchschnittlichen Intelligenz. Die Kurzzeitmerkfähigkeit (hauptsächlich das Immediationsgedächtnis betreffend) ist durchschnittlich vorhanden.

Bei der kraftfahrspezifischen Leistungsprüfung zeigte sich eine zufriedenstellende Leistungsfähigkeit.
Im persönlichkeitsbezogenen Screeningfragebogen KFP30 wird hinsichtlich eines verkehrsrelevanten Risikopotentials keine normabweichende Akkumulation von psychischen Fehlhaltungen ausgewiesen.
 

Die Persönlichkeitsuntersuchung ergab laut empirisch-statistisch genormten Selbstbeschreibungsinventar FPI-R den Befund einer in Notlagen die Eigenverantwortung betonenden, unsolldarischen, selbstbezogenen, gesundheitlich unbekümmerten, eher sorglosen und sich eher selbstüberschätzenden Persönlichkeit. Der Proband beschreibt sich als zurückhaltend, überlegt und emst. Es zeigen sich zudem Hinweise auf eine Verleugnung aggressiver Impulse. Hierbei besteht der Verdacht, dass dies der Erhaltung der narzistischen

Homöostase dient. * zum Teil unleserliche handgeschriebene Einfügung von Dr. Ruby auf Grund eines Telefonats vom 21-11-02 ".......kompensativ durch Selbstüberschätzung"

 

Herr R betrieb einen regelmäßigen Missbrauch von illegalen Drogen, hauptsächlich von aktivierenden und euphorisierenden Substanzen (Exploration). Der Alkohol hatte vor allem eine selbstsicherheitssteigernde und sozial integrierende Funktion (FFT). Hinweise auf eine Drogen- oder Alkoholabhängigkeit sind aufgrund der eigenen Befunde (Audit, KFA, FFT, Exploration, Leistungsbefund) derzeit nicht objektivierbar. Der Proband berichtet in einem spezifischen Fragebogen zu den psychischen und sozialen Funktionen des Alkoholtrinkens in der Vergangenheit über die Wahrnehmung einer gesteigerten Alkoholverträglichkeit und einer geringen Selbstkontrolle beim Trinken ("Wenn ich trank, war mir egal, was andere über mich denken oder was am nächsten Tag sein wird"). Dies deutet allerdings auf einen vergangenen Alkoholmissbrauch hin. Bei Hern R zeigt sich keine Einstellungsänderung in Bezug auf Drogen, er wehrt eigene Fehler und Schwächen ab (Explorationsgespräch). Ein Rückfall in alte Konsumgewohnheiten in Bezug auf illegale Drogen oder auch Alkohol kann dauerhaft nicht ausgeschlossen werden. Diesbezüglich sind Kontrollmaßnahmen erforderlich.

 

Aus verkehrspsychologischer Sicht ist Herr MR derzeit geeignet Kraftfahrzeuge der Massen A, B und F zu lenken.

Empfohlen wird:

eine zeitliche Befristung der Lenkberechtigung auf ein Jahr, mit gelegentlichen Drogenscreenings.

ein Verkehrspsychologisches Kontrollgespräch in einem Jahr."

 

3. Amtsärztliches Gutachten nach § 8 Abs.2 FSG vom 11.11.2002

"§ 14 (5) FSG-GV, z.n. rezidivierendem Suchtgiftmissbrauch, z.n. Alkoholmissbrauch z.n. insgesamt 2 FE und 1 Verurteilung nach dem SMG, 1 VU mit Peronen-/Sachschaden positiver Drogenharn:

 

1) Alkodelikt 1999 - nach einem Waldfest wollte er eigentlich dort im Schlafsack übernachten, ließ sich dann allerdings von seiner Exfreundin dazu überreden mit dem Auto nach Hause zu fahren. Er berichtet in seiner Lehrlingszeit bis zu 5 l Bier/Abend konsumiert zu haben, Erinnerungslücken werden beschrieben. Seinen Alkoholkonsum habe er seither erheblich reduziert, er trinke nur mehr in Ausnahmefällen Alkohol.

 

2) im Nov. 2000 verursachte er einen VU mit Personen- und Sachschaden, wobei zwar bei der amtsärztlichen Untersuchung keine aktuelle Substanzbeeinträchtigung festgestellt werden konnte, ein abgegebener Drogenharn jedoch beweisend für stattgehabten Drogenkonsum (Cannabis und Amphetamine) ein positives Ergebnis aufwies.

 

Im Jahr 2000 bis Anfang 2001 habe er regelmäßig SG konsumiert, beinahe ausschließlich XTC nur fallweise Cannabis oder Speed.

 

3) Im Dez. 2001 Verurteilung nach dem SMG den eigenen Angaben nach wegen SG-Besitz- und Handel - es habe sich damals so ergeben, er habe für einige Kumpels den Chauffeur gespielt und dafür Drogen angeboten bekommen, das mit dem Dealen habe sich dann langsam entwickelt. Im Jänner 2001 habe er noch vor seiner Verurteilung wegen der herannahende Lehrabschlussprüfung mit dem Drogenkonsum aufgehört - die Prüfung habe er mit Auszeichnung bestanden. Entzugserscheinungen habe er damals keine verspürt.

 

Herr R kommt am 20.09.2002 zur amtsärztlichen Untersuchung. Er ist gut kontaktfähig, kooperationsbereit und scheint sich kritisch mit seiner Vorgeschichte auseinandergesetzt zu haben.

Er gibt an seinen Alkoholkonsum seit seinem ersten FE 1999 auf wenige Gelegenheiten reduziert zu haben, seit Anfang 2002 sei er drogenfrei - er wollte die Lehrabschlussprüfung schaffen, mittlerweile habe er begonnen die - Matura nachzuholen, sein soziales Umfeld habe er geändert,

 

Klinisch altersentsprechender Untersuchungsbefund ohne Hinweise auf Defizite durch vergangenen oder aktuellen Substanzmissbrauch.

Laborchemisch kann chronischer Alkoholkonsum für die letzten Wochen vor Blutabnahme ausgeschlossen werfen (CDT, MCV ), die Leberfunktion ist normal (LFP, CHE), der Drogenharn v. ist auf Cannabis, Kokain, Opate und Amphetamine negativ, chronischer Suchtgiftkonsum kann somit ausgeschlossen werden.

 

Lt. psychiatrischem Facharztbefund besteht ein langjähriger schädlicher Gebrauch von Alkohol gegenwärtig abstinent (ein Abhängigkeitssyndrom ist aufgrund der erhobenen Kontrollverluste beim Alkoholkonsum, der auch weiterhin angegeben wird - d.h. kommt auch bei gegenwärtigem Gelegenheitskonsum vor, und stattgehabter Alkoholvergiftungen mit black-outs nicht eindeutig ausgeschlossen werden) und z.n. regelmäßigem Gebrauch von psychotropen Substanzen (Amphetamine, Cannabis) über einen längeren Zeitraum mit gegenwärtiger Drogenkarenz. eine befristete Erteilung der Lenkberechtigung wird empfohlen.

 

VPU v. 24.10.02:

a) Überdurchschnittliche Intelligenz, durchschnittliche Merkfähigkeit

b) Ausreichende Kraftfahrspezifische Leistungsfunktionen

c) eignungseinschränkenden Charakter hat die Befundlage zur Persönlichkeit - die Persönlichkeitsuntersuchung ergab den Befund einer in Notlagen die Eigenverantwortung betonenden, unsolidarischen, selbstbezogenen, gesundheitlich unbekümmerten, eher sorglosen und sich eher selbst überschätzenden Persönlichkeit. Er beschreibt sich als zurückhaltend, überlegt und ernst. Es zeigen sich Hinweise auf eine Verleugnung aggressiver Impulse - hierbei besteht der Verdacht, dass dies der Erhaltung der narzistischen Homöostase dient (d.h. instabile Persönlichkeit, Selbstüberschätzung als Kompensationsversuch der eigenen Unsicherheiten/Defizite)

Der Proband berichtet über die Wahrnehmung einer gesteigerten Alkoholverträglichkeit in der Vergangenheit und einer geringen Selbstkontrolle beim Trinken. Es zeigt sich keine Einstellungsänderung in Bezug auf Drogen, er wehrt eigene Fehler und Schwächen ab. Ein Rückfall in alte Konsumgewohnheiten in Bezug auf illegale Drogen oder Alkohol kann dauerhaft nicht ausgeschlossen werden.

aus verkehrspsychologischer Sicht ist Herr R derzeit geeignet zum Lenken von KFZ der KI.A,B,F, eine befristete Erteilung und ein verkehrspsychologisches Kontrollgespräch in 1 Jahr werden empfohlen.

 

Unter Berücksichtigung der Gesamtbefundlage ist Herr R derzeit befristet geeignet KFZ der Kl. B,A,F zu lenken.

Voraussetzung für die weitere gesundheitliche Eignung sind Alkohol-/ und Drogenkarenz, zu belegen mittels Vorlage einschlägiger Laborbefunde

 

Die befristete Erteilung begründet sich vor allem in der Psychiatrischen und Verkehrspsychologischen Stellungnahme - Alkoholabhängigkeitssyndrom nicht mit Sicherheit auszuschließen, ein Rückfall in alte Konsumgewohnheiten in Bezug auf Alkohol oder Drogen ist dauerhaft nicht auszuschließen."
 
 

5. Mit Blick auf das hier vorliegende Beweisergebnis kommt der Berufung Berechtigung zu. Die Behörde erster Instanz setzt sich in dem von ihr offenbar unter einem neuen Titel - scheinbar in der gerichtlichen Verurteilung erblickten fehlenden Verkehrszuverlässigkeit - eingeleiteten Entzugsverfahren, weder mit dem dazwischen liegenden Zeitfaktor, noch mit den zu einem anderen Entzugstatbestand vom Berufungswerber jüngst auf eigene Kosten beigebrachten Gutachten auseinander. Gänzlich unberücksichtigt blieb der offenbar seit den kriminellen Handlungen des Berufungswerbers, in den Gutachten zum Ausdruck gelangende Persönlichkeitswandel. Wesen eines Entzuges der Lenkberechtigung ist jedoch das Beziehungsgefüge "Mensch und ein mit dessen Teilnahme am Straßenverkehr allenfalls einhergehendes erhöhtes Risiko für die Verkehrssicherheit." Ungeachtet des Umstandes, dass diese Gutachten nicht im Zusammenhang mit dem im hier angefochtenen Bescheid grundgelegten Entzugstatbestand erstellt wurden, kommt diesem mit Blick auf die Beurteilung der Verkehrstauglichkeit auch für dieses Verfahren Bedeutung zu.

Die Gutachten setzen sich ausführlich mit der Person des Berufungswerbers auseinander. An deren zu einem einheitlichen Kalkül führenden Aussage vermag daher nicht gezweifelt werden. Die Behörde erster Instanz geht darauf nicht ein und trifft auch keine inhaltlichen und auf die Person bezogene Erwägungen, warum sie dem Berufungswerber konkret die Verkehrszuverlässigkeit auch heute noch auf die Dauer für weitere acht Monate absprechen zu können vermeint. Sie begnügt sich offenbar lediglich mit der Zitierung des Tatbestandes und scheint dabei trotz Fehlens jedweder objektiver Hinweise davon auszugehen, dass dem Berufungswerber im Besitz der Lenkberechtigung abermals die Begehung strafbarer Handlungen erleichtert würde.

Dieser Sichtweise vermag insbesondere auch mit Blick auf die anderslautenden Eignungsbeurteilung des Berufungswerbers in den Gutachten seitens der erkennenden Berufungsinstanz nicht gefolgt werden. Aus der Sicht der Berufungsbehörde liegen hier keine empirisch belegbaren Anhaltspunkte dafür vor, die den Schluss zulassen, dass es eines "abermaligen" oder der "Ausdehnung" des Entzuges der Lenkberechtigung unter dem Aspekt der Verkehrssicherheitsrelevanz bedürfte. Die Wertung einer "bestimmten Tatsache" tritt doch mit dem Zeitlauf in den Hintergrund und entzieht letztlich einer rechtsrelevanten "Wertung" zur Gänze.

Der Berufungswerber wurde bereits am 5. Dezember 2001 vom Landesgericht Linz verurteilt. Die diesbezügliche Information kam jedoch der Behörde erster Instanz im Wege der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung erst am 20. September 2002 zu. Der Verfahrensakt wurde ihr - wie oben bereits erwähnt - mit Verfügung vom 18. September 2001 abgetreten. Er langte am 20. September 2001 bei der Behörde erster Instanz ein (AS 93).

Nicht unerwähnt soll in diesem Zusammenhang bleiben, dass der Berufungswerber hier offenbar wegen des aus gesundheitlichen Gründen anhängigen Entzugsverfahrens den erforderlichen Begutachtungen zugeführt wurde, letztlich sich die Behörde erster Instanz jedoch zu einem "Umsteigen" auf einen anderen Entzugstatbestand entschied, ohne auf die vom Berufungswerber beigebrachten kostenaufwändigen Gutachten einzugehen. Das diese letztlich nach Ablauf der abermals ausgesprochenen Entzugsdauer von acht Monaten obsolet wären und sich für den Berufungswerber aus "frustrierter Aufwand" niederschlagen würden, sei hier nur am Rande erwähnt. Verfehlt wäre jedenfalls auch auf einen bloß noch nicht konsumierten Entzugstatbestand abstellen zu wollen.

 

5.1. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Da hier die Behörde erster Instanz ungeachtet einer auf anderer Rechtsgrundlage entzogenen Lenkberechtigung einen "neuen Entzugsbescheid" erlassen hat, konnte "Sache" des Berufungsverfahrens gemäß § 66 Abs.4 AVG nur dieser von der sonstigen Aktenlage im Ergebnis getrennte Tatbestand sein. Eine Entscheidungsbefugnis hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der von der Unterinstanz nicht beurteilten Sachlage im Hinblick auf den ursprünglichen Entzugstatbestand und den dazu erlassenen Bescheid vom 31.7.2001, insbesondere einer noch ausstehenden Entscheidung über eine Wiedererteilung der Lenkberechtigung, kommt der Berufungsbehörde nicht zu (vgl. VwGH 28.6.2001, 99/01/0243). Dennoch sieht sich die Berufungsinstanz hier insbesondere aus verfahrensökonomischen und zur Wahrung elementarer Rechtschutzinteressen des Betroffenen veranlasst, eine umfassende und hinsichtlich des hier verfahrensgegenständlichen Wertungskriteriums die Behörde erster Instanz bindende Rechtsmeinung darzutun.

5.2. Zur Sache:

§ 7 Abs.1 FSG lautet: "Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.........

Abs.3 leg.cit: Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand: ......

Z 12. eine strafbare Handlung gemäß §§ 28 Abs.2 bis 5 oder 31 Abs.2 Suchtmittelgesetz - SMG, BGBl. I Nr. 112/1997, begangen hat;"

 

5.2.1. Wäre "die Wertung eines bestimmten Ereignisses" losgelöst vom Zeitfaktor als "Wertungskriterium" zwingend zu berücksichtigen, würde dies letztlich als Strafelement zur Wirkung gelangen. Nicht in Ansätzen lässt sich hier nachvollziehen, inwiefern in der Persönlichkeit des Berufungswerbers auch gegenwärtig noch auf eine Sinnesart geschlossen werden könnte, die ihn für weitere acht Monate von der Teilnahme am Straßenverkehr ausschließen sollte. Ist der Rechtsbegriff "Wertung" von bestimmten Tatsachen an sich schon ein weitgehend unbestimmter, so muss dieser letztlich mit empirisch belegbarem Inhalt erfüllt werden, um nicht Gefahr zu laufen, dass dieser als reiner Straftatbestand verkannt und auch als solcher zur Anwendung gebracht wird. Wollte man eine solche Tatsache losgelöst vom Zeitlauf und eines dazwischenliegenden Verhaltens eines Betroffenen - gleichsam als Selbstzweck - für einen Entzug der Lenkberechtigung zur Anwendung bringen, ist dies rechtlich nicht vertretbar. Die Aussage "wonach der Berufungswerber derzeit noch nicht die Voraussetzung der Verkehrszuverlässigkeit erfüllt um dann die Vermutung anzuschließen, dass die Zuverlässigkeit nach acht Monaten wiedergegeben sein würde", muss schlechthin als spekulativ bezeichnet werden.

Hier wird offenbar lediglich auf die Wertung des Faktums des Suchtmittelhandels und die aus diesem Grund erfolgte Verurteilung abgestellt. Das Ende dieser zur Verurteilung führenden Fehlverhalten liegt nun bereits zwei Jahre zurück.

Ein objektiv begründbarer empirischer Schutzinhalt (Verkehrsteilnehmer) vor einem, aus diesem Tatbestandselement allenfalls vorübergehend "verkehrsunzuverlässigen", Fahrzeuglenker, lässt sich mit der hier vorgenommenen Wertung wohl kaum nachvollziehen. In der Lebenspraxis wird ein Entzug der Lenkberechtigung als Strafe empfunden, wenngleich er als solcher nicht gedacht und unter dem Aspekt der Verkehrssicherheit auch nicht überwiegend spezialpräventiven Aspekten dient.

Im Lichte dessen lässt auch eine verfassungskonforme Interpretation und demgemäß eine entsprechende Vollziehung dieser Vorschrift, einen Entzug zwei Jahre nach dem an sich, "als bestimmte Tatsache" geltenden Ereignisses - welches hier darüber hinaus damals keinen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Lenken eines Fahrzeuges erkennen lässt - nicht mehr zulässig erscheinen (vgl. dazu VwGH 23.4.2002, 2001/11/0149 mwN). Kaum überzeugen vermag die diesbezüglich auf die Wiedergabe des Gesetzestextes reduzierte Betrachtung der Behörde erster Instanz, wonach eine Tatbegehung (gemeint wohl ein abermaliges Inverkehrsetzen von Suchtmittel) durch den Besitz einer Lenkberechtigung zusätzlich gefördert werden könnte.

Diese Schlussfolgerung findet nicht zuletzt in einer vom Verwaltungsgerichtshof vertretenen Rechtsauffassung Deckung.

Im Falle einer Verurteilung nach § 28 Abs.2 erster Fall SMG 1997 wurde die mit zwei Jahren bemessene Entziehungsdauer als zu lange bemessen erachtet. Darin wurde die Wiederherstellung der Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers in einer wesentlich kürzeren Frist gerechnet (VwGH 23.4.2002, 2001/11/0389, ebenso VwGH 24.4.2001, 99/11/0132).

Nicht unerwähnt soll ferner bleiben, dass dem an sich schon weitgehend unbestimmten Gesetzesbegriff "Sinnesart" kein zu einer gänzlichen Unbestimmtheit und Unbestimmbarkeit führende Auslegungsmöglichkeit dieses Rechtsbegriffes führen darf, indem etwa ohne konkrete Bezugnahme zur Person von einem ehemaligen Fehlverhalten automatisch auf eine "die Verkehrssicherheit gefährdende Sinnesart" geschlossen wird.

Hinzuweisen ist auf eine zu diesem Problemkreis einschlägige Literatur und umfangreiche Rechtsprechung in Deutschland. Die Rechtslage ist mit der h. geltenden durchaus vergleichbar. Dort wird die Heranziehung einer gerichtlichen Verurteilung als Wertungskriterium für einen Entzug der Lenkberechtigung nur unter besonderen und gutachterlich zu untermauerten Umständen möglich erachtet. Dem Zeitfaktor und dem dazwischen liegenden Einstellungsänderung kommt dabei ebenfalls eine entscheidende Bedeutung zu (Himmelreich/Janker, MPU Begutachtung, Ein juristischer Leitfaden zur psychologischen Beurteilung der Fahreignung, 2. Auflage, Rn 253, 444 u.a.).

Auf den gegenständlichen Fall übertragen muss dies umso mehr gelten, als hier die im Zusammenhang mit einem früher und wegen gesundheitlicher Mängel eingeleiteten Entzugsverfahren dem Berufungswerber umfangreiche Gutachten eine durchaus positive Prognose und in diesem Zusammenhang die Fahrtauglichkeit bescheinigen. Zwei Jahre nach einem von einer Verkehrsteilnahme weitgehend losgelösten inkriminierten Verhalten lässt sich daher in rechtsstaatlich vertretbarer Weise kaum mehr eine realitätsnahe Annahme tätigen, dass ein derart Betroffener nun weitere acht Monate von der Teilnahme am Straßenverkehr ausgeschlossen werden müsste, indem eine bestimmte Tatsache in deren Wertung die Verkehrszuverlässigkeit in gänzlich pauschalierter Weise abspricht. Wenn die Behörde erster Instanz für den Suchtgifthandel in der Mobilität "erleichternde Umstände" erblickt, bleibt dies fachlich gänzlich unbelegt. Mit einer Gesetzesauslegung, die im Ergebnis lediglich auf Ausschöpfung einer Entzugsmöglichkeit, weitgehend unabhängig und isoliert vom Zeitfaktor und den dazwischen liegenden Geschehnissen um die betroffene Person abzielte, würde nicht nur die im Rechtsstaatlichkeits- und Sachlichkeitsgebot gesetzten verfassungsrechtlich geschützten Grenzen überschreiten, sondern es könnte bei inhaltlicher Ungeprüftheit, bis in die Würde des Menschen verletzende Diskriminierungen gipfeln.

 

5.2.2. Nach § 5 Abs.5 FSG ist die Lenkberechtigung, soweit dies auf Grund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen (§ 8 Abs. 3 Z2);

Abschließend muss nochmals festgestellt werden, dass die zur gerichtlichen Verurteilung führenden Verhaltensweisen des Berufungswerbers, abgesehen von seiner durch die seinerzeitige "physische Nähe" zu Suchtmitteln betroffene gesundheitliche Eignungskomponente - auf welche mit den oben genannten Gutachten ausführlich eingegangen wurde - hier keinen verkehrssicherheitsrelevanten Bezug erkennen lassen. Nur im Falle einer derartigen Relevants wäre unter gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Verhältnismäßigkeit der gesetzlichen Intention folgend, ein Entzug aus dem hier angezogenen Rechtstitel bei Beachtung des Zeitfaktors allenfalls gerechtfertigt. Nicht unerwähnt soll sein, dass dem an sich schon weitgehend unbestimmten Gesetzesbegriff "Sinnesart" kein zu einer gänzlichen Unbestimmtheit führende Bedeutung zugeordnet werden darf, indem etwa ohne sachliche Bezugnahme zur Person, von deren ehemaligen Fehlverhalten automatisch auf eine "die Verkehrssicherheit gefährdende Sinnesart" geschlossen wird bzw. eine solche ungeprüft unterstellt wird.

Der Berufung kam somit im Ergebnis Berechtigung zu.

5.3. Da sich aus der Aktenlage der tatsächliche Stand des aus gesundheitlichen Gründen anhängigen Entzugsverfahrens nicht schlüssig ableiten lässt, müsste im Fall einer noch nicht wieder erteilt gewesenen Lenkberechtigung die Sachentscheidung der Behörde erster Instanz ehest getroffen werden. Auf Grund der sich umfangreich gestaltenden Aktenlage scheint diesbezüglich eine klare Basis für eine umgehende Sachentscheidung vorzuliegen.

Aus dem Inhalt der Gutachten folgt, dass den darin empfohlenen Anordnungen mit einer Befristung der Lenkberechtigung vorzugehen ist. Die Anordnung für die Beibringung entsprechender Befunde und des Ergebnisses eines entsprechenden Kontrollgespräches nach Ablauf der empfohlenen Fristen, scheint geboten. Im Rahmen einer amtsärztlichen Untersuchung wird demnach festzustellen sein, ob beim Berufungswerber durch den seinerzeitigen Missbrauch von Suchtmittel eine fahrtauglichkeitsspezifische gesundheitliche Eignung weiterhin gegeben sein wird (VwGH 28.6.2001, 99/11/0243).

Auf die in den obzitierten Gutachten aus fachlicher Sicht ausgesprochene Empfehlung, wonach die Lenkberechtigung vorläufig auf sechs Monate befristet werden sollte und der Berufungswerber sich in der Folge einer amtsärztlichen Nachuntersuchung unterziehen sollte, wobei nach drei Monaten eine Kontrolluntersuchung des Harns auf Cannabis, Amphetamine und Kokain/LFP, MCV durchzuführen ist, wird an dieser Stelle noch hingewiesen.

Nach amtsärztlicher Beurteilung dieser nachfolgend wieder beizubringenden Befunde und Gutachten wird die Behörde erster Instanz in sorgfältiger Würdigung dieser Gutachten abermals in einem Bescheid über die (Weiterbelassung) Lenkberechtigung abzusprechen haben.

Ausführungen zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkungen erübrigen sich angesichts dieser vollumfänglichen Bescheidbehebung.

Es wird darauf hingewiesen, dass im gegenständlichen Fall Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen sind.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

 
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

 

 

 

Hinweis:

 

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

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