Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520086/11/Ki/Pe

Linz, 21.01.2004

 

 

 VwSen-520086/11/Ki/Pe Linz, am 21. Jänner 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Herrn F A S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J P, vom 30.12.2002 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 10.12.2002, VerkR21-583-2002/BR, wegen Entziehung der Lenkberechtigung zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen, der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und § 67a AVG iVm §§ 7 Abs.1 Z1, 7 Abs.3 Z1, 24 Abs.1 Z1, 24 Abs.3, 26 Abs.2, 29 Abs.4 und 32 Abs.1 FSG; § 64 Abs.2 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 29.11.2002, VerkR21-583-2002/BR, wurde dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klassen A und B für die Dauer von 4 Monaten, gerechnet ab 21.11.2002, das ist einschließlich bis 21.3.2003, entzogen, weiters wurde angeordnet, dass ihm das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen für den selben Zeitraum verboten werde, er sich auf seine Kosten innerhalb offener Entziehungsdauer bei einer vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie ermächtigten Stelle einem Einstellungs- und Verhaltenstraining für alkoholauffällige Lenker zu unterziehen habe und die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung ende und er ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen innerhalb offener Entziehungsdauer beizubringen habe. Vor abschließender Erstellung dieses Gutachtens habe er sich einer verkehrspsychologischen Untersuchung bei einer hiezu vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie ermächtigten Stelle zu unterziehen, die Entziehungsdauer ende nicht vor Beibringung des amtsärztlichen Gutachtens sowie der verkehrspsychologischen Stellungnahme.

 

Nach einer gegen diesen Mandatsbescheid fristgerecht eingebrachten Vorstellung hat die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid die im Mandatsbescheid getroffenen Anordnungen bestätigt und darüber hinaus (Spruchpunkt VI) die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid ausgeschlossen.

 

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber mit Schriftsatz vom 30.12.2002 Berufung erhoben und beantragt, der Berufung Folge zu geben und den Vorstellungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn aufzuheben, dies allenfalls nach Einbringung der angeregten Gesetzes- bzw. Verordnungsprüfungsanträge.

 

Diese Berufung wurde von der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt, der hatte durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

3. In der Begründung der Berufung werden vorwiegend verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der relevanten Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen vorgetragen und angeregt, dass der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich entsprechende Gesetzes- und Verordnungsprüfungsanträge an den Verwaltungsgerichtshof stellt.

 

Bezüglich der Nachschulungsanordnung wurde die Auffassung vertreten, dass eine entsprechende Nachschulungsverordnung es bislang nicht gegeben habe und es daher keine dem Gesetz entsprechende Ermächtigung und damit auch keine geeigneten Einrichtungen zur Durchführung von Nachschulungen gebe.

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt und es wird die Durchführung einer solchen im vorliegenden Falle nicht für erforderlich erachtet (§ 64d Abs.1 AVG).

 

Der Berufungswerber lenkte am 21.11.2002 um ca. 00.51 Uhr den Kombi mit dem behördlichen Kennzeichen im Gemeindegebiet von Mattighofen, auf der B147, Strkm. ca. 17,280, und hat sich hiebei aufgrund des bei ihm gemessenen Atemluftalkoholgehaltes von 1,07 mg/l in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden. Diese festgestellte Tatsache wird nicht bestritten.

 

Der Führerschein wurde am 21.11.2002 vorläufig abgenommen, es handelt sich um eine erstmalige Übertretung gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960.

 

5. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis Z4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 26 Abs.2 FSG ist, wenn beim Lenken oder Inbetriebnehmen des Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 begangen wird, die Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 leg.cit. insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen hat und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen, deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 mg/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt.

 

Der Berufungswerber lenkte unbestritten am 21.11.2002 um ca. 00.51 Uhr den Kombi mit dem behördlichen Kennzeichen im Gemeindegebiet von Mattighofen, auf der B147, Strkm. ca. 17,280, und hat sich hiebei aufgrund des bei ihm gemessenen Atemluftalkoholgehaltes von 1,07 mg/l in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden.

 

Es ist somit vom Vorliegen einer die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierenden bestimmten Tatsache iSd § 7 Abs.1 iVm § 7 Abs.3 FSG auszugehen.

 

Was die gemäß § 7 Abs.4 FSG vorzunehmende Wertung dieser bestimmten Tatsache betrifft, so wird zunächst darauf hingewiesen, dass die Verkehrszuverlässigkeit ein charakterlicher Wertbegriff ist. Bei der Beurteilung werden jene Handlungen der Person, die nach außen hin in Erscheinung getreten und der Behörde zur Kenntnis gekommen sind, dahingehend analysiert und gewertet, ob in näherer oder fernerer Zukunft gleiche oder ähnliche Handlungen mit einiger Wahrscheinlichkeit erwartet bzw befürchtet werden können und ob diese Handlungen für die allgemeine Verkehrssicherheit eine Gefahr darstellen.

 

Die Begehung von Alkoholdelikten ist grundsätzlich schon für sich alleine in hohem Maße verwerflich, weshalb der Gesetzgeber im Falle einer erstmaligen Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 eine Mindestentzugsdauer von vier Monaten festgelegt hat. Es verbleibt daher kein Raum für Überlegungen dahingehend, ob mit einer kürzeren Entziehungsdauer das Auslangen gefunden werden könnte. Die Berufungsbehörde vertritt jedoch die Auffassung, dass mit der Mindestentzugsdauer im vorliegenden Falle das Auslangen gefunden werden kann bzw dass erwartet werden kann, dass die Verkehrszuverlässigkeit des Berufungswerbers nach dieser Entzugsdauer wiederhergestellt ist.

 

5.2. Gemäß § 32 Abs.1 FSG hat die Behörde Personen, die nicht iSd § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, unter Anwendung der §§ 24 Abs.3 und 4, 25, 26 und 29 entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges

  1. ausdrücklich zu verbieten,
  2. nur zu gestatten, wenn vorgeschriebene Auflagen eingehalten werden oder
  3. nur für eine bestimmte Zeit oder nur unter zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen zu gestatten.

 

In Anbetracht der aus dem gegenständlichen Verhalten des Berufungswerbers resultierenden Verkehrsunzuverlässigkeit kann der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn nicht entgegengetreten werden, dass auch ein entsprechendes Verbot gemäß § 32 FSG ausgesprochen wurde.

 

5.3. Gemäß § 24 Abs.3 (2. Satz) hat die Behörde unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3a eine Nachschulung anzuordnen, wenn die Entziehung wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 oder 1a StVO 1960 erfolgt.

 

In Anbetracht der festgestellten Alkoholisierung ist der vorliegende Sachverhalt unter die Strafbestimmung des § 99 Abs.1 StVO 1960 zu subsumieren, weshalb die Anordnung einer Nachschulung (für alkoholauffällige Lenker) durch die Behörde zwingend geboten war und somit der Berufungswerber durch diese Anordnung nicht in seinen Rechten verletzt wird.

Der Argumentation des Berufungswerbers, es gebe keine dem Gesetz entsprechende Ermächtigungen und damit auch keine geeigneten Einrichtungen zur Durchführung von Nachschulungen, wird entgegengehalten, dass, wie in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides angeführt wurde, laut Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 99/11/0338 vom 11.4.2000) die vorerst geltenden Bestimmungen der KDV über die Durchführung von Nachschulungen durch den Wechsel der gesetzlichen Grundlage ihre Geltung nicht verloren haben.

 

Nach der nunmehr geltenden Nachschulungsverordnung (FSG-NV), BGBl. II Nr.357/2002, ist eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker gemäß § 2 der zitierten Verordnung vorgesehen.

 

5.4. Gemäß § 24 Abs.3 (vierter Satz) FSG ist bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen.

 

In Anbetracht des festgestellten Sachverhaltes war somit auch diese Anordnung zwingend geboten und es wird der Berufungswerber hiedurch nicht in seinen Rechten verletzt.

 

5.5. Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung (einer Berufung) ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr in Verzug dringend geboten ist.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß dieser Bestimmung im Fall des Entzuges der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit aufgrund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr in Verzug immer geboten (VwGH 89/11/0252 vom 20.2.1990 u.a.).

 

Der Berufungswerber wurde sohin auch durch diese Anordnung nicht in seinen Rechten verletzt.

 

5.6. Auf Anregung des Berufungswerbers hin hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich einen Antrag an den Verfassungsgerichtshof gestellt, die in der Berufung bezeichneten Teile bzw. Wortfolgen in den §§ 24 und 26 Führerscheingesetz, BGBl. I Nr. 120/1997 idgF, als verfassungswidrig sowie § 11 Z1 der Nachschulungsverordnung, FSG-NV, BGBl. II Nr.357/2002, als gesetzwidrig aufzuheben. Diese Anträge wurden jedoch vom Verfassungsgerichtshof (bezogen auf den gegenständlichen Fall) mit Erkenntnis vom 12.12.2003, G14/03-13, V18/03-13, zurückgewiesen. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich war sohin zur Anwendung der für das Verfahren relevanten Gesetzes- bzw. Verordnungsbestimmungen verpflichtet.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Es wird noch darauf hingewiesen, dass im gegenständlichen Fall Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen sind.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. K i s c h

 

 

 
 

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